Urteil des SozG Gotha vom 19.11.2008

SozG Gotha: fahrtkosten, eltern, besuch, sozialhilfe, darlehen, zuschuss, trennung, beihilfe, auskunft, scheidung

Sozialgericht Gotha
Gerichtsbescheid vom 19.11.2008 (rechtskräftig)
Sozialgericht Gotha S 14 SO 1833/08
1. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 08.02.2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides
vom 13.03.2008 verpflichtet, über den Antrag des Klägers, die Fahrtkosten für Besuchsfahrten im Rahmen des
elterlichen Umgangsrecht zu seiner in K. bei ihrer Mutter lebenden Tochter J. zu übernehmen, unter Beachtung der
Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Aufwendungen des Klägers zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Übernahme der Umgangskosten bezüglich seiner bei ihrer Mutter in K. lebenden Tochter. Der
Kläger bezieht Leistungen nach dem SGB II. Nach seinen Angaben lebt seine Tochter bei ihrer Mutter in K. Eine
Umgangsrechtsregelung besteht nicht. Der Kläger kann, wann immer er will, seine Tochter besuchen. Zum Besuch in
K. sei es bislang wegen der fehlenden Mittel nicht gekommen. Ein Besuch fände nur statt, wenn sich die Tochter bei
den Großeltern mütterlicherseits in W. aufhalte. Der Kläger und seine Tochter hätten sich mindestens einmal pro Jahr
gesehen und hielten sonst telefonisch Kontakt. Um den Kontakt zu intensivieren, sei ein Besuch zu Weihnachten in
K. geplant. Die Fahrtkosten betrügen mindestens 118,- EUR (Dauerspezial der DB) oder 135,- EUR (Sparpreis 25 der
DB). Dem Kläger wurden Leistungen nach dem SGB II in Höhe von monatlich 613,87 EUR bewilligt. Der Kläger
beantragte am 05.12.2007 bei der Arbeitsgemeinschaft im Jobcenter ARGE SGB II in Erfurt (ARGE) Fahrtkosten zum
Besuch der Tochter in K. in der Zeit vom 20.03.2008 bis 05.04.2008 in Höhe von 170,- EUR zu bewilligen. Dies lehnte
die ARGE mit Bescheid vom 27.12.2007 und Widerspruchsbescheid vom 07.05.2008 ab. Unter dem 27.12.2007
leitete die ARGE den Antrag an die Beklagte weiter. Mit Bescheid vom 08.02.2008 lehnte die Beklagte den Antrag ab.
Sie sei nicht zuständig. Aus § 73 SGB XII sei kein Anspruch herzuleiten. Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben
vom 06.03.2008 Widerspruch. Zur Begründung führte er aus, dass er Leistungen entsprechend seinem Antrag
begehre. Er begehre den Umgang mit seiner Tochter und verwies auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13.03.2008 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Ein Anspruch bestehe nach § 73
SGB XII nicht. Unter dem 15.04.2008 erhob der Kläger beim Sozialgericht Gotha Klage. Zur Begründung wurde
ausgeführt, der Kläger verfüge nicht über die finanziellen Mittel, um sein Umgangsrecht wahrnehmen zu können. Er
habe aus Art. 6 GG einen Anspruch auf Herstellung des Umgangsrechts mit seiner 11jährigen Tochter. Ein Anspruch
bestehe auch für Bezieher von Leistungen nach dem SGB II nach § 73 SGB XII.
Er beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 08.02.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 13.03.2008 zu verpflichten, die Fahrtkosten des Klägers für regelmäßige Fahrten von E. nach K. zur Ausübung
des Umgangsrechts mit der in K. lebenden Tochter J. zu übernehmen. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Es bestehe kein Anspruch des Klägers, da ein Anspruch für Bezieher von Leistungen nach SGB II nicht auf § 73
SGB XII gestützt werden könne. Leistungen für die Ausübung des Umgangsrechts seien in den pauschalierten
Leistungen nach dem SGB II enthalten. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf
die Gerichtsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der als Verpflichtungsklage im Sinne einer Bescheidungsklage auszulegende Antrag gegen die Beklagte ist zulässig.
