Urteil des SozG Kassel vom 09.01.2008

SozG Kassel: private krankenkasse, private krankenversicherung, deutsche bundespost, zahnärztliche behandlung, sozialeinrichtung, versicherungsschutz, mitgliedschaft, versicherungspflicht, satzung

Sozialgericht Kassel
Urteil vom 09.01.2008 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Kassel S 12 KR 391/07
Hessisches Landessozialgericht L 1 KR 46/08
1. Der Bescheid vom 24. April 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15. November 2007 wird
aufgehoben.
2. Es wird festgestellt, dass die Klägerin seit 1. April 2007 bei der Beklagten in der Gesetzlichen Krankenversicherung
nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V pflichtversichert und die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin entsprechenden
Versicherungsschutz zu gewähren.
3. Die Beklagte hat der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte verpflichtet ist, die 1928 geborene Klägerin rückwirkend ab 1.
April 2007 in die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) als Pflichtmitglied aufzunehmen und ihr entsprechenden
Krankenversicherungsschutz zu gewähren, nachdem die Klägerin zumindest in den Zeiträumen vom 1. Januar 2004
bis 31. Dezember 2004 und vom 1. Juli 2006 bis 31. März 2007 bei der Beklagten als Betreuungsfall des Sozialamtes
der Stadt XY. im Rahmen des § 264 Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung – (SGB V) gemeldet war
und sie dann am 9. März 2007 gegenüber der Beklagten die Aufnahme als Pflichtversicherte in die GKV nach § 5
Abs. 1 Nr. 13 SGB V geltend gemacht hatte.
Dabei ging aus den weiter vorgelegten Unterlagen hervor, dass die Klägerin von 1970 bis zu ihrer Scheidung im Jahre
1999 über ihren damaligen Ehemann noch bei der Postbeamtenkrankenkasse (PBeaKK) mitversichert gewesen ist. In
der Zeit davor war sie bei der Beklagten in der GKV versichert. Im Anschluss an die Scheidung hatte die Klägerin
darüber hinaus von der Möglichkeit, sich bei der PBeaKK weiterzuversichern, selbst keinen Gebrauch gemacht; auch
anderweitig war die Klägerin seither weder privat noch gesetzlich krankenversichert. Insoweit ist ihr seit ihrer
Scheidung allein vom Sozialamt der Stadt XY. bis vorliegend zunächst nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG)
bzw. seit 1. Januar 2005 nach dem Sozialgesetzbuch - Sozialhilfe - (SGB XII) wiederholt und laufend Krankenhilfe
gewährt worden, nachdem auch der Bezug von Versichertenrente aus der Gesetzlichen Rentenversicherung durch die
Deutsche Rentenversicherung (DRV) Hessen keine Versicherungspflicht in der Krankenversicherung der Rentner
(KVdR) ausgelöst hat und ohne dass der Klägerin nach Aktenlage über die Gewährung von Krankenhilfe hinaus und
ohne eine Pflegestufe aufzuweisen aus Sozialhilfemitteln laufende Hilfe zum Lebensunterhalt bzw. Grundsicherung im
Alter oder anderweitige laufende Sozialhilfeleistungen gewährt werden oder in der Vergangenheit gewährt worden
wären.
Mit ohne Rechtsmittelbelehrung versehenem Bescheid vom 24. April 2007 lehnte die Beklagte dann gegenüber der
Klägerin die Durchführung der von ihr geltend gemachten Pflichtversicherung in der GKV ab. Zwar seien am 1. April
2007 neue gesetzliche Bestimmungen in Kraft getreten. Diese besagten jedoch, dass die Mitgliedschaft einer
Krankenkasse immer beim letzten Versicherungsunternehmen durchzuführen sei. Nach den Angaben der Klägerin sei
sie zuletzt bei der PBeaKK versichert gewesen. Somit sei diese für den weiteren Versicherungsschutz der Klägerin
zuständig.
