Urteil des SozG Lüneburg vom 06.09.2009

SozG Lüneburg: wahrscheinlichkeit, mrt, distorsion, behandlungsbedürftigkeit, operation, therapie, arbeitsunfall, kausalität, unfallfolge, reparation

Sozialgericht Lüneburg
Urteil vom 06.09.2009 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Lüneburg S 3 U 72/07
Die Klage gegen die Bescheide vom 01. September 2005 und 26. Oktober 2005 in Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 29. Mai 2007 wird abgewiesen. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu
erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten des vorliegenden Rechtsstreites streiten im Wesentlichen um die Frage, ob eine vollständige
Kreuzbandruptur am linken Knie des Klägers Folge des Arbeitsunfalls des Klägers vom 18. Mai 2005 auf der
Grundlage der Bestimmungen des Siebenten Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII)
ist.
Der im September 1988 geborene - also derzeit 20 Jahre alte Kläger - war im Rahmen eines Völkerballspiels bei der
Jugendfeuerwehr der Feuerwehr D. am 18. Mai 2005 mit dem linken Kniegelenk umgeknickt. Der Kläger begab sich
zunächst in hausärztlicher Behandlung, in deren Rahmen am 20. Mai 2005 eine MRT-Aufnahme des linken
Kniegelenkes gefertigt wurde, in der eine komplette Ruptur des vorderen Kreuzbandes gesehen worden ist.
Dementsprechend diagnostisierte der Durchgangsarzt Dr. med. J. E. am 26. Mai 2005 neben dem Verdacht auf einen
Innenmeniskusschaden eine Ruptur des vorderen Kreuzbandes links.
In seinem Operationsbericht vom 30. Mai 2005 (Bl. 2 der Verwaltungsvorgänge) beschreibt Herr Dr. med. E. die
Kreuzbandverhältnisse wie folgt:
"Intercondylär narbige Deformierung des vorderen Kreuzbandes nach femoralem Ausriss. Femoral besteht nur noch
ein dünner Narbenstrang. Der Rest des Kreuzbandes ist tibial verplumpt. Der Narbenstrang lässt sich weit
hervorluxieren und bietet keinerlei Stabilität. Das hintere Kreuzband ist intakt."
Im histologischem Begutachtungsbefund vom 06. Juni 2005 (Bl. 30 der Verwaltungsvorgänge) beurteilten die Ärzte für
Pathologie Prof. Dr. med. F. sowie Prof. Dr. med. G. das Untersuchungsmaterial des vorderen Kreuzbandes wie folgt:
"Mikroskopisch nach kompletter Einbettung und Aufarbeitung in Schnittstufen sowie mit Elasticavan-Gieson- und
Berliner-Blau-Reaktion eine ältere Ruptur des Bandes mit angelaufener Reparation durch einsprossende Fibroblasten
und Kapillaren neben erhaltenen Bandanteilen. In der Berliner-Blau-Reaktion kleinherdig abgelagertes Siderin im
Bereich der reparativen Veränderungen."
In einem Fragebogen der Beklagten gab der Kläger auf Nachfrage zu den Vorschädigungen an, schon einmal eine
Knieprellung erlitten zu haben (Fragebogen vom 27. Juni 2005, Bl. 22 der Verwaltungsvorgänge).
Mit Bescheid vom 01. September 2005 (Bl. 50 der Verwaltungsvorgänge) erkannte die Beklagte das Ereignis als
Arbeitsunfall an und stellte als Unfallfolge eine Distorsion des linken Kniegelenkes fest. Der am linken Knie
festgestellte Kreuzbandriss sei nicht Unfallfolge. Aufgrund des Unfalls habe Behandlungsbedürftigkeit vom 18. Mai
2005 bis zum 30. Mai 2005 bestanden. Die über den 30. Mai 2005 hinausgehenden Beschwerden seien nicht auf den
streitgegenständlichen Unfall zurückzuführen.
Der Vater des Klägers wandte sich am 12. September 2005 telefonisch an die Beklagte und vertrat die Auffassung,
der Kreuzbandschaden sei nach Auskunft der behandelnden Ärzte auf den Unfall zurückzuführen und bat insoweit um
erneute Überprüfung (Telefonvermerk vom 12. September 2005, Bl. 56 der Verwaltungsvorgänge).
