Urteil des SozG Lüneburg vom 18.08.2009

SozG Lüneburg: arbeitsentgelt, vergütung, geschäftsführer, gerichtsakte, krankheit, eingliederung, versicherungspflicht, urlaub, berufsausbildung, verfügungsbefugnis

Sozialgericht Lüneburg
Urteil vom 18.08.2009 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Lüneburg S 7 AL 146/07
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 26. Juli 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
22. August 2007 verurteilt, der Klägerin für die Zeit vom 01. April bis 30. Juni 2007 Leistungen nach § 4 ATG im
gesetzlichen Umfang zu gewähren. Die Beklagte hat der Klägerin ihre außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin erstrebt von der Beklagten die Gewährung von Leistungen nach § 4 Altersteilzeitgesetz (AtG) für den in
Altersteilzeit befindlichen Arbeitnehmer H. für die Zeit vom 01. April bis 30. Juni 2007.
Die Klägerin beschäftigte Herrn H. seit 1985 als sozialversicherungspflichtigen Geschäftsführer. Sie schloss mit dem
Arbeitnehmer einen Altersteilzeitvertrag im Blockmo-dell ab dem 01. September 2002 bis zum 30. April 2008 ab,
wobei die Freistellungsphase am 01. Juli 2005 begann. Zum 01. Mai 2005 stellte die Klägerin den Zeugen, Herrn I. J.,
als Wiederbesetzer, der zuvor arbeitslos war, auf der Position des Geschäftsführers ein (vgl. Arbeitsvertrag Bl. 9 bis
12 der Gerichtsakte).
Die Klägerin erhielt von der Beklagten ab dem 01. Juli 2005 Leistungen nach § 4 AtG.
Mit Bescheid vom 17. Oktober 2005 erkannte sie den Anspruch dem Grunde nach für die Zeit vom 09. September
2002 bis zum 30. April 2008 an (Bl. 40 der Verwaltungsakte Teil 1).
Die Klägerin schloss mit dem Zeugen J. am 20. Dezember 2006 eine Nebenabrede zum Geschäftsführervertrag ab,
welche folgende Regelungen beinhaltet (Bl. 43 der Verwaltungsakte):
"1. Das Vertragsverhältnis endet spätestens am 30. April 2008. 2. Herr I. J. wird mit dem 31. Dezember 2006 unter
Fortzahlung der Grundvergü-tung vom Dienst freigestellt und von der Funktion als Geschäftsführer der B. ent-bunden.
3. Der Vertrag wird vorzeitig aufgelöst, wenn Herr J. einen anderen Arbeitsplatz gefunden hat. 4. Sollte Herr I. J. eine
Anstellung finden, bei der die Vergütung unterhalb der derzeitigen Grundvergütung liegt, so wird die B. die Vergütung
bis zur Höhe der der-zeitigen monatlichen Grundvergütung bis zum 30. April 2008 aufstocken. ( )"
Die Prokuristin, Frau L. M., übernahm zwischenzeitlich den Aufgabenbereich des Widerbesetzers, denjenigen der
operativen Betriebsführung. Herr H. wurde unterstützend als Berater hinzugezogen und erhielt einen Arbeitsvertrag
über eine geringfügige Beschäftigung auf 400,- Euro-Basis (Bl. 52 der Verwaltungsakte Teil 1).
Mit Bescheid vom 26. April 2007 lehnte die Beklagte Leistungen nach § 4 AtG für die Zeit vom 01. Januar bis 31.
März 2007 ab (Bl. 47 der Verwaltungsakte Teil 2). Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit
Widerspruchsbescheid vom 09. Mai 2007 zurück (Bl. 51 bis 52 der Verwaltungsakte Teil 2).
Mit Bescheid vom 26. Juli 2007 (Bl. 57 der Verwaltungsakte Teil 2) lehnte die Beklagte den Antrag auf Leistungen
nach § 4 AtG für die Zeit vom 01. April bis 30. Juni 2007 ab und begründete dies damit, dass Fördervoraussetzung
eine tatsächliche versicherungs-pflichtige Beschäftigung sei. Der Wiederbesetzer müsse tatsächlich in den Betrieb
des Arbeitgebers eingebunden sein.
Dagegen legt die Klägerin am 16. August 2007 Widerspruch ein (Bl. 59 bis 61 der Verwaltungsakte Teil 2) und
begründete diesen damit, dass die Voraussetzungen für eine Versagung der Leistung nach § 5 Absatz 2 AtG nicht
gegeben sei. Trotz Freistellung vom Dienst bestehe das Arbeitsverhältnis des Wiederbesetzers fort. Die Norm greife
nur dann ein, wenn der Arbeitnehmer endgültig aus dem Betrieb ausscheide. Dies sei indes nicht der Fall, weil der
Arbeitsvertrag bis zum 30. April 2008 wirksam sei und es sich nicht um eine unwiderrufliche Freistellung handele.
