Urteil des SozG Lüneburg vom 15.10.2009

SozG Lüneburg: nebenkosten, heizung, aufschiebende wirkung, verrechnung, anfechtbare verfügung, wohnung, gerichtsakte, abwasser, grundsteuer, immobilie

Sozialgericht Lüneburg
Urteil vom 15.10.2009 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Lüneburg S 28 AS 593/08
1. Der Bescheid des Beklagten vom 11. April 2007, abgeändert durch Bescheide vom 08. Mai, 12. Juli, 27.
September 2007, 11. März, 01., 29. April, 14. und 26. Mai 2008 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 15., 19.
Mai und 09. Dezember 2008 wird insoweit aufgehoben, als der Beklagte einen Betrag in Höhe von 199,41 Euro
verrechnet. 2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 3. Der Beklagte hat der Klägerin die Hälfte ihrer
außergerichtlichen Kosten zu erstatten. 4. Die Berufung wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin erstrebt nunmehr von dem Beklagten im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem
SGB II - als Kosten der Unterkunft - die Berücksichtigung der anteiligen Eigentümerhaftpflichtversicherung für das
Jahr 2008, die anteiligen Kontoführungsgebühren für die Zeit vom 01. November 2006 bis zum 30. Juni 2008, die
Gewährung weiterer Wasser- bzw. Abwasserkosten in Höhe von 20,24 Euro sowie Müllgebühren in Höhe von 6,- Euro
und wendet sich gegen die Verrechnung eines Erstattungsbetrages in Höhe von 199,41 Euro.
Die G. geborene, allein stehende Klägerin bewohnt ein 110 m² großes Eigenheim in der H. in I. und bewohnt davon
45,76 m² selbst. Der restliche Teil des Gebäudes ist seit Juni 2006 vermietet, wobei der Mieter monatlich eine
Kaltmiete von 250,- Euro und Betriebskosten von 65,- Euro zu entrichten hat. Die Klägerin entrichtete insgesamt
monatliche Schuldzinsen von 187,40 Euro. Ferner fielen Nebenkosten von 68,99 Euro für die Zeit bis zum 31.
Dezember 2006, von 48,53 Euro für die Zeit vom 01. Januar bis 30. April 2007 und von 50,80 Euro ab dem 01. Mai
2007 an.
Der Beklagte bewilligte als kommunaler Träger der Klägerin mit Bescheid vom 04. Dezember 2006 im Rahmen der
Grundsicherungsleistungen für Arbeitssuchende nach dem SGB II Unterkunfts- und Heizkosten für den Monat
November 2006 von 203,74 Euro und für den Monat Dezember 2006 von 210,77 Euro und berücksichtigte dabei
Kosten der Unterkunft von monatlich 256,39 Euro, wobei dem Schuldzinsen von 187,40 Euro und Nebenkosten von
68,99 Euro zugrunde lagen.
Dagegen legte die Klägerin am 07. Dezember 2006 Widerspruch ein.
Mit weiterem Bescheid vom 03. Januar 2007 bewilligte er für den Monat Januar 2007 einen monatlichen Betrag von
210,77 Euro.
Dagegen legte die Klägerin am 12. Januar 2007 Widerspruch ein.
Mit Bescheid vom 16. Januar 2007 änderte er die Bewilligung ab und gewährte nunmehr für den Monat November
2006 247,84 Euro und für die Monate Dezember 2006 und Januar 2007 einen monatlichen Betrag von 256,39 Euro. Er
begründete dies damit, dass der Einkommensüberhang nachträglich weggefallen sei.
Mit Bescheid vom 06. März 2007 bewilligte der Beklagte für die Zeit von März 2007 bis Februar 2008 monatliche
Heizkosten von 33,44 Euro und kehrte an die Klägerin als Einmalzahlung 401,28 Euro aus.
Mit Bescheid vom 04. April 2007 bewilligte er für die Zeit vom 01. Mai bis 31. Oktober 2007 im Rahmen der
Grundsicherung Unterkunfts- und Heizkosten einen Betrag von monatlich 101,09 Euro.
Der Beklagte bewilligte der Klägerin mit Bescheid vom 11. April 2007 im Rahmen der Grundsicherung Unterkunfts-
und Heizkosten ab dem 01. Mai 2007 in Höhe von monatlich 126,09 Euro unter Berücksichtigung gleich hoher
Hauslasten.
Dagegen legte die Klägerin am 19. April 2007 Widerspruch ein.
