Urteil des SozG Hildesheim vom 28.01.2010

SozG Hildesheim: im bewusstsein, täuschung, zugehörigkeit, leistungsanspruch, aufenthaltserlaubnis, ausschluss, kosovo, beeinflussung, ausnahme, bundesamt

Sozialgericht Hildesheim
Urteil vom 28.01.2010 (rechtskräftig)
Sozialgericht Hildesheim S 40 AY 172/08
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Leistungsgewährung nach dem Asylbewerberleistungs-gesetz (AsylbLG) für den
Zeitraum Juni und Juli 2008 im Streit.
Die 1969 geborene Klägerin zu 1 ist kosovarische Staatsangehörige und die Mutter des 1997 in Deutschland
geborenen Klägers zu 2. Sie reiste nach eigenen Angaben 1988 erstmals illegal in das Bundesgebiet ein und stellte
1994 einen Asylantrag, wobei sie an-gab, albanische Volkszugehörige zu sein. Ihr Asylantrag wurde mit Bescheid
vom 1. Au-gust 1994 als offensichtlich unbegründet abgelehnt; in der Begründung der Entscheidung führte das
Bundesamt aus, dass es sich bei der Klägerin zu 1 vermutlich um eine Ange-hörige der Volksgruppe der Roma
handele. In der Folgezeit wurde sie zunächst geduldet, da von der tatsächlichen Unmöglichkeit von Abschiebungen
albanischer Volkszugehöri-ger nach Jugoslawien ausgegangen wurde. Eine im März 1998 eingeleitete Rückfüh-
rungsmaßnahme wurde letztlich nicht durchgeführt.
Nach Einreise in das Bundesgebiet bekam die Klägerin zu 1 mit ihrem damaligen Le-bensgefährten, Herrn J., 1990
und 1991 ihre ersten Kinder. Ihr Lebensgefährte verbüßte sodann von 1993 bis 1998 eine Haftstrafe. Im November
1994 wurde er ausgewiesen, 2002 und 2007 abgeschoben.
Am 22. November 1999 stellten die Kläger Asyl- bzw. Asylfolgeanträge. Im Mai 2000 gab die Klägerin zu 1 schließlich
an, eine Angehörige der Volksgruppe der Roma zu sein und legte eine Bescheinigung der S. D. Roma Union e.V. vor.
Die Anträge der Kläger wurden mit Bescheid vom 11. Juli 2002 bestandskräftig abgelehnt.
Aufgrund psychischer Beeinträchtigungen wegen massiver Bedrohungen durch ihren Ehemann erhielt die Klägerin zu
1 am 18. Dezember 2006 eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 Aufenthaltsgesetz (AufenthG); über eine solche
Aufenthaltserlaubnis verfügt der Kläger zu 2 seit Juli 2007.
Während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet bezogen die Kläger über einen längeren Zeitraum als 48 Monate
Leistungen nach § 3 AsylbLG. Bis Februar 2008 erhielten sie vom Antragsgegner sog. privilegierte Leistungen nach §
2 Abs. 1 AsylbLG, zuletzt schrift-lich bewilligt mit Bescheid vom 2. Oktober 2007 "für den Monat 11.2007", wobei der
Be-klagte ausdrücklich darauf hinwies, dass die Festsetzung der Leistungen für die nachfol-genden Monate gesondert
durch die Auszahlung oder Überweisung der Leistungen und ggf. Auszahlung an Drittempfänger oder durch einen
erneuten schriftlichen Bescheid er-folge.
Erstmals mit Bescheid vom 22. Februar 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Juli 2008 bewilligte der
Beklagte den Klägern für den Zeitraum vom März bis Mai 2008 lediglich Leistungen nach § 3 AsylbLG. Diese
Entscheidung ist Gegenstand des vor dem Sozialgericht (SG) Hildesheim anhängigen Klageverfahrens zum
Aktenzeichen S 39 AY 161/08.
Mit Bescheid vom 6. Mai 2008 bewilligte der Beklagte den Klägern Grundleistungen nach § 3 AsylbLG "für den Monat
6.2008" in Höhe von 402,92 Euro, wobei auf die Klägerin zu 1 ein Betrag in Höhe von 184,07 Euro zzgl. Taschengeld
(40,90 Euro) und auf den Kläger zu 2 ein Betrag in Höhe von 158,50 Euro zzgl. Taschengeld (20,45 Euro) entfiel. Die
Leistung für Unterkunft und Heizung wurde durch Sachleistung gewährt und in einem gesonderten Bescheid geregelt.