Der Bescheidungsantrag hat auch in der Sache Erfolg. Der Kläger kann nach § 39 des Sozialgesetzbuches Erstes
Buch (SGB I) beanspruchen, dass die Beklagte über das Begehren des Klägers gemäß § 73 des Sozialgesetzbuches
Zwölftes Buch (SGB XII) nach pflichtgemäßem Ermessen entscheidet. Rechtsgrundlage dieses Anspruchs ist § 73
SGB XII. Die Anwendbarkeit von § 73 SGB XII ist nicht durch § 2 Abs. 1 SGB XII ausgeschlossen. Bei Bestehen
einer atypischen Bedarfslage können Ansprüche nach § 73 SGB XII auch für Bezieher von Leistungen nach dem
SGB II bestehen (BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 7 b AS 14/06 R). Ein Ausschluss von § 73 SGB XII für SGB II-
Leistungsempfänger führe zu einer Benachteiligung dieses Personenkreises gegenüber den Empfängern von
Sozialhilfeleistungen (BSG, a. a. O. m. w. N.). Insbesondere unter Berücksichtigung der Elterngrundrechte aus Art. 6
Abs. 1 u. 2 Satz 1 aus GG ist eine Anwendung des § 73 SGB XII in Ergänzung der Leistungen nach dem SGB II
erforderlich (BSG, a. a. O.). Ein Anspruch nach §§ 20 ff. SGB II ist ausgeschlossen. Die Regelungen dort sind
abschließend.
Aus Art. 6 Abs. 2 des Grundgesetzes ergibt sich, dass es auch dem nicht sorgeberechtigten Elternteil im Fall seiner
wirtschaftlichen Bedürftigkeit aus staatlichen Mitteln ermöglicht werden muss, sein Umgangsrecht auszuüben (vgl.
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 25.10.1994, Az.: 1 BvR 1197/93). Dementsprechend war unter der
Geltung des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) anerkannt, dass die Kosten des Umgangsrechts zu den persönlichen
Grundbedürfnissen des täglichen Lebens gehören, für die über die Regelsätze für den laufenden Lebensunterhalt
hinaus einmalige oder laufende Leistungen zu erbringen waren (vgl. Thüringer LSG, Beschluss vom 12.11.2007, Az. L
8 SO90/07 ER, vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 22.8.1995, Az.: 5 C 15/94; Oberverwaltungsgericht (OVG) für das Land
Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 19.12.1994, Az.: 24 A 3424/93; Beschluss vom 10.10.2002, Az.: 12 E 658/00) Da es
wegen der verfassungsrechtlichen Relevanz des Umgangsrechts – zum einen - außer Frage steht, dass der Staat
auch nach der Ablösung des BSHG durch SGB II und XII die Ausübung des Umgangsrecht im Rahmen der ihm
obliegenden Sicherung des Existenzminimums gewährleisten muss, und da – zum anderen - wie oben ausgeführt das
Konzept des SGB II einer Leistungsgewährung nach jenem Gesetz prinzipiell entgegensteht, schließt sich das
erkennende Gericht der Auffassung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 7.11.2006, Az.: b 7b AS 14/06 R; vgl. auch
Thüringer LSG, Beschluss vom 12.11.2007, Az. L 8 SO90/07 ER, LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom
27.10.2006, S 12 AS 4596/06 ER) an, wegen der besonderen Schwierigkeit, den Umgang mit dem eigenen Kind, das
mit dem sorgeberechtigten Elternteil in einen entfernt liegenden Wohnort verzogen ist, über längere Zeit aufrecht zu
erhalten, eine atypische Bedarfslage anzunehmen, die die Anwendung des § 73 SGB XII rechtfertigt. In diesem
Rahmen ermöglicht § 73 SGB XII die Übernahme der Fahrtkosten, die der nicht sorgeberechtigte Elternteil aufwendet,
um das Umgangsrecht wahrzunehmen.
Wie bereits von der Rechtsprechung geklärt ist, stehen die in § 1684 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs geregelten
Rechte und Pflichten des Umgangs der Eltern mit dem Kind unter dem Schutz des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 des
Grundgesetzes - GG - (vgl. BVerfG NJW 1995, 1342 ff; NJW 2002, 1863 f.). Diesem Anspruch von Verfassungsrang
ist auch im Bereich der Sozialhilfe Rechnung zu tragen; schon mit Blick auf die verfassungsrechtliche Relevanz des
Umgangsrechts ist auch hier zu beachten, dass die Erhaltung der Eltern-Kind-Beziehung mittels Ausübung des
Besuchsrechts im Einzelfall nicht unzumutbar erschwert oder faktisch vereitelt werden darf. Zu berücksichtigen ist
insoweit ferner, dass der berechtigte Elternteil nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zum
Unterhaltsrecht die mit der Wahrnehmung des Umgangsrechts verbundenen Aufwendungen grundsätzlich selbst zu
tragen hat und sie regelmäßig weder auf das unterhaltsberechtigte Kind noch den unterhaltsberechtigten Ehegatten
abwälzen kann (vgl. BGH NJW 1984, 2826 ff.; NJW 1995, 717 ff.; NJW 2005, 1493 ff.; zur Zuordnung der Kosten
neuerdings a.A. Theurer FamRZ 2004, 1619 ff.); dabei werden im Übrigen unterhaltsrechtlich zu den Umgangskosten
nicht nur die Fahrtkosten, sondern auch die sonstigen mit den Kontakten verbundenen angemessenen Aufwendungen,
also beispielsweise auch die Übernachtungs- und Verpflegungskosten, gerechnet (vgl. BGH NJW 2005 a.a.O.).