Der Beklagte änderte daraufhin die Bewilligung ab, gewährte der Klägerin mit Bescheid vom 08. Mai 2007 im Rahmen
der Grundsicherung Unterkunfts- und Heizkosten, und zwar für den Monat November 2006 in Höhe von 252,25 Euro,
für die Zeit vom 01. Dezember 2006 bis zum 30. April in Höhe von monatlich 260,95 Euro und für die Zeit ab dem 01.
Mai 2007 in Höhe von monatlich 130,65 Euro. Dabei berücksichtigte er die Stromkosten für die Heizung von monatlich
4,56 Euro als Nebenkosten und Hauslasten von insgesamt 256,39 Euro monatlich.
Dagegen legte die Klägerin am 10. Mai 2007 Widerspruch ein, den sie damit begründete, dass 55,10 Euro monatlich
als Absetzung für Abnutzung und Instandhaltung geleistet werden müssten. Ferner seien die tatsächlichen
Heizkosten für das Jahr 2007 zu gewähren.
Zwischenzeitlich änderte der Beklagte die Bewilligung mit Bescheid vom 12. Juli 2007 für die Zeit vom 01. Januar bis
30. April 2007 auf monatlich 263,22 Euro und für die Zeit ab dem 01. Mai 2007 auf monatlich 132,92 Euro ab.
Der Beklagte bewilligte der Klägerin mit Bescheid vom 27. September 2007 im Rahmen der Grundsicherung 132,92
Euro an Unterkunfts- und Heizkosten für die Zeit vom 01. November 2007 bis 30. April 2008.
Dagegen legte die Klägerin am 02. Oktober 2007 Widerspruch ein, den sie damit begründete, dass 55,10 Euro
monatlich als Absetzung für Abnutzung geleistet werden müssten.
Mit Bescheid vom 11. März 2008 änderte der Beklagte die Bewilligung ab und bewilligte ab dem 01. Januar 2008
einen monatlichen Betrag von 119,40 Euro und begründete dies damit, dass sich die Kosten der Unterkunft um 40,56
Euro verringert hätten und Heizkosten nicht gesondert übernommen würden.
Er ordnete ab dem 01. Juni 2008 die monatliche Aufrechnung in drei Raten von 13,52 Euro an. Ferner ordnete er die
Aufrechnung der Überzahlung von Nebenkosten in 2007 in Höhe von 158,85 Euro für April 2008 mit 119,40 Euro und
für Mai 2008 mit 39,45 Euro an.
Dagegen legte die Klägerin am 19. März 2008 Widerspruch ein, den sie damit begründete, dass sich im Gegenteil eine
Nachzahlung von mindestens 203,49 Euro ergebe, weil Warmwasserkosten mit dem Regelsatzanteil und
Wartungskosten von 48,17 Euro mindernd für 2007 zu berücksichtigen seien.
Zwischenzeitlich bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 01. April 2008 (Bl. 14 bis 17 der Gerichtsakte) für die Zeit
vom 01. Mai bis 31. Oktober 2008 Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 119,40 Euro. Dabei
berücksichtigte sie die Hauslast mit 77,45 Euro und die Nebenkosten mit 41,95 Euro monatlich.
Mit weiterem Bescheid vom 29. April 2008 bewilligte der Beklagte für das gesamte Jahr eine einmalige
Feuerungsbeihilfe in Höhe von 581,16 Euro. Mit Bescheid vom 14. Mai 2008 berechnete er die Leistungen für die Zeit
von Januar bis Oktober 2008 neu und bewilligte bis auf den Monat April mit 700,56 Euro jeweils 119,40 Euro.
Gegen beide Bescheide legte die Klägerin Widerspruch ein und begründete diesen damit, dass die Verrechnung
unterbleiben solle und die tatsächlichen Heizkosten zu zahlen seien.
