Urteil des SozG Landshut vom 17.03.2010

SozG Landshut: beweislast, eheähnliche gemeinschaft, akte, auskunftspflicht, wohnung, bad, arbeitsvermittlung, subjektiv, beweismittel, heizung

Sozialgericht Landshut
Beschluss vom 17.03.2010 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Landshut S 7 AS 127/10 ER
1) Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragstellern ab dem 15.02.2010
bis längstens 31.07.2010 vorläufig Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II dem Grunde nach zu gewähren.
2) Die Antragsgegnerin hat die außergerichtlichen Kosten der Antragsteller zu tragen.
Gründe:
1)
Zwischen den Beteiligten ist die Versagung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) II mit Bescheid vom
11.02.2010, bzw. die Weitergewährung von Leistungen nach SGB II über den 31.01.2010 hinaus streitig.
Die am ...1967 geborene Antragstellerin (Ast) zu 1) wohnt mit dem Ast zu 2), ihrem Sohn D. G., geb. am ...1997, und
Herrn M. in der gleichen Wohnung in D ...str. , ... W ...
Nach ihrem Zuzug aus A. erhielt die Ast zu 1) zusammen mit dem Ast zu 2) und ihrem weiteren Sohn Ch. G., geb.
am ...1993, ab dem 30.08.2007 Leistungen nach dem SGB II von der Ag. Laut Mietvertrag und Mietbescheinigung
wohnten die Ast zu 1) und ihre beiden Söhne seit 01.09.2007 zur Untermiete bei Herrn M. unter der erwähnten
Adresse. Aus der Mietbescheinigung vom 13.08.2007 geht hervor, dass Herr M. der Ast zu 1) zwei Kinderzimmer, ein
Schlafzimmer und ein Bad (Küche und Wohnzimmer gemeinsam) untervermietete.
Die Ast zu 1) und ihren beiden Söhne erhielten von der Ag laufend Leistungen nach dem SGB II allerdings mit einer
längeren Unterbrechung des Leistungsbezugs bei der Ast zu 1) in 2007 und 2008.
Am 08.07.2008 besichtigte ein Außendienstmitarbeiter der Ag die Wohnung G .../M ... Der Briefkasten sei mit M./G ...
beschriftet gewesen. Über der Klingel sei ein blaues Keramikschild mit der Aufschrift "Fam. M." angebracht gewesen.
Die Ast zu 1) sei angetroffen worden. Im Erdgeschoss hätten sich das Wohnzimmer und die Küche, die mit Herrn M.
gemeinsam benutzt würden, befunden. Die Ast zu 1) habe angegeben, keinen eigenen Hausrat zu besitzen; sie dürfe
den Hausrat von Herrn M. mitbenutzen. Im Kühlschrank würden sich ausschließlich ihre Lebensmittel befinden. Herr
M. versorge sich nach Angaben der Ast zu 1) vollständig in der Arbeit, zu Hause habe er keine Lebensmittel und
würde da auch nicht kochen. Wenn eingekauft werde, dann besorge jeder nur die Sachen für die eigene Familie. Im
Obergeschoss hätten sich jeweils ein Kinderzimmer für die beiden Söhne der Ast zu 1) und eines für den Sohn von
Herrn M. befunden. Die Ast zu 1) habe auch ein eigenes Schlafzimmer, in welchem ein Bett, eine Art Fitnessgerät
und ein Kleiderschrank vorhanden gewesen seien. Das Bett habe benutzt ausgesehen. Herr M. habe im
Obergeschoss ein separates Schlafzimmer, dieses sei allerdings verschlossen gewesen und habe nicht besichtigt
werden können. Das Bad im Obergeschoss sei ausschließlich von der Ast zu 1) und deren Kindern benutzt worden.
