Urteil des SozG Gotha vom 02.06.2008

SozG Gotha: kostenersatz, private krankenversicherung, krankheitsfall, kündigung, stadt, geschenk, versicherungsschutz, fahrlässigkeit, vorsorge, unfall

Sozialgericht Gotha
Urteil vom 02.06.2008 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Gotha S 14 SO 3481/06
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger verpflichtet ist, die Kosten zu ersetzen, die dadurch entstanden sind,
dass der Beklagte für den Kläger Leistungen bei Krankheit im Zeitraum vom 15.09.2004 bis 07.10.2004 übernommen
hat.
Der Beklagte bewilligte keine Hilfe zum Lebensunterhalt. Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung wurden
ebenfalls nicht bewilligt, weil der Kläger angegeben hat, selbständig als Unternehmensberater tätig gewesen zu sein.
Zur Absicherung von Krankheitsfällen hatte er eine private Krankenversicherung abgeschlossen. Der Kläger war vom
01.05.19996 bis 31.05.1999 bei der D. versichert. Der Versicherungsschutz endete mit Kündigung der D. vom
18.05.1999 nach § 39 VVG, weil der Kläger seine Beiträge nicht mehr gezahlt hatte. Seit dem ist der Kläger ohne
Krankenversicherungsschutz.
Am 17.09.2004 stellte der Kläger einen Antrag auf Gewährung von Sozialhilfe (Krankenhilfe) für eine Notarztrechnung
und Krankenhausbehandlung in Höhe von 4855,30 EUR. Daraufhin übernahm der Beklagte die Kosten und gewährte
dem Kläger mit Bescheid vom 24.05.2005 Leistungen zur Hilfe bei Krankheit für den Zeitraum vom 15.09.2004 bis
07.10.2004 in Höhe von 4855,30 EUR.
Mit Bescheid vom 24.08.2005 forderte der Beklagte vom Kläger Ersatz der Kosten der Übernahme der
Krankenhauskosten für die Zeit vom 15.09.2004 bis 07.10.2004 in Höhe von 4855,30 EUR in Raten von monatlich
250,- EUR. Zur Begründung führte der Beklagte im Wesentlichen aus, dass der Kläger grob fahrlässig seinen
Krankenversicherungsschutz aufgeben habe, indem er die Beiträge nicht gezahlt habe. Hiergegen legte der Kläger am
06.09.2005 Widerspruch ein und trug vor, dass er finanziell nicht in der Lage gewesen sei, für die
Krankenversicherung aufzukommen. Er sei schon 1997, damals in Rostock beim Sozialamt vorstellig geworden, um
nach einer Möglichkeit zu suchen, den drohenden Krankenversicherungsverlust abzuwenden, allerdings vergeblich.
Auch sei die Vermögenssituation 1998 und die seiner Ehefrau nie abgefragt worden.
Der Kläger legte die Einkommenssteuerbescheide für die Jahre 2000 bis 2004 vor. Des Weiteren legte der Kläger
einen Kaufvertrag aus dem Jahr 2001 zwischen ihm und seiner Mutter über ein gebrauchtes KFZ für 12.800,- EUR
vor. Das Fahrzeug wurde am 15.11.2004 abgemeldet. Dieses sei ein Geschenk seiner Mutter gewesen. Eine
entsprechende Erklärung legte der Kläger im gerichtlichen Verfahren vor.
In einem Gespräch beim Beklagten am 21.11.2005 wurde zwischen den Beteiligten folgendes festgehalten: - das
Gewerbe bestehe noch, aber ohne Krankenversicherungsschutz - Krankenversicherungsschutz sei aufgrund der
ungesicherten Vermögens- und Einkommenssituation nicht zu erhalten - ALG II soll nicht beantragt werden, weil das
Gewerbe weiter aufrecht erhalten bleiben solle - Die Ehefrau sei selbständig gewesen, keine Familienversicherung,
jetzt geschieden - Der PKW sei ihm geschenkt worden, Versuche den PKW zu veräußern seien gescheitert - Derzeit
habe er keine bzw. verminderte Einkünfte, aufgrund Krankheit und verminderte Einsatzfähigkeit sowie
Umstrukturierung des Unternehmens - Bereitschaft bestehe, die Kosten zurück zu zahlen, wenn Lage sich bessere
Als Ergebnis wurde festgehalten, dass die Einkommensentwicklung abgewartet werden solle und man sich dann noch
einmal Treffen wolle. Mit Schreiben vom 29.06.2006 wurde der Kläger gebeten, die entsprechenden Angaben zum
Gespräch zu machen. Dieses beantwortete der Kläger mit Schreiben vom 17.07.2006.