Der Beklagte hat - nach Erhebung einer Untätigkeitsklage am 12. April 2008 (S 28 AS 593/08) - den Widerspruch
gegen den Bescheid vom 27. September 2007 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 11. März 2008 mit
Widerspruchsbescheid vom 15. Mai 2008 zurückgewiesen (Bl. 22 bis 25 der Gerichtsakte S 28 AS 593/08) und
begründete dies im Wesentlichen folgendermaßen:
Die Pauschale für Instandhaltung könne nicht übernommen werden, weil sie nicht tatsächlich anfiele. Für die
Beschaffung von Heizöl sei der Klägerin mit Bescheid vom 06. März 2007 ein einmaliger Betrag von 401,28 Euro für
die Heizölbeschaffung bewilligt worden. Der Widerspruchsbescheid vom 09. Mai 2007 sei bestandskräftig. In den
angegriffenen Bescheiden sei dies nicht streitgegenständlich. Ferner minderten Rückzahlungen nach § 22 Absatz 1
Satz 4 SGB II die aktuellen Aufwendungen für die Unterkunft. Dies treffe hinsichtlich der Überzahlungen für
Nebenkosten und Schuldzinsen zu. Wartungskosten für die Heizung könnten nur bei Nachweis übernommen werden.
Die Überzahlung von Nebenkosten im Jahre 2007 in Höhe von 158,85 Euro ergebe sich aus tatsächlichen
Nebenkosten von anteilig hälftig 440,61 (jährlich 260,24 Euro Frisch- u. Abwasser; 52,90 Euro Schornsteinfeger; 82,15
Euro Müllabfuhr; 318,22 Euro Grundsteuer und 167,76 Euro Wohngebäudevers) abzüglich gezahlter Abschläge von
600,52 Euro abzüglich Überzahlung der Heizkosten von 0,03 Euro. Die Überzahlung für die Zeit vom 01. Januar bis
31. März 2008 ergebe sich aus der Zahlung von monatlich 132,92 Euro, wobei nur ein Anspruch von 119,40 Euro
zugestanden habe. Dieser ergebe sich aus einem Schuldzinsenanteil von 77,45 Euro sowie Nebenkosten von 37,39
Euro und Energiekosten von 4,56 Euro für die Heizung. Die Nebenkosten setzten sich ab 2008 aus monatlich 6,86
Euro für Müllgebühren, 4,41 Euro für Schornsteinfegergebühren, 26,52 Euro für Grundsteuer, 13,98 Euro
Wohngebäudeversicherung und Abschlag auf Frisch- und Abwasser von 23,- Euro jeweils dividiert durch die Anzahl
der Bewohner zusammen.
Der Beklagte hat am 19. Mai 2008 einen weiteren Widerspruchsbescheid erlassen, mit dem er den Widerspruch gegen
den Bescheid vom 11. April 2007 in Gestalt sämtlicher Abänderungsbescheide zurückgewiesen hat (Bl. 24 bis 25 der
Gerichtsakte S 28 AS 1033/08). Er hat dies im Wesentlichen folgendermaßen begründet:
Die Pauschale für Instandhaltung könne nicht übernommen werden, weil sie nicht tatsächlich anfiele. Für die
Beschaffung von Heizöl sei der Klägerin mit Bescheid vom 06. März 2007 ein einmaliger Betrag von 401,28 Euro für
die Heizölbeschaffung bewilligt worden. Der Widerspruchsbescheid vom 09. Mai 2007 sei bestandskräftig. In den
angegriffenen Bescheiden sei dies nicht streitgegenständlich.
Mit weiterem Widerspruchsbescheid vom 19. Mai 2008 (Bl. 25 bis 27 der Gerichtsakte S 28 AS 953/08) hat er ab dem
01. Mai 2008 monatliche Leistungen für Unterkunft und Heizung von 123,96 Euro bewilligt und den Widerspruch gegen
den Bescheid vom 01. April 2008 im Übrigen zurückgewiesen. Die Nachzahlung von Nebenkosten sei nicht
streitgegenständlich und eine Instandhaltungspauschale könne nicht gewährt werden.
Dagegen hat die Klägerin gesondert am 17. Juni 2008 Klage erhoben (S 28 AS 953/08 und S 28 AS 1033/08).
Zwischenzeitlich hat der Beklagte mit Bescheid vom 26. Mai 2008 für die Zeit vom 01. Mai bis 31. Oktober 2008 die
Bewilligung dergestalt geändert, als der Klägerin nunmehr monatlich 123,96 Euro gewährt wurden, wobei die Kosten
der Stromversorgung der Heizung von 4,56 Euro einbezogen wurden.
Der Beklagte hat mit Widerspruchsbescheid vom 09. Dezember 2008 den Widerspruch gegen den Bescheid vom 11.
