Urteil des SozG Karlsruhe vom 21.12.2015

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SG Karlsruhe Beschluß vom 21.12.2015, S 1 SO 4091/15 ER
Sozialgerichtliches Verfahren - einstweiliger Rechtsschutz -
Regelungsanordnung - Rechtsschutzbedürfnis - Vorliegen eines
bestandskräftigen Ablehnungsbescheides - Anordnungsanspruch - Sozialhilfe -
sonstige Hilfen zur Sicherung der Unterkunft - Übernahme von Stromschulden -
Ausschöpfung zumutbarer Selbsthilfemöglichkeiten
Leitsätze
Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ist unzulässig, soweit der
Antragsgegner über den geltend gemachten Anspruch bereits bestandskräftig
ablehnend entschieden hat.
Vor Übernahme von Stromschulden aus Mitteln der Sozialhilfe muss sich der
Hilfesuchende im Rahmen seiner Verpflichtung zur Selbsthilfe sowohl ernsthaft um
Ratenzahlungsvereinbarungen mit dem bisherigen Energieversorger als auch um
einen Vertragsabschluss mit einem anderen Stromanbieter bemühen (vgl. LSG
Nordrhein-Westfalen vom 08.10.2012 - L 12 AS 1442/12 B ER - ).
Tenor
Der Antrag auf vorläufige Gewährung eines Darlehens zur
Tilgung der bei der Energie AG, B., entstandenen
Zahlungsrückstände für Energielieferungen in Höhe von
4.126,38 EUR wird abgelehnt.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Der Antrag auf Gewährung ratenfreier Prozesskostenhilfe für
die Durchführung des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens
und Beiordnung von Rechtsanwältin D., K., als
Prozessbevollmächtigte, wird abgelehnt.
Gründe
I.
1
Die Antragstellerin begehrt im Wege der Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes
die vorläufige darlehensweise Übernahme von Zahlungsrückständen für
Energielieferungen in Höhe von 4.126,38 EUR bei der Energie AG, B..
2
Die 1970 geborene Antragstellerin bezieht von der Deutschen
Rentenversicherung Versichertenrente wegen voller Erwerbsminderung. Der
Antragsgegner gewährt ihr seit dem 01.04.2012 nahezu durchgängig Leistungen
der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach den Bestimmungen
des Vierten Kapitels des Sozialgesetzbuchs - Sozialhilfe - (SGB XII), wie auch
dem am 22.01.2000 geborenen Sohn der Antragstellerin, dem Beigeladenen zu 1.
Zuletzt setzte der Antragsgegner diese Leistungen für die Zeitspanne vom
01.07.2015 bis zum 30.06.2016 auf monatlich 191,29 EUR fest (Bescheid vom
02.07.2015). Der Beigeladene zu 1 bezog vom Jobcenter Landkreis K. ab dem
22.01.2015 bis zum 30.09.2015 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes
nach den Bestimmungen des Sozialgesetzbuchs - Grundsicherung für
Arbeitsuchende - (SGB II; Bescheid vom 12.03.2015). Ob dieser Leistungsbezug
fortbesteht, lässt sich den der Kammer vorliegenden Aktenunterlagen nicht
entnehmen. Nach den Angaben der Antragstellerin ist ein
Weiterbewilligungsantrag für den Beigeladenen zu 1 nicht gestellt.
3
Die Antragstellerin und der Beigeladene zu 1 bewohnen seit dem 01.06.2008 eine
Wohnung im Anwesen K.weg x, W.. Nach den Angaben der Antragstellerin
bestehen insoweit Mietrückstände in Höhe von 5.974,43 EUR (Stand 13.03.2015).