In seinem Zwischenbericht vom 20. September 2005 (Bl. 60 der Verwaltungsvorgänge) führte der Durchgangsarzt Dr.
med. H. aus, der Operationsbefund vom 30. Mai 2005 sei mit einer unfallbedingten Ruptur vereinbar. Bei der
Operation habe keine wesentliche Ergussbildung mehr bestanden, weil eine intensive Kryo-Therapie und bereits
krankengymnastische Übungsbehandlung und Dekompression durch den Vater erfolgt sei. Intraoperativ habe sich ein
typisches Bild einer relativ frischen Kreuzbandruptur gezeigt, die nicht länger als drei Wochen zurückliege.
Die Beklagte holte daraufhin eine beratungsärztliche Stellungnahme des Dr. med. I. vom 18. Oktober 2005 ein, wegen
dessen Inhalt auf Blatt 71 der Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen wird.
In einem weiteren Bescheid vom 26. Oktober 2005 (Bl. 77 der Verwaltungsvorgänge) führte die Beklagte aus, die
Überprüfung der Entscheidung vom 01. September 2005 habe ergeben, dass der Kläger am 18. Mai 2005 eine
Distorsion des linken Kniegelenks erlitten habe, aufgrund dessen eine Behandlungsbedürftigkeit bis zum 30. Mai 2005
bestanden habe. Der Kreuzbandriss links sei nicht auf den Unfall zurückzuführen. Im vorliegenden Arthroskopiebericht
werde unmissverständnis ein sehr viel älterer Schaden des vorderen Kreuzbandes mit bereits deutlichen
Vernarbungen und eine Verplumpung der Kreuzbandhöcker beschrieben Auch feingeweblich entspreche das Bild mit
einer fortgeschrittenen Vernarbung dem Bild eines sehr viel älteren Risses. Die Tatsache, dass kleinherdig
abgelagertes Siderin bei der mikroskopischen Untersuchung gefunden worden sei, spreche dafür, dass die Ruptur mit
einer Blutung einherging. Es handele sich somit nicht um einen frischen Kreuzbandriss, der durch das Ereignis vom
18. Mai 2005 verursacht worden sei. Die Behandlungsbedürftigkeit ab dem 31. Mai 2005 sei daher nicht auf den Unfall
zurückzuführen. Entschädigungsleistungen über den 30. Mai 2005 hinaus seien daher nicht zu erbringen.
Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 31. Oktober 2005 "Einspruch" (Bl. 80 der Verwaltungsvorgänge). Zur
Begründung führte er aus, im Zwischenbericht des Herrn Dr. med. H. werde mitgeteilt, dass es sich um eine frische
vordere Kreuzbandruptur des linken Knies gehandelt habe. Auch der histologische Befund sage nur aus, dass die
Reparation durch einsprossende Fibroblasten und Kapillaren begonnen habe, dies jedoch schon nach ein paar Tagen
erfolgt sei, so dass das Bild der angelaufenen Heilung anlässlich der zwölf Tage später stattfindenden Operation
normal gewesen sei. Die Tatsache, dass sich bei der Eröffnung des Knies kein Erguss entleert habe, ergebe sich
daraus, dass das verletzte Knie mit Kompressionsverbänden, Lymphdrainage und Elektrotherapie behandelt worden
sei. Durch diese Therapie sei die Resorption beschleunigt worden.
Hierauf holte die Beklagte eine ergänzende Stellungnahme des Dr. med. I. vom 07. Dezember 2005 ein, wegen
dessen Inhalt auf Blatt 85 der Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen wird.
Die Beklagte holte - nach Auswahl durch den Kläger - im Rahmen des Widerspruchsverfahrens schließlich ein
Zusammenhangsgutachten der Dres. med. J. /K. vom 13. Mai 2006 ein, wegen dessen Inhalt auf Blatt 103 bis 115
der Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen wird.