April 2007 zurückgewiesen und dies im Wesentlichen folgendermaßen begründet:
Die aufschiebende Wirkung hinsichtlich der Erstattungsforderungen von 40,56 Euro und 158,85 Euro werde respektiert
bis zum Abschluss der Hauptsache (S 28 AS 593/08). Die Klägerin habe Anspruch auf reine Heizkosten im Jahr 2008
von 560,41 Euro, wobei ihr bereits im April 2008 für das gesamte Jahr eine Feuerungsbeihilfe von 581,16 Euro
gewährt worden sei.
Dagegen hat die Klägerin am 28. Dezember 2008 Klage erhoben (S 28 AS 2153/08).
Die Klägerin trägt nunmehr vor:
Es seien keine Nebenkosten erstattet worden. Ihr seien Nachzahlungsbeträge für Wasser, Abwasser und Müll zu
ersetzen. Die Heizkosten für 2006 und 2007 sollen nunmehr gesondert im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens
nach § 44 SGB X verfolgt werden.
Zwischenzeitlich hat der Beklagte mit Bescheid vom 16. Juni 2008 zum Ende des Monats die Gewährung von
Grundsicherung eingestellt.
Die Klägerin beantragt nunmehr,
den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 11. April 2007, abgeändert durch Bescheide vom 08. Mai, 12.
Juli, 27. September 2007, 11. März, 01., 29. April, 14. und 26. Mai 2008 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom
15., 19. Mai und 09. Dezember 2008 zu verurteilen, der Klägerin im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitssuchende
nach dem SGB II Kosten der Unterkunft und Heizung für die Zeit vom 01. November 2006 bis zum 30. Juni 2008
unter Berücksichtigung einer anteiligen Eigentümerhaftpflichtversicherung für die Wohnung der Klägerin für das Jahr
2008, anteilig 45 Prozent der Kontoführungsgebühren von monatlich 4,80 Euro, Wasser- bzw. Abwasserkosten und
von weiteren 20,24 Euro und Müllgebühren von weiteren 6,- Euro jeweils für 2007, zu gewähren sowie die
angegriffenen Bescheide hinsichtlich der Verrechnung von Beträgen in Höhe von 199,41 Euro aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er trägt unter Bezugnahme auf die erlassenen Bescheide vor.
Die Leistungen seien jeweils nach den eingereichten Belegen bewilligt worden.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung, den Inhalt
der Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage hat insoweit Erfolg, als die Verrechnung eines Betrages in Höhe von 199,41 Euro aufzuheben ist.
Im Übrigen hat die Klage keinen Erfolg.
Der Bescheid des Beklagten vom Bescheides vom 11. April 2007, abgeändert durch Bescheide vom 08. Mai, 12. Juli,
27. September 2007, 11. März, 01., 29. April, 14. und 26. Mai 2008 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 15.,
19. Mai und 09. Dezember 2008 erweist sich im tenorierten Umfang als rechtswidrig und verletzt die Klägerin insoweit
in eigenen Rechten.
Streitig ist nunmehr nach den gestellten Anträgen in der mündlichen Verhandlung im Rahmen der Grundsicherung der
Anspruch auf Übernahme der Kosten der Unterkunft für die Zeit vom 01. November 2006 bis zum Ende des
Leistungsbezuges am 30. Juni 2008 - des Zeitraums, welcher von den angegriffenen Bescheiden geregelt wird -, und
zwar insbesondere unter Berücksichtigung der anteiligen Eigentümerhaftpflichtprämien und Kontoführungsgebühren
sowie weiterer Wasser-, Abwasserkosten und Müllgebühren für 2007 (1).
Ferner ist streitig die Verrechnung einer Erstattungsforderung in Höhe von 199,41 Euro mit der laufenden
Grundsicherung in einzelnen Monaten des Jahres 2008 (2).
(1) Die Klägerin hat keinen höheren Anspruch auf Übernahme der Unterkunftskosten unter Berücksichtigung der
erstrebten zusätzlichen Nebenkosten.
Rechtsgrundlage der angegriffenen Bescheide ist § 22 Absatz 1 Satz 1 SGB II. Danach sind Leistungen für
Unterkunfts- und Heizkosten in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen zu erbringen, soweit diese angemessen sind.
Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang
übersteigen, sind sie als Bedarf des allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft so lange zu
berücksichtigen, wie es dem allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht
zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken,
in der Regel jedoch längstens für sechs Monate (§ 22 Absatz 1 Satz 3 SGB II).
