Urteil des SozG Lüneburg vom 15.01.2010

SozG Lüneburg: aufschiebende wirkung, rechtsschutz, erlass, niedersachsen, rechtskraft, behörde, wahrscheinlichkeit, vollstreckung, zivilprozessordnung

Sozialgericht Lüneburg
Beschluss vom 15.01.2010 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Lüneburg S 48 AS 27/10 ER
Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, dem Antragsteller Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von
1.181,03 EUR für die Zeit vom Januar 2010 bis März 2010, längstens bis zur Unanfechtbarkeit des
Widerspruchsbescheides vom 14. Januar 2010, vorläufig unter dem Vorbehalt des Unterliegens im
Hauptsacheverfahren zu zahlen. Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller die notwendigen außergerichtlichen
Kosten zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes über die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur
Erbringung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitssuchende - (SGB
II).
Der D. geborene Antragsteller ist alleinstehend und lebt in E. im Landkreis F ... Mit Bescheid vom 06. Oktober 2009 in
Gestalt des Änderungsbescheides vom 14. Oktober 2009 und 10. Dezember 2009 gewährte die Antragsgegnerin dem
Antragsteller u.a. für die Zeit vom 01. Januar 2010 bis 31. März 2010 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts
nach dem SGB II in Höhe von monatlich 1.181,03 EUR.
Nach einem Hausbesuch teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit Schreiben vom 01. Dezember 2009 mit, sie
gehe davon aus, dass er mit Frau G. in einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft lebe. Um Überzahlungen
und spätere Erstattungsforderung gegen den Antragsteller zu vermeiden, habe sie dessen laufende Leistungen daher
gemäß § 40 Abs. 1 Satz 2 SGB II i.V.m. § 331 SGB III vorläufig ab Dezember eingestellt. Auf seinen 1. Antrag auf
einstweiligen Rechtsschutz vom 03. Dezember 2009 verpflichtete das Sozialgericht Lüneburg die Antragsgegnerin im
Wege einer einstweiligen Anordnung mit Beschluss vom 08. Dezember 2009 - S 73 AS 1884/09 ER - dem
Antragsteller vorläufig weiter die mit Bescheid vom 06. Dezember 2009 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 15.
Oktober 2009 bewilligten Leistungen zu erbringen.
Nachdem der Antragsteller mitgeteilt hatte, dass er keine Angaben zu Frau H. gebe, entzog die Antragsgegnerin mit
Bescheid vom 05. Januar 2010 die bewilligten Leistungen nach dem SGB II ab 01. Januar 2010 ganz. Zur Begründung
führte sie an, mit der Nichtvorlage der geforderten Unterlagen sei der Antragsteller seinen Mitwirkungspflichten nicht
nachgekommen und habe die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert. Den hiergegen eingelegten
Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 14. Januar 2010 zurück.
Bereits unter dem 06. Januar 2010 hatte der Antragsteller beim Gericht einen 2. Antrag auf Gewährung einstweiligen
Rechtsschutzes angebracht. Mit Beschluss vom 14. Januar 2010 stellte das Sozialgericht Lüneburg - S 45 AS 4/10
ER - fest, dass der Widerspruch des Antragstellers vom 13. Januar 2010 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin
vom 05. Januar 2010 aufschiebende Wirkung habe. Hiergegen hat die Antragsgegnerin am 15. Januar 2010
Beschwerde zum Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen eingelegt und gleichzeitig beantragt, die Vollstreckung
auszusetzen.
Zahlungen erfolgten nicht.
Daraufhin hat der Antragsteller am 15. Januar 2010 erneut einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz mit dem Ziel
gestellt, die Antragsgegnerin zur Zahlung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II von
Januar bis März 2010 in Höhe von monatlich 1.181,03 EUR zu verpflichten.
Die Antragsgegnerin beantragt telefonisch, den Antrag abzulehnen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Prozessakte dieses Verfahrens und
der vorangegangenen Eilverfahren.
II.
Der gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen
Anordnung ist in der Sache begründet.
Nach der genannten Vorschrift kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen
Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn dies zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig
erscheint. Die Anwendung der Vorschrift setzt neben einer besonderen Eilbedürftigkeit der Regelung
(Anordnungsgrund) voraus, dass der Rechtsschutzsuchende mit Wahrscheinlichkeit einen Anspruch auf die begehrte
Regelung hat (Anordnungsanspruch). Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch sind glaubhaft zu machen (§ 86 b
Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung - ZPO -). Diese Voraussetzungen liegen vor.
Mit Beschluss vom 14. Januar 2010 - S 45 AS 4/10 ER – hat das Gericht festgestellt, dass der Widerspruchs gegen
den Bescheid vom 05. Januar 2010 keine aufschiebende Wirkung hat. Die hiergegen erhobene Beschwerde vom 15.
Januar 2010 zum Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen hat keine aufschiebende Wirkung (§ 175 SGG), bis
über den gestellten Aussetzungsantrag entschieden worden ist. Die Entscheidung gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 SGG
hat allerdings keinen vollstreckbaren Inhalt. Befolgt die Behörde die Anordnung oder Feststellung des Gerichts nicht,
muss der Antragsteller Ansprüche in einem weiteren Verfahren nach § 86b Abs. 2 SGG geltend machen (Keller in:
Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 86b Rn 22a).
Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs endet nicht mit dem Erlass des Widerspruchsbescheides vom 14.
Januar 2010. § 86a SGG betrifft die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Klage, deswegen endet die
aufschiebende Wirkung erst mit Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes bzw. Widerspruchsbescheides (Keller, a.a.O,
§ 86a Rn 11). Dementsprechend waren dem Antragsteller die Leistungen aus dem Bewilligungsbescheid vom 06.
Oktober 2009 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 15. Oktober 2009 und 10. Dezember 2009 in Höhe von
1.181,03 EUR vorläufig zu gewähren. Dabei war die Bewilligung bis zur Rechtskraft des Widerspruchsbescheides vom
14. Januar 2010, längstens bis zum 31. März 2010, zu beschränken.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 und 3 SGG entsprechend.