Urteil des SozG Lüneburg vom 10.03.2009

SozG Lüneburg: ermessen, rückzahlung, notlage, unterbrechung, heizung, darlehen, hauptsache, sperrung, produkt, energieversorgung

Sozialgericht Lüneburg
Beschluss vom 10.03.2009 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Lüneburg S 81 AS 311/09 ER
Die Antragsgegnerin wird im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet, den Antragstellern ein Darlehen in
Höhe von 3.705,45 EUR zur Tilgung der bei der G. AG entstandenen Stromkosten durch Überweisung unmittelbar an
die gen. Gesellschaft zu gewähren. Diese Anordnung wird davon abhängig gemacht, dass die Antragsteller bis zum
20. März 2009 gegenüber der Antragsgegnerin unwiderruflich und schriftlich zunächst für die Zeit vom 01. April 2009
bis zum 31. März 2010 einer direkten Überweisung von Abschlagszahlungen in Höhe von 224,- EUR monatlich an die
G. AG durch die Antragsgegnerin - beginnend mit dem 1. April 2009 - unter Anrechnung auf die monatliche
Regelleistung zustimmen und sich mit einer Rückzahlung des Darlehens ab 01. April 2009 in monatlichen Raten von
50,- EUR unter Verrechnung ihrer Regelleistung einverstanden erklären. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt. Die
Antragsgegnerin trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragsteller.
Gründe:
I. Die Antragsteller erstreben die Übernahme aufgelaufener Stromkosten und -forderungen durch die Antragsgegnerin.
Die Antragstellerin zu 1) und die mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Kinder (drei minderjährige Kinder im Alter
von 2, 7 und 11 Jahren) erhalten fortlaufend - etwa seit Februar 2006 - Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts
- aktuell für die Zeit vom 1. Februar 2009 bis 31. Juli 2009 in einer monatlichen Gesamthöhe von 743,95 EUR
(Einzelberechnungen liegen insoweit nicht vor). Für zwei ihrer Kinder (C. u. D.) erhält die Antragstellerin offenbar
wegen deren Einkünften (Unterhalt von 257,- EUR und Kindergeld von 154,- EUR) keine Leistungen. Hiergegen ist
Widerspruch eingelegt worden.
Nachdem die Antragsteller bereits im August 2008 eine Übernahme damaliger Stromkosten gem. der
Jahresabrechnung 2006/2007 beantragt hatten, was von der Antragsgegnerin durch Bescheid vom 3. September 2008
abgelehnt worden war, beantragte die Antragstellerin zu 1) für sich und ihre drei Kinder mit Schreiben vom 5. Januar
2009 abermals eine Übernahme der in der Abrechnungsperiode November 2007 / November 2008 beim
Energieversorgungsunternehmen aufgelaufenen Kosten für Strom von 1.657,97 EUR (brutto) und für Erdgas von
929,93 EUR (brutto) nebst einer Verbrauchsforderung von 745,48 EUR, insgesamt also - einschließlich Mahn- und
Inkassokosten - die Übernahme eines Betrag von 3.413,38 EUR.
Durch Bescheid vom 28. Januar 2009 lehnte die Antragsgegnerin das mit der Begründung ab, die Aufwendungen für
Strom seien in den Regelleistungen gem. § 20 SGB II enthalten und dürften nicht aufgestockt werden; auch
Nachzahlungsbeträge könnten grds. nicht übernommen werden. Hiergegen ist Widerspruch eingelegt worden.
Durch Bescheid ebenfalls vom 28. Januar 2009 teilte die Antragsgegnerin jedoch mit, dass hinsichtlich der
Heizkosten - bei Abzug der Kosten für die Warmwasserbereitung (222,84 EUR / 18,57 mtl.) - ein
berücksichtigungsfähiger Betrag von 707,09 EUR in Betracht komme, auf den bereits Abschläge in Höhe von 657,60
EUR gewährt worden seien. Der verbleibende Rest von 49,49 EUR werde als Beihilfe übernommen und auf das Konto
des Energieversorgers überwiesen. Auch hiergegen ist Widerspruch eingelegt worden.