Der Streitgegenstand ist diesbezüglich wirksam auf die Kosten der Unterkunft und Heizung begrenzt worden. Dabei
handelt es sich um eine abtrennbare, isoliert anfechtbare Verfügung (vgl. Urteile des Bundessozialgerichtes vom 29.
März 2007 - B 7b AS 2/06 R -, 07. November 2006 - B 7b AS 8/06 R - und 27. Februar 2008 - B 14 AS 23/07 R -). Die
Prüfung der Angemessenheit hat aber für Unterkunfts- und Heizkosten jeweils getrennt zu erfolgen, so dass eine
Gesamtangemessenheitsgrenze im Sinne einer erweiterten Produkttheorie abzulehnen ist (vgl. Urteil des
Bundessozialgerichtes vom 02. Juli 2009 - B 14 AS 36/08 R -).
Die Angemessenheit der Unterkunftskosten ist nach Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. Urteil vom
07.11.2006 - B 7b AS 18/06 R -) in mehreren Schritten zu prüfen: Zunächst bedarf es der Feststellung, welche Größe
die vom Hilfebedürftigen beziehungsweise von der Bedarfsgemeinschaft gemietete Wohnung aufweist; das heißt, zu
ermitteln ist die Quadratmeterzahl der im Streitfall konkret betroffenen Wohnung. Bei der Wohnungsgröße ist jeweils
auf die landesrechtlichen Richtlinien über die soziale Wohnraumförderung abzustellen. Nach Feststellung der
Wohnraumgröße ist als weiterer Faktor der Wohnungsstandard zu berücksichtigen. Angemessen sind nämlich die
Aufwendungen für eine Wohnung nur dann, wenn diese nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und
grundlegenden Bedürfnissen genügt und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist. Die Wohnung muss von daher
hinsichtlich der aufgeführten Kriterien, die als Mietpreis bildenden Faktoren regelmäßig im Quadratmeterpreis ihren
Niederschlag finden, im unteren Segment der nach der Größe der in Betracht kommenden Wohnungen in dem
räumlichen Bezirk liegen, der den Vergleichsmaßstab bildet. Als räumlicher Vergleichsmaßstab ist in erster Linie der
Wohnort des Hilfebedürftigen maßgebend, weil ein Umzug in einen anderen Wohnort, der mit einer Aufgabe des
sozialen Umfeldes verbunden wäre, im Regelfall von ihm nicht verlangt werden kann (vgl. Urteil des
Bundessozialgerichtes vom 07.11.2006 - B 7b AS 10/06 R -). Die Prüfung der Angemessenheit ist aber nicht nur auf
der Grundlage von marktüblichen Wohnungsmieten abstrakt vorzunehmen. Vielmehr muss die Behörde nach der
Rechtsprechung des BSG in einem letzten Schritt eine konkrete Angemessenheitsprüfung vornehmen, nämlich ob
dem Hilfebedürftigen eine andere bedarfsgerechte und kostengünstigere Wohnung tatsächlich und konkret verfügbar
und zugänglich ist. Besteht eine solche konkrete Unterkunftsalternative nicht, sind die Aufwendungen für die
tatsächlich gemietete Unterkunft als konkret angemessen anzusehen (vgl. Urteil des Bundessozialgerichtes vom
07.11.2006 - B 7b AS 18/06 R - Rd. 22).
In Gemeinden, in welchen kein Mietspiegel vorhanden ist, ist es zulässig, auf die rechte Spalte der Wohngeldtabelle
abzustellen, wobei der 7. Senat des Landessozialgerichtes Niedersachsen-Bremen einen Aufschlag von 10 Prozent
vornimmt bei der bis zum 31. Dezember 2008 gültigen Wohngeldtabelle (vgl. z.B. Urteile vom 24. April 2007 - L 7 AS
494/05 - und 11. März 2008 - L 7 AS 332/07 -).
Diese Vorgaben gelten grundsätzlich auch bei Eigenheimen. Vorliegend liegen die Aufwendungen für Unterkunft
deutlich unterhalb des Wertes der rechten Spalte der Wohngeldtabelle zuzüglich 10 Prozent mit insgesamt 308,- Euro.
Auch der Beklagte behauptet nicht die Unangemessenheit der Aufwendungen in Gestalt von Schuldzinsen und
(kalten) Nebenkosten. Die Schuldzinsen werden zu Recht voll als Kosten der Unterkunft berücksichtigt.
Jedoch sind höchstens diejenigen Aufwendungen zu berücksichtigen, welche auch tatsächlich anfallen (vgl.