Zusätzlich wurde den Klägern mit Bescheid vom 12. Juni 2006 eine einmalige Beihilfe für die Anschaffung eines
Herdes in Höhe von insg. 205 Euro gewährt. Für den Kläger zu 2 erhielt die Klägerin zu 1 mit Bescheid vom 19. Juni
2008 weiterhin eine Beihilfe zur Anschaffung von Schulmaterial in Höhe von 87,35 Euro.
Den gegen den Bescheid vom 6. Mai 2008 erhobenen Widerspruch wies der Beklagte für den Leistungszeitraum Juni
bis Juli 2008 mit Widerspruchsbescheid vom 7. Juli 2008 zurück. Zur Begründung führte er aus, dass der
Leistungsbewilligung nach § 2 Abs. 1 AsylbLG ein rechtsmissbräuchliches Verhalten der Klägerin zu 1 entgegen
stehe. Diese habe erst nach dem fünfjährigen illegalen Aufenthalt in Deutschland seit 1989 einen Asylantrag gestellt
und sei seit der Ablehnung des Antrags im Jahre 1995 vollziehbar ausreisepflichtig gewesen. Erfolgte
Abschiebungsandrohungen seien wegen der zu-nächst angegebenen albanischen Volkszugehörigkeit nicht
durchgeführt worden. Nach Besserung der Verhältnisse für albanische Volkszugehörige im Kosovo habe die Klägerin
zu 1 erst mit Stellung eines Asylfolgeantrags 2000 ihre Zugehörigkeit zum Volke der Ro-ma erklärt, weswegen fortan
Abschiebungen wiederum nicht möglich gewesen seien. Die Angabe einer falschen Volkszugehörigkeit habe der
Aufenthaltsverlängerung in Deutsch-land gedient. Dieses rechtsmissbräuchliche Verhalten im Sinne des § 2 Abs. 1
AsylbLG der gesetzlichen Vertreterin sei dem minderjährigen Kläger zu 2 zuzurechnen. Auch ste-he einer
Leistungsgewährung nach § 2 Abs. 1 AsylbLG die Leistungseinschränkung gem. § 2 Abs. 3 AsylbLG entgegen.
Hiergegen richtet sich die beim Sozialgericht (SG) Hildesheim am Montag, den 11. Au-gust 2008, eingegangene
Klage.
Die Kläger sind der Auffassung, dass die Klägerin zu 1 ihre Aufenthaltsdauer in Deutsch-land nicht
rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst habe. Zum einen sei ihr die vorgewor-fene Täuschung über die albanische
Volkszugehörigkeit bei Asylerstantragstellung 1994 nicht gelungen; dies ergebe sich aus der Begründung des
Ablehnungsbescheids, nach der das Bundesamt ohnehin von einer Zugehörigkeit zum Volke der Roma ausgegangen
sei. Zum anderen könne hierbei ein auf die Aufenthaltsverlängerung bezogener Vorsatz der Klägerin zu 1 nicht
unterstellt werden, da Abschiebungen nach Jugoslawien zumin-dest bis 1996 ohnehin nicht durchgeführt worden
seien. Zudem sei zu berücksichtigen, dass in Jugoslawien die Unterscheidung nach der Volkszugehörigkeit ohne
Bedeutung gewesen sei. Schließlich verstoße der Vorwurf eines so lang zurückliegenden Verhaltens gegen den
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, wenn dadurch die Klägerin auf Dauer vom Leistungsbezug nach § 2 Abs. 1 AsylbLG
ausgeschlossen werde.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 6. Mai 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7.
Juli 2008 zu verurteilen, den Klägern unter Anrechnung bereits gewährter Leistungen solche gemäß § 2 Abs. 1
AsylbLG zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Begründung des Widerspruchsbescheids vom 7. Juli 2008 ergänzend weist er auf die Rechtsprechung des
Bundessozialgerichts (BSG) hin, nach der - hier im Hinblick auf die nach Auffassung der Klägerin zu 1 erfolglose
Täuschung über ihre Volkszugehörigkeit - bei der Beurteilung des rechtmissbräuchlichen Verhaltens im Sinne des § 2
Abs. 1 AsylbLG allein auf einen abstrakt-generellen Maßstab und auf den gesamten Zeitraum des Aufenthalts in
Deutschland abzustellen sei. Es greife auch keine Ausnahme von die-ser Betrachtungsweise, da die Abschiebung der
Kläger während ihres gesamten Aufent-halts in Deutschland nicht ausgeschlossen gewesen sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird verwiesen auf die Sit-zungsniederschrift vom 28.