Gegen den Bescheid vom 24. April 2007 legte die Klägerin dann am 13. Juli 2007 Widerspruch ein. Sie machte
geltend, durch die zum 1. April 2007 in Kraft getretenen Gesetzesänderungen nunmehr der allgemeinen
Krankenversicherungspflicht zu unterliegen. Entgegen der Beklagten könne sie sich nicht bei der PBeaKK versichern,
weil sie die persönlichen Voraussetzungen für eine Mitgliedschaft bei dieser nicht erfülle. Hinzu komme, dass es sich
bei der PBeaKK um eine geschlossene Krankenkasse handele und Neuaufnahmen danach nicht mehr möglich seien.
Außerdem sei zu beachten, dass die PBeaKK eine Sozialeinrichtung der früheren Deutschen Bundespost sei und
danach weder eine gesetzliche Krankenkasse im Sinne des SGB V noch eine private Krankenkasse darstelle.
Insoweit habe die PBeaKK ihr gegenüber die Begründung einer Mitgliedschaft zum 1. April 2007 auch nochmals
ausdrücklich abgelehnt.
Auf den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid der Beklagten vom 24. April 2007 teilte die Beklagte dieser
dann unter dem 24. Juli 2007 erläuternd mit, dass die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V nach
Buchstabe a) dieser Bestimmung nur für Personen in Betracht komme, die zuletzt gesetzlich krankenversichert
gewesen seien. Entsprechend den eigenen Angaben der Klägerin habe jedoch zeitlich zuletzt eine private
Versicherung bei der PBeaKK bestanden, was diese für den Zeitraum vom 25. Januar 1960 bis 18. April 1999
ausdrücklich bestätige. Da insoweit nachweislich zuletzt eine private Krankenversicherung bestanden habe, scheide
die Pflichtversicherung nach der gesetzlichen Neuregelung des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V aus. Dies entspreche auch
dem vom Verband der Privaten Krankenversicherung e.V. herausgegebenen Leitfaden zum modifizierten Standardtarif
für Personen ohne Versicherungsschutz, in dem es heiße, dass Angehörige eines Mitglieds der PBeaKK als bisher
privat versichert gelten würden. Nach dem Ende der dortigen "Mitgliedschaft" würden andere PKV-Unternehmen die
Zuordnung zur Privaten Krankenversicherung (PKV) anerkennen. Somit sei die Versicherung beim letzten
Versicherungsunternehmen bzw. ersatzweise bei einem anderen Unternehmen innerhalb der PKV durchzuführen.
Die Klägerin hielt ihren Widerspruch anschließend ausdrücklich aufrecht. Soweit sich die Beklagte nunmehr darauf
berufe, dass sie zuletzt privat krankenversichert gewesen sei und damit die Voraussetzungen für eine Aufnahme in
die Gesetzliche Krankenversicherung nicht vorlägen, könne dem nicht gefolgt werden. Insoweit sei nochmals darauf
zu verweisen, dass die PBeaKK eine Sozialeinrichtung der früheren Deutschen Bundespost und somit weder eine
Gesetzliche Krankenkasse im Sinne des SGB V noch eine private Krankenkasse sei. Dies werde letztlich auch durch
einen Beschluss des Sozialgerichts Regensburg vom 19. Juli 2007, S 2 KR 173/07 ER, bestätigt, ausweislich dessen
es sich bei der mit der PBeaKK vergleichbaren Krankenversorgung der Bundesbahnbeamten (KVB) um eine
betriebliche Sozialeinrichtung des Bundeseisenbahnvermögens (BEV) handele, die gegenüber den Beamten der BEV,
die bis zum 31. Dezember 1993 einen Fürsorgeanspruch gegenüber der Deutschen Bundesbahn (DB) gehabt hätten,
Fürsorgepflichten in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen erfülle und danach weder eine gesetzliche Krankenkasse
im Sinne des SGB V noch eine private Krankenkasse sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15. November 2007 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin gegen den
Bescheid vom 24. April 2007 durch ihren für die gesetzliche Krankenversicherung zuständigen
Widerspruchsausschuss als unbegründet zurück. Eine Pflichtversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V in der GKV
sei zum 1. April 2007 nicht eingetreten.