Gagel/Lauterbach, Kommentar zum SGB III, § 22, Rd.17). Die Übernahme der Unterkunftskosten ist durch die
tatsächlichen Aufwendungen begrenzt (vgl. LPK/SGB II/Berlit § 22, Rd.14), wobei der Bedarf aktuell vorliegen muss
(vgl. Urteil des Bundessozialgerichtes vom 07. November 2006 - B 7b AS 8/06 R -; Eicher/ Spellbrink/Lang/Link,
Kommentar zum SGB II, § 22, Rd. 15a; GK/SGB II/Hohm/Frank § 22, Rd.15). Darüber hinaus ist konkrekt im
Einzelfall zu überprüfen, welche Aufwendungen von Eigentümern einer Immobilie grundsicherungsrechtlich zu
berücksichtigen ist. Ferner sind als Kosten der Unterkunft eines Eigenheims nur die Aufwendungen zu betrachten,
welche auf den selbst bewohnten Teil der Immobilie entfallen (vgl. LPK/SGB II/Berlit § 22, Rd.25).
(a) Die Anteile der Eigentümerhaftpflichtversicherung, welche die Wohnung der Klägerin betreffen, sind nicht
berücksichtigungsfähig. Denn dabei handelt es sich nicht um eine zwingende Pflichtversicherung, ohne die das
Bewohnen der Immobilie gesetzlich oder faktisch nicht möglich wäre. Durch eine solche Versicherung werden im
Wesentlichen Risiken abgedeckt, welche für Dritte aus dem Eigenheim erwachsen.
Die Kammer bezieht dabei den Grundgedanken des § 11 Absatz 2 SGB II ein, welcher regelt, welche Aufwendungen
vom Einkommen abgesetzt werden können. Es handelt sich bei der Eigentümerhaftpflicht um keine gesetzlich
vorgeschriebene Versicherung nach § 11 Absatz 2 Satz 1 Nr. 3 SGB II. Ferner ist der Abschluss eines solchen
Versicherungsvertrages auch nicht notwendig, um Einkommen (aus Vermietung) zu erzielen (§ 11 Absatz 2 Nr. 5
SGB II).
Ziel der Norm des § 22 Absatz 1 Satz 1 SGB II ist es lediglich, existenziell notwendige Bedarfe für Unterkunft (und
Heizung) sicherzustellen (vgl. Eicher/Spellbrink/Lang/Link § 22, Rd. 15c). Unter dieser Voraussetzung lässt sich
jedoch nicht die Übernahme von Prämien einer Eigentümerhaftpflichtversicherung subsumieren.
(b) Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Berücksichtigung der anteiligen Kontoführungsgebühren. Dies bezieht sich
sowohl auf den vermieteten als auch den selbst genutzten Anteil der Immobilie.
Es ist keine Rechtsgrundlage erkennbar, welche eine Übernahme gebieten würde. Als Anhaltspunkt ist zu werten,
dass selbst § 7 der Verordnung zu § 82 SGB XII, welche hilfsweise heranzuziehen ist, keine Abzugsmöglichkeit für
Kontokosten vorsieht bei Einkünften aus Vermietung. Für die Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung ist nicht
zwingend ein eigenes Konto einzurichten, auch wenn die Kammer einräumt, dass die Abwicklung und Verwaltung der
Einnahmen dadurch übersichtlicher und möglicherweise effektiver erfolgen könnte. Mit dem Regelsatz im Rahmen der
Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II sind gleichzeitig auch die Aufwendungen für die Unterhaltung
von Bankgirokonten abgegolten. Möglicherweise besteht für die Bezieher von Grundsicherung oder Sozialhilfe bei
einigen Bankinstituten die Möglichkeit, ein Konto ohne Gebührenpflicht einzurichten, was aber vorliegend auf sich
beruhen mag.
(c) Die Klägerin hat ferner keinen Anspruch auf Übernahme weiterer Wasser-, Abwasserkosten und Müllgebühren für
2007.
Berücksichtigungsfähig sind, wie oben bereits dargelegt, lediglich die tatsächlich anfallenden Nebenkosten.
Im Jahre 2007 sind tatsächlich Nebenkosten in Höhe von 440,64 Euro entstanden. Dieser Betrag setzt sich aus
folgenden jährlichen Teilbeträgen zusammen, welche der Beklagte hälftig aufgeteilt hat:
• Frisch- und Abwasser mit 260,24 Euro, • Schornsteinfegergebühren mit 52,90 Euro, • Müllabfuhrkosten mit 82,15
Euro, • Grundsteuer mit 318,22 Euro und • Wohngebäudeversicherungsprämie mit 167,76 Euro.
