Urteil des SozG Karlsruhe vom 24.11.2015

beschränkung, erlass, verwaltungsakt, überprüfung

SG Karlsruhe Urteil vom 24.11.2015, S 4 SO 56/15
Sozialrechtliches Verwaltungsverfahren - Überprüfungsantrag - Nachzahlung
von Sozialhilfe für höchstens ein Jahr - Auslegung einer früheren Erklärung des
Leistungsempfängers als Überprüfungsantrag - Erforschung des wirklichen
Willens - Auslegung durch die Behörde als Widerspruch und fehlende Reaktion
nach Erhalt eines Abhilfebescheides - Einschränkung des
Meistbegünstigungsgrundsatzes bei ausdrücklicher Beschränkung auf eine
Leistung
Leitsätze
1. Die Abgrenzung zwischen einem Widerspruch gegen den letzten
Bewilligungsbescheid und einem Überprüfungsantrag, welcher auch frühere
Bescheide einschließt, hat nach einer umfassenden Auslegung der Willenserklärung
unter Berücksichtigung des Meistbegünstigungsgrundsatzes zu erfolgen.
2. Bei der Auslegung ist auch der Empfängerhorizont der Behörde und das Verhalten
des Leistungsempfängers nach dem Erlass eines Abhilfebescheides zu
berücksichtigen.
3. Wurde ausdrücklich "Widerspruch" unter genauer Be-zeichnung des letzten
Bewilligungsbescheides eingelegt, und hat der Betroffene sich nach einer
vollständigen Abhilfeentscheidung zehn Monate lang nicht mehr bei der Behörde
gemeldet, ist davon auszugehen, dass der Betroffene ursprünglich nur einen
Widerspruch gegen den letzten Bewilligungsbescheid einlegen wollte.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
1 Der am … geborene Kläger wohnt in einer Einrichtung des betreuten Wohnens
alleine in einer Wohnung, wobei seine Mutter im selben Haus in einer anderen
Wohnung lebt. Der Kläger bezieht seit Jahren Leistungen der Grundsicherung bei
Erwerbsminderung vom Beklagten. Hierbei wurde zuletzt das Kindergeld, welches
direkt auf das Konto seiner Mutter überwiesen wurde und welches die Mutter zur
Unterstützung des Klägers verwendete, als Einkommen des Klägers angerechnet.
2 Als die Beklagte mit Weiterbewilligungsbescheid vom 24.09.2013 erneut
entsprechend verfuhr und für den Zeitraum ab dem 01.10.2013 monatlich 737,31
EUR bewilligte, legte der Kläger am 17.10.2013 Widerspruch ein und wies darauf
hin, dass eine direkte Weiterleitung des Kindergeldes an ihn nicht stattfinde. Er bat
daher um eine „Neuberechnung der Grundsicherungsleistungen“.
3 Daraufhin bewilligte der Beklagte mit Änderungsbescheid vom 18.10.2013
nunmehr ab dem 01.10.2013 monatliche Leistungen in Höhe von 921,31 EUR
ohne die Anrechnung des monatlichen Kindergeldes in Höhe von 184 EUR.
Gleichzeitig teilte der Beklagte mit, dass der Kläger dennoch die Voraussetzungen
des § 74 Abs. 1 Satz 4 i. V. m. Satz 1 und 3 Einkommensteuergesetz (EStG) erfülle
und daher eine Abzweigung des Kindergeldes bei der Familienkasse beantragt
werde. Ausdrücklich stellte die Beklagte fest, dass diese Entscheidung sich allein
auf den Bewilligungsabschnitt ab dem 01.10.2013 beziehe und das
Bewilligungsende der 30.09.2014 sei.
4 Die Familienkasse lehnte mit Bescheid vom 24.02.2014 die von dem Beklagten
beantragte Abzweigung von Kindergeld ab, da der monatliche Unterhalt der Mutter
des Klägers für diesen die Höhe des monatlichen Kindergeldes übersteige.