Die Beklagte führte aus, nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V (in der ab 1. April 2007 geltenden Fassung) seien Personen
versicherungspflichtig, die keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall hätten und a) zuletzt
gesetzlich krankenversichert gewesen seien oder b) bisher gesetzlich oder privat krankenversichert gewesen seien.
Danach komme die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V nach Buchstabe a) nur für Personen in
Betracht, die zuletzt gesetzlich krankenversichert gewesen seien oder nach Buchstabe b) bisher weder gesetzlich
oder privat krankenversichert gewesen seien. Anhand der der Beklagten vorliegenden Unterlagen sei hierzu
festzustellen, dass die Klägerin von 1960 bis April über ihren damaligen Ehemann bei der PBeaKK, bei der es sich
eindeutig um eine private Krankenkasse handele, krankenversichert gewesen sei. Nach der Scheidung sei es von der
Klägerin dann versäumt worden, sich weiterhin privat weiterzuversichern, so dass schließlich der zuständige
Sozialhilfeträger Leistungen im Rahmen der Krankenhilfe, zuletzt nach § 48 SGB XII erbracht habe. Zwar bestehe
durch die gesetzliche Neuregelung zum 1. April 2007 nunmehr für gewisse Personenkreise die Möglichkeit, in ihre
letzte Krankenkasse zurückzukehren. Die Klägerin sei jedoch zuletzt privat krankenversichert gewesen. Somit sei die
Begründung einer Pflichtmitgliedschaft ab 1. April 2007 bei der Beklagten als gesetzlicher Krankenkasse nach
Maßgabe des § 15 Abs. 1 Nr. 13 SGB V nicht möglich. Zuständiger Krankenversicherungsträger sei die PBeaKK als
letztes Krankenversicherungsunternehmen. Sofern von dort die Versicherung unter Hinweis auf
Satzungsbestimmungen abgelehnt werde, könne die Versicherung ersatzweise bei einem anderen privaten
Krankenversicherungsunternehmen durchgeführt werden. Dies auch insoweit, als vom Verband der Privaten
Krankenversicherung e.V. im von diesem herausgegebenen Leitfaden zum modifizierten Standardtarif für Personen
ohne Versicherungsschutz ausgeführt werde, dass Angehörige eines Mitglieds der PBeaKK als bisher privat
versichert gelten und nach dem Ende der dortigen Versicherung andere PKV-Unternehmen die Zuordnung zur PKV
anerkennen würden. Vor diesem Hintergrund halte die Beklagte die Einzelfallentscheidung des Sozialgerichts
Regensburg im hier vorliegenden Fall für nicht eindeutig zutreffend.
Die Klägerin hat sodann am 6. Dezember 2007 unter dem Az. S 12 KR 390/07 ER beim Sozialgericht in Kassel nicht
nur den Erlass einer Einstweiligen Anordnung beantragt, sondern gleichzeitig unter dem vorliegenden Aktenzeichen S
12 KR 391/07 gegen den Widerspruchsbescheid vom 15. November 2007 Klage vor dem Sozialgericht in Kassel
erhoben, mit der sie am Vorliegen von Krankenversicherungspflicht in der GKV mit der Beklagten als zuständiger
Krankenkasse seit 1. April 2007 nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V festhält.
