Urteil des SozG Karlsruhe vom 28.09.2016

wichtiger grund, besondere härte, aufhebungsvertrag, treu und glauben

SG Karlsruhe Urteil vom 28.9.2016, S 17 AL 699/16
Ruhen des Arbeitslosengeldes - Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe - Aufhebungsvertrag - wichtiger
Grund - drohende rechtswidrige verhaltensbedingte Arbeitgeberkündigung - drohende
rechtmäßige außerordentliche Arbeitgeberkündigung - Diebstahl von Eigentum des
Arbeitgebers
Leitsätze
Ein wichtiger Grund gem. § 159 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB III kann darin liegen, wenn der Arbeitgeber mit einer
rechtswidrigen verhaltensbedingten Kündigung droht.
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
1 Zwischen den Beteiligten ist die Rechtsmäßigkeit der Verhängung einer Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe im
Streit.
2 Der am ...1968 geborene Kläger war seit 01.03.2003 als Installateur bei der Firma ... (Arbeitgeber)
beschäftigt.
3 Am 23.12.2013 nahm der Kläger aus dem Lager seines Arbeitgebers ein Etui mit einem Messerset mit. Die
Mutter des Arbeitgebers hatte das Messerset zum Preis von mehr als 600,- EUR erworben. Zuvor hatte der
Arbeitgeber dem Kläger die Entnahme eines Kochtopfsets als Weihnachtsgeschenk für seine Ehefrau erlaubt.
Angesprochen auf ein ebenfalls im Lager befindliches Messerset hatte der Arbeitgeber dem Kläger erklärt,
dieses habe im Lager zu verbleiben.
4 Am 09.01.2014 unterschrieben der Kläger und der Arbeitgeber ein als Aufhebungsvertrag bezeichnetes
Schriftstück.
5 Der Kläger meldete sich am 13.01.2014 bei der Beklagten arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld. Im
Rahmen der Antragstellung gab er an, er werde mit Androhung einer Anzeige wegen angeblichen Diebstahls
dazu gezwungen, einen Aufhebungsvertrag zu unterschreiben.
6 Am 16.01.2016 erklärte der Kläger die Anfechtung des Aufhebungsvertrages wegen widerrechtlicher
Drohung.
7 Ausweislich der Arbeitsbescheinigung vom 21.01.2014 sei das Arbeitsverhältnis durch Aufhebungsvertrag
zum 09.01. gekündigt worden. Der Arbeitgeber hätte das Arbeitsverhältnis wegen vertragswidrigen
Verhaltens ebenfalls zum 09.01.2014 gekündigt.
8 Mit Urteil vom 18.06.2014 (Az. 6 Ca 22/14) wies das Arbeitsgericht Karlsruhe die Klage des Klägers gegen
dem Arbeitgeber als unbegründet zurück. Das Arbeitsverhältnis sei wahlweise durch den Aufhebungsvertrag
vom 09.01.2014 beendet oder sei bereits aufgrund einer außerordentlichen Kündigung vom 09.01.2014
beendet worden. Der Aufhebungsvertrag sei nicht infolge einer Anfechtung des Klägers nichtig geworden.
Eine widerrechtliche Drohung liege nicht vor. Ein vernünftiger Arbeitgeber habe wegen der Mitnahme des
Messersets aus dem Lager des Arbeitgebers ohne Berechtigung sowohl eine Strafanzeige wegen Diebstahls
als auch eine außerordentliche Kündigung in Betracht ziehen dürfen. Eine Versäumung der Ausschlussfrist
des § 626 Abs. 2 BGB sei nicht nachgewiesen.
9 Mit Bescheid vom 24.07.2014 stellte die Beklagte fest, vom 10.01.2014 bis 03.04.2014 sei eine Sperrzeit
bei Arbeitsaufgabe eingetreten. Während dieser Zeit ruhe der Anspruch auf Arbeitslosengeld. Durch
Abschluss des Aufhebungsvertrages habe der Kläger sein Beschäftigungsverhältnis bei seinem Arbeitgeber
selbst gelöst. Ein wichtiger Grund dafür sei nicht zu erkennen. Auch nach Ablauf der Sperrzeit würden keine
Leistungen gezahlt, da der Kläger am 03.03.2014 Arbeit aufgenommen habe.