Januar 2010, den Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Vorprozessakte zum Az.: S 40 AY 16/09 ER; L 11 AY
44/09 B ER sowie der ebenfalls beigezogenen Leistungs- uns Ausländerakten des Beklagten; diese Akten haben
vorge-legen und sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Bescheid vom 6. Mai 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. Juli 2008 ist rechtmäßig; die Kläger
sind durch diese Entscheidung nicht beschwert i. S. d. § 54 Abs. 2 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die Kläger waren in dem streitgegenständlichen Zeitraum, den Monaten Juni und Juli 2008, als Inhaber von
Aufenthaltserlaubnissen nach § 25 Abs. 5 AufenthG leistungsbe-rechtigt nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 AsylbLG. Ihr
Leistungsanspruch richtete sich der Höhe nach nach den §§ 1, 3 AsylbLG (sog. Grundleistungen), wie mit der
angefochtenen Ent-scheidung verfügt. Ein Leistungsanspruch nach § 2 Abs. 1 AsylbLG stand den Klägern im o. g.
Zeitraum nicht zu.
Nach § 2 Abs. 1 AsylbLG ist das Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) abweichend von den §§ 3 bis 7 AsylbLG
auf diejenigen Leistungsberechtigten entsprechend anzu-wenden, die über eine Dauer von insgesamt 48 Monaten
Leistungen nach § 3 AsylbLG erhalten und die Dauer des Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst
ha-ben. Minderjährige Kinder, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Haushalts-gemeinschaft leben, erhalten
Leistungen nach § 2 Abs. 1 AsylbLG nur, wenn mindestens ein Elternteil in der Haushaltsgemeinschaft Leistungen
nach § 2 Abs. 1 AsylbLG erhält, § 2 Abs. 3 AsylbLG.
Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 17. Juni 2008, Az.: B 8/9b AY 1/07 R) setzt die
rechtsmissbräuchliche Selbstbeeinflussung der Aufenthaltsdauer in objektiver Hinsicht ein unredliches, von der
Rechtsordnung missbilligtes Verhalten voraus, das in subjektiver Hinsicht vorsätzlich im Bewusstsein der objektiv
möglichen Aufenthaltsbeein-flussung getragen ist. Dabei ist bei der Frage, ob die Dauer des Aufenthalts rechtsmiss-
bräuchlich beeinflusst wurde, auf die gesamte Dauer des Aufenthalts des Ausländers im Bundesgebiet und nicht etwa
nur auf die Dauer des Aufenthalts nach rechtskräftiger Ab-lehnung des Asylantrags abzustellen. Das
rechtsmissbräuchliche Verhalten muss nicht ursächlich für den weiteren Verbleib in Deutschland sein; nach dem
Gesetzeswortlaut ("Beeinflussung", nicht Verlängerung) und der Gesetzesbegründung reicht eine typisie-rende, also
generell-abstrakte Betrachtungsweise hinsichtlich des Zusammenhangs zwi-schen dem vorwerfbaren Verhalten und
der Beeinflussung der Dauer des Aufenthaltes aus (vgl. BSG, a. a. O., Rn. 43). Eine Ausnahme von der typisierenden
Betrachtungswei-se muss allerdings dann gemacht werden, wenn eine etwaige Ausreisepflicht des betrof-fenen
Ausländers unabhängig von seinem Verhalten ohnehin in dem gesamten Zeitraum ab dem Zeitpunkt des
Rechtsmissbrauchs nicht hätte vollzogen werden können (BSG, a. a. O., Rn. 44). Wegen der schwerwiegenden
Folgen eines Leistungsausschlusses nach § 2 Abs. 1 AsylbLG führt nur ein Verhalten, das unter jeweiliger
Berücksichtigung des Ein-zelfalls, der besonderen Situation eines Ausländers in der Bundesrepublik Deutschland und
der besonderen Eigenheiten des AsylbLG unentschuldbar ist (Sozialwidrigkeit), zum Ausschluss von Analog-
Leistungen; nur dann ist es gerechtfertigt, auch die minderjähri-gen Kinder mit den Folgen dieses Verhaltens zu
belasten (BSG, a. a. O.).