Das Bad von Herrn M. habe sich im Erdgeschoss befunden. Die Ast zu 1) habe angegeben, dass sie Herrn M. schon
einige Zeit kenne. Sie habe in Wegscheid bereits an mehreren Entziehungskuren teilgenommen und hätte dort Herrn
M. kennen gelernt. Als dann seine Frau ausgezogen sei, habe er ihr angeboten bei ihm einzuziehen. Während ihrer
Inhaftierung habe er dann die Pflege ihrer Kinder übernommen, damit diese nicht aus der gewohnten Umgebung
herausgerissen würden. In dieser Zeit habe er vom Jugendamt Pflegegeld für die Kinder erhalten. Seit sie wieder aus
der Haft entlassen wurde, kümmere sie sich wieder um die Kinder.
Seit 11.08.2009 sei Ch. G. unter der Adresse N ...burger Straße ... in P. gemeldet.
Zuletzt erhielten die Ast mit Bescheid vom 14.12.2010 Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 01.01. bis
31.01.2010 in Höhe von 469 EUR. In der Begründung wurde u. a. ausgeführt, dass nach Mitteilung von Herrn M. das
Mietverhältnis nach Weihnachten 2009 gekündigt werde. Die Kosten für Unterkunft und Heizung seien daher aus der
Berechnung genommen worden.
Bereits mit Schreiben vom 09.12.2009 wurde Herr M. aufgefordert, Auskünfte über sein Einkommen und Vermögen zu
erteilen. Daraufhin teilte Herr M. mit Telefonat vom 14.12.2009 mit, dass mit der Ast zu 1) keine eheähnliche
Gemeinschaft bestehe. Er sei lediglich der Vermieter. Daher werde er keine Angaben zu seinem Vermögen und
seinen Einkünften machen.
Am 15.12.2009 gab die Ast zu 1) das an Herrn M. gerichtete Auskunftsverlangen mit Anlagen einem Mitarbeiter der
Ag zurück und teilte mit, dass Herr M. sich weigere die Unterlagen auszufüllen.
Mit Änderungsbescheid vom 17.12.2009 gewährte die Ag den Ast für den Zeitraum vom 01.01. bis 31.01.2010
Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 862,46 EUR. In der Begründung wurde ausgeführt, dass die Ast noch keine
Kündigung der Wohnung erhalten habe. Daher seien die Kosten für Unterkunft und Heizung gewährt worden.
Mit Formblattantrag vom 13.01.2010 beantragten die Ast die Weitergewährung der SGB II-Leistungen über den
31.01.2010 hinaus.
Mit Bescheid vom 25.01.2010 wurde Herr M. verpflichtet, Auskünfte nach § 60 Abs. 4 Nr. 1 SGB II zu geben.
Daraufhin teilte Herr M. mit Schreiben vom 09.02.2010 mit, dass keine Auskunftspflicht bestehe, da er mit der Ast zu
1) nicht in einer Bedarfsgemeinschaft lebe. Ob die Ag dieses Schreiben als Widerspruch gegen den Bescheid vom
25.01.2010 behandelt hat, ist der Akte der Ag nicht zu entnehmen. Jedenfalls befindet sich kein entsprechender
Widerspruchsbescheid in der Akte.
Mit Bescheid vom 11.02.2010 wurde der Antrag auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II abgelehnt. In der
Begründung wurde ausgeführt, dass die Ast entgegen den Schreiben vom 09.12.2009 und 25.01.2010 keinen Angaben
gemacht hätten. Die Ast trügen die Beweislast dafür, dass die tatsächlichen Voraussetzungen für den Anspruch auf
Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes vorliegen. Würden entscheidungserhebliche Tatsachen ungeklärt
bleiben, für die dem Ast die Beweislast obliege, gehe dies zu Lasten desjenigen, der das Bestehen des Anspruchs
behaupte. Die Ast hätten keine entsprechenden Nachweise erbracht. Dies gehe nach den Regeln der materiellen
Beweislast zu Lasten der Ast.