Zur Begründung des von ihr geltend gemachten Anspruchs nimmt die Klägerin ihre Ausführungen im Vorverfahren
wiederholend in Bezug. Insoweit verkenne die Beklagte, dass die PBeaKK weder eine gesetzliche Krankenkasse im
Sinne des SGB V noch eine private Krankenkasse sei, sondern eine betriebliche Selbsthilfeeinrichtung der Deutschen
Bundespost. Als solches werde sie in der Rechtsform einer Körperschaft des Öffentlichen Rechts geführt, wobei sich
auch die PBeaKK nicht als private Krankenkasse sehe. Da sie als Klägerin danach zuletzt nicht privat
krankenversichert gewesen sei, auf der Grundlage der gesetzlichen Neuregelung zum 1. April 2007 jedoch
Versicherungspflicht bestehe, komme eine Versicherung danach allein bei der Beklagten in Betracht. Dies gelte auch
insoweit, als der o.a. Beschluss des Sozialgerichts Regensburg zwischenzeitlich mit Beschluss des Bayerischen
Landessozialgerichts vom 3. September 2007, L 4 B 656/07 KR ER aufgehoben worden sei, selbst wenn nach
Auffassung des Bayerischen Landessozialgerichts die KVB eine private Krankenkasse darstelle und sich dabei auf
ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) vom 28. April 1988 berufe, ohne dass diesem Urteil jedoch
besondere Ausführungen hierzu oder gar eine Entscheidung über den rechtlichen Charakter der KVB zu entnehmen
seien. Allein in einem Nebensatz führe das BVerwG aus, dass die Deutsche Bundesbahn "zur globalen Abgeltung von
Beihilfeleistungen Zuschüsse in entsprechender Höhe an die den Bundesbeamten zur privaten Krankenversicherung
offenstehende KVB gewähre". Soweit das Bayerische Landessozialgericht nun meine, dass BVerwG habe explizit
ausgeführt, dass die KVB eine private Krankenversicherung sei, messe es dem beiläufigen Nebensatz des BVerwG
eine Bedeutung zu, die er nicht habe und auch nicht hätte haben sollen. Stattdessen sei dem Zusammenhang
eindeutig zu entnehmen, dass der dort verwendete Begriff "privat" im Sinne von "selbst gewählt" verstanden werden
müsse, denn der Zugang zu den betrieblichen Sozial- und Selbsthilfeeinrichtungen sei freiwillig und die
Inanspruchnahme dieses Angebots somit "Privatsache" gewesen. Dies entspreche auch der eigentlichen Bedeutung
des Begriffs "privat" im Sinne von "nicht öffentlich", da die KVB ausschließlich den Bundesbahnbeamten offenstehe
und es sich somit um eine "geschlossene Gesellschaft" handele. Keinesfalls aber sei mit der absichtslosen
Erwähnung des BVerwG die Feststellung eines privaten Charakters der KVB im Sinne des privaten
Krankenversicherungsrechts und insbesondere im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V verbunden. Gegen die
Annahme, dass es sich bei der PBeaKK um eine private Krankenversicherung im Sinne des SGB V handele, spreche
schließlich auch eindeutig die Begründung des zugrundeliegenden Gesetzes. In dem durch das GKV-WSG neu
geschaffenen § 291a Abs. 1a SGB V sei, die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte betreffend, nachträglich
ausdrücklich der Satz 6 mit aufgenommen worden, wonach die Regelungen des § 291a Abs. 1a SGB V auch für die
PBeaKK und die KVB gelten sollen. Ausweislich der Gesetzesbegründung habe mit der vorgenannten Änderung
bezweckt werden sollen, auch für die rund 850.000 Versicherten der PBeaKK und der KVB, die als betriebliche
Sozialeinrichtung der ehemaligen Deutschen Bundespost bzw. der Deutschen Bundesbahn weder eine Krankenkasse
im Sinne des SGB V seien noch zu den privaten Krankenversicherungen gehörten, eine gesetzliche Grundlage zur
Einführung der elektronischen Gesundheitskasse zu schaffen. Entgegen der Beklagten gehe danach auch der
Gesetzgeber erklärtermaßen davon aus, dass es sich bei der PBeaKK um keine private Krankenkasse handele.