5 Der deswegen eingelegte Einspruch des Beklagten hatte lediglich in Höhe eines
Abzweigungsbetrages von 46,-- EUR monatlich Erfolg, welcher ab November 2013
nicht mehr an die Mutter des Klägers, sondern an den Beklagten ausgezahlt
wurde.
6 Am 20.08.2014 schaltete sich der Bevollmächtigte des Klägers in das Verfahren
ein und beantragte, gemäß § 44 SGB X auch die vorausgegangenen
Bewilligungsbescheide zu korrigieren und die abgezogenen Kindergeldbeträge für
den Zeitraum September 2011 bis September 2013 in Höhe von „25 Monate x
185,-- EUR = 4.625,00 EUR“ auszuzahlen.
7 Mit Bescheid vom 27.08.2014 verwies der Beklagte auf § 116a SGB XII, wonach
für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes §
44 Abs. 4 Satz 1 SGB X mit der Maßgabe gilt, dass anstelle des Zeitraumes von
vier Jahren ein Zeitraum von einem Jahr tritt. Deshalb könne dem
Überprüfungsantrag erst ab dem 01.01.2013 entsprochen werden, woraus sich
nach der Berechnung des Beklagten ein Nachzahlungsbetrag von 1.656,-- EUR (9
Monate x 184,-- EUR) ergab, welcher dem Kläger überwiesen wurde.
8 Der Klägerbevollmächtigte vertrat die Auffassung, dass bereits in dem Widerspruch
vom 17.10.2013 ein Überprüfungsantrag hinsichtlich früherer Leistungen vorliege,
weswegen dem Überprüfungsantrag bereits ab dem 01.01.2012 entsprochen
werden könne, und legte deswegen mit dem Schreiben vom 09.09.2014 insoweit
erneut Widerspruch ein.
9 Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 05.12.2014
zurück, da in dem Widerspruch vom 17.10.2013 noch kein Überprüfungsantrag für
die zuvor bewilligten Leistungen zu erkennen sei. Der Einwand, dass auch der
Widerspruch vom 15.10.2013 gegen den Bescheid vom 24.09.2013 als
Überprüfungsantrag zu werten sei, könne nicht nachvollzogen werden. Der
Abhilfebescheid vom 18.10.2013 sei mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen
gewesen, weswegen der Kläger hier rechtzeitig hätte Widerspruch einlegen
können. Auch aus dem Widerspruchsschreiben selbst vom 15.10.2013 sei kein
Hinweis ersichtlich, dass eine Überprüfung der bisher in früheren
Leistungszeiträumen geleisteten Grundsicherung gewünscht gewesen sei. Auch
von Seiten des Beklagten aus sei dies nicht erkennbar gewesen. Darüber hinaus
habe der Kläger nach Erlass des Abhilfebescheides für den Bewilligungsabschnitt
Oktober 2013 bis September 2014 erneut die Möglichkeit gehabt, zum einen
diesem Bescheid zu widersprechen oder zum anderen zu diesem Zeitpunkt einen
Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X zu stellen, was jedoch nicht erfolgt sei (mit
Hinweis auf Landesssozialgericht Berlin-Brandenburg vom 23.11.2012 - L 34 AS
116/12 -).
10 Der Bevollmächtigte des Klägers hat am 07.01.2015 beim Sozialgericht Karlsruhe
(SG) Klage erhoben. Er vertritt die Auffassung, dass aufgrund der Formulierung
„Neuberechnung der Grundsicherungsleistung“ ein umfassender
Überprüfungsantrag für die früheren Leistungszeiträume zu erblicken sei.
11 Der Kläger beantragt, teils sinngemäß,
12 den Bescheid des Beklagten vom 27.08.2014 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides vom 05.12.2014 abzuändern und den Beklagten zu
verpflichten, ihm auch für die Zeit vom 01.01.2012 bis 31.12.2012 unter Korrektur
der entgegenstehenden früheren Verwaltungsentscheidungen höhere
Grundsicherungsleistungen von monatlich 184,-- EUR zu gewähren.