Mit Schreiben vom 12.02.2010 stellten die Ast Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung. In der Begründung
des Antrages wurde ausgeführt, dass die Ag den Weitergewährungsantrag solange nicht bearbeiten werde, solange
sich Herr M. weigere, Angaben zu seinem Einkommen und Vermögen zu machen. Die Arbeitsvermittlung habe die Ast
zu 1) für eine Qualifizierungsmaßnahme zur Krankenpflegehelferin angemeldet, die Mitte März beginnen werde. Nach
Auskunft des Arbeitsvermittlers müsse allerdings von der Anmeldung abgesehen werden, wenn die Ast zu 1) nicht
mehr im Leistungsbezug stehe. Er halte noch bis 19.02.2010 einen Platz für die Ast zu 1) frei. Die Ast verfügen über
keine Rücklagen. Die Ast zu 1) habe sich bereits von ihrem Sohn Geld leihen müssen, um Nahrungsmittel für die Ast
zu kaufen. Die Ag sei nicht berechtigt, Auskünfte über das Einkommen und Vermögen des Mitbewohners der Ast zu
verlangen und eine Entscheidung über die Leistungsbewilligung von der Erteilung dieser Auskünfte abhängig zu
machen. Die Ag gehe von einer eheähnlichen Gemeinschaft zwischen der Ast zu 1) und Herrn M. aus. Diese liege
hingegen nicht vor. Das Vorgehen der Ag sei unverhältnismäßig.
Mit Schreiben vom 15.02.2010 erhoben die Ast Widerspruch gegen den Bescheid vom 11.02.2010.
In der Antragserwiderung vom 18.02.2010 äußerte die Ag, dass über den Widerspruch bislang nicht entschieden
worden sei. Die Ast zu 1) lebe schon seit 30.08.2007 mit einer Unterbrechung von achteinhalb Monaten mit Herrn M.,
d. h. allein seit der Haftentlassung am 27.06.2008 mehr als eineinhalb Jahre zusammen. Das Vorliegen einer
Partnerschaft in einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft werde daher vermutet. Wegen der fehlenden
Einkommens- und Vermögensnachweise von Herrn M. sei die Hilfebedürftigkeit der Bedarfsgemeinschaft nicht
nachgewiesen. Da das Nichtvorhandensein eigener Mittel gemäß § 9 Abs. 1 SGB II negatives Tatbestandsmerkmal
für den Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende sei, tragen die Ast hierfür die materielle
Beweislast. Bei Nichtaufklärbarkeit eines anspruchsbegründenden Sachverhaltes gehe dies nämlich zu Lasten
desjenigen, der das Bestehen des Anspruches behaupte. Es werde darauf hingewiesen, dass die Vormerkung der Ast
zu 1) für eine geplante Qualifizierungsmaßnahme bereits am 11.02.2010 gelöscht worden sei, da mit Bescheid vom
12.02.2010 der Weiterbewilligungsantrag abgelehnt worden war und die Ag nicht mehr zuständig sei. Hinsichtlich der
Arbeitsvermittlung falle die Ast zu 1) nunmehr unter die Vorschriften des SGB III.
Mit Schreiben vom 01.03.2010 äußerten die Ast noch, dass Grund für das Untermietverhältnis zwischen den Ast und
Herrn M. finanzieller Natur gewesen seien. Herr M. wollte das Haus nach dem Auszug seiner Frau nicht verlieren.
Die Ast haben beantragt,
die Ag im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Ast Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher
Höhe zu gewähren.
Die Ag hat beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die Akten der Ag und die Prozessakte ergänzend Bezug
genommen.
2)
Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ist zulässig und auch begründet.
Eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis
(Regelungsanordnung) ist zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig
erscheint, § 86 b Abs.2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Das ist etwa dann der Fall, wenn den Ast ohne eine
solche Anordnung schwere und unzumutbare, nicht anders abwendbare Nachteile entstehen, zu deren Beseitigung die
Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (vgl. BVerfG vom 25.10.1988, BVerfGE 79, 69).
Eine solche Regelungsanordnung setzt voraus, dass die Ast einen Anordnungsanspruch, das heißt die überwiegende
Wahrscheinlichkeit, dass sie auch in der Hauptsache Erfolg haben werden, und einen Anordnungsgrund, das heißt die
Dringlichkeit, der begehrten vorläufigen Regelung, darlegen und glaubhaft machen können, § 86 b Abs.2 SGG i.V.m.
§§ 920, 294 Zivilprozessordnung (ZPO).
Nach summarischer Prüfung bestehen ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 11.02.2010.