4
Im Juni 2014 wandte sich die Antragstellerin an den Antragsgegner mit der Bitte
um Übernahme von Zahlungsrückständen für Energielieferungen der Energie AG
in Höhe von 3.255,22 EUR. Auf Anfrage des Antragsgegners teilte der
Energieversorger mit, die Zahlungsrückstände für Stromlieferungen seit dem
07.03.2013 beliefen sich per 11.08.2014 auf 3.578,47 EUR. Durch Bescheid vom
14.08.2014 lehnte der Antragsgegner den Antrag auf Übernahme von
Stromkostenrückständen ab. Zugleich wies er die Antragstellerin auf die
Möglichkeit der Einrichtung einer Betreuung für sie hin und empfahl ihr, sich mit
seiner Betreuungsbehörde in Verbindung zu setzen. Dieser Bescheid wurde
bestandskräftig.
5
Am 24.03.2015 vollzog die Energie AG die Stromsperre für die Wohnung der
Antragstellerin und des Beigeladenen zu 1.
6
Am 05.11.2015 stellte die Antragstellerin über ihre rechtliche Betreuerin und
zugleich Prozessbevollmächtigte beim Antragsgegner erneut den Antrag, ihr für
die Übernahme von Energiekostenrückständen ein Darlehen aus Mitteln der
Sozialhilfe zu gewähren. Mit Schreiben vom 12.11.2015 wies der Antragsgegner
die Antragstellerin über ihre Betreuerin und Prozessbevollmächtigte auf den
bestandskräftig gewordenen Ablehnungsbescheid vom 14.08.2014 hin. Soweit die
Antragstellerin beabsichtige, für die Zeit ab September 2014 ein Darlehen für
weiter aufgelaufene Stromrückstände zu beantragen, fehle es an einem Nachweis
über die seither konkret aufgelaufenen Stromrückstände. Überdies könne sie
prinzipiell ein Darlehen wegen Energiekostenrückständen nur gewähren, wenn
damit zugleich der Wohnraum sichergestellt sei und eine realistische
Rückzahlungsperspektive vorliege. Da neben den Stromschulden
zwischenzeitlich auch Mietschulden in Höhe von rund 6.000,00 EUR bestünden,
sei allein die Gewährung eines Darlehens wegen der rückständigen
Energiekosten nicht geeignet, die Unterkunft dauerhaft zu sichern. Dem
beantragten Darlehen könne er deshalb mit großer Wahrscheinlichkeit nicht
entsprechen.
7
Mit ihren am 14.12.2015 beim erkennenden Gericht eingegangenen Antrag vom
11.12.2015 begehrt die Antragstellerin im Wege der Gewährung einstweiligen
Rechtsschutzes die Verpflichtung des Antragsgegners zur Übernahme der
Stromschulden, hilfsweise zur Gewährung eines Darlehens im Umfang der
bestehenden Stromschulden.
8
Zugleich mit der Antragsschrift hat sie beantragt, ihr ratenfreie Prozesskostenhilfe
unter Beiordnung von Rechtsanwältin D. als Prozessbevollmächtigte zu
gewähren.
9
Der Antragsgegner ist dem Antrag entgegengetreten.
10 Die Kammer hat durch Beschluss vom 21.12.2015 den Sohn der Antragstellerin
und das Jobcenter Landkreis K. zum Verfahren beigeladen.
11 Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten
wird auf den Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakte des Antragsgegners sowie
den der Prozessakte Bezug genommen.
II.
12 Der am 14.12.2015 beim erkennenden Gericht eingegangene Antrag auf
Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes hat keinen Erfolg.
13
1.
Rechtsgrundlage für das Begehren der Antragstellerin im Verfahren des
einstweiligen Rechtsschutzes ist § 86 b Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes
(SGG). Danach kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall von § 86 b
Abs. 1 SGG vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den
Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung
des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers
vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind
gemäß Satz 2 der genannten Bestimmung auch zur Regelung eines vorläufigen
Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche
Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Der Antrag ist
schon vor Klageerhebung zulässig (§ 86 b Abs. 3 SGG).
14 Vorliegend kommt, da es ersichtlich um die Regelung eines vorläufigen Zustandes
geht, nur eine Regelungsanordnung nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht.