10 Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch.
11 Am 30.04.2015 schlossen der Kläger und der Arbeitgeber vor dem Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
(Az. 16 Sa 31/14) einen Vergleich, wonach sich die Parteien darüber einig seien, das zwischen ihnen
bestehende Arbeitsverhältnis habe auf arbeitgeberseitige Veranlassung einvernehmlich mit Ablauf des
09.01.2014 geendet. Der Arbeitgeber zahle an den Kläger für den Verlust des Arbeitsplatzes eine Abfindung
in Höhe von 3.000,- EUR brutto.
12 Mit Widerspruchsbescheid vom 26.01.2016 wies die Beklagte den Widerspruch gegen die Sperrzeit bei
Arbeitsaufgabe als unbegründet zurück. Der Widerspruchsführer habe das Beschäftigungsverhältnis bei dem
Arbeitgeber durch seine Zustimmung zum Aufhebungsvertrag einvernehmlich am 09.01.2014 gelöst. Dies
bestätige auch der Ausgang des arbeitsgerichtlichen Klageverfahrens.
13 Mit der hiergegen zum Sozialgericht Karlsruhe am 29.02.2016 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein
Begehren weiter. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, er sei seinerzeit vom Arbeitgeber unter
Druck gesetzt worden. Ihm sei keine andere Möglichkeit verblieben, als den Aufhebungsvertrag zu
unterzeichnen. Nachdem das Verhältnis zwischen den Parteien so zerrüttet gewesen sei und sich
mittlerweile eine anderweitige Lösung seiner beruflichen Situation gefunden habe, habe er am 30.04.2015
einen Vergleich vor dem Landesarbeitsgericht geschlossen. Es habe keinen Aufhebungsvertrag im
Rechtssinne gegeben. Darüber hinaus habe er den Vertrag mit Schreiben vom 16.01.2014 wirksam
angefochten. Zur weiteren Begründung verweist er auf die Schriftsätze seines Bevollmächtigten in den
arbeitsgerichtlichen Prozessen.
14 Der Kläger beantragt,
15 den Bescheid vom 24.07.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.01.2016 aufzuheben.
16 Die Beklagte beantragt,
17 die Klage abzuweisen.
18 Zur Begründung verweist sie auf die Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid. Ergänzend
trägt sie vor, es mache sperrzeitrechtlich im Ergebnis keinen Unterschied, ob eine Beschäftigung wegen
vertragswidrigen Verhaltens durch eine Arbeitgeberkündigung beendet oder ein Aufhebungsvertrag
geschlossen werde, um einer Arbeitgeberkündigung wegen vertragswidrigem Verhaltens zuvorzukommen.
Eine zumindest einvernehmliche Beendigung sei auch im Vergleich vor dem Landesarbeitsgericht bestätigt.
Der vom Arbeitgeber vor dem Arbeitsgericht geschilderte Sachverhalt überzeuge. Die Beklagte habe keine
Zweifel am arbeitsvertragswidrigen Verhalten des Klägers, welches letztendlich zur Beendigung der
Beschäftigung geführt habe. Dem Kläger sei klar gewesen, der Arbeitgeber werde dieses Verhalten nicht
hinnehmen. Die im Hinblick auf die Beschäftigungsdauer eher geringe Abfindung spreche gegen den vom
Kläger geschilderten Sachverhalt.
19 Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungsakte sowie die
beigezogenen arbeitsgerichtlichen Gerichtsakten sowie die Gerichtsakte des Sozialgerichts Bezug
genommen.
Entscheidungsgründe
20 Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Die Festsetzung der Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe ist rechtmäßig
und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Bescheid vom 24.07.2014 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheids vom 26.01.2016 ist rechtlich nicht zu beanstanden.
21 Gemäß § 159 Abs. 1 SGB III ruht der Anspruch für die Dauer einer Sperrzeit, wenn der Arbeitnehmer sich
versicherungswidrig verhalten hat, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben. Versicherungswidriges
Verhalten liegt gemäß § 159 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB III vor, wenn der Arbeitslose das
Beschäftigungsverhältnis gelöst hat und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit
herbeigeführt hat (Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe).
1.