Am 2. März 2009 beantragte der Prozessbevollmächtigte der Antragsteller die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes
mit der Begründung, die Antragstellerin zu 1) habe zunächst ihrem Energieversorgungsunternehmen den Zutritt zu
ihrem Stromzähler zwecks Stromsperre verweigert, sei jedoch inzwischen zivilrechtlich (Urteil des Amtsgerichts
Lüneburg vom 2. Februar 2009 - 39 CV 559/08 - ) verurteilt worden, solchen Zugang zu dulden. Durch Schreiben des
Energieversorgungsunternehmens vom 27. Februar 2009 sei ihr nun angekündigt worden, dass am 5. März 2009
zwischen 9.oo und 10.oo Uhr die Unterbrechung der Anschlussnutzung vorgenommen werde, was nur durch einen
Bareinzahlungsbeleg über den inzwischen aufgelaufenen Betrag von 3.705,45 EUR verhindert werden könne. Sie
könnten den geforderten Betrag jedoch nicht leisten, da die beiden schulpflichtigen Kinder erhebliche Kosten
verursachten (Kleidung, Verpflegung usw.). Die Wohnungsmiete belaufe sich auf 620 EUR kalt / 707 EUR
einschließlich Nebenkosten. Der an das Energieversorgungsunternehmen zu zahlende Monatsabschlag betrage jetzt
224,- EUR. Eine Stromsperre sei bei den Antragstellern dem Verlust der Unterkunft gleichzusetzen. Die von der
Antragsgegnerin vorgenommene Pauschalierung bei den Heizkosten und der Vorhalt einer zu teueren Wohnung sei
rechtswidrig und kein Grund, die Stromkostenübernahme vorzuenthalten.
Die Antragsteller beantragen, die Antragsgegnerin zu verpflichten, den Antragstellern die Stromnachzahlung und -
forderung in Höhe von EUR 3.705,45 als Darlehen an die E.ON Avacon AG zu zahlen
und zur Vermeidung eines weiteren einstweiligen Rechtsschutzverfahrens,
die Kosten der Unterkunft vor dem Hintergrund der Rechtsauffassung des Gerichts und vor dem Hintergrund der
neuen Vorauszahlungen über die Heizkosten, die Gegenstand der Akte der Antragsgegnerin sind, zu bewilligen und zu
berechnen.
Die Antragsgegnerin beantragt, den Antrag abzulehnen.
Sie ist der Auffassung, sie habe für den Abrechnungszeitraum anteilig die gesamten Heizkosten übernommen und sie
habe daneben die aufgelaufenen Stromkosten, die den weitaus größeren Teil des Nachzahlungsbetrages ausmachten,
nur noch nach Ermessen zu zahlen. Derzeit zahle sie für den Gasverbrauch der Antragsteller (Heizung) unter Abzug
eines Warmwasseranteils einen Abschlagsbetrag von 78,43 EUR mtl, jedoch keinerlei Abschläge für Strom. Eine
Übernahme der aufgelaufenen Stromkosten sei auch nicht gerechtfertigt. Denn eine dauerhafte Beseitigung der Sperre
und die Vermeidung weiterer Schulden sei nicht absehbar. Das Ermessen werde daher zu Lasten der Antragsteller
ausgeübt. Diese hätten die erforderlichen Abschlagszahlungen in der Erwartung nicht geleistet, der zuständige Träger
der Leistungen werde sie schon eines Tages übernehmen. Auch lasse die Höhe des Stromverbrauchs auf ein
unwirtschaftliches Verhalten schließen: Anders lasse sich der sehr hohe Verbrauch nicht erklären. Schließlich
wohnten die Antragsteller auch in einer zu teueren Wohnung (Miete von 707,- EUR), da die Antragsteller als 4-
Personen-Haushalt nur eine solche mit einer Miete von 545,- EUR als angemessen bewohnen könnten. Ein erhöhter
Bedarf für Wohnraum sei von den Antragstellern nicht vorgetragen worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen
Vorgänge der Antragsgegnerin Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat im Wesentlichen Erfolg.