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt zunächst die Statthaftigkeit und
Zulässigkeit des Antrags (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage
2014, § 86 b, Rn. 26 ff.), und des Weiteren auf der Begründetheitsebene die -
summarische (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 86 b, Rn. 16 c und 36;
Binder in Hk-SGG, 4. Aufl. 2012, § 86 b Rn. 41) - Prüfung der Erfolgsaussichten in
der Hauptsache im Sinne eines materiell-rechtlichen Anspruchs, ferner die
Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung im Sinne einer
besonderen Eilbedürftigkeit (vgl. Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, §
123, Rn. 64, 73 ff. und 80 ff.; Kopp/Schenke, VwGO, 21. Auflage 2015, § 123, Rn.
23 ff.). Die Erfolgsaussichten des Hauptsacherechtsbehelfs
(Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen
Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 Satz 4
SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung), wobei mit Blick auf das
verfassungsrechtliche Gebot der Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19
Abs. 4 des Grundgesetzes) und die Ausgestaltung des Eilverfahrens die
diesbezüglichen Anforderungen umso niedriger sind, je schwerer die mit der
Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere
auch mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (vgl. BVerfG, NJW 1997,
479, 480 f.; NJW 2003, 1236 f und NVwZ 2005, 927 ff. sowie SuP 2009, 235).
Deshalb ist in den Fällen, in denen es um existenziell bedeutsame Leistungen für
den Antragsteller geht, den Gerichten eine lediglich summarische Prüfung der
Sach- und Rechtslage grundsätzlich verwehrt; vielmehr müssen die Gerichte unter
diesen Voraussetzungen die Sach- und Rechtslage abschließend prüfen. Ist dem
Gericht in einem solchen Fall eine vollständige Aufklärung der Sach- und
Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu
entscheiden (vgl. BVerfG, NVwZ 2005, 927, 928; vom 06.02.2007 - 1 BvR 3101/06
- und BVerfG, SuP 2009, 235 sowie Bay. LSG vom 06.03.2009 - L 17 U
167/08 ER - ). Dies gilt indes nicht, wenn die Aufklärung des Sachverhalts
an der fehlenden Mitwirkung des Antragstellers scheitert (vgl. Hess. LSG vom
08.08.2008 - L 7 AS 149/08 B ER - ).
15 Um einen Anordnungsgrund im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes
glaubhaft zu machen, hat der Antragsteller nachvollziehbar darzulegen, welche
Nachteile zu erwarten sind, wenn er auf den Ausgang des Hauptsacheverfahrens
verwiesen wird.
16
2.
In Anwendung dieser Rechtsgrundsätze ist hier ein Anspruch der Antragstellerin
gegen den Antragsgegner auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes insgesamt
nicht gegeben.
17
a)
Der Antrag ist, soweit er die Zeit bis zum 14.08.2014 betrifft, bereits unzulässig.
Denn insoweit fehlt es an einem Rechtsschutzbedürfnis für ein Tätigwerden des
Gerichts, weil der Antragsgegner über ein entsprechendes Begehren der
Antragstellerin, bereits durch den - bestandskräftig gewordenen - Bescheid vom
14.08.2014 entschieden hat (vgl. LSG für das Saarland vom 11.08.2005 - L 9 B
4/05 AS -, Rn. 24 sowie LSG Berlin-Brandenburg vom 23.09.2011 - L 14 AS
1533/11 B ER -, Rn. 8 ff. ). Wenn die Antragstellerin am 05.11.2015
sodann erneut einen Antrag an den Antragsgegner wegen Gewährung eines
Darlehens wegen der Stromschulden gestellt hat, umfasste dieses Begehren auch
den bereits durch Bescheid vom 14.08.2014 abschlägig beschiedenen Teil. Mit
dem hier anhängigen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung kann die
Antragstellerin zulässigerweise aber nur noch den Betrag in Streit stellen, der von
der Bestandskraft des Bescheides vom 14.08.2014 nicht umfasst ist.
