Urteil des SozG Köln vom 29.03.2011

SozG Köln: wohnung, zusicherung, umzug, erlass, unterkunftskosten, haushalt, heizung, anschrift, obliegenheit, gerichtsakte

Sozialgericht Köln
Gerichtsbescheid vom 29.03.2011 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Köln S 32 AS 4740/10
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Erteilung einer Zusicherung zu den Aufwendungen für eine neue Wohnung.
Die Klägerin bezieht laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II von dem Beklagten.
Bis zum 01.09.2010 lebte die Klägerin mit ihrem Ehemann in der Wohnung Grünenbacherstraße 35 in Waldbröl. Auf
Betreiben des Beklagten bemühte sich die Klägerin um eine neue Unterkunft, da die Kosten der Wohnung
Grünenbacherstraße 35 nicht den Angemessenheitskriterien des Beklagten entsprachen. Diese Frage war u.a.
Gegenstand des vor dem Sozialgericht Köln zum Aktenzeichen S 31 AS 240/09 geführten Rechtsstreits.
Am 20.07.2010 sprach die Klägerin mit ihrem Ehemann sodann persönlich bei dem Beklagten vor und beantragte
mündlich unter Vorlage einer entsprechenden Mietbescheinigung die Erteilung einer Zusicherung zu den
Aufwendungen für eine neue Wohnung. Die Mietbescheinigung, die irrtümlich die bisherige Anschrift der Klägerin als
Anschrift der neuen Unterkunft benannte, sich aber nach dem Verständnis beider Beteiligten auf die Wohnung
Alfenzingen 12 in Waldbröl bezog, wies eine Gesamtwohnfläche von rund 80 qm, eine Grundmiete von 280,00 Euro,
Nebenkosten von 100,00 Euro sowie Heizkostenvorauszahlungen von ca. 70,00 Euro monatlich aus.
Mit Bescheid vom 06.08.2010 lehnte der Beklagte die Erteilung einer Zusicherung zu den Aufwendungen für die
Wohnung Grünenbacherstraße 35 ab, wobei es sich nach dem übereinstimmenden Verständnis der Beteiligten hierbei
um einen Übertragungsfehler handelte und tatsächlich die neue Wohnung Alfenzingen 12 in Waldbröl gemeint war. Zur
Begründung teilte der Beklagte mit, dass die neue Wohnung sowohl hinsichtlich ihrer Größe von 80 qm als auch
hinsichtlich der zu entrichtenden Kaltmiete von insgesamt 380,00 Euro die für einen Zwei-Personen-Haushalt
geltenden Angemessenheitsgrenzen überschreite.
Mit einem am 15.08.2010 bei dem Beklagten eingegangenen Schreiben legte die Klägerin gegen den Bescheid vom
06.08.2010 Widerspruch ein. Der Umzug sei durch den Beklagten veranlasst, da dieser die Klägerin zum Umzug in
eine andere Wohnung aufgefordert habe. Außerdem sei die neue Wohnung günstiger als die bisherige.
Am 01.09.2010 zog die Klägerin mit ihrem Ehemann auch ohne die Erteilung einer Zusicherung in die neue Wohnung
Alfenzingen 12 in Waldbröl um. Auf ihren Weiterbewilligungsantrag vom 02.09.2010 bewilligte der Beklagte der
Klägerin mit Bewilligungsbescheid vom 10.09.2010 für den folgenden Bewilligungsabschnitt ab dem 01.10.2010
Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nur noch unter Berücksichtigung der als angemessen erachteten
Kaltmiete zuzüglich Heizkosten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15.11.2010 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom
06.08.2010 als in der Sache unbegründet zurück. Eine Zusicherung zu den Aufwendungen für die neue Wohnung
Alfenzingen 12 in Waldbröl könne gemäß § 22 Abs. 2 Satz 2 SGB II nur dann erteilt werden, wenn der Umzug
erforderlich sei und die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen seien. Diese Voraussetzungen seien
vorliegend nicht erfüllt. Die Wohnung sei unangemessen groß und unangemessen teuer. Nach den maßgeblichen
Richtlinien des Beklagten könnten für einen Zwei-Personen-Haushalt in Waldbröl maximal 62 qm bei einer Kaltmiete
von 4,20 Euro pro Quadratmeter übernommen werden. Daraus ergebe sich ein Richtwert von 260,40 EUR für die
Kaltmiete. Auch sei der Umzug nicht erforderlich gewesen, da ein nachvollziehbarer Anlass die alte Wohnung zu
verlassen, insbesondere bauliche Mängel oder gesundheitliche Gründe, nicht dargetan sei.
Am 23.11.2010 hat die Klägerin gegen den Bescheid vom 06.08.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom
15.11.2010 Klage erhoben, mit der sie ihr auf die Erteilung einer Zusicherung zu den Aufwendungen für die neue
Wohnung gerichtetes Begehren weiter verfolgt. Zur Begründung verweist die Klägerin zusammenfassend darauf, dass
die Ausführungen des Beklagten zur Erforderlichkeit des Umzugs widersprüchlich seien. Schließlich sei man gerade
auf Betreiben des Beklagten aus der alten Wohnung ausgezogen, da diese als zu teuer erachtet worden sei.