Der Beklagte wies den Widerspruch des Klägers durch Widerspruchsbescheid vom 30.08.2006 mit der Maßgabe
zurück, dass Ziff. 1 des Bescheides um die Sätze 2 und 3 ergänzt werde: "Die beigefügte Auflistung wann und in
welcher Höhe die jeweiligen Sozialleistungen erbracht wurden, wird Bestandteil dieses Bescheides. Herr S. J. hat den
Gesamtbetrag in Höhe von 4.855,30 EUR in monatlichen Raten von 250,- EUR zu überweisen".
Zur Begründung wurde ausgeführt. Der Kläger habe nicht ausreichend versucht, seinen Krankenversicherungsschutz
aufrecht zu erhalten, er habe es vielmehr nicht für notwendig erachtet, sich zu versichern. Dies ergäbe sich aus den
Umständen. Die Gewährung von Krankenhilfe sei die adäquate Folge dieses Verhaltens gewesen. Die Kündigung der
Krankenversicherung bzw. das billigende Inkaufnehmen des Verlustes eines privaten Versicherungsschutzes als
Selbständiger stelle eine grob fahrlässige Verletzung der Sorgfaltspflicht im schweren Maße dar. Die Argumentation
des Klägers, er habe aufgrund finanzieller Engpässe die Krankenversicherung nicht aufrechterhalten können, sei nicht
glaubhaft. Trotz Sozialhilfebedürftigkeit, nehme er Sozialhilfe nicht in Anspruch. Er hätte den Kaufpreis des
erworbenen KFZ für den Krankenversicherungsschutz verwenden müssen. Der Kläger könne sich auch nicht
aussuchen, ob er Krankenhilfe gewährt bekomme oder einen Zuschuss zum Krankenversicherungsbeitrag. Diese
Entscheidung obliege dem Beklagten und nicht dem Kläger. Wer dem Kostenträger diese Entscheidung nicht
ermögliche, weil er die Möglichkeiten eine Risikovorsorge ausschließe, der handele sozialwidrig. Da der Kläger dieses
Verhalten fortsetze, setze sich auch sein sozialwidriges Verhalten fort. Ermessen habe der Beklagte ausgeübt, indem
er dem Kläger Ratenzahlung gewährt habe. Ein gänzliches Absehen von der Forderung könne nicht erfolgen, da der
Kläger sein sozialwidriges Verhalten fortsetze und zudem immer noch über Vermögen, den abgemeldeten PKW,
verfüge.
Der Kläger hat am 04.10.2006 Klage erhoben. Er macht geltend, dass er sich damals in wirtschaftlicher und
finanzieller Not befunden und selbst kaum genügend Mittel gehabt habe, um seinen eigenen Lebensunterhalt
sicherzustellen. Er habe seinen Versicherungsschutz nicht aufgegeben, dieser sei gekündigt worden. Er habe alles
versucht, um den Krankenversicherungsschutz zu behalten, er betrachte ihn als notwendig. Er habe mehrere private
Versicherer kontaktiert, jedoch aufgrund seiner finanziellen Situation erfolglos. Eine Aufnahme in die gesetzliche
Versicherung sei ihm verwehrt. Die Weiterzahlung der Beiträge sei durch die Stadt Rostock verwehrt worden. Dort
habe er um Hilfe nachgesucht. Da er es als unwahrscheinlich erachte, noch eine Erwerbstätigkeit zu bekommen, habe
er sich für die Beibehaltung der Selbständigkeit entschieden. Der PKW sei ein Geschenk gewesen mit der Maßgabe
diesen nicht zu veräußern.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 24.08.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Beklagten vom
30.08.2006 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er trägt unter Bezugnahme auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide ergänzend vor, selbst wenn der PKW ein
Geschenk gewesen sein solle, dann sei ihm der Wert des PKW dennoch zugeflossen. Er hätte ihn verkaufen können.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der
Gerichtsakten und der Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Anfechtungsklage des Klägers ist unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und
beeinträchtigen den Kläger nicht in seinen Rechten. Der vom Beklagten angeordnete Kostenersatz ist ebenfalls
rechtmäßig.
Rechtsgrundlage für den Kostenersatz ist § 103 Abs. 1 Satz 1 SGB XII. Nach dieser Vorschrift ist zum Ersatz der
Kosten der Sozialhilfe verpflichtet, wer nach Vollendung des 18. Lebensjahres die Voraussetzungen für die
Gewährung der Sozialhilfe für sich selbst oder andere durch vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten
herbeigeführt hat. Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben.