18
b)
Weiter dürfte es an einem Rechtsschutzbedürfnis für ein Tätigwerden des
Gerichts im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vorliegend auch deshalb
fehlen, weil der Antragsgegner über das entsprechende Begehren der
Antragstellerin vom 05.11.2015 noch nicht förmlich durch Bescheid entschieden
hat (vgl. LSG Baden-Württemberg vom 03.01.2008 - L 8 AS 5486/07 ER-B - sowie
Beschlüsse des erkennenden Gerichts vom 10.11.2014 - S 1 U 3704/14 ER -
und vom 05.02.2015 - S 1 SO 243/15 ER - und vom 28.10.2015 - S
1 SO 3369/15 ER - , ferner Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
a.a.O., § 86 b Rn. 26 b m.w.N.).
19
3.
Ungeachtet dessen hat die Antragstellerin einen Anordnungsanspruch nicht
hinreichend glaubhaft gemacht.
20 Nach § 36 Abs. 1 Satz 1 SGB XII können Schulden nur übernommen werden,
wenn dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren
Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen nach Satz 2 der genannten Bestimmung
übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst
Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Geldleistungen können als Beihilfe oder als
Darlehen erbracht werden (§ 36 Abs. 1 Satz 3 SGB XII). Eine drohende oder - wie
hier - bereits erfolgte Stromsperre erfüllt grundsätzlich die tatbestandlichen
Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 Satz 2 SGB XII. Denn eine bereits erfolgte
Sperrung der Energiezufuhr aufgrund von Energiekostenrückständen ist als eine
dem drohenden Verlust der Wohnung vergleichbare Notlage anzusehen, weil die
Versorgung mit Energie nach den heutigen Lebensverhältnissen in Deutschland
zum sozialhilferechtlich anerkannten Mindeststandard gehört (vgl. LSG Baden-
Württemberg, FEVS 63, 63 ff., Rn. 38 m.w.N.; LSG Sachsen-Anhalt vom
13.03.2012 - L 2 AS 477/11 B ER -, Rn. 26 und Schneider in
Schellhorn/Hohm/Schneider, SGB II, 19. Auflage 2015, § 36, Rn. 5) und sich die
Nutzung von Haushaltsenergie unmittelbar auf die Wohnsituation einer Einstands-
bzw. Bedarfsgemeinschaft auswirkt (vgl. LSG Mecklenburg-Vorpommern vom
29.09.2011 - L 8 B 509/09 ER, Rn. 40 m.w.N. ). Die Antragstellerin und ihr
Sohn sind für die Bewohnbarkeit ihrer Wohnung und den Betrieb der Heizung
auch auf Strom angewiesen. Dies ist vorliegend nicht dadurch in Frage gestellt,
dass sie bereits über einen längeren Zeitraum, nämlich seit dem Vollzug der
Stromsperre am 24.03.2015, ohne Strom ausgekommen sind.
21 Bei den bei der Energie AG aufgelaufenen Rückständen der Antragstellerin
handelt es sich um Schulden im Sinne von § 36 Abs. 1 SGB XII und nicht um
laufende Leistungen, weil der Antragsgegner diesen Bedarf im Rahmen der
Gewährung von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei
Erwerbsminderung im Rahmen des jeweiligen Regelsatzes, der auch die
Haushaltsenergie umfasst (§ 27 a Abs. 1 Satz 1 SGB XII), bereits gedeckt hat.
22 Die Übernahme der Energiekostenrückstände, sei es als Beihilfe, sei es als
Darlehen, ist indes nicht im Sinne von § 36 Abs. 1 Satz 2 SGB XII gerechtfertigt.
Die Rechtfertigung umfasst neben der objektiven Geeignetheit der
Schuldenübernahme zur (dauerhaften) Sicherung der Energieversorgung auch
die Prüfung, ob zumutbare Selbsthilfemöglichkeiten ausgeschöpft sind (vgl. LSG
Nordrhein-Westfalen vom 08.10.2012 - L 12 AS 1442/12 B ER -, Rn. 20 ).