Außerdem macht die Klägerin nunmehr geltend, dass die alte Wohnung von Feuchtigkeit und Schimmel befallen
gewesen sei.
Sinngemäß beantragt die Klägerin,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 06.08.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
15.11.2010 zu verurteilen, eine Zusicherung zu den Aufwendungen für die Wohnung Alfenzingen 12 in Waldbröl zu
erteilen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte nimmt zur Begründung ihrer Rechtsansicht im Wesentlichen auf die Darlegungen im
Widerspruchsbescheid Bezug und verweist zudem darauf, dass es aufgrund des nunmehr geltend gemachten
Schimmelbefalls um so unverständlicher sei, dass die Klägerin über lange Zeit ein so großes Interesse am Verbleib in
der bisherigen Wohnung gezeigt habe.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der
beigezogenen Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand des Verfahrens gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Das Passivrubrum war von Amts wegen zu berichtigen. Nach § 76 Abs. 3 Satz 1 SGB II ist der Beklagte als
gemeinsame Einrichtungen mit der Bezeichnung Jobcenter als Rechtsnachfolger an die Stelle der bislang beklagten
Arbeitsgemeinschaft getreten.
Die Kammer kann vorliegend gemäß § 105 Abs. 1 Satz 1 SGG durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil die Sache
keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist, der Sachverhalt geklärt ist und die
Beteiligten zum Erlass eines Gerichtsbescheides angehört worden sind.
Die Klage ist unzulässig.
Die Klage ist als auf die Erteilung einer Zusicherung nach § 22 Abs. 2 Satz 2 SGB II gerichtete Verpflichtungklage
statthaft, aber mangels Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin unzulässig.
Gemäß § 22 Abs. 2 Satz 1 SGB II soll der erwerbsfähige Hilfebedürftige vor Abschluss eines Vertrages über eine
neue Unterkunft die Zusicherung des für die Leistungserbringung bisher örtlich zuständigen kommunalen Trägers zu
den Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Der kommunale Träger ist nach § 22 Abs. 2 Satz 2 SGB II nur
zur Zusicherung verpflichtet, wenn der Umzug erforderlich ist und die Aufwendungen für die neue Unterkunft
angemessen sind. Angesichts dieses Wortlauts handelt es sich bei der Beantragung einer solcher Zusicherung um
eine Obliegenheit des Antragstellers gegen sich selbst. Bezieht er eine neue Unterkunft ohne diese Zusicherung, so
hat dies keine nachteiligen Folgen für ihn, sofern der Umzug objektiv erforderlich gewesen ist und die Aufwendungen
für die neue Unterkunft angemessen sind. Zweck der Zusicherung ist es daher nicht, den Umzug überhaupt zu
ermöglichen, sondern lediglich, in einem Vorabverfahren sicherzustellen, dass die Kosten der neuen Unterkunft
künftig übernommen werden, womit dem Hilfebedürftigen das Risiko genommen wird, bei Umzug ohne Zusicherung
die Kosten nicht zu erhalten, bzw. auf die bisherigen Unterkunftskosten beschränkt zu werden. Dieses besondere
Zusicherungsverfahren ist rechtsdogmatisch vom Verfahren über die tatsächliche Zahlung der Kosten abzugrenzen.
Ein Rechtsstreit über die Erteilung einer Zusicherung erledigt sich daher bei dem tatsächlichen Bezug der neuen
Wohnung bzw. mit Erlass des maßgeblichen Bewilligungsbescheides über die Gewährung von Leistungen für
Unterkunft und Heizung, da der Sinn der Zusicherung eben nur in der Vorabklärung der Übernahme der Kosten besteht
(Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 22.07.2008, Az: L 10 B 203/08; Landessozialgericht
Baden-Württemberg, Beschluss vom 19.11.2011, Az. L 7 AS 4623/10 B; jeweils zitiert nach Juris).
Nach diesen Grundsätzen kann ein Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin an der Erteilung einer Zusicherung zu den
Aufwendungen für die neue Wohnung Alfenzingen 12 in Waldbröl nach dem zum 01.09.2010 erfolgten Umzug bzw.
nach Erlass des die Leistungen für Unterkunft und Heizung regelnden Bewilligungsbescheides vom 10.09.2010 nicht
mehr angenommen werden. Soweit der Beklagte Unterkunftskosten seit dem nur noch in Höhe der als angemessen
erachteten Kaltmiete zuzüglich Heizkosten übernimmt, ist die Klägerin darauf zu verweisen, gegen den jeweils
maßgeblichen Bewilligungsbescheid über die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts
vorzugehen und einen Anspruch auf Gewährung höherer Unterkunftsleistungen geltend zu machen. Sofern sich der
Umzug in die neue Wohnung als erforderlich darstellt und sich die Kosten der neuen Unterkunft auch als angemessen
erweisen, hat die Klägerin dem Grundsatz nach auch ohne die Erteilung einer Zusicherung im Sinne von § 22 Abs. 2
SGB II einen Anspruch auf Übernahme der vollständigen Unterkunftskosten aus § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.