Der Antrag ist als solcher auf Erlass einer Regelungsanordnung (§ 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG) mit dem Ziel der
Gewährung eines Darlehens seitens der Antragsgegnerin auszulegen, da nur eine solche Anordnung vorliegend in
Betracht kommt. Nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache zur Regelung eines vorläufigen
Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis einstweilige Anordnungen erlassen, wenn eine solche
Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile "nötig" erscheint. Dazu sind gemäß § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG
i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO der vom Antragsteller geltend gemachte Anordnungsanspruch und daneben ein
Anordnungsgrund, nämlich die Dringlichkeit, glaubhaft zu machen. Gemäß § 86 b Abs. 3 SGG ist ein solcher Antrag
ohne Bindung an eine Frist auch schon vor Klageerhebung zulässig. Die Durchführung eines Vorverfahrens ist nicht
notwendig (vgl. Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz-Kommentar, 7. Auflage 2002, Rn. 26 zu § 86b SGG).
Steht dem Antragsteller ein geltend gemachter Anspruch zu und ist ihm nicht zuzumuten, den Ausgang eines
Hauptsacheverfahrens noch abzuwarten, so hat der Antragsteller Anspruch auf die begehrte Leistung im Wege des
vorläufigen Rechtsschutzes - bei Unüberschaubarkeit der Sach- und Rechtslage aufgrund einer Folgenabwägung (LSG
Nds.-Bremen, Beschl. v. 2.10.2008 - L 7 AS 463/08 ER - ; BVerfG NVwZ 2005, 927 f.).
1. Ein Anordnungsanspruch ergibt sich hier aus § 22 Abs. 5 SGB II. Er ist glaubhaft gemacht, wenn das Gericht
aufgrund einer vorläufigen, summarischen Prüfung, für die der Sachverhalt unter Berücksichtigung der Eilbedürftigkeit
des Rechtsschutzbegehrens von Amts wegen zu klären ist, zu der Überzeugung gelangt, dass eine
Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass den Antragstellern ein Rechtsanspruch auf die begehrte Leistung zusteht und
sie deshalb in einem Hauptsacheverfahren mit dem gleichen Begehren - soweit schon überschaubar - voraussichtlich
Erfolg haben würden. Das ist hier der Fall.
Nach § 22 Abs. 5 SGB II können nämlich, sofern Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht werden, auch
Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren
Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen gem. § 22 Abs. 5 Satz 2 SGB II regelmäßig übernommen werden, wenn das
gerechtfertigt und notwendig ist und andernfalls Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Hierunter fällt auch die
Übernahme von Energiekostenrückständen (vgl. Berlit in LPK - SGB II, Rdnr. 116 zu § 22). Die bei der
Ermessensentscheidung im Rahmen einer umfassenden Gesamtschau der Umstände des Einzelfalles zu
berücksichtigenden Umstände, wie Höhe der Rückstände, ihre Ursachen, die Zusammensetzung des von der
eventuellen Energiesperre bedrohten Personenkreises und die Möglichkeiten sowie die Zumutbarkeit einer
anderweitigen Energieversorgung, das in der Vergangenheit gezeigte Verhalten, insbesondere Bemühungen, das
Verbrauchsverhalten einzuschränken bzw. angemessen anzupassen und ein Selbsthilfewillen (vgl. hierzu Berlit LPK -
SGB II Rdnr. 118 zu § 22 SGB II) können im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes noch nicht derart
umfassend wie in einem Verfahren der Hauptsache geprüft und geklärt werden, da sie sich regelmäßig nicht
vollständig den Verwaltungsakten entnehmen lassen. Ein sozialwidriges, unwirtschaftliches und die Möglichkeiten der
Selbsthilfe ignorierendes Verhalten, welches das Ermessen der Antragsgegnerin prägen könnte, liegt hier jedenfalls
nicht offensichtlich zutage (vgl. dazu SG Hannover v. 19.12.2005 - S 51 SO 741/05 ER), hat somit außer Betracht zu
bleiben - zumal ein etwa unwirtschaftliches Verhalten der Antragsteller vom Träger der Leistung nachzuweisen wäre
(LSG Nds.-Bremen, Beschl. v. 2.10.2008 - L 7 AS 463/08 ER - ).