Ferner sei die Absicht des Gesetzgebers zu beachten, dass mit dem AtG der Arbeitsmarkt durch die Einstellung
eines Arbeitslosen entlastet werde. Bis zum Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis erhalte der Wiederbe-setzer
keine Sozialleistungen der Beklagten.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 22. August 2007 zurück (Bl. 63 bis 66 der
Verwaltungsakte Teil 2) und begründete dies im Wesentlichen folgendermaßen:
Wenn der Arbeitgeber auf die Arbeitsleistung des Wiederbesetzers nicht nur vorüberge-hend verzichtet, ohne dass
vereinbart werde, dass das in der Freistellungsphase ange-sammelte Wertguthaben abgebaut werde, liege kein
Beschäftigungsverhältnis im Sinne von § 7 Absatz 1a SGB IV vor. Dies gelte, sofern keine Vereinbarung vorliege,
nach der die Freistellung noch nachgearbeitet werde und damit das negative Wertguthaben aus-geglichen werde. Es
bestehe in diesem Fall keine versicherungspflichtige Beschäftigung im Sinne von §§ 24, 25 SGB III.
Dagegen hat die Klägerin am 20. September 2007 Klage erhoben.
Sie trägt unter Bezugnahme auf die Widerspruchsbegründung vor:
Der Wortlaut des § 5 Absatz 2 AtG spreche gegen die von der Beklagten gewählte Aus-legung. Der Wiederbesetzer
sei widerruflich freigestellt worden, weil der Arbeitgeber auf sein Direktionsrecht nicht endgültig verzichtet habe. Das
sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis bestehe daher fort. Eine tatsächliche Beschäftigung sei nicht
erforderlich.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 26. Juli 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.
August 2007 zu verurteilen, der Klägerin für die Zeit vom 01. April bis 30. Juni 2007 Leistungen nach § 4 AtG im
gesetzlichen Um-fang zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt unter Bezugnahme auf die erlassenen Bescheide vor.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einvernahme des Zeugen Martin Weber hinsichtlich der Umstände seiner
Beschäftigung bei der Klägerin.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung, den Inhalt
der Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage hat Erfolg.
Der Bescheid der Beklagten vom 26. Juli 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. August 2007 erweist
sich als rechtswidrig und verletzt die Klägerin in eigenen Rechten.
Rechtsgrundlage der angegriffenen Bescheide sind §§ 4, 5 AtG (in der Fassung vom 23. Juli (BGBl. I S. 1078),
zuletzt geändert durch Artikel 234 der Neunten Zuständigkeitsan-passungsverordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I
S. 2407)) in Verbindung mit § 7 SGB IV (in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Januar 2006 (BGBl. I S. 86,
466), zuletzt geändert durch Artikel 2 Absatz 18 des Gesetzes zur Einführung des Elterngeldes vom 05. Dezember
2006 (BGBl. I S. 2748)) und §§ 24, 25 SGB III (in der Fassung vom 24. März 1997 (BGBl. I S. 594), zuletzt geändert
durch Artikel 7 des Gesetzes der zur Anpassung der Rechtsvorschriften des Bundes infolge des Beitritts der Republik
Bulga-rien und Rumäniens zur Europäischen Union vom 07. Dezember 2006 (BGBl. I S. 378)).
Streitgegenständlicher Zeitraum ist die in den Bescheiden geregelte Zeit vom 01. April bis 30. Juni 2007. Die
Entscheidungen der Behörde von Folgezeiträumen sind nicht im Rahmen von § 96 SGG berücksichtigungsfähig.
Gleiches gilt für vorangegangene Zeit-räume, welche bereits bestandskräftig geregelt worden sind.
Gemäß § 4 Absatz 1 AtG erstattet die Bundesagentur dem Arbeitgeber für längstens sechs Jahre den
Aufstockungsbetrag (Nr.1) und den Betrag nach den nach § 3 Absatz 1 Nr. 1b AtG berechneten Beitrag (Nr.2).
Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass bis zum 31. Dezember 2006 ein Leistungs-anspruch für den
Arbeitnehmer H. zugunsten der Klägerin bestand.
Nach § 5 Absatz 2 Satz 1 AtG besteht der Anspruch auf Leistungen nicht, solange der Arbeitgeber auf dem
freigemachten oder durch Umsetzung freigewordenen Arbeitsplatz keinen Arbeitnehmer mehr beschäftigt, der bei
Beginn der Beschäftigung die Vorausset-zungen des § 3 Absatz 1 Nr.2 AtG erfüllt hat.