13 Der Beklagte beantragt,
14 die Klage abzuweisen.
15 Der Beklagte hält die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig. Der Beklagte
vertritt die Auffassung, dass der Abhilfebescheid vom 18.10.2013 bestandskräftig
sei, was sich auch auf den nur eingeschränkten Umfang der vorgenommenen
Abänderung beziehe. Im Jahre 2013 habe kein hinreichend konkreter Antrag
gemäß § 44 SGB X für die Überprüfung auf frühere Leistungsbescheide
vorgelegen.
16 Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Gerichts
durch Urteil ohne mündliche Verhandlung nach § 124 Abs. 2 SGG erklärt.
17 Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten
wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten und die Akten des SG Bezug
genommen.
Entscheidungsgründe
18 Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Die Entscheidung erging aufgrund
des Einverständnisses der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung
nach § 124 Abs. 2 SGG.
19 Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgesetzbuchs - Verwaltungsverfahren - (SGB X)
ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das
Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist,
der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb u.a. Sozialleistungen zu Unrecht
nicht erbracht worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar
geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurück zu nehmen. Ist ein
Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden,
werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses
Gesetzbuchs - vorliegend des SGB XII - längstens für einen Zeitraum von einem
Jahr vor der Rücknahme erbracht (§ 44 Abs. 4 Satz 1 SGB X i.V.m. § 116a SGB
XII). § 44 SGB X findet auch im Recht der Sozialhilfe, und damit auch im Bereich
der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, Anwendung (vgl. BSG
SozR 4-1300 § 44 Nrn. 11, 15 und 20).
20 Die dem Kläger im Jahr 2012 nach § 42 Abs. 1 SGB XII gewährten Leistungen der
Grundsicherung bei Erwerbsminderung waren zu niedrig bemessen, weil der
Beklagte zu Unrecht das Kindergeld des Klägers auf die Leistungsgewährung
angerechnet hat, wozu auf die streitgegenständlichen Bescheide Bezug
genommen wird.
21 Der Beklagte hat jedoch zu Recht eine Korrektur der Leistungsgewährung im Jahr
2012 abgelehnt und eine solche Korrektur nur für 2013 und 2014 vorgenommen.
Denn ein Antrag auf Korrektur wurde erstmalig durch den Klägerbevollmächtigten
am 20.08.2014 gestellt, weshalb aufgrund der oben angeführten Regelung nach §
44 Abs. 4 Satz 1 SGB X i.V.m. § 116a SGB XII eine Korrektur für 2012 nicht mehr
möglich war.
22 Hierbei vertritt der Beklagte zutreffend die Auffassung, dass ein früherer Antrag
nach § 44 SGB X auch nicht durch Auslegung unter Anwendung des sogenannten
Meistbegünstigungsgrundsatzes festgestellt werden kann.
23 In Betracht kommt insoweit lediglich eine entsprechende Auslegung des
Widerspruchs vom 17.10.2013; eine andere Willenserklärung, die für eine
weitergehende Auslegung in Frage käme, ist nicht ersichtlich.
24 Der Widerspruch vom 17.10.2013 richtete sich allerdings ausdrücklich gegen den
in der Betreffzeile des Widerspruchsschreibens im Singular ausdrücklich
bezeichneten Bescheid vom 24.09.2013 und verfolgte damit eine Korrektur dieses
Bescheides, welcher indes die Leistungsgewährung für 2012 in keiner Weise
regelte. Auch wurde ausdrücklich der Rechtsbehelf des „Widerspruchs“ eingelegt
und kein Überprüfungsantrag, was auch der Rechtsbehelfsbelehrung des
angegriffenen Bescheides entsprach.
25 Andererseits hat der Klägers mit seinem Widerspruch auf einen grundsätzlichen
Berechnungsfehler hingewiesen, welchen auch frühere Bescheide aufweisen.