Vor dem Hintergrund der Regelung in § 2 Abs. 1 SGB XII, demzufolge Sozialhilfe
nicht erhält, wer sich vor allem durch den Einsatz seiner Arbeitskraft, seines
Einkommens und seines Vermögens selbst helfen kann oder wer die erforderliche
Leistung von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer
Sozialleistungen erhält - dieser Nachranggrundsatz ist für Leistungen der
Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel
SGB XII in § 19 Abs. 2 SGB XII nochmals explizit ausformuliert -, sind zunächst
sämtliche zur Verfügung stehenden Mittel und Möglichkeiten einzusetzen, bevor
öffentliche Leistungen - wie hier die Gewährung einer Beihilfe oder eines
Darlehens zur Schuldentilgung - in Anspruch genommen werden dürfen. Dies
muss in besonderem Maße für die Übernahme rückständiger Energiekosten
gelten, da der Leistungsträger sonst zum „Ausfallbürgen der
Energieversorgungsunternehmen“ würde (vgl. Hammel, Info also 2011, 251, 253
m.w.N.). Das Risiko des Energieversorgers, die von ihm an seinen Kunden
erbrachten Leistungen auch abgegolten zu erhalten, muss Regulierungen
zunächst weitgehend in dem zugrundeliegenden rein zivilrechtlichen
Rechtsverhältnis unterliegen, bevor ein etwaiger Einstand des
Sozialleistungsträgers und damit eine Risikoüberleitung auf den Steuerzahler in
Betracht kommen kann. Dementsprechend hat der Empfänger von Leistungen
nach dem SGB XII sich sowohl ernsthaft um Ratenzahlungsvereinbarungen mit
dem bisherigen Energieversorger als auch um einen Vertragsabschluss mit einem
anderen Stromanbieter zu bemühen (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen vom
08.10.2012 - L 12 AS 1442/12 B ER -, Rn. 20 m.w.N.).
23 Vorliegend hat sich die Antragstellerin zwar vor dem Amtsgericht K. (6 C 3770/15)
vergeblich bemüht, den bisherigen Energieversorger im Wege einstweiliger
Verfügung zu verpflichten, trotz Nichterfüllung ihrer Zahlungsverpflichtungen die
Grundversorgung wieder aufzunehmen (vgl. Urteil vom 04.12.2015). Es ist indes
weder vorgetragen noch aufgrund des Ergebnisses des vorliegenden Verfahrens
ersichtlich, dass sie sich konkret bemüht hat, einen anderen Stromanbieter zu
finden. Nach der Liberalisierung auch des Strommarktes können Kunden
grundsätzlich den Anbieter wechseln, ohne dass der bisherige Grundversorger die
Möglichkeit hätte, wegen noch bestehender Schulden die Durchleitung zu
verhindern (vgl. LSG Baden-Württemberg, FEVS 63, 63 ff., Rn. 38 sowie Gotzen,
Übernahme von Energiekostenrückständen nach § 34 SGB XII, ZfF 2007, 248,
250). Ein Wechsel des Stromanbieters ist auch bei bestehenden Schulden
objektiv möglich (vgl. im Internet unter http://www.stromanbieter-
test.de/stromanbieter-wechseln-trotz-schulden-bei-schulden-stromschulden.htm).
Ob ein derartiger Neuvertrag eventuell daran scheitert, dass die Antragstellerin
entsprechend ihrem Vorbringen im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes
am 20.07.2015 beim Amtsgericht K. einen Antrag auf Verbraucherinsolvenz
eingereicht hat (G1 IK 637/15), ist mangels konkreter Bemühungen der
Antragstellerin lediglich reine Spekulation.
24
4.
Vor diesem Hintergrund war dem Antrag auf Gewährung einstweiligen
Rechtsschutzes nicht stattzugeben.
25 Die Kostenentscheidung beruht auf einer analogen Anwendung der §§ 183, 193
Abs. 1 und 4 SGG.
26
5.
Ebenso war der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung
von Rechtsanwältin D., K., als Prozessbevollmächtigte für das Verfahren des
einstweiligen Rechtsschutzes abzulehnen, weil das Begehren der Antragstellerin
keine - wie erforderlich (§ 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO)
- hinreichende Erfolgsaussichten bietet.