Insoweit sei kein Grund ersichtlich, warum er dies im 10. Kapitel des SGB V feststellen und im 2. Kapitel desselben
Gesetzes anders beurteilen sollte. Dies wäre weder nachvollziehbar noch zulässig.
Die Klägerin beantragt, den Bescheid vom 24. April 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15.
November 2007 aufzuheben und festzustellen, dass sie seit 1. April 2007 bei der Beklagten in der Gesetzlichen
Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung – pflichtversichert
und die Beklagte verpflichtet ist, ihr entsprechenden Versicherungsschutz zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hält an den angefochtenen Bescheiden fest, wobei sie sich in ihrer Rechtsauffassung durch den o.a.
Beschluss des Bayerischen Landessozialgerichts bestätigt sieht.
Wegen der weiteren Einzelheiten, insbesondere wegen des jeweiligen weiteren Vorbringens der Beteiligten wird Bezug
genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte insgesamt; zu den vom Gericht im Verlauf des Rechtsstreits erteilten
rechtlichen Hinweisen dabei insbesondere auf Bl. 26 ff. und 45 ff. Ebenso wird Bezug genommen auf den
beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten, dessen wesentlicher, den vorliegenden Rechtsstreit betreffender
Inhalt gleichfalls Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, in der die Kammer die Klägerin zum Sachverhalt
nochmals befragt hat. Zu ihrer Ausführungen wird Bezug genommen auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift.
Weiterhin wird Bezug genommen auf die beigezogene Gerichtsakte des Einstweiligen Anordnungs-Verfahrens S 12
KR 390/07 ER und die dort beigezogene weitere Verwaltungsakte der Beklagten, deren jeweils wesentlicher, den
vorliegenden Rechtsstreit betreffender Inhalt gleichfalls Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig. Sie ist insbesondere form- und fristgerecht vor dem zuständigen Gericht erhoben worden (§§
87, 90 Sozialgerichtsgesetz – SGG -).
Die Klage ist auch begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig. Entgegen der Beklagten ist die
Klägerin seit 1. April 2007 bei der Beklagten in der GKV nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V pflichtversichert und die
Beklagte verpflichtet, der Klägerin entsprechenden Versicherungsschutz zu gewähren, da es sich mit der Klägerin bei
der PBeaKK weder um eine gesetzliche noch um eine private Krankenkasse handelt, die Klägerin bis zur Begründung
ihrer früheren Mitversicherung bei der PBeaKK zuletzt bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert war und nach
Aktenlage zum 1. April 2007 auch keine laufenden Leistungen nach dem 3., 4., 6. und 8. Kapitel des SGB XII (vgl. §
5 Abs. 8 a Satz 2 SGB V) erhalten hat bzw. zwischenzeitlich erhält, so dass entgegen der Beklagten und mit den
Ausführungen der Klägerin hierzu auf Seiten der Klägerin mit dem 1. April 2007 Versicherungspflicht in der GKV bei
der Beklagten eingetreten ist.
Dazu, dass es sich bei der PBeaKK weder um eine gesetzliche noch um eine private Krankenkasse handelt, nimmt
die Kammer nicht nur die Ausführungen des Prozessbevollmächtigten der Klägerin in Bezug, sondern auch die o.a.
Hinweise des Gerichts vom 7. Dezember 2007 und 12. Dezember 2007.
Wiederholend sei insoweit ausgeführt, dass sich die sozialgerichtliche Rechtsprechung bereits mehrfach mit der
Rechtsstellung der PBeaKK auseinandergesetzt hat. Dies zwar vornehmlich in Rechtsstreiten zur privaten
Pflegepflichtversicherung, da ansonsten für Rechtsstreite mit der PBeaKK das Verwaltungsgericht Stuttgart zuständig
ist; diese Rechtsprechung bestätigt sodann aber, dass es sich bei der PBeaKK gerade um keine private
Krankenkasse handelt, wobei darüber hinaus sowohl die PBeaKK als auch die KVB nicht dem Verband der privaten
Krankenversicherer als deren ordentliche Mitglieder angehören, sondern lediglich als Verbundpartner, selbst wenn die
privaten Krankenkassen mit den Ausführungen der Beklagten hierzu vor dem 1. April 2007 bisher intern die
Versicherungszeiten bei PBeaKK und KVB gegenseitig als Vorversicherungszeiten anerkannt haben sollen.