26 Nach der im öffentlichen Recht entsprechend anwendbaren allgemeinen
Auslegungsregel der §§ 133, 157 BGB ist grundsätzlich nicht auf den inneren
Willen des Erklärenden, sondern auf das Verständnis des objektiven
Erklärungsinhalts nach dem Empfängerhorizont abzustellen ist (BVerwG, B.v.
3.12.1998 - 1 B 110/98 - Buchholz 310 § 124a VwGO Nr. 6; BVerwG, U.v. 3.3.2005
- 2 C 13.04 - Buchholz 240 § 40 BBesG Nr. 32 S. 10; BGH, U.v. 10.3.1994 - IX ZR
152/93 - NJW 1994, 1537; VG München, Urteil vom 07. November 2013 – M 15 K
13.201 –, Rn. 42, juris).
27 Der Beklagte hat formal einen Widerspruch und keinen Überprüfungsantrag
erhalten. Auch wenn juristische Laien bei Verwendung dieser Formulierungen nicht
formal an der Wortwahl festzuhalten sind, ist doch nach den konkreten
Einzelfallumständen die Überprüfung lediglich eines Bescheides verlangt worden,
was sich nicht nur aus der Nennung eines Bescheids in der Betreffzeile des
Widerspruchsschreibens und der Verwendung des Begriffs „Widerspruch“ ergibt.
Die vom Klägerbevollmächtigten angeführte Formulierung „Neuberechnung der
Grundsicherungsleistung“ legt keine andere Auslegung zwingend nahe, da eine
Neuberechnung auch im Falle eines erfolgreichen Widerspruchs zu erfolgen hat,
zumal auch in dieser Formulierung der Singular verwendet worden ist. Auch die
anderen äußeren Umstände deuten auf die Einlegung eines Widerspruchs hin.
Denn nachdem dem Widerspruch des Klägers durch den Abhilfebescheid vom
18.10.2013 vollumfänglichen abgeholfen worden war und der Klägers sich
daraufhin für rund zehn Monate nicht mehr meldete, bestätigte dies auf Seiten des
Beklagten den Eindruck, dass dem Antrag des Klägers vollumfänglich entsprochen
worden war. Der Kläger hat trotz der Rechtsbehelfsbelehrung unter dem
Abhilfebescheid vom 18.10.2013 keine Widerspruch mehr eingelegt, sondern
diesen Bescheid bestandskräftig werden lassen.
28 Insoweit wäre aus Sicht des Klägers auch kein schutzbedürftiges Interesse
vorhanden gewesen, wenn er tatsächlich von einem Antrag nach § 44 SGB X statt
eines Widerspruchs ausgegangen sein sollte, weil dann aus seiner Sicht der
Bescheid vom 18.10.2013 - ebenfalls durch die erforderliche Auslegung - als
Ablehnung einer rückwirkenden Erhöhung der Leistung gewertet werden müsste,
die aber nunmehr bestandskräftig geworden ist, weil der Kläger hiergegen nicht
vorgegangen ist.
29 Etwas anderes ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung des sogenannten
Meistbegünstigungsprinzips. Nach diesem verbindlichen Auslegungsgrundsatz
(vgl. § 123 SGG) sind Verfahrenserklärungen, zu denen auch der Widerspruch
gehört, unabhängig vom Wortlaut unter Berücksichtigung des wirklichen Willens
auszulegen. Die Auslegung hat sich daran zu orientieren, was als Leistung
möglich ist, wenn jeder vernünftige Antragsteller mutmaßlich seinen Antrag bei
entsprechender Beratung anpassen würde und keine Gründe für ein anderes
Verhalten vorliegen (BSG, Urteil vom 07. November 2006 – B 7b AS 8/06 R –,
SozR 4-4200 § 22 Nr. 1, BSGE 97, 217-230, SozR 4-1500 § 123 Nr. 2, SozR 4-
4200 § 7 Nr. 1, Rn. 11).