Im vorliegenden Fall ist das Ermessen der Antragsgegnerin daher auf die Gewährung des Darlehens reduziert: Denn
das Ermessen des Leistungsträgers nach § 22 Abs. 5 Satz 2 SGB II ist - jedenfalls soweit Wohnungslosigkeit bzw.
eine der Wohnungslosigkeit doch sehr nahe kommende Notlage durch Verlust der Energieversorgung droht - unter
Berücksichtigung verfassungsrechtlicher Wertungen dahingehend stark eingeschränkt, dass der Leistungsträger in der
Regel auch entsprechende Schulden zu übernehmen hat und lediglich in atypischen Fällen nach seinem Ermessen
hiervon noch abweichen kann (vgl. Beschluss des LSG Berlin-Brandenburg vom 11.12.2007 - L 28 B 2169/07 AS ER -
vgl. JURIS). Eine erhebliche Einschränkung des Ermessens ergibt sich zusätzlich daraus, dass die
Bedarfsgemeinschaft - wie vorliegend - minderjährige Mitglieder hat, die besonders schutzbedürftig sind (Art. 6 GG,
vgl. den o.g. Beschluss des LSG Berlin-Brandenburg vom 11.12.2007). Anhaltspunkte für einen atypischen Fall liegen
hier nicht vor und sind für das Gericht nicht ersichtlich. Das Darlehen ist somit zu gewähren.
2. Ein Anordnungsgrund liegt ebenfalls vor. Er ist gegeben, wenn ein Antragsteller glaubhaft machen kann, dass ihm
wesentliche - insbesondere irreparable - Nachteile drohen, die für ihn ein Abwarten bis zur Entscheidung in der
Hauptsache unzumutbar machen und die Regelung durch eine einstweilige Anordnung zur Verhinderung dieser
unzumutbaren Nachteile nötig erscheinen lassen.
Dahinstehen kann hier, ob die Voraussetzungen des § 19 der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die
Grundversorgung von Haushaltskunden und die Ersatzversorgung mit Elektrizität aus dem Niederspannungsnetz
(Stromgrundversorgungsverordnung - StromGVV) vorliegen, demgemäß die Stromversorgungsunternehmen
verpflichtet sind, eine Unterbrechung der Grundversorgung vier Wochen vor Beginn der Maßnahme anzudrohen, § 19
Abs. 2 S. 1 StromGVV (vgl. dazu Beschluss des SG Lüneburg vom 10.4.2008 - S 27 AS 410/08 ER -). Jedenfalls ist
hier die Regelung eingehalten worden, dem Kunden einen Beginn der Unterbrechung drei Werktage im Voraus
anzukündigen, § 19 Abs. 3 StromGVV (Bl. 32 GA). Zudem haben die Antragsteller sich im zivilrechtlichen
einstweiligen Verfügungsverfahren erfolglos zu wehren versucht (Urteil des Amtsgerichts Lüneburg vom 2. Februar
2009 - 39 CV 559/08 - ) und danach sehr kurzfristig eine schriftliche Ankündigung ihres Versorgungsunternehmens
über eine bevorstehende Anschlussunterbrechung erhalten.
Zwar hat dann nach einer telefonischen Rücksprache des Gerichts mit dem Außendienstmitarbeiter am 4. März 2009
der Stromversorger schriftlich mitgeteilt, dass die für den 5. März 2009 angekündigte Sperrung zunächst bis zum 27.