22 Der Kläger hat das unbefristete Arbeitsverhältnis bei seinem Arbeitgeber durch Aufhebungsvertrag vom
09.01.2014 gelöst und ist dadurch beschäftigungslos geworden.
2.
23 Das Herbeiführen der Arbeitslosigkeit geschah auch schuldhaft. Nach ständiger Rechtsprechung (vgl. z.B.
BSG, U.v. 13.8.1986 - 7 RAr 1/86 - juris) ist die Arbeitslosigkeit schuldhaft herbeigeführt, wenn - wie hier -
keine konkrete Aussicht auf einen Anschlussarbeitsplatz bestand.
3.
24 Dem Kläger stand für sein Verhalten auch kein wichtiger Grund zur Seite.
a.
25 Nach ständiger Rechtsprechung des BSG ist das Vorliegen eines wichtigen Grundes unter Berücksichtigung
von Sinn und Zweck der Sperrzeitregelung zu beurteilen. Sie soll die Solidargemeinschaft vor der
Inanspruchnahme durch Leistungsberechtigte schützen, die den Eintritt des versicherten Risikos der
Arbeitslosigkeit selbst herbeigeführt oder zu vertreten haben; eine Sperrzeit soll nur eintreten, wenn einem
Arbeitnehmer unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung seiner Interessen
und der Interessen der Versichertengemeinschaft ein anderes Verhalten zugemutet werden kann. Dabei
genügt es für die Bejahung eines wichtigen Grundes nicht, dass der Arbeitslose annimmt, er habe im
Hinblick auf eine ansonsten drohende rechtmäßige Arbeitgeberkündigung einen wichtigen Grund für den
Abschluss eines Aufhebungsvertrages. Vielmehr muss der wichtige Grund objektiv vorgelegen haben (st.
Rspr., vgl. nur BSGE 66, 94/101 f.; BSG SozR 3-4100 § 119 Nr. 11).
26 Nach der Rechtsprechung des BSG kann sich ein Arbeitnehmer im Falle der Lösung des
Beschäftigungsverhältnisses durch Aufhebungsvertrag auf einen wichtigen Grund berufen, wenn ihm der
Arbeitgeber mit einer objektiv rechtmäßigen Kündigung aus einem von seinem Verhalten unabhängigen
Grund (insbesondere aus betriebsbedingten Gründen) droht und ihm die Hinnahme dieser Kündigung nicht
zuzumuten ist (vgl. BSG, Ue.v. 17.11.2005 - B 11a/11 AL 69/04 R - u.v. 2.9.2004 - B 7 AL 18/04 R - beide
juris). In Einzelfällen kann auf Grund sonstiger Umstände, etwa des Verhaltens des Arbeitgebers, ein
wichtiger Grund auch bei einer (drohenden oder feststehenden, aber noch nicht erfolgten) rechtswidrigen
Kündigung vorliegen (vgl. BSG, Ue.v. 2.9.2004 - B 7 AL 18/04 R - u.v. 17.10.2002 - B 7 AL 136/01 - beide
juris).
27 Vorliegend geht es um eine fristlose verhaltensbedingte Kündigung, die der Arbeitgeber dem Kläger konkret
in Aussicht gestellt hat, und nicht um eine vom Verhalten des Klägers unabhängige Kündigung. Insoweit
kommt allein ein wichtiger Grund wegen des Verhaltens der Arbeitgeberin bei (drohender) rechtswidriger
Kündigung in Betracht (LSG Baden-Württemberg, 21.10.2011 - L 12 AL 2879/09).
b.
28 Soweit der Arbeitgeber mit einer außerordentlichen Kündigung drohte, stellt sich dies als rechtmäßig dar, so
dass ein wichtiger Grund i.S.d. § 159 SGB III nicht vorliegt.
29 Ein Arbeitgeber kann das Arbeitsverhältnis außerordentlich ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen,
wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des
Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des
Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann (§ 626 Abs. 1 BGB).
Dabei ist zunächst zu prüfen, ob ein Sachverhalt vorliegt, der an sich geeignet ist, eine außerordentliche
Kündigung ohne Einhaltung einer Frist zu rechtfertigen. Danach ist in einem weiteren Schritt zu überprüfen,
ob die konkrete Kündigung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der
Interessen beider Vertragsteile gerechtfertigt ist (LSG Baden-Württemberg, U.v. 21.10.2011 – L 12 AL
2879/09 – juris, m.w.N.).
c.
