Urteil des SozG Lüneburg vom 24.03.2010

SozG Lüneburg: vermieter, erlass, vergleich, zivilprozessordnung, wahrscheinlichkeit, zahlungsverzug, hauptsache, kündigung, betriebskosten, betrug

Sozialgericht Lüneburg
Beschluss vom 24.03.2010 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Lüneburg S 48 AS 97/10 ER
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für die
Durchführung des Verfahrens unter Beiordnung von Rechtsanwalt D., Lüneburg, werden abgelehnt. Kosten sind nicht
zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin begehrt im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes die Gewährung von Leistungen zur Sicherung
des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II).
Streitig ist die Übernahme der nach einem Rechtsstreit mit dem Vermieter geschuldeten höheren Miete von monatlich
19,38 EUR für die Zeit von November 2007 bis September 2008.
Die 1957 geborene Antragstellerin wohnt mit ihrem 1993 geborenen Sohn E. seit 1. August 2001 in einer 63,02 qm
großen Mietwohnung. Hierfür betrug die Grundmiete zunächst 354,33 EUR, die Betriebskostenvorauszahlung seit
Januar 2008 88,- EUR und die Heizkostenvorauszahlung 64,- EUR.
Die Antragstellerin steht seit Januar 2005 im Leistungsbezug. Zunächst übernahm die Antragsgegnerin die
tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung. Nach Aufforderung zur Kostensenkung am 30. August 2006
bewilligte sie ab Februar 2007 als Kosten der Unterkunft (einschließlich Betriebskosten) 418,- EUR und als
Heizkosten 39,80 EUR (Bescheid vom 30. August 2006 nebst Folgebescheiden). Ab September 2007 wurden die
Kosten der Unterkunft auf die im Landkreis Lüneburg festgesetzte neue Höchstgrenze von 425,- EUR, bei gleichen
Heizkosten, angepasst (Änderungsbescheide vom 12. Februar 2008). Nach Vorlage einer Vermieterbescheinigung
vom 3. September 2009 bewilligte die Antragsgegnerin mit Änderungsbescheid vom 10. September 2009 ab
September 2009 höhere Heizkosten (tatsächliche Heizkosten abzüglich des Anteils für Warmwasser) in Höhe von
monatlich 50,80 EUR.
Der Vermieter verlangte mit Schreiben vom 31. Mai 2007 eine Mieterhöhung. Da die Antragstellerin dem nicht
zustimmte, führte er ein Verfahren vor dem Amtsgericht Lüneburg. Dort erging unter dem 16. November 2009 ein
Beschluss aufgrund eines Vergleichs, nachdem sich die Mietvertragsparteien auf eine Erhöhung der Nettokaltmiete ab
1. November 2007 von bisher 354,33 EUR auf monatlich 373,71 EUR, also weitere 19,38 EUR einigten.
Die Antragstellerin beantragte unter Vorlage des Beschlusses vom 16. November 2009 höhere Kosten der Unterkunft.
Die Antragsgegnerin bewilligte mit Bescheiden vom 2. Dezember 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
16. Januar 2010 für die Zeit von Oktober bis Dezember 2008 Heizkosten von nunmehr 44,04 EUR und ab Januar 2009
eine höhere Grundmiete von 435,- EUR. Hiergegen hat die Antragstellerin am 18. Februar 2010 Klage vor dem
Sozialgericht Lüneburg - S 25 AS F. - erhoben.
Gleichzeitig hat sie den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel begehrt, die Antragsgegnerin zu
verpflichten, die aufgrund des Vergleiches dem Vermieter für die Zeit von November 2007 bis September 2008
geschuldete höhere Grundmiete von insgesamt 213,18 EUR zu erbringen. Sie weist daraufhin, dass sie mit
Zustimmung des Sozialamtes 2001 die Wohnung angemietet habe. Die angemessene Miete sei höher als von der
Antragsgegnerin berücksichtigt. Ihr Vermieter habe sich nicht bereit erklärt, die Vollstreckung aus dem Vergleich bis
zum Abschluss des Klageverfahrens aufzuschieben.
Die Antragstellerin beantragt, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, der
Antragstellerin 213,18 EUR zu zahlen.
Die Antragsgegnerin beantragt, den Antrag abzulehnen.
Sie ist der Auffassung, es läge weder ein Anordnungsgrund, noch ein Anordnungsanspruch vor.
Vor Abschluss des Vergleichs vor dem Amtsgericht Lüneburg hatte die Antragstellerin ein weiteres Eilverfahren vor
dem Sozialgericht Lüneburg - S 87 AS G. ER - angestrengt, dass sie nach Hinweis des Gerichts zurückgenommen
hat.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Prozessakte
dieses Verfahrens, des Verfahrens S 25 AS F. und S 87 AS G. ER sowie auf die Leistungsakte der Antragsgegnerin
verwiesen.
II.
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist gemäß § 86 b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)
zulässig, der Antrag ist nicht begründet.
Nach der genannten Vorschrift kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen
Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn dies zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig
erscheint. Die Anwendung der Vorschrift setzt neben einer besonderen Eilbedürftigkeit der Regelung
(Anordnungsgrund) voraus, dass der Rechtsschutzsuchende mit Wahrscheinlichkeit einen Anspruch auf die begehrte
Regelung hat (Anordnungsanspruch). Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch sind glaubhaft zu machen (§ 86 b
Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung - ZPO -). Diese Voraussetzungen sind nicht
erfüllt.
Die Antragstellerin hat keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Sie hat nicht dargestellt, dass ihr unmittelbar
Nachteile drohen. Hierfür genügen die Nachteile, die für jedermann mit einem durch mehrere Instanzen geführten
Hauptsachverfahren verbunden sind, nicht. Das Interesse an einer vorläufigen Regelung, das konkret zu begründen
ist, muss vielmehr über das allgemeine Interesse an einem raschen Verfahrensende hinausreichen. Es muss so
erheblich sein, dass es als unzumutbar erscheint, die Antragstellerin auf den rechtskräftigen Abschluss des
Hauptsacheverfahrens zu verweisen. Bisher hat die Antragstellerin nicht vorgetragen, ob und in welcher Höhe
Ansprüche aus dem Vergleich, der auch den Zeitraum über September 2008 hinaus betrifft, noch offen sind. Sollte
dies der Betrag von 213,18 EUR sein, rechtfertigt eine Mietzinsforderung in dieser Höhe keine Kündigung wegen
Zahlungsverzug. Andere Gründe, die den Erlass einer einstweiligen Anordnung rechtfertigen, sind nicht ersichtlich und
auch nicht vorgetragen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 und 4 SGG.
Der Antrag auf Prozesskostenhilfe für die Durchführung des Verfahrens unter Beiordnung von Rechtsanwalt D.,
Lüneburg, war abzulehnen, weil das Verfahren keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hatte (§ 73 a SGG in
Verbindung mit §§ 114ff. ZPO).
Die Beschwerde ist im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ausgeschlossen, wenn in der Hauptsache die
Berufung nicht zulässig wäre (§ 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des
Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26.3.2008 - BGBl I, S. 444). Vorliegend beträgt der
Beschwerdewert keine 750,- EUR (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Der Beschluss ist damit mit der Beschwerde
nicht anfechtbar.