Nach diesen Maßgaben hat die Klägerin zu 1 die Aufenthaltsdauer in Deutschland durch die Täuschung über ihre
Volkszugehörigkeit über einen Zeitraum von 1994 bis 2000 rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst, mit der Folge,
dass ihr keine privilegierte Leis-tungen nach § 2 Abs. 1 AsylbLG zustehen. Dem Leistungsanspruch des Klägers zu 2
steht § 2 Abs. 3 AsylbLG entgegen.
Die bei Asylerstantragstellung 1994 verübte Täuschung über die Zugehörigkeit zum Vol-ke der Albaner hat sich für die
Klägerin zu 1 unter Berücksichtigung der vereinzelten An-erkennung von albanischen Volkszugehörigen als
Asylberechtigte in den 90iger Jahren und der maßgeblichen ministeriellen Erlasslage, die vom Beklagten im
Beschwerdever-fahren zum Az.: L 11 AY 44/09 ER dargelegt worden ist (vgl. Schriftsätze vom 1. und 9. April 2009,
Bl. 96 f., 98 ff. d. Beiakte zum Az.: S 40 AY 16/09 ER; L 11 AY 44/09 B ER), als günstig dargestellt, um ihren
Aufenthalt in Deutschland zu sichern. Dieses Verhalten ist in objektiver Hinsicht zweifelsfrei geeignet gewesen, die
Aufenthaltsdauer in Deutsch-land zu beeinflussen, und zur Überzeugung des Gerichts in subjektiver Hinsicht auf
ebendiesen Willen der Klägerin zu 1 zurückzuführen. Der Vortrag in mündlicher Verhand-lung, sinngemäß
zusammengefasst, die Unterscheidung nach der Volkszugehörigkeit habe in Jugoslawien keine nennenswerte Rolle
gespielt und die Klägerin zu 1 habe die Bedeutung der Angabe als albanische Volkszugehörige womöglich verkannt,
ist vorge-schoben. Aus dem in den Ausländerakten des Beklagten enthaltenen Asylanhörungspro-tokoll vom 18. Juli
1994 ergibt sich, dass der Klägerin zu 1 sogar die vermutete Falsch-angabe der albanischen Volkszugehörigkeit
vorgehalten worden ist und sie wesentliche Fragen zur albanischen Geschichte und Kultur nicht beantworten konnte.
Dennoch hat sie diese Täuschung aufrecht erhalten und sich bis 2000 nicht veranlasst gesehen, die
Ausländerbehörde des Beklagten über ihre wirkliche Volkszugehörigkeit aufzuklären. Dieses Beharren ist nur damit zu
erklären, dass sich die Klägerin zu 1 über die auslän-derrechtliche Bedeutung ihrer Falschangabe bewusst war. Auch
greift nicht der Einwand, die Täuschung über ihre Volkszugehörigkeit sei der Klägerin zu 1 nicht gelungen. Ihre
angeblich albanische Volkszugehörigkeit ist im Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover vom 23. Oktober 1997 (Az.:
13 A 4969/97) und sogar noch im Asylantrag vom 22. No-vember 1999 zu Grunde gelegt worden, vgl. die in den
Ausländerakten des Beklagten enthaltene "Niederschrift zu einem Asylantrag" vom gleichen Tag. Die 2000 offenbarte
Zugehörigkeit zum Volke der Roma ist auch nicht vor dem Hintergrund zu verstehen, dass die Klägerin zu 1 nunmehr
die Falschangabe - womöglich aus Gewissensgründen - aufklären wollte. Der Sinneswandel der Klägerin zu 1 ist
vornehmlich mit der sich än-dernden Situation im Kosovo zu erklären, dass fortan Abschiebungen von albanischen
Volkszugehörigen möglich gewesen sind; dies hat nicht für Angehörige zum Volke der Roma gegolten (vgl. Erlasse
des Nds. Innenministeriums vom 7. Dezember 1999 - 45.3-12230/01-1(§32a)1-1N4 - und 7. April 2000 - 45.3-12235/12-
38-3 -, Bl. 103-107 d. Beiak-te zum Az.: S 40 AY 16/09 ER; L 11 AY 44/09 B ER).
