Urteil des SozG Karlsruhe vom 14.08.2015

stationäre behandlung, freiwillige versicherung, juristische person, nothilfe

SG Karlsruhe Urteil vom 14.8.2015, S 1 SO 215/15
Sozialhilfe - Nothilfe - Erstattungsanspruch eines Krankenhausträgers wegen
stationärer Krankenhausbehandlung - örtliche Zuständigkeit - Bedürftigkeit des
Nothilfeempfängers - Unaufklärbarkeit - Beweislast
Leitsätze
Kein Anspruch des Nothelfers auf Kostenerstattung für medizinische Behandlung aus
Sozialhilfemitteln bei nicht feststellbarer Bedürftigkeit.
Keine Haftung des Trägers der Sozialhilfe als Ausfallbürge bei ungeklärter
Bedürftigkeit.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
1 Die Klägerin macht gegen die Beklagte einen Anspruch auf Übernahme von
Kosten in Höhe von 3.168,19 EUR für die stationäre Behandlung der am … 1993
geborenen rumänischen Staatsangehörigen B. L. C. (im Folgenden C.) in der Zeit
vom 28.06. bis zum 02.07.2014 im Wege der Nothilfe aus Mitteln der Sozialhilfe
geltend.
2 C. zog am 17.04.2014 von O./Nordrhein-Westfalen in eine Wohnung im Anwesen
E.-R.-Straße 6 (so die Angabe in der Auskunft des Einwohnermeldeamts) oder 8
(so die Angabe der C. selbst), K.. Am 28.06.2014, einem Samstag, wurde sie um
21:38 Uhr wegen Hämoptysen (= Bluthusten) in der Medizinischen Klinik II des von
der Klägerin betriebenen Krankenhauses stationär aufgenommen. Im Rahmen des
Aufnahmegespräches gab C. u. a. an, sie halte sich seit etwa zwei Wochen zu
Besuch in Deutschland auf und sei weder in Rumänien noch in Deutschland
krankenversichert. Weder sie noch ihre Angehörigen könnten deshalb die
Krankenhauskosten zahlen. Zugleich stellte sie Antrag auf Gewährung von
Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende -
(SGB II) und dem Sozialgesetzbuch - Sozialhilfe - (SGB XII). Die Entlassung der
Klägerin aus der stationären Behandlung erfolgte am 02.07.2014 unter der
Hauptdiagnose einer gesicherten Lungentuberkulose. Für die stationäre
Behandlung fielen Kosten in Höhe von 3.168,19 EUR an.
3 Am 30.06.2014 (Montag) zeigte die Klägerin der Beklagten an, sie habe C. am
28.06.2014 notfallmäßig in ihre Isolierstation aufgenommen. Zugleich bat sie um
Übernahme der anfallenden Krankenhauskosten für die Dauer der medizinisch
notwendigen Behandlungszeit. In der Folge lehnten das Jobcenter Stadt K. den
Antrag der C. auf Leistungen nach dem SGB II (Bescheid vom 17.07.2014) und die
AOK K. eine Versicherungspflicht oder freiwillige Versicherung der C. ab (Bescheid
vom 04.11.2014). Die rumänische Sozialversicherung teilte der Klägerin am
05.07.2014 mit, C. sei dort nicht krankenversichert. Versuche der Beklagten, mit C.
telefonisch und brieflich Kontakt aufzunehmen und deren persönliche und
wirtschaftliche Verhältnisse zu klären, blieben erfolglos. Daraufhin lehnte die
Beklagte den Antrag der Klägerin mit der Begründung ab, Voraussetzung für eine
Kostenerstattung an den Nothelfer sei eine Leistungsberechtigung der in Not
geratenen Person nach dem SGB XII; sie habe für die Zeit der stationären
Behandlung der C. jedoch deren persönliche und wirtschaftliche Verhältnisse und
damit eine Bedürftigkeit nicht ausreichend ermitteln können (Bescheid vom
20.10.2014, Widerspruchsbescheid vom 22.12.2014).