Die hälftige Berechnung bevorteilt im Übrigen die Klägerin, da ihr Wohnflächenanteil mit 41,60 Prozent geringer ist.
Dem stehen aber Abschlagszahlungen in Höhe von insgesamt 600,52 Euro gegenüber. Dabei zahlte der Beklagte in
der Zeit vom 01. Januar bis zum 30. April 2007 monatlich 48,53 Euro (Summe: 194,12 Euro) und in der Zeit vom 01.
Mai bis 31. Dezember 2007 monatlich 50,80 Euro (Summe: 406,40 Euro).
Bei Anrechnung eines Nachforderungsbetrages für Heizkosten in Höhe von 0,03 Euro, deren Bewilligung als einmalige
Feuerungsbeihilfe mit Bescheid vom 06. März 2007 bestandskräftig war (§ 77 SGG), weil gegen den
Widerspruchsbescheid keine Klage eingereicht wurde, ergab sich somit eine Überzahlung in Höhe von 159,88 Euro.
Aufgrund der Überzahlung kann die Klägerin keine weiteren (kalten) Nebenkosten für das Jahr 2007 geltend machen.
(2) Jedoch war die Verrechnung einer Erstattungsforderung in Höhe von 199,41 mit der laufenden
Grundsicherungsgewährung ab 01. April 2008 rechtswidrig. Dabei ist zunächst festzustellen, dass bei Berechnung
dieses Betrages dem Beklagten insoweit ein Fehler unterlaufen ist, als er statt 159,85 Euro aus den Nebenkosten
lediglich 158,85 Euro zurück forderte, obwohl 159,88 Euro abzüglich 0,03 Euro 159,85 Euro ergibt.
Die ermittelte Überzahlung an Nebenkosten für die Zeit vom 01. Januar bis 31. März 2008 mit monatlich 13,52 Euro
ist rechtlich nicht zu beanstanden. Denn die Kosten der Unterkunft betrugen monatlich 119,40 Euro, wobei der
Beklagte aber zunächst 132,92 Euro auskehrte. Zum einen verringerten die Schuldzinsen sich leicht von 77,56 Euro
auf 77,45 Euro monatlich. Die Nebenkosten beliefen sich tatsächlich auf 41,95 Euro statt der gewährten Abschläge in
Höhe von 55,36 Euro. Dem liegen monatlich folgende Betriebskostenanteile zugrunde, welche der Beklagte hälftig
aufgeteilt hat:
• Müllabfuhrgebühren mit 6,86 Euro (jährlich 82,26 Euro), • Schornsteinfegergebühren mit 4,41 Euro (jährlich 52,90
Euro). • Grundsteuer mit 26,52 Euro (jährlich 318,22 Euro), • Wohngebäudeversicherung mit 13,98 Euro (jährlich
167,76 Euro) • Wasser- und Abwasserkosten mit 23,- Euro.
Hinzu treten die Aufwendungen für Heizstrom zum Betrieb der Heizanlage, welche als Nebenkosten zu
berücksichtigen sind, in Höhe von jeweils monatlich 4,56 Euro.
§ 22 Absatz 1 Satz 4 SGB II, auf die der Beklagte sich stützt, ist vorliegend keine einschlägige Rechtsgrundlage.
Nach dieser Norm mindern Rückzahlungen und Guthaben, die den Kosten für Unterkunft und Heizung zuzuordnen
sind, die nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift entstehenden Aufwendungen; Rückzahlungen, die sich
auf die Kosten für Haushaltsenergie beziehen, bleiben insoweit außer Betracht.
Rückzahlungen und Guthaben sind den Kosten der Unterkunft und Heizung zuzuordnen, soweit sie aus der
Abrechnung der Betriebskostenvorauszahlungen, der Heizkostenvorauszahlungen oder sonstiger Positionen stammen
(vgl. LPK/SGB II/Berlit § 22, Rd.55; Gagel/Lauterbach, Kommentar zum SGB II, § 22, Rd.59). Die Norm verlangt nach
dem klaren und unmissverständlichen Wortlaut, dass es tatsächlich zu Rückzahlungen des Energie- oder
Nebenkostenträgers kommen muss (vgl. Eicher/Spellbrink/Lang/Link, Kommentar zum SGB II, § 22, Rd. 61a). Die
Minderung darf grundsätzlich mehrere Monate betreffen und ist nicht daran gebunden, dass Kosten der Unterkunft und
Heizung jeweils nur mit gleichartigen Aufwendungen verrechnet werden könnte (vgl. Eicher/ Spellbrink/Lang/Link, §
22, Rd. 61c; Gagel/Lauterbach § 22, Rd.64).