Nach Einholung einer weiteren beratungsärztlichen Stellungnahme des Dr. med. I. vom 04. Juli 2006 (Bl. 122
Verwaltungsvorgänge) und einer weiteren orthopädisch-traumatologischen Zusammenhangsstellungnahme der Dres.
med. L. /M. nach Aktenlage vom 25. Januar 2007 (Bl. 137 bis 146 der Verwaltungsvorgänge) teilte der Kläger mit
Schreiben vom 15. Februar 2007 mit, zuvor keinen Knieschaden erlitten zu haben (Bl. 153 der Verwaltungsvorgänge).
Die Beklagte nahm dann weitere Ermittlungen auf, in dessen Verlauf sie einen Arztbrief des Chirurgen N. vom 13.
April 2005 (Bl. 157 der Verwaltungsvorgänge) beizog, der einen Mopedunfall von - zu diesem Zeitpunkt - vor ca. vier
Wochen beschrieb, bei dem der Kläger auf das linke Knie gestürzt war und zum Untersuchungszeitpunkt am 13. April
2005 noch immer belastungsabhängige Schmerzen über dem medialen Femurkondylus beklagte. Der Chirurg N.
beschrieb in seinem Arztbrief ein etwa 2 cm großes Hämatom mit deutlichem Druckschmerz am linken Knie ohne
intraarticuläre Ergussbildung. Bei freier Beugung und Streckung ergaben sich auch keine Anzeichen für eine vordere
oder hintere Schublade. Der Röntgenbefund ergab keinen Anhalt für eine frische knöcherne Verletzung. Der Chirurg
diagnostizierte einen Zustand nach Knieprellung links mit Restbeschwerdesymptomatik und klinisch keinen Anhalt für
eine Meniskusverletzung.
Nach Einholung einer weiteren ergänzenden Stellungnahme der Dres. med. L. /M. vom 24. April 2007 (Bl. 184 bis 185
der Verwaltungsvorgänge) wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 29. Mai 2007 (Bl. 166
der Verwaltungsvorgänge) als unbegründet zurück. Zur Begründung wird ausgeführt, nach den getroffenen
Feststellungen könne nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit festgestellt werden, dass der Kreuzbandriss Folge
des Unfalles vom 18. Mai 2005 sei. Gegen den Kausalzusammenhang spreche zunächst der stattgehabte
Geschehensablauf. Zu einem isolierten Kreuzbandriss bedürfe es im Regelfall einer äußeren Gewalteinwirkung bei
fixiertem Fuß, wovon bei einem Umknickereignis bei einem Ausweichmanöver nicht ausgegangen werden könne.
Kreuzbandverletzungen würden ebenfalls als Begleitverletzungen von Kniescheibenverrenkungen auftreten, welche
hier jedoch nicht vorgelegen habe. Außerdem könne eine Kreuzbandverletzung durch eine direkte Krafteinwirkung auf
den Schienbeinkopf entstehen. Ein derartiger Hergang liege jedoch auch nicht vor. Der mehrere Wochen vor dem
Unfall vom 18. Mai 2005 erlittene Motorradunfall mit Sturz auf das Knie sei für das Entstehen einer
Kreuzbandverletzung wesentlich geeigneter als die am 18. Mai 2005 erlittene Umknickverletzung. Auch die narbigen
Deformierungen am vorderem Kreuzbandstumpf würden weit mehr für ein mehrere Wochen zurückliegendes Ereignis
als ein ca. 14 Tage zurückliegendes Ereignis sprechen. Die zwölf Tage nach dem Unfall festgestellten
Siderinablagerungen ließen sich sowohl mit dem Unfall vom 18. Mai 2005 als auch mit einem älteren Ereignis
vereinbaren, so dass sich hieraus keine zwingende Kausalitätsbewertung ableiten lasse. Insgesamt würden daher
mehr Umstände dagegen als dafür sprechen, dass der Kreuzbandriss Folge des erlittenen Unfalles sei. Daher könne
nicht mit der erforderlichen hinreichenden Wahrscheinlichkeit festgestellt werden, dass der Kreuzbandriss Folge des
Unfalls vom 18. Mai 2005 sei.