4 Deswegen hat die Klägerin am 20.01.2015 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe
erhoben, mit der sie ihr Begehren weiter verfolgt. Zur Begründung trägt sie im
Wesentlichen vor, im Fall der C. habe ein Eilfall im sozialhilferechtlichen Sinne
vorgelegen. Sie habe die Patientin wegen Bluthustens stationär aufgenommen. Da
von einem größeren Blutverlust auszugehen gewesen sei, habe Lebensgefahr
bzw. die Möglichkeit des Eintritts eines lebensgefährlichen Zustands bestanden.
Sie habe die Beklagte wegen deren fehlender Dienstbereitschaft am Aufnahmetag
erst am darauffolgenden Montag informieren können. C. sei auch bedürftig
gewesen, da weder ein vorrangig Verpflichteter vorhanden sei noch eine
Krankenversicherung in Deutschland oder Rumänien bestehe. Gleiches gelte für
eventuell vorrangige Leistungsansprüche nach dem SGB II. C. habe überdies zum
Zeitpunkt der Notfallbehandlung angegeben, über keinerlei Einkünfte oder
Vermögen zu verfügen. Die Beklagte habe die von ihr von Amts wegen
durchzuführenden Ermittlungen zu den persönlichen und wirtschaftlichen
Verhältnissen der C. verzögert und nur ungenügend durchgeführt. Dies dürfe nicht
zu ihren - der Klägerin - Lasten ausfallen. Jedenfalls unter Berücksichtigung eines
sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs sei die Beklagte zur Kostenübernahme
verpflichtet. Bei unmittelbarer Kenntnis über die Notfallbehandlung bereits am
28.06.2014 hätte die Beklagte Hilfe bei Krankheit nach den Bestimmungen des
SGB XII gegenüber C. erbracht.
5 Das Gericht hat zu Beweiszwecken Auskünfte des Jobcenters O. und der Stadt O.
eingeholt, die einen Leistungsbezug der C. dort nach dem SGB II und dem SGB
XII verneint haben.
6 Die Klägerin beantragt,
7
den Bescheid vom 20. Oktober 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 22. Dezember 2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr die
Kosten für die stationäre Behandlung der C. im Zeitraum vom 28. Juni 2014 bis
zum 2. Juli 2014 in Höhe von 3.168,19 EUR zu erstatten.
8 Die Beklagte beantragt,
9
die Klage abzuweisen.
10 Sie erachtet die angefochtenen Bescheide für zutreffend.
11 Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten
wird auf den Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakte der Beklagten sowie den der
Prozessakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
12 Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1
und Abs. 4 i. V. m. § 56 des Sozialgerichtsgesetzes ) zulässig, aber
unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die
Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Der Klägerin steht gegen
die Beklagte kein Anspruch auf Erstattung der Kosten für die stationäre
Behandlung der C. in der Zeit vom 28.06. bis zum 02.07.2014 zu.
13 1. Rechtsgrundlage des geltend gemachten Erstattungsanspruchs ist § 25 SGB
XII. Nach Satz 1 dieser Bestimmung sind demjenigen, der in einem Einzelfall
einem anderen Leistungen erbracht hat, die bei rechtzeitigem Einsetzen der
Sozialhilfe nicht zu erbringen gewesen wären, die Aufwendungen in gebotenem
Umfang zu erstatten, wenn er sie nicht aufgrund rechtlicher oder sittlicher Pflicht
selbst zu tragen hätte. § 25 Satz 1 SGB XII bezweckt die Hilfebereitschaft Dritter im
Interesse in Not geratener Menschen zu erhalten und zu stärken und Hilfe in Fällen
sicher zu stellen, in denen Leistungen des Sozialhilfeträgers zu spät kämen oder
wegen Zeitablaufs ins Leere gingen (vgl. BVerwGE 91, 245, 248 und BVerwGE
114, 326, 332, ferner BSG SozR 4-3500, § 25 Nr. 11 und BSG SozR 4-5910 § 121
Nr. 1). Darüber hinaus sollen mit der Erstattungspflicht diejenigen Träger der
Sozialhilfe belastet werden, die ohne Eingreifen des Nothelfers die Kosten der
erbrachten Leistung zu tragen gehabt hätten (vgl. BVerwGE 135, 150 ff).