Die Verpflichtung zum Kostenersatz setzt voraus, dass die Hilfegewährung, für die eine der in § 103 Abs. 1 Satz 1
SGB XII bezeichnete Personen die Voraussetzungen herbeigeführt hat, nach dem materiellen Sozialhilferecht
rechtmäßig war. Der Träger der Sozialhilfe kann Kostenersatz nach § 103 Abs. 1 Satz 1 SGB XII nur dann
beanspruchen, wenn er sich nicht entgegenhalten lassen muss, er habe die Hilfe von vornherein nicht zu leisten
brauchen (BVerwG, Urt. vom 05.05.1983, BVerwGE 67, 163, 166 zum inhaltsgleichen § 92a BSHG).
Für den Krankenhausaufenthalt im Jahr 2004 sind die Voraussetzungen des § 103 Abs. 1 Satz 1 SGB XII erfüllt. Für
diese Zeit ist Krankenhilfe rechtmäßig bewilligt worden. Zu dieser Bewilligung ist es gekommen, weil der Kläger seine
"Melde-" pflichten gegenüber dem Beklagten nicht erfüllt hat, infolgedessen keine Sozialhilfe bewilligt worden ist und
deshalb keine Krankenversicherung bestand. Hinzu kommt, dass es dem Beklagten nicht oblegen hat zu
entscheiden, ob er freiwillig Krankenversicherungsbeiträge zahlt oder Krankenhilfe leistet. Diese Entscheidung obliegt
nicht dem Leistungsempfänger, sondern allein dem Leistungsträger. Allein dieses Verhalten des Klägers hat die
Sozialhilfeleistung verursacht.
Die Heranziehung zum Kostenersatz nach § 103 Abs. 1 Satz 1 SGB XII setzt weiterhin voraus, dass das Verhalten
der leistungsberechtigten Person, durch das die Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen der Sozialhilfe
herbeigeführt worden sind, sozialwidrig ist. Sozialwidriges Verhalten liegt vor, wenn ein Tun bzw. Unterlassen aus
Sicht der Gemeinschaft, die - was die Sicherstellung von Mittel für eine Hilfeleistung in Notlagen angeht - eine
Solidargemeinschaft ist, zu missbilligen ist. Dementsprechend ist das Verhalten sozialwidrig und begründet objektiv
einen Anspruch des Trägers der Sozialhilfe auf Kostenersatz, wenn der Handelnde eine Lage schafft, die den Träger
der Sozialhilfe zwingt, Hilfe zum Lebensunterhalt leisten zu müssen (BVerwG, Urteil vom 24. Juni 1976 - 5 C 41.74 -,
BVerwGE 51, 61; Urteil vom 14. Januar 1982 -, BVerwGE 64,318, 320, 321; Urteil vom 23. September 1999,
BVerwGE 109, 331).
Auf dieser Grundlage hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 23.09.1999, a.a.O. entschieden, dass
die Kündigung einer Krankenversicherung bei nachfolgendem Bezug von Krankenhilfe grundsätzlich ein sozialwidriges
Verhalten im Sinne von § 103 Abs. 1 Satz 1 SGB XII (früher § 92a BSHG) darstellt.
" Wie der Senat im Urteil vom 24. Juni 1976 – BVerwG V C 41.74 - (BVerwGE 51, 61 = Buchholz 436.0 § 92 a BSHG
Nr. 2) ausgeführt hat, ist mit dem Erlass des Bundessozialhilfegesetzes mit dem früheren Rechtszustand gebrochen
worden, wonach der Unterstützte grundsätzlich aufgewendete Kosten zu ersetzen hatte, und die Kostenersatzpflicht
ist mit der neuen gesetzlichen Regelung (§ 92 Abs. 2 BSHG F. 1961, § 92 a Abs. 1 BSHG F. 1969) auf einen "engen
deliktähnlichen Ausnahmetatbestand" beschränkt worden. Es handelt sich um einen quasi-deliktischen Anspruch, weil
der Ersatzanspruch von einem schuldhaften Verhalten des Ersatzpflichtigen abhängt (Urteil vom 30. August 1967 -
BVerwG V C 192.66 - (BVerwGE 27, 319, 321)). Diese Bezeichnung bringt zum Ausdruck, dass das den
Kostenersatzanspruch auslösende Verhalten nicht notwendig ein "rechtswidriges" im Sinne der unerlaubten Handlung
(§§ 823 ff. BGB) oder des Strafrechts sein muss. Das Erfordernis des "vorsätzlichen oder grob fahrlässigen"
Verhaltens in § 92 a Abs. 1 Satz 1 BSHG ist vielmehr mit der Maßgabe zu lesen, dass die Voraussetzungen für die
Gewährung von Sozialhilfe objektiv "sozialwidrig" herbeigeführt sein müssen. Schuldhaft (vorsätzlich oder grob
fahrlässig) verhält sich ferner nur, wer sich der Sozialwidrigkeit seines Verhaltens bewusst (oder grob fahrlässig nicht