Exemplarisch sei bei alledem auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 30. März 2000, B 3 P 21/99 R
hingewiesen und die Tatsache, dass Versicherte/Mitglieder sowohl der PBeaKK als auch der KVB nur über die
ausdrückliche Regelung des § 23 Abs. 4 Sozialgesetzbuch - Soziale Pflegeversicherung (SGB XI) überhaupt
pflichtversichert in der privaten Pflegepflichtversicherung geworden sind. Diese ausdrücklich gesetzlich geregelte
entsprechende Anwendung war notwendig, weil die PBeaKK eben gerade weder private noch gesetzliche
Krankenkasse ist. Die PBeaKK ist vielmehr eine Sozialeinrichtung der früheren Deutschen Bundespost in der Form
einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, die in ihrem Bestand geschlossen ist und mit dem Ziel der Abwicklung für
die Bundesanstalt für Post und Telekommunikation Deutsche Bundespost und für die Aktiengesellschaften durch die
Bundesanstalt weitergeführt wird. Sie berechnet und zahlt zugunsten ihrer Mitglieder in Auftragsverwaltung Beihilfen
nach den Beihilfevorschriften des Bundes. Ihre Aufgaben nimmt die PBeaKK in der Rechtsform einer rechtsfähigen
Körperschaft des öffentlichen Rechts nach den Grundsätzen der Selbstverwaltung wahr, wobei das BSG zuletzt mit
Urteil vom 19. April 2007, B 3 P 6/06 R die Eigenschaft als Sozialeinrichtung der früheren Deutschen Bundespost
nochmals ausdrücklich hervorhebt. Neben der vorgenannten Rechtsprechung nimmt die Kammer insoweit auch die
Satzung der PBeaKK (vgl. www.pbeakk.de) selbst in Bezug.
Eine der vorgenannten ausdrücklichen Regelung im SGB XI entsprechende Regelung zum 1. April 2007 enthält das
SGB V nicht. § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V dürfte eine entsprechende Anwendung insoweit nicht zulassen. Letzteres gilt
umso mehr, als dann auch selbst das GKV-WSG keine angeordnete ausdrückliche Verpflichtung der privaten
Krankenversicherer dahingehend enthält, ehemalige Mitglieder der PBeaKK (wieder) aufzunehmen. Im Gegenteil:
Auch § 291a Abs. 1a Satz 6 SGB V in der Fassung des vorgenannten Gesetzes dürfte mit der Klägerin auch
wiederum deutlich machen, dass es sich bei PBeaKK und KVB gerade nicht um private Krankenkassen handelt.
Bei alledem sei zumindest auszugsweise auch noch auf die Historie der PBeaKK (vgl. www.pbeakk.de) hingewiesen,
die die vorstehenden Ausführungen zusätzlich untermauern: "Historie
Die Anfänge einer Krankenfürsorge für Beamte der Deutschen Reichspost gehen bereits auf die ersten Jahre nach der
Reichsgründung zurück. Sie beziehen sich allerdings ausschließlich auf einen Teil der Beamten des unteren (heute:
einfachen) Dienstes.
1874: Postvertrauensärzte angestellt
Bemerkenswert für die Entwicklung ist das Jahr 1874, als in einigen größeren Städten Postvertrauensärzte angestellt
wurden und die Oberpostdirektionen die Ermächtigung erhielten, diesen Ärzten mittellose untere Beamte zur
unentgeltlichen Behandlung zu überweisen. Die Fürsorgemaßnahme betraf nur die Beamten selbst, nicht aber deren
Familienangehörige. Hierfür hatte der Beamte selbst aufzukommen, was naturgemäß zu erheblichen Belastungen der
Betroffenen führte und die Fürsorge als unzureichend und dringend ergänzungswürdig erscheinen ließ.