14 2. Die Klägerin als juristische Person des Privatrechts (§ 13 Abs. 1 des GmbH-
Gesetzes) kann Anspruchsberechtigte im Sinne des § 25 Satz 1 SGB XII sein. Sie
hat auch in einem nach dieser Bestimmung vorausgesetzten Eilfall Leistungen
erbracht. Dies ergibt sich allerdings nicht allein daraus, dass aus medizinischer
Sicht eine Notfallsituation eingetreten war und die Klägerin C. wegen einer evtl.
potenziell lebensbedrohenden Erkrankung (Hämoptysen) durch die bei ihr
angestellten oder beschäftigten Ärzte und durch ihre Einrichtungen eines
Krankenhauses die medizinisch notwendige Akuthilfe geleistet hat. Denn weitere
Voraussetzung für die Annahme eines Eilfalls ist, dass nach Lage der Dinge eine
rechtzeitige Hilfe des Sozialhilfeträgers objektiv nicht zu erreichen war (vgl.
BVerwGE 114, 298; LSG Hamburg vom 21.0.2012 - L 4 AY 4/11 - und LSG
Nordrhein-Westfalen vom 28.01.2013 - L 20 SO 554/11 - ). Diese
Voraussetzung ist vorliegend indes unstreitig und unzweifelhaft erfüllt. Denn zum
Zeitpunkt des Beginns der Hilfegewährung am 28.06.2014 um 21:38 Uhr war die
Beklagte schon wegen ihrer fehlenden Dienstbereitschaft nicht von der Notlage zu
unterrichten, damit sie bei einer Leistungsverpflichtung selbst rechtzeitig Hilfe
gewähren konnte.
15 Die Beklagte ist für die geltend gemachte Erstattungsforderung passiv legitimiert.
Denn bezogen auf den maßgebenden Zeitpunkt des Beginns der Notfallhilfe am
Samstag, dem 28.06.2014, war sie der sachlich (§ 97 Abs. 1 SGB XII) und örtlich
(§ 98 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 Satz 3, 4. Alternative SGB XII) zuständige
Sozialhilfeträger. Nach § 98 Abs. 2 Satz 3, 4. Alternative SGB XII hat in einem
Eilfall der Träger der Sozialhilfe, in dessen Bereich sich der Leistungsberechtigte
tatsächlich aufhält, unverzüglich über die Hilfe zu entscheiden und sie vorläufig zu
erbringen.
16 3. Der streitige Kostenerstattungsanspruch scheitert vorliegend aber daran, dass
nicht zur Überzeugung der Kammer erwiesen ist, dass die Beklagte als örtlicher
Träger der Sozialhilfe bei rechtzeitiger Kenntnis des Hilfefalls für die Zeit der
Nothilfe Sozialhilfe - hier: Hilfe bei Krankheit gem. § 48 SGB XII - hätte gewähren
müssen, mithin zur Leistung verpflichtet gewesen wäre. Dies setzt voraus, dass
der Empfänger der Nothilfe - hier: C. - im Zeitpunkt der Nothilfe alle
Anspruchsvoraussetzungen für die konkrete Sozialhilfeleistung, die zu erbringen
gewesen wäre, erfüllte, was u.a. dessen Hilfebedürftigkeit (vgl. BVerwG vom
30.12.1996 - 5 B 202/95 -, Randnr. 2 und Waldhorst-Kahnau in jurisPK-
SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 25, Randnr. 36) und das Fehlen von
Leistungsausschlüssen voraussetzt. Denn nach § 2 Abs. 1 SGB XII erhält
Sozialhilfe nicht, wer sich vor allem durch Einsatz u. a. seines Einkommens und
seines Vermögens selbst helfen kann oder die erforderliche Leistung von anderen,
insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.