März 2009 ausgesetzt werde, aber damit ist auf die Stromsperre nicht etwa endgültig verzichtet worden: Es ist
nämlich gleichzeitig erneut eine Sperre für den 30. März 2009 (9.00 bis 10.00 Uhr) angekündigt worden, so dass die
Gefahr einer der Wohnungslosigkeit sehr nahe kommenden Situation durch Sperrung der Stromzufuhr keineswegs
weggefallen ist. Der Prävention von Wohnungslosigkeit durch Schuldenübernahme (§ 22 Abs. 5 SGB II) ist hier somit
Rechnung zu tragen, wobei die faktische Unbewohnbarkeit einer Wohnung (infolge Sperrung der Energiezufuhr) bereits
dem Verlust der Wohnung - der Wohnungslosigkeit - gleich zu achten ist (Berendes, info also 2008, 151; Streichsbier
in Grube/Wahrendorf, SGB II, 2008, § 34 SGB XII Rz. 3; Berlit in LPK-SGB II, § 22 Rn 116). Diesen Wohnungsverlust
noch abzuwarten hält das Gericht, gerade auch angesichts der mit der Antragstellerin zu 1) zusammen lebenden
kleinen Kinder, für nicht zumutbar, zumal die Antragsteller nicht mehr auf ein zivilrechtliches Vorgehen verwiesen
werden können (Berlit, NDV 2006, 5, 26
3. Die Übernahme der Stromkosten kann von flankierenden Maßnahmen abhängig gemacht werden, die dem
Auflaufen weiterer Rückständen entgegenwirken, z.B. der Einwilligung in die Direktüberweisung von Vorauszahlungen
an das Energieversorgungsunternehmen (vgl. dazu Berlit in LPK - SGB II, Rdnr. 1178 zu § 22; Beschluss des LSG
Berlin-Brandenburg vom 11.12.2007, aaO). Das Gericht macht vorliegend von der in § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m.
§ 938 ZPO eingeräumten Möglichkeit Gebrauch, zum Erreichen des Zwecks der Regelungsanordnung diese von einer
Mitwirkungshandlung der Antragsteller abhängig zu machen. Die dauerhafte Versorgung mit Strom und damit der
Erhalt der Wohnung, der Zweck der Schuldenübernahme nach § 22 Abs. 5 SGB II sein muss, kann nur erreicht
werden, wenn die Antragsteller bereit sind, einer Erbringung der Stromkosten als Sachleistung durch direkte
Überweisung der Abschlagszahlungen an den Stromversorger zuzustimmen und so ein weiteres Verfahren darüber, ob
der zuständige Träger dazu auch ohne ihre Zustimmung berechtigt wäre, zu vermeiden. Die Voraussetzungen des §
23 Abs. 2 SGB II bzw. des § 22 Abs. 4 SGB II dürften nach Auffassung des Gerichts vorliegen, da die Antragsteller
in der Vergangenheit nicht einmal Teile der geschuldeten Abschlagszahlungen an den Stromversorger überwiesen und
es damit haben darauf ankommen lassen, dass der Antragsgegner angesichts der Notlage, in welche die
Bedarfsgemeinschaft einschließlich der Kinder damit gebracht wird, gezwungen ist, die aufgelaufenen Schulden im
Nachhinein zu übernehmen (vgl. die Begründung im zitierten Beschluss des LSG Berlin-Brandenburg vom
11.12.2007). Darüber hinaus ergeben sich aus den Akten keine durchgreifenden Bemühungen der Antragsteller, etwa
durch Ratenzahlungen oder in sonstiger Weise, der Notlage abzuhelfen. Das Gericht hält es daher für angemessen,
dass die Antragsteller sich bereit erklären, die Abschlagszahlungen direkt an den Stromversorger überweisen zu
lassen. Im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes hält das Gericht es weiterhin für angemessen, dass vor einer
Abklärung, ob hier ein unwirtschaftliches Verhalten der Antragsteller hinsichtlich des Stromverbrauchs vorliegt, die
Abschlagszahlungen von den Antragstellern aus der Regelleistung erbracht werden, weil grundsätzlich der
Haushaltsstrom ein von der Regelleistung umfasster Bedarf ist.