Hiergegen hat der Kläger mit Schriftsatz vom 18. Juni 2007 bei dem Sozialgericht Lüneburg am 20. Juni 2007 Klage
erhoben, mit der er sein Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung vertieft er sein Vorbringen aus dem
Verwaltungsverfahren. Er führt weiter aus, bei einem Kreuzbandriss schon anlässlich des ersten Unfalles wäre er
sofort zum Arzt gegangen und nicht erst nach vier Wochen. Auch hätte das Zusammenhangsgutachten der Dres. J.
/K. die Kreuzbandruptur dem Unfallereignis vom 18. Mai 2005 zugeordnet. Ferner hätte auch das
Sachverständigengutachten der Dres. L. /M. eine Kausalität nicht ausgeschlossen. Im Übrigen würden die Symptome
eines Kreuzbandrisses in der Literatur immer mit starken Schmerzen und Bewegungseinschränkungen beschrieben,
bei der Untersuchung am 13. April 2005 sei jedoch keine Bewegungseinschränkung und auch keine Schublade
festgestellt worden. Auch sei ein intraartikulärer Erguss nicht festgestellt worden. Dass die Ruptur durch den Unfall
am 18. März 2005 verursacht worden sei, sei reine Vermutung.
Der Kläger beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen (sinngemäß),
die Bescheide vom 01. September 2005 und 26. Oktober 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Mai
2007 abzuändern und als weitere Unfallfolge die Ruptur des vorderen Kreuzbandes des linken Kniegelenkes
festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung führt sie aus, schon der Geschehensablauf sei ungeeignet gewesen, die Ruptur zu verursachen, die
narbigen Deformierungen sprechen eher für eine ältere vorbestehende Verletzung. Der gegenteiligen Auffassung der
Dres. J. /K. könne nicht gefolgt werden, weil ihnen der Mopedunfall vom März 2005 nicht bekannt gewesen sei und
sie nicht begründet hätten, deshalb der Hergang für den Kreuzbandriss geeignet gewesen sei.
Das Gericht hat zur weiteren medizinischen Sachverhaltsaufklärung den Facharzt für Chirurgie Dr. med. O. mit der
Erstattung eines chirurgischen Sachverständigengutachtens nach ambulanter Untersuchung des Klägers beauftragt.
Wegen des Ergebnisses der Begutachtung wird auf die Terminsvorlage vom 02. Februar 2009 (Bl. 64 ff. der
Prozessakte) Bezug genommen.
Das Gericht hat den medizinischen Sachverständigen Dr. med. O. darüber hinaus im Rahmen des Termin zur
Erörterung der Sach- und Rechtslage ergänzend gehört. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die
Sitzungsniederschrift vom 07. April 2009 ergänzend Bezug genommen.
Das Gericht hat die Beteiligten im Rahmen des Termins zur Erörterung der Sach- und Rechtslage zu der
beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten
Korrespondenz, die Prozessakte sowie die dem Kläger betreffenden Verwaltungsvorgänge der Beklagten zum
Aktenzeichen FW 0581091 ergänzend Bezug genommen. Diese Unterlagen lagen vor und waren Gegenstand der
Entscheidungsfindung.
Entscheidungsgründe:
Die Klage hat keinen Erfolg und war daher abzuweisen.
Die als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (vgl. § 54 Abs. 1 S. 1 und § 55 Abs. 1 Nr. 3 des
Sozialgerichtsgesetzes [SGG]) statthafte und auch im Übrigen zulässige Klage, über die die Kammer gemäß § 105
Abs. 1 S. 1 SGG durch Gerichtsbescheid entscheiden kann, weil die Sache keine besondere Schwierigkeiten
tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist, der Sachverhalt geklärt ist und die Beteiligten zu der beabsichtigten
Entscheidungsform im Rahmen des Termins zur Erörterung der Sach- und Rechtslage am 07. April 2009 vorher
ordnungsgemäß angehört wurden, ist unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig, der Kläger ist
durch diese nicht beschwert (§ 54 Abs. 2 SGG).
Streitgegenstand sind insoweit die Bescheide vom 01. September 2005 und 26. Oktober 2005 in Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 29. Mai 2007.