Unter diesen Umständen wiegt die Täuschung über die Volkszugehörigkeit in dem Zeit-raum von 1994 bis 2000 so
schwer, dass auch unter Wahrung des Verhältnismäßigkeits-grundsatzes (vgl. hierzu BSG, a. a. O.) ein dauerhafter
Ausschluss vom Bezug privile-gierter Leistungen nach § 2 Abs. 1 AsylbLG gerechtfertigt ist. Diese Wertung steht im
Gleichklang mit der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung zu den Ausschlussgründen nach § 104a Abs. 1 Nr. 4
AufenthG (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 20. Januar 2009, Az.: 10 ME 442/08). Danach kann eine
Aufenthaltserlaubnis nach § 104a AufenthG (AufenthG 2004) nicht erteilt werden, wenn der Ausländer die
Ausländerbehörde vorsätz-lich über seine - dort ebenfalls albanische - Volkszugehörigkeit getäuscht hat. Bei der
Beurteilung des Verhaltens der Klägerin zu 1 berücksichtigt das Gericht auch, dass sich ihr ausländerrechtlicher
Status allein wegen gesundheitlicher Beeinträchtigungen gebes-sert hat; die Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5
AufenthG ist ihr wegen ihrer psychi-schen Erkrankung und der erforderlichen Behandlung ausgestellt worden, ohne
dass damit unbedingt eine dauerhafte Bleibeperspektive in Deutschland einhergeht (vgl. dazu auch Beschluss des
Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen - LSG - vom 8. Juni 2009, Az.: S 11 AY 44/09 ER). Die Klägerin zu 1
hat bei einer Besserung ihres Gesund-heitszustands nach wie vor mit einer Aufenthaltsbeendigung zu rechnen.
Die noch im erstinstanzlichen Eilverfahren (SG Hildesheim, Beschluss vom 28. Januar 2009, Az.: S 40 AY 16/09 ER)
maßgeblichen Vorwürfe der Weigerung der freiwilligen Ausreise und des illegalen Aufenthalts in Deutschland von 1989
bis 1994 sind bei der Beurteilung des rechtsmissbräuchlichen Verhaltens der Klägerin zu 1 indes hintanzustel-len, da
eine zwangsweise Rückführung der Klägerin zu 1 nach Jugoslawien bis zur Asyl-erstantragstellung - unabhängig von
der Angabe einer Volkszugehörigkeit - ohnehin nicht möglich gewesen ist. Ausweislich der Darlegungen des
Beklagten im Beschwerdeverfah-ren zum Az.: L 11 AY 44/09 ER und der dort übersandten Erlasse des Nds.
Innenministe-riums (vgl. insb. Schriftsätze vom 1. und 9. April 2009, Bl. 96 f., 98 ff. d. Beiakte zum Az.: S 40 AY
16/09 ER; L 11 AY 44/09 B ER) steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass Abschiebungen nach Jugoslawien
frühestens mit Abschluss des deutsch-jugoslawischen Rückübernahmeabkommens Ende 1996 in Betracht
gekommen sind.
Nach den vorstehenden Ausführungen über die ministerielle Erlasslage zu der Aufent-haltsbeendigung von
jugoslawischen Staatsangehörigen greift schließlich nicht der Ein-wand der Klägerin, eine Abschiebung nach
Jugoslawien sei während ihres gesamten Aufenthalts in Deutschland nicht möglich gewesen. Eine
Aufenthaltsbeendigung unter Zwang wäre nämlich zumindest theoretisch von 1996 bis 2000 möglich gewesen, was
nach Maßgabe der Rechtsprechung des BSG (a. a. O.) ausreichend ist.
Der Leistungsanspruch des Klägers zu 2. scheitert an § 2 Abs. 3 AsylbLG, da er im streitgegenständlichen Zeitraum
im Haushalt seiner Mutter, der Klägerin zu 1., gelebt und diese rechtmäßig keine Leistungen nach § 2 Abs. 1 AsylbLG
erhalten hat.
Die Leistungsbewilligung nach § 3 AslybLG ist auch der Höhe nach nicht zu beanstan-den, wobei zu berücksichtigen
ist, dass die Kläger die ihnen bewilligten einmalige Beihil-fen in Höhe von 205,00 Euro und 87,35 Euro nach dem von
ihnen geltend gemachten Anspruch gem. § 2 Abs. 1 AsylbLG i. V. m. den Vorschriften des Sozialgesetzbuches
Zwölftes Buch (SGB XII) und der damaligen Gesetzlage ohnehin nicht hätten beanspru-chen können.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Streitwert der Klage erreicht erkennbar nicht den für eine Berufung maßgeblichen Beschwerdewert nach § 144
Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG in Höhe von 750,00 Euro. Gründe für die Zulassung der Berufung nach § 144 Abs. 2 SGG sind
nicht ersichtlich, da die Rechts-sache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Entscheidung nicht von ober- oder
höchstrichterlicher Rechtsprechung abweicht.
Rechtsmittelbelehrung:
G.