30 Dieser für Anträge geltende weite Auslegungsgrundsatz enthält für Widersprüche
eine gewisse Einschränkung, die daraus folgt, dass das Widerspruchsverfahren
nach § 78 SGG und das Überprüfungsverfahren nach § 44 SGB X als getrennte
Verfahren ausgestaltet sind und bereits deswegen nicht davon ausgegangen
werden kann, dass jeder Widerspruch immer auch einen Überprüfungsantrag
enthält (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 23.03.2012 – L 12 AS 3569/11, Rn.
26, juris, mwN).
31 Ein wesentlicher Unterschied besteht insbesondere darin, dass bei der erstmaligen
Antragstellung eine besondere Beratungspflicht der Behörde besteht, die
tatsächlich in Betracht kommenden Leistungen festzustellen und auf die
sachgemäße Antragstellung hinzuwirken, wohingegen im Widerspruchsverfahren
bereits eine konkrete Leistung nicht oder in nach Ansicht des Widerspruchsführers
in zu niedrigem Umfang gewährt worden ist. Ein Widerspruch gegen eine zu
niedrige Leistung in einem konkreten Bescheid kann daher auch nicht prinzipiell
als Überprüfungsantrag für Zeiträume gewertet werden, die von dem angegriffenen
Bescheid nicht betroffen sind. Grundsätzlich kann ein konkludenter
Überprüfungsantrag daher nur dann angenommen werden, wenn der
Widerspruchsführer im Rahmen der Widerspruchsbegründung erkennen lässt,
dass er auch den früheren Verwaltungsakt für rechtswidrig hält (vgl. LSG Baden-
Württemberg, Urt. v. 23.03.2012 – L 12 AS 3569/11, Rn. 26, juris, mwN).
32 Der Grundsatz der Meistbegünstigung enthält daher die Einschränkung, dass bei
der ausdrücklichen Beschränkung auf eine bestimmte Leistung eine
weitergehende Auslegung nicht möglich ist. Nur wenn eine solche Beschränkung
nicht vorliegt, ist davon auszugehen, dass der Leistungsberechtigte die
Sozialleistungen begehrt, die nach der Lage des Falls ernsthaft in Betracht
kommen (vgl. Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 3. Aufl 2013, § 37 RdNr 26 m.w.N.;
BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 14 AS 16/09 R –, SozR 4-4200 § 37 Nr. 3,
SozR 4-1300 § 28 Nr. 1, Rn. 18).
33 Hier ist es wiederum von Bedeutung, dass der Kläger in seinem Widerspruch einen
konkreten Bescheid angegriffen hatte und sich nach dem vollumfänglichen
Abhilfebescheid bei dem Beklagten nicht mehr gemeldet hat. Wäre ein
Überprüfungsantrag wirklich schon 2013 gewollt gewesen, ist nicht zu erklären,
weswegen der Kläger sich erst im August 2014 wieder zu dieser Frage an den
Beklagten gewandt hat.
34 Der Meistbegünstigungsgrundsatz kann hier daher nicht die Schranke überwinden,
die sich aus einer Beschränkung auf ein bestimmtes Begehren - hier: Widerspruch
nur gegen den Bescheid vom 24.09.2013 - ergibt. Nach Auffassung der Kammer
liegt eine solche Beschränkung hier in Auslegung der Widerspruchserklärung
bezogen auf die Korrektur (nur) des Bescheides vom 24.09.2013 aber gerade vor.
Wäre dies anders zu beurteilen, würde jeder Widerspruch gegen eine falsche
Leistungsberechnung bei Weiterbewilligungsbescheiden und gleichbleibenden
Vermögensverhältnissen - hier: Kindergeldgewährung an die Mutter - immer
zugleich auch einen Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X beinhalten. Jedenfalls
nach den konkreten Umständen des vorliegenden Falles ist eine solche
Betrachtungsweise nach den voranstehenden Ausführungen nicht gerechtfertigt.
35 Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.