Zwar ist der Bescheid vom 01. September 2005 mangels Erhebung eines Widerspruches innerhalb der einmonatigen
Widerspruchsfrist gemäß § 77 SGG bindend geworden. Jedoch hat die Beklagte das (telefonische) Begehren des
Klägers zu Recht als Überprüfungsantrag nach § 44 Abs. 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch -
Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - [SGB X]) ausgelegt und darüber mit ihrem Bescheid vom 26.
Oktober 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Mai 2007 entschieden.
Der Kläger hat jedoch keinen Anspruch darauf, dass der Riss des vorderen Kreuzbandes des linken Knies als Folge
des Arbeitsunfalls vom 18. Mai 2005 festgestellt wird, weil die Beklagte das Recht in ihrem Bescheid vom 01.
September 2005 nicht unrichtig im Sinne des § 44 Abs. 1 SGB X angewandt hat.
Die Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge eines Arbeitsunfalls und ggf. die Entschädigung durch Zahlung
von Verletztenrente (§ 56 des Siebenten Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - [SGB VII])
setzen voraus, dass die Gesundheitsstörung Folge eines Versicherungsfalls, hier also des Arbeitsunfalls vom 18. Mai
2005, ist (§§ 7, 8 SGB VII). Der Arbeitsunfall muss wesentlich an der Entstehung der Gesundheitsstörung mitgewirkt
haben. Davon ist auszugehen, wenn er neben anderen Bedingungen bei wertender Betrachtung diejenige ist, die
wegen ihrer besonderen qualitativen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen hat (Theorie der
wesentlichen Bedingungen, ständige Rechtsprechung, vgl. z. B. BSGE 63, 277). Dabei müssen die
anspruchsbegründenden Tatsachen, d. h. neben dem Arbeitsunfall auch die Gesundheitsstörung mit an Gewissheit
grenzender Wahrscheinlich bewiesen sein (Vollbeweis). Ein vernünftiger, die Lebensverhältnisse klar überschauender
Mensch darf keinen Zweifel mehr haben (BSGE 7, 103, 106). Für den ursächlichen Zusammenhang zwischen dem
schädigendem Ereignis und dem Gesundheitsschaden (haftungsbegründende Kausalität) sowie Folgeschäden
(haftungsausfüllende Kausalität) ist demgegenüber eine hinreichende Wahrscheinlichkeit ausreichend. Ein derartiger
hinreichend wahrscheinlicher Ursachenzusammenhang liegt dann vor, wenn bei einem vernünftigen Abwägen aller
Umstände, die auf eine berufliche Verursachung hinweisenden Faktoren deutlich überwiegen (vgl.
Bundessozialgericht, SozR 2200, § 548, Nr. 38). Eine Möglichkeit verdichtet sich in diesem Sinne aber erst dann zur
Wahrscheinlichkeit, wenn nach der geltenden ärztlichen wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen
Zusammenhang spricht und ernste Zweifel hinsichtlich einer anderen Verursachung ausscheiden (Breiter-
Hahn/Merthens, gesetzliche Unfallversicherung, Kommentar, § 8 SGB VII, Rdn. 10 m. w. N.). Die reine Möglichkeit
eines solchen Zusammenhang ist daher für eine Anerkennung nicht ausreichend (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom
27. Juni 2000, - B 2 U 29/99 R sowie Urteil vom 02. Mai 2001, - B 2 U 16/00 R, jeweils m. w. N.). Aus einem rein
zeitlichen Zusammenhang zwischen einem Unfall und dem Auftreten eines Gesundheitsschadens kann nicht auf
einen wahrscheinlichen Ursachenzusammenhang geschlossen werden.
Bei Anwendung dieser Grundsätze ist die Kammer der Überzeugung, dass der Kläger unfallabhängig nur eine verheilte
grobe Distorsion des linken Kniegelenkes erlitt, die lediglich bis zum 30. Mai 2005 behandlungsbedürftig gewesen ist.