bewusst) ist (Urteil vom 24. Juni 1976 a.a.O.). Es kommt auf die Umstände des Einzelfalles an, ob ein Verhalten
sozialwidrig ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Heranziehung zum Kostenersatz als Mittel zur Durchsetzung
des Nachrangs der Sozialhilfe die Ausnahme darstellt. Hieran anknüpfend hat das Bundesverwaltungsgericht im Urteil
vom 14. Januar 1982 - BVerwG 5 C 70.80 - (BVerwGE 64, 318 = Buchholz 436.0 § 92 a BSHG Nr. 4) dargelegt, dass
eine Beschränkung auf Tatbestände wie Arbeitsscheu, Verschwendungssucht oder vergleichbare Verhaltensweisen
zu eng sei. Ein Tun (Unterlassen) begründet einen Anspruch auf Kostenersatz des Trägers der Sozialhilfe (auch)
dann, wenn es aus der Sicht der Gemeinschaft, die - was die Sicherstellung von Mitteln für eine Hilfeleistung in
Notlagen angeht - eine Solidargemeinschaft ist, zu missbilligen ist."
Zu Unrecht meint der Kläger demgegenüber, sein Verhalten sei nicht ursächlich gewesen für die Gewährung der
Sozialhilfe an ihn, weil die Aufgabe des Versicherungsschutzes allein noch nicht dazu geführt habe, dass
Heilungskosten entstanden seien, sondern erst der "eigentlich unwahrscheinliche" Umstand der Krankheit. Indessen
kommt es nicht auf die Verursachung der Heilungskosten an, sondern auf die Verursachung der Sozialhilfeleistung.
An der Kausalität der Kündigung der Krankenversicherung für die Hilfebedürftigkeit des Klägers kann kein Zweifel
bestehen.
Aber auch, soweit der Kläger meint, sein Verhalten sei nicht sozialwidrig, kann dem nicht gefolgt werden. Nicht nur
derjenige, der bereits erkrankt ist oder der die Notwendigkeit einer Heilbehandlung bereits absehen kann und
gleichwohl ohne sonstige Vorsorge die Krankenversicherung kündigt, handelt sozialwidrig, sondern grundsätzlich auch
der, der den Versicherungsschutz in der Hoffnung aufgibt, dass keine Krankheit auftritt, deren Kosten er nicht
bestreiten kann. Auch wer jung und gesund ist, handelt leichtfertig, wenn er ausschließlich auf seine fortdauernde
Gesundheit vertraut. Das Handeln eines Schädigers ist regelmäßig ebenso wenig konkret vorhersehbar wie etwa ein
Unfall oder eine plötzliche Erkrankung. Hier wie dort wird die Hilfebedürftigkeit nach der Aufkündigung des
Krankenversicherungsschutzes durch das Hinzutreten einer vom Willen des Betroffenen unabhängigen Ursache
herbeigeführt.
Allerdings war die Aufgabe des Krankenversicherungsschutzes durch den Kläger durch seine finanzielle
Leistungsschwäche bedingt. In einem solchen Fall, in dem der Betroffene nicht in der Lage ist, die Kosten der
Krankenversicherung selbst aufzubringen, durfte er unter dem Aspekt des § 92a BSHG nicht selbst entscheiden, ob
er damals sogleich die Übernahme der Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung nach § 13 BSHG beantragt oder
erst im Bedarfsfall um Krankenhilfe gemäß § 37 BSHG nachsucht. Wie der vorliegende Fall zeigt, besteht auch für
junge, gesunde Menschen wie den Kläger jederzeit das Risiko, an einer kostenaufwändigen Krankheit zu erkranken
oder einen hohe Krankenkosten verursachenden Unfall zu erleiden, weshalb es demjenigen zusteht, über die
finanzielle Vorsorge für einen solchen Fall zu entscheiden, der die Kosten dafür trägt. Da der Hilfebedürftige die Mittel
für eine Versorgung im Krankheitsfall nicht selbst aufbringen kann, oblag es nicht dem Kläger, zwischen Hilfe nach §
13 BSHG und Hilfe nach § 37 BSHG zu wählen. Vielmehr musste er es dem Leistungsträger, der die Mittel für seine
Versorgung im Krankheitsfall aufzubringen hatte, überlassen, ob dieser schon vor Eintritt eines Krankheitsfalles die
Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung als Ermessensleistung (§ 13 BSHG) übernehmen oder erst im
Krankheitsfall Krankenhilfe nach § 37 BSHG leisten wollte.