Gemäß Satz 2 dieser Norm gilt dies nicht, wenn der Arbeitsplatz mit einem Arbeitnehmer, der diese Voraussetzungen
erfüllt, innerhalb von drei Monaten erneut wiederbesetzt wird oder der Arbeitsgeber insgesamt für vier Jahre die
Leistungen erhalten hat.
Bei Beginn der Beschäftigung des Zeugen J. im Mai 2007 erfüllte dieser die Vorausset-zungen des § 3 Absatz 1 Nr.2
AtG. Denn dieser war zuvor arbeitslos und wurde versicherungspflichtig beschäftigt. Dieser Umstand ist ebenfalls
zwischen den Beteiligten nicht streitig.
Ein Ausnahmefall nach § 5 Absatz 2 Satz 2 AtG ist nicht gegeben.
Zum einen hat die Klägerin den nach dem AtG geförderten Arbeitsplatz nach dem 31. Dezember 2006 nicht mit
innerhalb von drei Monaten mit einer Person wiederbesetzt, welche die Voraussetzungen des § 3 Absatz 1 Nr.2 AtG
erfüllt.
Zum anderen hat sie nicht mindestens vier Jahre bereits Leistungen nach dem AtG erhal-ten. Denn diese werden bei
einer Arbeitsleistung im Blockzeitmodell erst dann erbracht, wenn die Wiederbesetzung erfolgt, das heißt der
Arbeitgeber den freigemachten Arbeits-platz mit einem förderungsfähigen Arbeitnehmer besetzt. Dies war jedoch erst
im Mai 2005 der Fall.
Die Klage scheitert auch nicht an dem Umstand, dass die Klägerin Herrn N. im Jahre 2007 erneut auf 400,- Euro-
Basis beschäftigte, was gemäß § 5 Absatz 3 AtG nicht an-spruchsschädlich ist, weil lediglich eine geringfügige
Beschäftigung vorlag.
Ob ein Arbeitnehmer im Sinne von § 5 Absatz 2 Satz 1 AtG beschäftigt wird, richtet sich nach §§ 24, 25 SGB III und
den allgemeinen Regeln des § 7 SGB IV.
Gemäß § 24 Absatz 1 SGB III stehen Personen in einem Versicherungspflichtverhältnis, die als Beschäftigte oder
aus anderen Gründen versicherungspflichtig sind.
Nach § 25 Absatz 1 Satz 1 SGB III sind versicherungspflichtig Personen, die gegen Ar-beitsentgelt oder zu ihrer
Berufsausbildung beschäftigt (versicherungspflichtige Beschäf-tigung) sind.
Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass in der Zeit vom 01. Mai 2005 bis 31. Dezem-ber 2006 der Zeuge J.
sozialversicherungspflichtig beschäftigt war. Dementsprechend hat die Beklagte auch Leistungen nach dem AtG
erbracht.
Nach § 24 Absatz 4 SGB III endet das Versicherungspflichtverhältnis für Beschäftigte mit dem Tag des
Ausscheidens aus dem Beschäftigungsverhältnis oder mit dem Tag vor Eintritt der Versicherungsfreiheit, für die
sonstigen Versicherungspflichtigen mit dem Tag, an dem die Voraussetzungen für die Versicherungspflicht letztmals
erfüllt waren.
Gemäß § 7 Absatz 1 Satz 1 SGB IV ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, ins-besondere in einem
Arbeitsverhältnis. Gemäß Satz 2 sind Anhaltspunkte für eine Beschäftigung eine Tätigkeit nach Weisungen und eine
Eingliederung in die Arbeitsorgani-sation des Weisungsgebers.
Nach § 7 Absatz 1a SGB IV besteht, wenn für Zeiten einer Freistellung von der Arbeits-leistung Arbeitsentgelt fällig
ist, das mit einer vor oder nach diesen Zeiten erbrachten Ar-beitsleistung erzielt wird (Wertguthaben), während der
Freistellung eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt, wenn
1. die Freistellung auf Grund einer schriftlichen Vereinbarung erfolgt und 2. die Höhe des für die Zeit der Freistellung
und des für die vorausgegangenen Kalendermonate monatlich fälligen Arbeitsentgelts nicht unangemessen
voneinander abweichen und diese Arbeitsentgelte 400 Euro übersteigen.
Die Voraussetzungen einer (fiktiven) versicherungspflichtigen Weiterbeschäftigung des Zeugen Weber ab dem 01.