Gegen eine weitergehende Verletzung, insbesondere eine unfallbedingte Ruptur des vorderen Kreuzbandes des linken
Kniegelenkes sprechen insbesondere die von dem gerichtlichen Sachverständigen Herrn Dr. med. O. im Rahmen des
Termins zur Erörterung der Sach- und Rechtslage vom 07. April 2009 genannten Umstände. Die Kammer folgt den
Ausführungen des sozialmedizinisch und gerichtlich sehr erfahrenen Sachverständigen, weil sie dessen
Argumentation für schlüssig, widerspruchsfrei und plausibel hält, sie der herrschenden wissenschaftlichen
Lehrmeinung entspricht und schließlich mit den unfallversicherungsrechtlichen Grundsätzen übereinstimmt. Der
Sachverständige hat überzeugend ausgeführt, dass die im Operationsbericht vom 30. Mai 2005 gesehene narbige
Deformierung des vorderen Kreuzbandes mit der Verplumpung des Kreuzbandrestes schienbeinseitig eine
Umbaureaktion sei, die überwiegend erst mehrere Wochen nach einem Kreuzbandriss gesehen werde, nicht jedoch
bereits zwölf Tage nach einem Unfallereignis. Der Sachverständige begründet dies überzeugend damit, dass bei
einem unfallabhängigen Kreuzbandriss zum Zeitpunkt der Operation noch entsprechende Fasern hätten erkannt
werden müssen, die aufhebbar gewesen und auch den einzelnen Faserbündeln (insgesamt drei) des Kreuzbandes
zuzuordnen gewesen wären. Damit steht auch die histologische Untersuchung im Einklang, die einen nicht mehr
frischen Ein- bzw. Abriss des Bandes mit angelaufener Reparation nebst kleinherdigen Siderinablagerungen
beschrieb. Der Sachverständige und ihm folgend das Gericht folgert daraus, dass eine nahezu vollständige Zerreißung
des vorderen Kreuzbandes des linken Knies des Klägers schon im März 2005 vorlag. Diese Annahme wird im Übrigen
durch das fehlende Bone-Bruise-Zeichen in der MRT-Aufnahme vom 20. Mai 2005, was für eine frische
Kreuzbandruptur spräche, gestützt. Bei derartigen Kreuzbandausrissen würden nämlich auch Blutgefäße am
Kreuzband zerstört werden, was durch entsprechende - im MRT-sichtbare - Blutbeimengungen nachvollziehbar wäre.
Indes waren in der unfallzeitpunktnah gefertigten MRT-Aufnahme vom 20. Mai 2005 derartige Blutbeimengungen nicht
erkennbar. Allerdings ist in dieser MRT-Aufnahme ein Reizerguss erkennbar, der das Unfallgeschehen vom 18. Mai
2005 als nachvollziehbar erscheinen lässt, jedoch wegen der fehlenden Blutbeimengungen nicht den Kreuzbandriss.
Daher greift auch der sinngemäße Einwand des Klägers nicht durch, durch die sofort durchgeführte Kryo-Therapie und
entsprechende Drainagebehandlungen seien die Zeichen einer frischen Kreuzbandruptur "verfälscht" worden.
Schließlich sind nach den Ausführungen des Sachverständigen die Siderinablagerungen allein auch kein
(ausreichender) Hinweis für eine unfallabhängige Ruptur des vorderen Kreuzbandes, weil diese - insbesondere unter
Berücksichtigung der weiteren genannten Reparationsmechanismen - auch mit dem (privaten) Unfall des Klägers in
Zusammenhang stehen können. Hinzu kommt nach den Ausführungen des Sachverständigen, dass die nach dem
Unfall vom 18. Mai 2005 erfolgte Distorsion des Kniegelenkes mit dem von dem Kläger geklagten Schwellungen und
Bewegungsstörungen in Einklang zu bringen ist und dies mit einem isolierten Kreuzbandriss nicht in jedem Fall
einhergeht. In diesem Zusammenhang hat der Sachverständige schließlich auch nachvollziehbar darauf hingewiesen,
dass es zahlreiche Hinweise aus der klinischen Tätigkeit gibt, wonach auch isolierte Kreuzbandrisse mit keinen
besonderen Bewegungsstörungen einhergehen. Im Übrigen führt der Sachverständige überzeugend aus, dass
anlässlich des privaten Unfalls vom 18. März 2005 am innenseitigen Gelenkrollbügel des Oberschenkels auch nach
einer vierwöchigen Verlaufsdauer noch ein Bluterguss mit einem deutlichen Druckschmerz in diesem Bereich
festgestellt werden konnte und die damalige Prüfung des vorderen und hinteren Kreuzbandes nichts darüber aussagt,
dass tatsächlich kein Kreuzbandriss vorgelegen hat. Denn in den überwiegenden Fällen wird ein Kreuzbandriss
muskulär kompensiert. Darüber hinaus hat der gerichtliche Sachverständige in diesem Zusammenhang auch
überzeugend und nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass sogar zum Zeitpunkt seiner ambulanten Untersuchung
des Klägers nur eine geringe Instabilität vorgelegen hat, obwohl das vordere Kreuzband jedenfalls zu diesem
Zeitpunkt - unstreitig - vollständig rupturiert gewesen ist. Auch dies spricht nach den Ausführungen des
Sachverständigen, dem die Kammer auch insoweit folgt, weil sie die Argumentation für schlüssig, widerspruchsfrei
und plausibel hält, für eine bisher gute muskuläre Kompensationsfähigkeit. Daher gibt auch der im April 2005 durch
den Chirurgen N. beschriebene negative Schubladenbefund (als Zeichen eines intakten Kreuzbandapparates) nichts
dafür her, dass das Kreuzband des Klägers unfallabhängig rupturiert ist.