17 Aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens steht zwar fest, dass eine
vorrangige Hilfegewährung durch andere Sozialleistungsträger, insbesondere
einer in- oder ausländischen Krankenversicherung, ausgeschlossen waren. Denn
nach bundesdeutschen Rechtsvorschriften schied eine Pflicht- oder freiwillige
Versicherung der C. in der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 5 Abs. 1 Nr. 13
und § 9 des Sozialgesetzbuchs - Gesetzliche Krankenversicherung -)
aus, wie sich aus dem Ablehnungsbescheid der AOK K. vom 04.11.2014 ergibt. C.
war auch nicht von der rumänischen Sozialversicherung erfasst, ungeachtet
dessen, dass ein Anspruch des Empfängers der Nothilfe gegen einen
ausländischen Krankenhausträger den Nachrang nach § 2 Abs. 1 SGB XII von
vornherein nicht eingreifen lässt, weil bei Bestehen einer solchen Versicherung im
Regelfall kein Sachleistungs-, sondern lediglich ein Kostenerstattungsanspruch
gegeben ist, der zudem erst noch durchgesetzt werden müsste (vgl. BSG vom
18.11.2014 - B 8 SO 9/13 R -, Randnr. 23 ). Auch im Übrigen haben die
Versuche der Beklagten, mit C. telefonisch oder brieflich Kontakt aufzunehmen, um
deren Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu klären, keinen Erfolg gehabt.
Damit bleibt die Hilfebedürftigkeit der C. letztlich offen. Nachdem C. unter der der
Beklagten zugänglich gemachten Anschriften E.-R.-Straße 6 oder E.-R.-Straße 8
postalisch nicht zu erreichen war, ist davon auszugehen, dass sie in ihr
Heimatland zurückgekehrt ist, denn ihren Angaben gegenüber der Klägerin zufolge
hielt sie sich lediglich besuchsweise im Bundesgebiet auf. Nach den vom Gericht
eingeholten Auskünften des Jobcenters O. und der Stadt O., aus deren
Zuständigkeitsbereich C. im April 2014 nach K. verzogen ist, hat sie auch dort
keine Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII bezogen. Weitere
Ermittlungsmöglichkeiten sind für das Gericht nicht ersichtlich. Insbesondere
versprechen eventuelle Anfragen zu ihren Einkommens- und
Vermögensverhältnissen an die in ihrem Personaldokument angegebene Anschrift
der C. keinen weiteren Ermittlungserfolg, nachdem C. offenbar bereits auf die
dorthin adressierte Rechnung der Klägerin vom 07.07.2014 nicht reagiert hat.
18 Ist deshalb auch im Wege der Amtsermittlung nicht zu klären, ob
Sozialhilfebedürftigkeit der C. am 28.06.2014 vorlag und steht deshalb nicht fest,
dass die Beklagte bei rechtzeitiger Kenntnis Hilfe nach den Bestimmungen des
SGB XII zu gewähren gehabt hätte, trägt die Beklagte die materielle Beweislast
dafür, dass die Anspruchsvoraussetzungen nach § 25 Satz 1 SGB XII vorlagen,
mithin Hilfebedürftigkeit bestand (vgl. BSG SozR 4-5910 § 121 Nr. 1, Randnr. 24
und BSG vom 18.11.2014 - B 8 SO 9/13 R -, Randnr. 17 ; BVerwGE 45,
131, 133; LSG Berlin-Brandenburg, FEVS 59, 475 ff; LSG Sachsen-Anhalt FEVS
62, 559 ff und OVG Münster FEVS 48, 272 sowie Hohm in
Schellhorn/Hohm/Schneider, SGB XII, 19. Aufl. 2015, § 25 Randnr. 14). Dies gilt
nach insoweit geklärter höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. BVerwGE 45,
131, 132; BVerwG vom 30.12.1996 - 5 B 202/95 -, Randnr. 5 und LSG
Berlin-Brandenburg, a.a.O.) selbst dann, wenn die Beklagte die gemäß § 20 des
Sozialgesetzbuchs - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X)
gebotene Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts nicht
ausreichend oder nur oberflächlich durchgeführt oder verspätet aufgenommen hat.