Wer, wie hier der Kläger, dem Leistungsträger, dem Beklagten, diese Entscheidung nicht ermöglicht hat, handelte im
Sinne von § 92a BSHG sozialwidrig, weil er mit seiner Entscheidung dem Leistungsträger die Möglichkeit einer für die
Solidargemeinschaft günstigen finanziellen Risikovorsorge genommen hat. Gleiches gilt für die Nachfolgevorschrift §
103 SGB XII, da die Vorschrift im Wesentlichen inhaltsgleich den bisherigen § 92a Abs. 1 bis 3 BSHG übertragen hat
(vgl. BT-Dr. 15/1514, Seite 68).
Der Kläger hat auch die Voraussetzungen für die Gewährung der Krankenhilfe grob fahrlässig herbeigeführt.
Schuldhaft (vorsätzlich oder grob fahrlässig) verhält sich nur, wer sich der Sozialwidrigkeit seines Verhaltens bewusst
oder grob fahrlässig nicht bewusst ist (BVerwG, Urteil vom 24. Juni 1976 - 5 C 41.74 -, a.a.O.). Vorsätzliches
Verhalten kann dem Kläger nicht nachgewiesen werden. Er hat jedoch grob fahrlässig gehandelt. Der Begriff der
Fahrlässigkeit ist in Anlehnung an das Bürgerliche Recht, aus dem er stammt, zu bestimmen. Fahrlässig handelt, wer
die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt (§ 276 Abs. 2 BGB). Zur groben Fahrlässigkeit rechnet eine
besonders schwere Verletzung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt. Sie liegt vor, wenn nicht beachtet wird, was im
gegebenen Fall jedem einleuchten musste, wenn schon einfache, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt
werden (OVG NRW, Urteil vom 23.05.1990, - 8 A 2224/87 -).
Hieran anknüpfend hat der Kläger die Bewilligung von Sozialhilfe in Form der Krankenhilfe durch den Beklagten grob
fahrlässig herbeigeführt. Es ist allgemein bekannt, dass durch den Sozialhilfeträger Krankenhilfe gewährleistet wird,
wenn man sich nicht selbst helfen kann. Bekannt ist allgemein auch, dass ein Leistungsempfänger nicht frei wählen
kann, ob er sich freiwillig versichert oder nicht oder sich im Krankheitsfall auf die Allgemeinheit verlässt. Dies musste
auch dem Kläger bekannt sein. Selbst wenn dem Kläger dies nicht bekannt gewesen sein sollte, beruht diese
Unkenntnis auf grob fahrlässigem Verhalten. Dem Kläger ist dann vorzuwerfen, dass er sich nicht ausreichend darum
gekümmert hat, sich über die Möglichkeiten des Krankenversicherungsschutzes und deren Aufrechterhaltung zu
informieren. Soweit der Kläger sich darauf beruft, er habe bei der damals für ihn zuständigen Stadt Rostock
ergebnislos an- und nachgefragt, ist dies vorliegend nicht geeignet, den Vorwurf der groben Fahrlässigkeit zu
entkräften. Der Kläger durfte nicht darauf vertrauen, dass mit seiner ergebnislos gebliebenen Nachfrage bei der Stadt
Rostock, er für alle Zeit die Wahl gehabt hat, für sich zu entscheiden, wer im Krankheitsfall die Kosten für ihn zu
tragen hat. Er hätte, dies war seine Verpflichtung, beim Beklagten nachfragen müssen, ob dieser sich anders verhält,
als die Stadt Rostock. Denn nach seinem Umzug in den Zuständigkeitsbereich des Beklagten, war dieser für die
Entscheidung über Gewährung von Krankheitshilfe zuständig. Dies hätte der Kläger auch wissen müssen. Er hat es
zumindest gewusst, als die Frage nach Krankenhilfe für ihn anstand. So muss er sich vorwerfen lassen, grob
fahrlässig gehandelt zu haben, dass er nach seinem Umzug nicht beim Beklagten vorstellig geworden ist und diesen
darauf hingewiesen hat, dass er ohne Krankenversicherungsschutz ist.
Die Beklagte hat rechtmäßig Ermessen ausgeübt. Der Bescheid ist auch insoweit nicht zu beanstanden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.