Wenn es nach alledem jedenfalls wahrscheinlicher ist, dass das vordere Kreuzband des linken Knies des Klägers
bereits anlässlich des Unfalls im März 2005 rupturierte, kann nicht mit der gebotenen hinreichenden
Wahrscheinlichkeit festgestellt werden, dass dieser Knieschaden anlässlich des als Arbeitsunfalls anerkannten
Ereignisses vom 18. Mai 2005 eingetreten ist, weil nicht mehr für als gegen einen entsprechenden ursächlichen
Zusammenhang spricht.
Daher kann auch offen bleiben, in welcher Weise genau das linke Knie des Klägers bei dem Völkerballspiel verdreht
bzw. belastet worden ist, denn es ist nicht wahrscheinlich, dass bei dem hier streitgegenständlichen Unfall das linke
Knie strukturell geschädigt worden ist.
Auch eine Verschlimmerung des veränderten Zustandes lässt sich nicht feststellen, denn auch für die Annahme einer
(nicht nur vorübergehenden) Verschlimmerung wäre eine auf den Unfall zurückzuführende Schädigung des
Kniegelenkes erforderlich. Wie bereits ausgeführt, fehlt es jedoch im vorliegenden Fall an einer entsprechenden
substanziellen Schädigung.
Entgegen der Ansicht des Klägers reicht es für die Begründung eines Ursachenzusammenhangs zwischen dem Unfall
und den Beschwerden im linken Kniegelenk auch nicht aus, dass er vor dem Unfall beschwerdefrei gewesen ist.
Entscheidend gegen einen Ursachenzusammenhang spricht vielmehr, dass sich eine unfallbedingte Verletzung des
Kniegelenkes wie z. B. der Bänder-, Menisken- oder Gelenkknorpel nicht hat feststellen lassen.
Da die Kammer ihre Entscheidung nicht auf die beratungsärztlichen Stellungnahmen stützt, die die Beklagte im
Verwaltungsverfahren eingeholt hat, kann dahingestellt bleiben, ob diese unter Verstoß gegen die Vorschrift des § 200
Abs. 2 SGB VII zustande gekommen sind und ggf. in diesem Verfahren nicht verwertet werden können (vgl. hierzu
Bundessozialgericht, Urteile vom 05. Februar 2008, - B 2 U 8/07 R und B 2 U 10/07 R, jeweils zitiert nach juris). Im
Übrigen vermochte die Kammer der gegenteiligen Auffassung der Dres. J. /K. in ihrem Sachverständigengutachten
vom 13. Mai 2006 schon deshalb nicht zu folgen, weil die Sachverständigen den vorhergehenden - privaten -
Mopedunfall des Klägers im März des Jahres 2005 nicht berücksichtigt haben, worauf auch schon die Beklagte zu
Recht hingewiesen hat.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG; sie entspricht dem Ergebnis der Hauptsache, in der der Kläger
vollumfänglich unterlag.
Gerichtskosten werden in Verfahren der vorliegenden Art nicht erhoben.