Insoweit liegt also ein Anordnungsanspruch vor.
Entgegen der Auffassung der Ag besteht keine Nachweispflicht für die Einkommens- und Vermögensverhältnisse von
Herrn M. durch die Ast. Die Ag kann die Leistungen nach Überzeugung des Gerichts insoweit nicht verweigern.
Die Ag hat die Leistungen nach dem SGB II abgelehnt, da die Ast die objektive Beweislast treffe für das
Nichtvorhandensein eigener Mittel gemäß § 9 Abs. 1 SGB II.
Unabhängig davon, ob die Ast überhaupt die objektive Beweislast trifft, da sich Herr M. weigert entsprechende
Angaben zu machen und den Ast es deshalb offensichtlich subjektiv unmöglich ist, den Nachweis über die
Einkommens- und Vermögensverhältnisse von Herrn M. zu führen, liegen nach Überzeugung des Gerichts die
Voraussetzungen für das Einsetzen der objektiven Beweislast nicht vor(vgl. Bayerisches Landessozialgericht v.
19.08.2009, Az.: L 7 AS 541/09 B ER).
Die objektive Beweislast regelt, wen die Folgen treffen, wenn eine bestimmte Tatsache trotz Ausschöpfung aller
Ermittlungsmöglichkeiten nicht festgestellt werden kann. Es gilt der Grundsatz, dass jeder im Rahmen des
anzuwendenden materiellen Rechts die Beweislast für die Tatsachen trägt, die den von ihm geltend gemachten
Anspruch begründen. Dies gilt sowohl für das Vorhandensein positiver als auch für das Fehlen negativer
Tatbestandsmerkmale. Wesentlich ist, dass die Regeln der objektiven Beweislast erst dann greifen können, wenn im
Rahmen der Amtsermittlung alle Ermittlungsmöglichkeiten unter Berücksichtigung aller speziellen Umstände des
Einzelfalles ausgeschöpft worden sind( vgl. Meyer-Ladewig Rdnr. 19a zu § 103).
Gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB X ermittelt die Behörde den Sachverhalt von Amts wegen. Diese
Amtsermittlungspflicht hat die Ag jedoch noch nicht in dem Maße ausgeschöpft, dass die objektive Beweislast greifen
könnte.
Die Ag hat Herrn M. mit Schreiben vom 09.12.2009 aufgefordert, seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse
offen zu legen. Mit Bescheid vom 25.01.2010 wurde Herr M. verpflichtet, Auskünfte nach § 60 Abs. 4 Nr. 1 SGB II zu
geben. Herr M. hat sich stets geweigert entsprechende Angaben zu machen. Damit konnte sich die Ag jedoch nicht
zufrieden geben. Insoweit wären weitere Ermittlungen bzw. Maßnahmen von Seiten der Ag angezeigt gewesen (siehe
insoweit unten).
Gemäß § 60 ff SGB I besteht zwar eine Auskunftspflicht des Leistungsberechtigten. Dies gilt aber vorliegend nicht für
die Ast.
Gemäß § 66 Abs. 1 SGB I kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen die Leistung bis zur Nachholung der
Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, wenn derjenige, der eine Sozialleistung beantragt oder erhält,
seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 nicht nachkommt und die Aufklärung des Sachverhalts
hierdurch erheblich erschwert wird, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind. Dies gilt
entsprechend, wenn der Ast oder Leistungsberechtigte in anderer Weise absichtlich die Aufklärung des Sachverhalts
erheblich erschwert.
Gemäß § 60 Abs. 1 SGB I hat derjenige, der Sozialleistungen beantragt oder erhält, alle Tatsachen anzugeben, die für
die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen
Auskünfte durch Dritte zuzustimmen(1.), Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder
über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen(2.),
Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder
ihrer Vorlage zuzustimmen(3.).
Die Leistungen nach dem SGB II konnten nicht wegen fehlender Mitwirkung versagt werden. Die Ast haben nicht
gegen ihre Pflichten aus § 60 Abs. 1 Satz 1 SGB I verstoßen, denn die sich aus § 65 Abs. 1 Nr. 2 SGB I ergebende
Grenze der Mitwirkung ist überschritten. Nach dieser Vorschrift bestehen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 64
SGB I dann nicht, soweit ihre Erfüllung dem Betroffenen aus einem wichtigen Grund nicht zugemutet werden kann.