Januar 2007 liegen nicht vor.
Der Gesetzgeber hat dieses Instrument geschaffen, um flexiblere Arbeitszeitregelungen zu fördern und in Rahmen
dessen den sozialrechtlichen Schutz von Freistellungsphasen zu erhöhen (vgl. Hauck/Haines/Knospe, Kommentar
zum SGB IV, § 7, Rd.30). Darunter fällt beispielsweise ein "Sabbatjahr" oder die Altersteilzeit bezüglich des
zugunsten des Wiederbesetzers ausscheidenden Arbeitnehmer (vgl. Eicher/Schlegel, Kommentar zum SGB III, § 25,
Rd.43). Die Norm gilt beispielsweise nicht für Krankheit, Urlaub, Streik oder Bildungsmaßnahmen, bei denen nicht vor-
oder nachgearbeitet werden muss (vgl. Kasseler/Kommentar/Seewald, § 7 SGB IV, Rd.145c). Ein Beschäftigter kann
aufgrund einer Vereinbarung vor der Zeit der Freistellung ein Wertgutarbeiten erarbeiten, welches dann während der
Freistellungsphase als Arbeitsentgelt ausgezahlt wird, wobei in der Anarbei-tungsphase die Arbeitsleistung die
arbeitsvertraglich vereinbarte übersteigen muss. Das Wertguthaben kann sowohl aus einem Zeitkonto als auch
angespartem Arbeitsentgelt bestehen. (vgl. Kasseler/Kommentar/Seewald, § 7 SGB IV, Rd.145e). Nach der im strei-
tigen Zeitraum geltenden Fassung des § 7 Absatz 1a SGV IV musste zwingend eine schriftliche Vereinbarung über
das Flexibilisierungsmodell vorliegen (vgl. Hauck/Haines/Knospe § 7 SGB IV, Rd.33).
Jedoch wurde vorliegend zwischen der Klägerin und dem Zeugen J. kein Wertguthaben hinsichtlich vor- oder
nachzuleistender Arbeitszeiten oder Arbeitsentgeltes vereinbart und es gab weder eine Vereinbarung über die Vor-
oder Nacharbeit für Zeiten der Freistel-lung. Denn die Freistellung war nicht bei Beginn der Beschäftigung geplant oder
beab-sichtigt, sondern erfolgte aus Motiven, welche erst im Laufe der Beschäftigungszeit er-kennbar wurden, wie
Klägerin und Zeuge in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend erklärt haben. Im Arbeitsvertrag wurde eine
Beschäftigung bis zum 30. April 2008 vereinbart, ohne dass ein Vorbehalt hinsichtlich einer Freistellung formuliert
worden wäre. Ferner wurde keine Vereinbarung über Einrichtung eines Wertguthabens getroffen. Auch in der
Freistellungsvereinbarung wurde kein Wertguthaben vereinbart, so dass ein Ar-beitszeitkonto zu keinem Zeitpunkt
bestand.
Die Kammer geht nach der Beweisaufnahme davon, dass das sozialrechtliche Beschäfti-gungsverhältnis bis zum 30.
April 2008 angedauert hat.
Sachverhalte, die nicht von § 7 Absatz 1a SGB IV erfasst sind, sind über § 7 Absatz 1 Satz 1 SGB IV als lex
generalis zu prüfen, der daneben anwendbar bleibt (vgl. Urteil des Bundessozialgerichtes vom 24. September 2009 - B
12 KR 27/07 R -). Insoweit stellt § 7 Absatz 1a SGB IV keine abschließende Spezialregelung dar.
Das sozialrechtliche Beschäftigungsverhältnis endet im Sinne des § 24 Absatz 4 SGB IV nicht zwingend mit der
Einstellung der tatsächlichen Arbeitsleistung, sondern kann unter bestimmten Bedingungen weiter bestehen.
Zunächst ist erforderlich, dass das arbeitsvertragliche Arbeitsverhältnis fortbesteht und weiterhin Arbeitsentgelt
gezahlt wird (vgl. Urteil des Bundessozialgerichtes vom 18. September 1973 - 12 RK 15/72 -). Diese Voraussetzungen
ist vorliegend erfüllt, weil der Arbeitsvertrag mit der Nebenrede zum Geschäftsführervertrag hinsichtlich der
Vertragsdau-er nicht verändert wurde, sondern sich die Änderungspunkte unter anderem auf die Art der Arbeitsleistung
und die Modalitäten der weiteren Entlohnung bezog.