1. Oktober 1885: Gründung der "Postkrankenkasse"
Vor dem Hintergrund der zunehmenden Industrialisierung wurden zwar durch die "Kaiserliche Botschaft" vom 17.
November 1881 sozialpolitische Gesetze in Aussicht gestellt und in der Folgezeit auch eingeführt (z.B. das "Gesetz
betreffend die Krankenversicherung der Arbeiter" vom 15. Juni 1883, das Unfallversicherungsgesetz von 1884 und ein
Invaliditäts- und Alterssicherungsgesetz von 1889), jedoch betrafen diese mit geringen Einschränkungen nur die
Arbeiter. Sie führten allerdings am 1. Oktober 1885 zur Gründung der "Post-Krankenkasse", der heutigen
Bundespostbetriebskrankenkasse.
Entscheidende Verbesserungen für die Beamten - und auch hier wiederum nur für die Bediensteten der unteren
Laufbahn - sollten noch Jahrzehnte auf sich warten lassen.
1. März 1913: Gründungstag der Postbeamtenkrankenkasse
1. März 1913: Gründungstag der Postbeamtenkrankenkasse
Mit Wirkung vom 1. März 1913 verfügte das Reichspostamt die Einrichtung einer Krankenkasse bei jeder
Oberpostdirektion. Sie trugen den Namen "Krankenkasse für Unterbeamte im Bezirk der Kaiserlichen Postdirektion in
...". Daraufhin nahmen 41 Kassen - ausgestattet mit der Mustersatzung vom 22. Februar 1913 - ihre Tätigkeit auf. Der
1. März 1913 ist deshalb als der Gründungstag der Postbeamtenkrankenkasse anzusehen.
Beitrittsberechtigt waren alle Beamten des einfachen Dienstes und ihre Angehörigen. Die Kassen waren keine
gesetzlichen Kassen im Sinne der Reichsversicherungsordnung (RVO), sondern Einrichtungen der Postverwaltung,
deren Aufgabe es war, den Mitgliedern und ihren mitversicherten Angehörigen im Krankheitsfall Leistungen für eine
ausreichende ärztliche und zahnärztliche Behandlung sowie für Arzneien und Heilmittel zu gewähren. Der
Kassenbeitritt war freiwillig. Im Unterschied zu den RVO-Kassen wurde festgelegt, dass ein Leistungsanspruch gegen
die Kasse entfiel, sofern ein ersatzpflichtiger Dritter vorhanden war.
Der ursprüngliche Name der Kasse änderte sich im Laufe der Zeit wiederholt. So entfiel mit dem Ende der Kaiserzeit
das Wort "Kaiserliche". Zu Beginn der zwanziger Jahre erhielten die Kassen die Bezeichnung "Krankenkasse für
Post- und Telegrafenbeamte" und zu Beginn der dreißiger Jahre den Namen "Krankenkasse für Beamte der
Deutschen Reichspost im Bezirk der Oberpostdirektion ...". Ab 1. April 1938 nannte sich die Kasse
"Postbeamtenkrankenkasse in ...(Sitz der Kassen)". Mit Wirkung vom 1. Januar 1942 wurden die Kassen unter der
Bezeichnung "Reichspostkrankenfürsorge" (RPKF) zu einer für das gesamte Reichsgebiet einheitlichen Krankenkasse
zusammengefasst. Zu diesem Zeitpunkt wurden allen Beamten und nicht versicherungspflichtigen Angestellten der
Deutschen Reichspost der Beitritt zur Kasse und die Mitversicherung ihrer Angehörigen ermöglicht.
