Urteil des SozG Hamburg vom 25.09.2006

SozG Hamburg: untätigkeitsklage, widerspruchsverfahren, gebühr, minderung, vergleich, aufspaltung, erlass, post, anknüpfung

Sozialgericht Hamburg
Beschluss vom 25.09.2006 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Hamburg S 52 AS 1626/05
Auf die Erinnerung der Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 19 Mai 2006 werden die von der
Beklagten an die Klägerin zu erstattenden Kosten auf 111,36 EUR festgesetzt.
Gründe:
Die Beklagte wendet sich mit der Erinnerung gem. § 197 Abs. 2 SGG gegen die Festsetzung der von ihr an die
Klägerin zu erstattenden Kosten, wie sie die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle beschlossen hat. Der
Erinnerungsantrag ist nach dem Gesamtvorbringen der Beklagten in dem Kostenfestsetzungsverfahren dahin
auszulegen, dass die Beklagte eine Festsetzung in Höhe von nicht mehr als 111, 36 EUR begehrt. Sie hatte bereits
im Verfahren vor dem Urkundsbeamten beantragt, den über diesen Betrag hinausgehenden Kostenantrag der Klägerin
abzulehnen und hat diesen Betrag auch anerkannt und bereits gezahlt.
Mit diesem Antrag ist die Erinnerung zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Der Beschluss ist hinsichtlich der
Verfahrensgebühr abzuändern: Nach dem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 19. Mai 2006 ist die Beklagte zur
Erstattung von 208,80 EUR verpflichtet. Dem liegen eine Verfahrensgebühr (VV 3102 zum RVG) in Höhe von 160
EUR - das 4fache der Mindestgebühr - zuzüglich der Pauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen
(VV 7002 zum RVG) in Höhe von 20 EUR und eine Mehrwertsteuer von 16 % auf den Betrag von 180 EUR in Höhe
von 28,80 EUR zugrunde.
Die Verfahrensgebühr ist nicht nach VV 3102, sondern nach VV 3103 zu bemessen. Der Bevollmächtigte der Klägerin
hatte sie nämlich bereits im Widerspruchsverfahren vertreten. Dabei ist es unerheblich, dass es sich vorliegend um
eine Untätigkeitsklage handelt. In VV 3102 und 3103 wird nicht zwischen den einzelnen Klagearten differenziert. Eine
Anwendung von VV 3102 kann auch nicht damit begründet werden, dass Untätigkeitsklage und
Widerspruchsverfahren unterschiedliche Streitgegenstände hätten. Zwar kann mit der Untätigkeitsklage gem. § 88
SGG regelmäßig keine Entscheidung in der Sache, sondern nur der Erlass eines Verwaltungsaktes begehrt werden.
Eine Aufspaltung der Streitsache in materielle und formelle Aspekte erscheint vor dem Hintergrund, dass beide
Elemente unmittelbar miteinander verknüpft sind, nicht überzeugend und findet im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz
und dessen Vergütungsverzeichnis keine Stütze. So muss sich der Rechtsanwalt schon im Zusammenhang mit dem
Widerspruchsverfahren auch mit den zeitlichen Abläufen beschäftigen, die für die Fristen der Untätigkeitsklage eine
Rolle spielen können.
Für die Bemessung der Verfahrensgebühr ist in der Regel nur die 3fache Mindestgebühr und nicht – wie in dem
Kostenfestsetzungsbeschluss – die 4fache Mindestgebühr anzusetzen. Der Ansatz der 3fachen Mindestgebühr
entspricht der bisherigen am Sozialgericht Hamburg geübten Praxis. Daran hält die Kammer zur Einheitlichkeit und
Kontinuität der gerichtlichen Rechtsprechung in Kostensachen auch angesichts der Absenkung der Mindestgebühren
fest. Der Gesetzgeber hat mit dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz ein völlig neues Regelungskonzept geschaffen
und in diesem Zusammenhang neue Gebührentatbestände geschaffen und dabei die Mindestgebühren abgesenkt.
Soweit sich daraus bei einer Anknüpfung an die Mindestgebühr im Vergleich zur Rechtsanwaltsgebührenordnung
(BRAGO) eine Minderung der zu ermittelnden Gebühr ergibt, ist dies als Wille des Gesetzgebers hinzunehmen. Einen
besonderen Umstand, der eine Abweichung von dem Grundsatz nahe legen könnte, dass bei Untätigkeitsklagen das
3fache einer Mindestgebühr anzusetzen ist, weist dieses Verfahren ersichtlich nicht auf.
Korrekt wäre daher eine Gebühr nach VV 3103 in Höhe von 60 EUR (3x die Mindestgebühr VV 3103 von 20 EUR) und
eine Pauschale nach VV 7002 in Höhe von 20 EUR, zusammen also 80 EUR. Zuzüglich einer Mehrwertsteuer von 16
% ergibt sich ein Betrag in Höhe von 92,80 EUR. Es war antragsgemäß zu entscheiden, da der Antrag nur gegen die
Festsetzung eines über 111,36 EUR hinausgehenden Betrages gerichtet ist, der festzusetzende Betrag aber noch
niedriger gewesen wäre.