Mangels gesetzlicher - und bei Zuerkennung im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes mangels vertraglicher -
Regelung der Rückzahlung des vom zuständigen Träger zu erbringenden Darlehens ist die hier getroffene Anordnung
zum Schutz der Interessen des Antragsgegners mit der Verpflichtung zu einer Rückzahlung in Höhe von 50,- EUR pro
Monat zu verknüpfen. Da die Leistungen für Heizung (Gas) bereits - unter Abzug des Anteils an Warmwassser (18,57
EUR mtl.) - vollständig an den Energieversorger abgeführt werden, stehen diese zur Rückzahlung des Darlehens nicht
zur Verfügung. Das Gericht hält daher in Anlehnung an § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB II eine Rückzahlung des Darlehens
aus der Regelleistung für grundsätzlich angemessen.
4. Soweit die Antragsteller noch eine Bewilligung und Berechnung der Kosten der Unterkunft erreichen wollen, fehlt es
an einem Anordnungsgrund und damit an der erforderlichen Dringlichkeit: Über die entsprechenden Widersprüche der
Antragsteller ist noch nicht entschieden, eine den Antragstellern günstigere Berechnung durch die Antragsgegnerin
noch denkbar und möglich. Das geht dem gerichtlichen Rechtsschutz vor.
Allerdings sei hervorgehoben, dass die Festsetzung der "abstrakten" Angemessenheitsgrenze nach der aus Sicht der
Kammer in Rechtsprechung und Literatur (vgl. insbesondere Berlit in: LPK-SGB XII a.a.O., Rz. 35 m.w.N.) fast
ausschließlich vertretenen sogenannten "Produkttheorie" zu erfolgen hat, der sich das BSG in verschiedenen
Entscheidungen (u.a. Urteil vom 07.11.2006, Az: B 7 b AS 7/07 R) angeschlossen hat. Bezugsgröße für die abstrakte
Angemessenheit des Grundmietzinses ist danach das Produkt aus der für den oder die Betroffenen angemessenen
Quadratmeterzahl und einem als angemessen anzusehenden Quadratmeterpreis. Eine Kombination einzelner
Faktoren wie Wohnungsgröße oder Quadratmeterpreis ist abzulehnen (so noch BVerwG FEVS 55, 121). Somit kommt
es allein auf das Gesamtergebnis (Produkt) an. Denn Zweck der Regelung des § 29 Abs. 1 Satz 2 SGB XII (wie auch
des § 22 Abs. 1 Satz 1 und 3 SGB II) ist nur die Kostenbegrenzung für den Leistungsträger. Wer in einer nach den
Maßstäben des SGB XII zu großen Wohnung lebt, kann dennoch angemessene Kosten der Unterkunft haben, wenn
der Quadratmeterpreis besonders niedrig ist. Ebenso kann eine pro Quadratmeter zu teuere Wohnung noch insgesamt
angemessen sein, wenn sie kleiner ist als für die Zahl der Bewohner eigentlich angemessen.
Im Rahmen der zweiten Stufe, d.h. bei der Prüfung, ob den Antragstellern zu dem (abstrakt, s.o.) als angemessen
angesehenen Grundmietzins eine Wohnung auch tatsächlich konkret verfügbar gewesen wäre, sind hier noch
Klärungen erforderlich. Insoweit ist offen, ob auf dem hier relevanten Wohnungsmarkt für die Antragsteller eine
kostenangemessene und bedarfsgerechte 4-Zimmer-Wohnung von wohl höchstens 85 bis 90 qm anmietbar war bzw.
ist (vgl. Berlit in LPK-SGB II, § 22 Rn. 28).
Soweit von den Antragstellern eine Regelungsanordnung ohne die auferlegten Beschränkungen beantragt wurde, ist
der Antrag unbegründet und daher abzulehnen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG analog.