30 Nach diesem Maßstab stellt sich die dem Kläger von dem Arbeitgeber in Aussicht gestellte fristlose
Kündigung wegen seines Verhaltens als rechtmäßig dar.
aa.
31 Vorliegend ist das Verhalten des Klägers als wichtiger Grund nach § 626 Abs. 1 BGB an sich geeignet, das
Arbeitsverhältnis fristlos zu beenden.
32 Der Kläger hat zur Überzeugung der Kammer gegen seine arbeitsvertragliche Pflichten verstoßen. Gemäß §
241 Abs. 2 BGB ist jede Partei des Arbeitsvertrags zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und
Interessen ihres Vertragspartners verpflichtet. Der Arbeitnehmer hat seine Verpflichtungen aus dem
Arbeitsverhältnis so zu erfüllen und die im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehenden Interessen
des Arbeitgebers zu wahren, wie dies von ihm unter Berücksichtigung seiner Stellung und Tätigkeit im
Betrieb, seiner eigenen Interessen und der anderen Arbeitnehmer des Betriebs nach Treu und Glauben
billigerweise verlangt werden kann. Begeht der Arbeitnehmer bei oder im Zusammenhang mit seiner Arbeit
rechtswidrige und vorsätzliche - gegebenenfalls strafbare Handlungen unmittelbar gegen das Vermögen
seines Arbeitgebers, verletzt er zugleich in schwerwiegender Weise seine schuldrechtliche Pflicht zur
Rücksichtnahme und missbraucht das in ihn gesetzte Vertrauen. Ein solches Verhalten kann einen wichtigen
Grund im Sinne von § 626 BGB darstellen (LArbG Rheinland-Pfalz, U.v. 29.5.2015 – 1 Sa 597/14 – juris).
33 Vorliegend hat der Kläger seine Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen
seines ehemaligen Arbeitgebers verletzt, indem er am 23.12.2013 ein Messerset aus dem Lager ohne
Zustimmung des Arbeitgebers und entgegen der zuvor dem Kläger bedeuteten Entscheidung, ihm das Set
nicht zu überlassen, mitgenommen hat. Dazu war der Kläger nicht berechtigt. Die Mitnahme des Messersets
stellt einen rechtswidrigen Gewahrsamsbruch dar. Der Wille des Klägers, mit dem Arbeitgeber zu einem
späteren Zeitpunkt über eine „Verrechnung“ zu reden, berührt weder die Rechtswidrigkeit der Wegnahme,
noch schließt es den Vorsatz hinsichtlich der Wegnahme aus. Vor diesem Hintergrund durfte ein vernünftiger
Arbeitgeber sowohl eine Strafanzeige wegen Diebstahls als auch eine fristlose Kündigung in Erwägung
ziehen (vgl. dazu auch ArbG Karlsruhe, U.v. 18.6.2014 - 6 Ca 22/14).
bb.
34 Eine fristlose Kündigung ist in Anbetracht aller Umstände des vorliegenden Falles und nach Abwägung der
widerstreitenden Interessen auch unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes
gerechtfertigt.
35 Zu Gunsten des Klägers ist die Dauer des Arbeitsverhältnisses von ca. 13 Jahren zu berücksichtigen sowie
ferner dessen Lebensalter. Ungeachtet dieser zu Gunsten des Klägers sprechenden Aspekte überwiegen
allerdings gleichwohl die zu Lasten des Klägers sprechenden Gesichtspunkte. Die Pflichtverletzung des
Klägers wiegt schwer. Bei dem Messerset handelte es sich nicht um eine Sache von nur geringem Wert. Ihm
war die Unrechtmäßigkeit seines Verhaltens voll bewusst. Der Kläger handelte explizit gegen den
ausdrücklich erklärten Willen des Arbeitgebers, der ihm das Messerset nicht überlassen wollte.
cc.