1962: Hauptverwaltung in Stuttgart
Die RPKF wurde bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges zentral verwaltet, zerfiel dann durch die bekannten
Verhältnisse nach 1945 (vier Besatzungszonen usw.) vorübergehend in bezirksweise verwaltete PBeaKK mit
Bezirksleitungen. Erst ab dem 15. November 1951 konnte die PBeaKK mit einer Hauptgeschäftsstelle - ab 1962
Hauptverwaltung genannt - in Stuttgart ihre Tätigkeit als eine einheitlich geleitete Krankenkasse wieder aufnehmen.
Die PBeaKK in ihrer heutigen Gestalt ist eine bundesunmittelbare Körperschaft des öffentlichen Rechts mit eigener
Rechtspersönlichkeit. Ihr Sitz ist Stuttgart. Sie ist keine gesetzliche Kasse im Sinne des SGB V. Die
Postbeamtenkrankenkasse ist eine Sozialeinrichtung der früheren Deutschen Bundespost. Sie ist nach Maßgabe des
Bundesanstalt Post-Gesetzes (§ 26 Absatz 2) in ihrem Bestand geschlossen und wird mit dem Ziel der Abwicklung
für die "Bundesanstalt für Post und Telekommunikation Deutsche Bundespost" und für die Aktiengesellschaften
(Unternehmen der ehemaligen Deutschen Bundespost) durch die Bundesanstalt weitergeführt.
Die PBeaKK ist nach den sinngemäß anzuwendenden Grundsätzen der Selbstverwaltung gestaltet. Unter
Selbstverwaltung der PBeaKK ist vor allem zu verstehen, dass der Verwaltungsrat paritätisch besetzt ist und die
Mitglieder über ihre Mitgliedervertreter im Verwaltungsrat an der Verwaltung der PBeaKK und ihrer weiteren Gestaltung
und Entwicklung gleichwertig mitwirken können.
Mitgliedschaft Allgemeines Die Postbeamtenkrankenkasse ist im Rahmen der Postreform II seit dem 01.01.1995 in
ihrem Bestand geschlossen. D.h. es können (mit Ausnahmen) keine Mitglieder mehr aufgenommen werden."
Zur weiteren Historie der PBeaKK sei schließlich auch noch auf das Urteil des BVerwG vom 25. Juni 1964, VIII C
23.63 hingewiesen, das den alleinigen Beihilfecharakter der Leistungen der PBeaKK unterstreicht. Ebenso das Urteil
des BVerwG vom 20. August 1969, VI C 130.67 sowie die Beschlüsse vom 15. September 1998, 1 D 22/98 und vom
4. Juni 2007, 2 AV 1/07, wobei in der letztgenannten Entscheidung ausdrücklich nochmals darauf hingewiesen wird,
dass die PBeaKK nach § 1 Abs. 2 Satz 2 ihrer Satzung in Auftragsverwaltung für ihre Mitglieder Beihilfen nach den
Beihilfevorschriften des Bundes berechnet und zahlt und mit ihren Sitz in Stuttgart (§ 1 Abs. 4 der Satzung) insoweit
öffentlich-rechtlich handelt (§ 1 Abs. 2 Satz 4 der Satzung). Auch mit dem VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom
18. Dezember 2006, 4 S 2531/05 handelt es sich danach bei der PBeaKK allein um eine Selbsthilfeeinrichtung, also
nicht nur um keine gesetzliche Krankenkasse, sondern auch nicht um eine private Krankenkasse.
Nachdem bei alledem nach Überprüfung der Kammer auch die übrigen Voraussetzungen für eine Pflichtversicherung
der Klägerin in der GKV bei der Beklagten zum 1. April 2007 vorgelegen haben, war der Klage somit insgesamt
stattzugeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der gesonderten Entscheidung über eine Zulassung der Berufung bedurfte es nicht; Berufungsausschließungsgründe,
die eine solche Entscheidung erforderlich gemacht hätten, liegen nicht vor.