Eine Auslegung am Wortlaut wird auch durch Sinn und Zweck der Normsetzung durch den Gesetzgeber gedeckt.
Dieser beabsichtigte zum einen mit der ab 01. August 2006 gültigen Norm den kommunalen Träger zu privilegieren,
indem geregelt wurde, dass ausschließlich diesem die Rückzahlung von Aufwendungen für Unterkunft und Heizung
eine Minderung der Leistungen ermöglichen sollte (vgl. Gagel/Lauterbach § 22, Rd.60). Zum anderen sollte aber eine
systemwidrige Direktanrechnung der Rückzahlungen ermöglicht werden, welche sonst als Einkommen anzusehen
wären mit der Folge, dass die Möglichkeit von Absetzungen nach § 11 SGB II bestünde (vgl. LPK/SGB II/Berlit § 22,
Rd.54). Denn ohne diese Spezialregelung wäre der Eingang einer solchen Rückerstattung als Einkommen zu bewerten
und überdies nur eine Anrechnung im Zuflussmonat möglich. § 22 Absatz 1 Satz 4 SGB II stellt somit eine Ausnahme
vom Zuflussprinzip dar (vgl. Gagel/Lauterbach § 22, Rd.59).
Die Tatbestandsvoraussetzungen einer solchen Minderung und Verrechnung sind vorliegend nicht gegeben, weil
tatsächlich keine Rückzahlung vorlag und kein Guthaben beim Nebenkostenträger aufgebaut wurde. So kam es bei
der J. nicht zu einer Rückzahlung bezüglich Wasser und Abwasser. Denn vorausgezahlt wurden insgesamt 240,-
Euro, wohingegen die J. für 2007 abschließend 260,24 Euro festsetzte und eine Nachzahlung verlangte. Gleiches gilt
für die Müllabfuhr, für die 76,15 Euro vorausgezahlt wurden, aber 82,15 Euro festgesetzt wurden. Derselbe
Sachverhalt trifft auf die Prämien zur Wohngebäudeversicherung zu, für die 157,44 Euro vorausgezahlt, aber 167,76
Euro festgesetzt wurden. Schornsteinfegergebühren und Grundsteuern werden im jährlichen Turnus erhoben, so dass
es zu keinen Überzahlungen kommen kann.
Es liegt vielmehr eine einfache Überzahlung vor, so dass der Beklagte bei Aufrechterhaltung des
Erstattungsbegehrens gehalten wäre, die Bewilligung nach §§ 45, 48 aufzuheben und eine Erstattung nach § 50 SGB
X zu verlangen oder die Regelung des § 42 Absatz 2 Satz 2 zu gebrauchen, soweit er der Auffassung sein sollte,
dass es sich bei den Abschlägen um eine Vorschussgewährung gehandelt habe.
Eine Umdeutung der Minderung und Verrechnung in eine Aufrechnung nach § 43 SGB II scheitert bereits an der
Tatsache, dass diese Norm die Ausübung von Ermessen erfordert (vgl. LPK/SGB II/Conradis § 43, Rd.21). Dieses ist
aber in den angegriffenen Bescheiden nicht entsprechend § 35 Absatz 1 Satz 3 SGB X ausgeübt worden.
Die Aufrechnung des Anteils an überzahlten Kosten der Unterkunft für Januar bis März 2008 entspricht im Übrigen
ebenfalls nicht den Voraussetzungen des § 43 SGB II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Absatz 1 SGG.
Gemäß § 144 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, Absatz 2 SGG bedarf die Berufung der Zulassung, weil hier die Beschwer
sowohl der Klägerin als auch des Beklagten unterhalb des Schwellenwertes von 750,- Euro liegt. Die Berufung wird
nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und nicht von einer Entscheidung des
Landessozialgerichtes, des Bundessozialgerichtes, des Gemeinsamen Senates der Obersten Gerichtshöfe oder des
Bundesverfassungsgerichtes abweicht sowie auf dieser Abweichung beruht.