Dies ist hier hinsichtlich der Nachweise über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse von Herrn M. der Fall. Die
Anforderung dieser Unterlagen betrifft eine dritte Person, die nicht am Sozialleistungsverhältnis beteiligt ist.
Auskunftspflichten, die Dritte betreffen, erstrecken sich nur auf die Tatsachen, die dem Leistungsempfänger selbst
bekannt sind (vgl. Bundessozialgericht vom 10.03.1993 – Az.: 14b/4 REg 1/91). Grundsätzlich besteht keine
Ermittlungspflicht des Leistungsempfängers gegenüber Dritten. Er braucht sich keine Erkenntnisse verschaffen.
Daraus folgt, dass auch keine Verpflichtung besteht, Beweismittel, z. B. Urkunden, von einem privaten Dritten zu
beschaffen und vorzulegen. Dies muss insbesondere dann gelten, wenn es der betreffende Dritte bzw. Herr M.
abgelehnt hat, entsprechende Angaben zu machen. Da die Ag insoweit von den Ast etwas subjektiv Unmögliches
verlangt hat, kann von einer Mitwirkungsobliegenheit im Sinne des § 60 Abs. 1 SGB I nicht ausgegangen werden.
Die Ag ist gehalten, die von ihr insoweit für entscheidungserheblich erachteten Auskünfte nach § 60 Abs. 4 Satz 1 Nr.
1 SGB II unmittelbar von Herrn M. zu beschaffen. Mit Bescheid vom 25.01.2010 wurden von Seiten der Ag auch
entsprechende Anstrengungen unternommen, diese wurden hingegen – soweit dies den Akten zu entnehmen ist –
allerdings nicht mehr weiterverfolgt. Ein Widerspruchsbescheid war in der vorgelegten Akte der Ag nicht enthalten. Ein
Bußgeldverfahren gegenüber Herrn M. ist den Akten der Ag ebenfalls nicht zu entnehmen.
§ 60 Abs. 4 Satz 1 SGB II normiert eine eigenständige öffentlich-rechtliche Auskunftspflicht des Partners, die
bußgeldbewehrt ist und bei deren Verletzung der Auskunftspflichtige schadenersatzpflichtig werden kann (vgl. §§ 63
Abs. 1 Nr. 4, 62 SGB II). Wenn die Ag somit vom Vorliegen einer Bedarfsgemeinschaft überzeugt ist, muss sie die
gegenüber der Herrn M. bestehende Auskunftspflicht durch Verwaltungsakt feststellen und gegebenenfalls im Wege
der Verwaltungsvollstreckung durchsetzen. Eine Leistungsentziehung wegen fehlender Mitwirkung gegenüber den Ast
kommt insoweit nicht in Betracht.
Da – unabhängig davon, ob eine Bedarfsgemeinschaft zwischen den Ast und Herrn M. besteht - nach dem bisherigen
Ermittlungsstand völlig unklar ist, welches Einkommen oder welches Vermögen Herr M. hat und die Ast ausdrücklich
erklären, dass sie nicht in der Lage seien, insoweit irgendwelche Angaben zu machen, ist die Vermutungsregel des §
7 Abs. 3a SGB II unerheblich.
Im übrigen stellt sich das Handeln der Ag für das Gericht widersprüchlich dar. Während sie einerseits gegenüber den
Ast weiterhin von einer Bedarfsgemeinschaft zwischen den Ast und Herrn M. ausgeht, gibt sie sich offensichtlich mit
der Behauptung des Herrn M. zufrieden, dass keine Bedarfsgemeinschaft besteht. Ansonsten hätte sie das
Auskunftsbegehren gegenüber Herrn M. weiterverfolgt.
Ausweislich der Akte der Ag und den von den Ast gemachten Angaben hinsichtlich ihrer Einkommens- und
Vermögensverhältnisse wird ein Anordnungsgrund unterstellt.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183 ff SGG.