In jedem Fall der Freistellung muss zum einen das Dispositionsrecht bzw. die Verfügungsbefugnis des Arbeitgebers
über den Arbeitnehmer weiterhin bestehen (vgl. Gagel/Fuchs, Kommentar zum SGB III, § 24, Rd.16;
Eicher/Schlegel/Rixen, Kommentar zum SGB III, § 24, Rd. 54).
Zum anderen ist erforderlich, dass der Arbeitnehmer weiterhin dienst- und arbeitsbereit ist, das heißt im Falle der
Ausübung des Dispositionsrecht unverzüglich bereit ist, ent-sprechend dem Willen des Arbeitgebers eingesetzt zu
werden (vgl. Urteile des Bundes-sozialgerichtes vom 18. September 1973 - 12 RK 15/72 - und 19. März 1992 - 7 RAr
82/91 -). Dabei ist auf die tatsächlichen Verhältnisse abzustellen (vgl. Urteil des Bundes-sozialgerichtes vom 12.
Dezember 1985 - 2 RU 14/84 -). Gerade dann, wenn eine Ar-beitsleistung fehlt, ist maßgeblich als Ersatzmerkmal auf
das Vorhandensein der Leistungs- und Dienstbereitschaft abzustellen und zu prüfen, ob diese objektiv vorhanden ist
(vgl. Kasseler/Kommentar/Seewald, § 7 SGB IV, Rd.42).
Weder Direktionsrecht noch Arbeitsbereitschaft dürften aufgehoben worden sein. Ferner müsste aber auch der Wille
der Arbeitsvertragsparteien bestehen, das Beschäftigungs-verhältnis fortzusetzen (vgl. Urteil des Bayerischen
Landessozialgerichtes vom 19. Feb-ruar 2008 - L 5 KR 223/07 -).
Die Arbeitsvertragsparteien müssen die Fortsetzung der Beschäftigung innerhalb eines absehbaren Rahmens objektiv
wollen (vgl. Urteil des Bundessozialgerichtes vom 18. April 1991 - 7 RAr 106/90 -; Beschluss des
Bundessozialgerichtes vom 21. August 1997 - 12 BK 63/97 -; Urteil des Bayerischen Landessozialgerichtes vom 15.
April 2008 - L 5 KR 22/08 -).
Nach der Nebenabrede hat die Klägerin das Verfügungsrecht über die Beschäftigung des Zeugen J. nicht endgültig
aufgegeben, weil eine erneute tatsächliche Arbeitsleistung durch die Vereinbarung nicht von vornherein
ausgeschlossen wurde. Dies bestätigte auch der Zeuge in seiner Aussage. Er versicherte glaubhaft, dass er weiterhin
arbeitsbe-reit gewesen sei. So hat er auch seinen Wohnsitz bis Ende April 2008 in Lüneburg bei-behalten und wäre
objektiv in der Lage gewesen, die Beschäftigung umgehend wieder-anzutreten. Denn überdies trat er in dieser Zeit in
kein anderes Arbeitsverhältnis bei ei-nem anderen Arbeitgeber ein, auch wenn er etwa 20 Bewerbungen gefertigt hat.
Letzte-res steht nicht der tatsächlichen Verfügbarkeit für einen Dienst bei der Klägerin entgegen. Fortsetzungswille
hinsichtlich des Beschäftigungsverhältnisses war somit auf Seiten des Zeugen gegeben.
Gleiches gilt auch für die Klägerin, welche sich die Option der Wiederbeschäftigung ausdrücklich offen hielt. Dies
ergibt sich auch aus der Nebenabrede, welche dergestalt auszulegen ist, dass eine widerrufliche Freistellung des
Zeugen vorlag. Die Klägerin verzichtete darin nicht auf vollständig auf ihr Direktionsrecht und brachte zumindest einen
einge-schränkten Fortsetzungswillen hinsichtlich des Beschäftigungsverhältnisses zum Ausdruck. Dies wird durch
den Umstand gestützt, dass zunächst Frau M. den Geschäftsfüh-rungsbereich des Zeugen zusätzlich übernahm,
ohne dass eine neue Arbeitskraft einge-stellt wurde, und dessen Stelle erst endgültig im Januar 2009 neu besetzt
worden ist. Hätte sich die Klägerin unwiderruflich und endgültig bereits im Dezember 2006 vom Zeugen trennen
wollen, hätte sie das Arbeitsverhältnis kündigen oder eine Aufhebungsvereinbarung schließen können.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Absatz 1 SGG.
Gemäß § 144 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, Absatz 2 SGG bedarf die Berufung nicht der Zulassung, weil hier die Beschwer
der Klägerin mit 5.260,86 Euro oberhalb des Schwellenwertes von 750,- Euro liegt.