Diese Risikoverteilung folgt aus den allgemeinen Beweislastregelungen, denn die
Verpflichtung der Klägerin zur Leistung der im Einzelfall notwendigen Hilfe durch
die Einrichtung eines Krankenhauses ist stets mit dem Risiko behaftet, auf den
dafür notwendigen Aufwendungen „sitzen zu bleiben“. Dies führt jedoch nicht dazu,
der Beklagten als Träger der Sozialhilfe das Risiko nicht festgestellter
Hilfebedürftigkeit desjenigen aufzubürden, demgegenüber die Klägerin eine
Soforthilfe erbracht hat. Denn letztlich trägt diese immer das Risiko, dass ihre
Leistungen nicht vergütet werden. Die allgemeine Beweislastregelung ist auch
keine Ungleichbehandlung des Nothelfers. Denn die einen Nothelfer treffende
Hilfepflicht wird ihm nicht vom Sozialhilfeträger auferlegt, sondern trifft ihn wegen
der strafrechtlichen Sanktionen (§ 323c des Strafgesetzbuchs ) und die
Klägerin als Krankenhausträger und ihr ärztliches Personal zudem aus berufs- und
zulassungsrechtlichen Gründen.Der Gesetzgeber hat mit § 25 Satz 1 SGB XII
schließlich keine Haftung des Trägers der Sozialhilfe als Ausfallbürge normiert (vgl.
BSG SozR 4-5910 § 121 Nr. 1, Randnr. 20; BVerwGE 114, 298, 300 und LSG
Berlin-Brandenburg, FEVS 59, 475).
19 Nicht ausreichend für einen Anspruch nach § 25 Satz 1 SGB XII gegen die
Beklagte ist deshalb, dass dem Nothelfer kein anderer Schuldner zur Verfügung
steht. Der Erstattungsanspruch setzt vielmehr nach dem eindeutigen
Gesetzeswortlaut die Leistungspflicht des Trägers der Sozialhilfe voraus. Nur bei
rechtzeitiger Kenntnis des Hilfefalls und Leistungsverpflichtung soll der Träger der
Sozialhilfe nicht von der geleisteten Nothilfe profitieren.
20 Damit ist ein Kostenerstattungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte aus § 25
Satz 1 SGB XII nicht gegeben.
21 4. Ein solcher ergibt sich auch nicht mit Blick auf den von der Klägerin geltend
gemachten sozialrechtlichen Herstellungsanspruch wegen unzureichender oder
verspätet eingeleiteter Sachaufklärung hinsichtlich der persönlichen und
wirtschaftlichen Verhältnisse der C. Denn eine Umkehr der materiellen Beweislast
für das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen nach § 25 Satz 1 SGB XII in
Bezug auf die Hilfebedürftigkeit des Nothilfeempfängers tritt selbst dann nicht ein,
wenn die Behörde den Sachverhalt nur unzureichend ermittelt hat (vgl. nochmals
LSG Berlin-Brandenburg FEVS 59, 475). Eine solche Beweislastumkehr lässt sich
- ungeachtet der Voraussetzungen des richterrechtlichen Rechtsinstituts des
sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs (vgl. hierzu Mrozynski, SGB I, 5. Aufl.
2014, § 14, Randnr. 25 ff) - auch über diesen nicht konstruieren.
22 5. Aus eben diesen Gründen sind die angefochtenen Bescheide rechtmäßig und
musste das Begehren der Klägerin erfolglos bleiben.
23 Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 Abs. 1 und 4 SGG (vgl. hierzu
BSG SozR 4-1500, § 183 Nr. 7 und BSG SozR 4-3500, § 25 Nrn. 2 und 3).