36 Eine vorherige Abmahnung war entbehrlich, da eine grobe Pflichtverletzung Grund der angedrohten
Kündigung war, dem Arbeitnehmer die Rechtswidrigkeit erkennbar und die Hinnahme der groben
Pflichtverletzung durch den Arbeitgeber offensichtlich ausgeschlossen war (vgl. bspw. BAG, U.v. 10.6.2010 -
2 AZR 541/09 - juris). Der Kläger hat bereits am 08.05.2013 eine Arbeitsanweisung des Arbeitgebers
unterschrieben, in der ausdrücklich steht: „Material und Werkzeuge sind Eigentum der XYZ-GmbH oder ...
Bei Bedarf muss die Benutzung im Vorfeld von ... schriftlich genehmigt werden.“
dd.
37 Auch die Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB ist gewahrt (vgl. ArbG Karlsruhe, U.v. 18.6.2014 -
6 Ca 22/14).
ee.
38 Der beim Landesarbeitsgericht Karlsruhe geschlossene Vergleich führt zu keinem anderem Ergebnis: Ein
späteres arbeitsgerichtliches Urteil entfaltet ebenso wie ein arbeitsgerichtlicher Vergleich keine
Bindungswirkung für die sozialrechtliche Fragestellung zum Vorliegen der Voraussetzungen für eine
Sperrzeit. Denn entscheidend sind ausschließlich die tatsächlichen Umstände, die zum Ende der
Beschäftigung geführt haben. Die bloße Umbenennung einer außerordentlichen Kündigung in eine
ordentliche betriebsbedingte Kündigung kann die Herbeiführung der Beschäftigungslosigkeit durch
arbeitsvertragswidriges Verhalten nicht beseitigen (BSG, U.v. 3.6.2004 - B 11 AL 70/03 R - juris; Karmanski,
in: Brand, 7. Aufl., § 159 Rn. 55). Trotz des gerichtlichen Vergleichs hat sich der Kläger - wie oben dargestellt
- arbeitsvertragswidrig verhalten. Gegen die Annahme, ein außerordentlicher Kündigungsgrund habe nicht
bestanden, spricht die im Hinblick auf die Beschäftigungsdauer vergleichsweise vereinbarte geringe
Abfindung. Der Vergleich bestätigt letztlich die einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
4.
39 Die Voraussetzungen für den Eintritt einer Sperrzeit von zwölf Wochen sind somit gegeben. Eine Sperrzeit
von zwölf Wochen bedeutet für den Kläger nach den für den Eintritt der Sperrzeit maßgebenden Tatsachen
auch keine besondere Härte im Sinn des § 159 Abs. 3 Nr. 2b SGB III. Eine besondere Härte liegt vor, wenn
nach den Umständen des Einzelfalles die Regeldauer im Hinblick auf die für den Eintritt der Sperrzeit
maßgebenden Tatsachen objektiv als unverhältnismäßig anzusehen ist (Karmanski, in: Brand, SGB III, 7.
Aufl., § 159, Rn. 159). Derartige, eine besondere Härte begründende Umstände hat der Kläger weder
dargelegt noch sind diese sonst erkennbar.
40 Die Sperrzeit beginnt mit dem Tag nach dem Ereignis, dass die Sperrzeit begründet (§ 159 Abs. 2 Satz 1
SGB III), d.h. am Tage nach dem (rechtlichen) Ende des Beschäftigungsverhältnisses (Karmanski, a.a.O., §
159, Rn. 145), hier also am 10.01.2014.
41 Auch verbleibt es bei der festgestellten Minderung der Anspruchsdauer. Die Dauer des Anspruchs auf
Arbeitslosengeld mindert sich nach § 148 Abs. 1 Nr. 4 SGB III um die Anzahl von Tagen einer Sperrzeit
wegen Arbeitsaufgabe; in Fällen einer Sperrzeit von zwölf Wochen mindestens jedoch um ein Viertel der
Anspruchsdauer, die dem Arbeitslosen bei erstmaliger Erfüllung der Voraussetzungen für den Anspruch auf
Arbeitslosengeld nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, zusteht. Vorliegend betrug die
ursprüngliche Anspruchsdauer 360 Tage. Durch die festgestellte Sperrzeit mindert sich dieser Anspruch um
1/4, mithin um 90 Tage.
42 Im Ergebnis ist die Klage daher umfassend abzuweisen.
5.
43 Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.