Dementsprechend hatten auch die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit unter der Geltung des BSHG die in
Ausübung des Umgangsrechts dem Elternteil entstehenden Kosten nicht dem Bedarf des Kindes, sondern als Teil
des notwendigen Lebensunterhalts im Sinne des § 12 Abs. 1 Satz 1 BSHG dem Bedarf des Umgangsberechtigten
zugeordnet, wobei zu den Umgangskosten nicht nur die Fahrtkosten des Elternteils, sondern auch der Mehrbedarf für
die Versorgung des Kindes gezählt wurden (vgl. BVerwG FamRZ 1996, 105 f.; Oberverwaltungsgericht (OVG)
Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 19. Dezember 1994 - 24 A 3424/93 - (im Orientierungssatz veröffentlicht in JURIS);
Verwaltungsgericht Schleswig NJW 2003, 79 f.). Nach der Rechtsprechung des BVerwG waren die bei der
Wahrnehmung des Umgangsrechts entstehenden Kosten als atypischer, nicht bei allen Haushaltsvorständen bzw.
Alleinstehenden gleichermaßen bestehender Bedarf zu werten, für welchen - nach den Umständen des Einzelfalls -
einmalige Leistungen nach § 21 Abs. 1 BSHG oder besondere Leistungen nach § 22 Abs. 1 Satz 2 BSHG in Betracht
kamen (vgl. auch ThürLSG, Beschluss vom 15.06.2005, - L 7 AS 261/05 ER. In der Rechtsprechung ist mittlerweile
auch geklärt, dass die anfallenden notwendigen Kosten eines Hilfeempfängers für den Besuch seiner Kinder auch
unter der Geltung des SGB XII nicht bereits typischerweise durch den Regelsatz (§ 28 Abs. 1 Satz 1 SGB XII)
abgedeckt sind. Vorliegend kann eine atypische Bedarfslage angenommen werden, die grundsätzlich die Anwendung
des § 73 SGB XII (Hilfe in sonstigen Lebenslagen) rechtfertigt. Erforderlich ist nur das Vorliegen einer besonderen
Bedarfslage, die eine gewisse Nähe zu den speziell in den §§ 47 bis 74 SGB XII geregelten Bedarfslagen aufweist
und dadurch eine Aufgabe von besonderem Gewicht darstellt. Eine derartige Bedarfslage ist in der mit der Trennung
der Eltern verbundenen besonderen Schwierigkeit der Aufrechterhaltung des Umgangs der Kinder mit dem nicht
sorgeberechtigten Elternteil bei unterschiedlichen, voneinander entfernt liegenden Wohnorten zu sehen (vgl. BSG,
Urteil vom 7. November 2006, Az.: B 7 b AS 14/06 R, Thüringer LSG, Beschluss vom 12.11.2007, Az. L 8 SO90/07
ER). Bei Vorliegen einer solchen Bedarfslage steht es nicht im Ermessen der Beklagten, die beantragten Leistungen
grundsätzlich zu versagen, das "Ob" der Leistungsbewilligung zu verneinen (Adolph in Linhart/Adolph, Kommentar
zum SGB II, SGB XII, 2. Ordner, § 73 Rdnr. 18). Die Hilfe muss jedoch den Einsatz öffentlicher Mittel rechtfertigen.
Daraus folgt, dass auch im Rahmen des § 73 SGB XII nur Leistungen gewährt werden können, die sich in das
System der Sozialhilfe einordnen lassen, insbesondere nicht mit ihren allgemeinen Prinzipien kollidieren (vgl.
Thüringer LSG, Beschluss vom 12.11.2007, Az. L 8 SO90/07 ER, Schellhorn in Schellhorn/Hohm, Kommentar zum
Sozialgesetzbuch XII, 17. A., § 73 Rdnr. 5). Das Bundesverfassungsgericht hat die Frage nach dem "Ob" der
Leistungsbewilligung für die Übernahme von Kosten des Umgangsrechts des nicht sorgeberechtigten Elternteils mit
seiner Entscheidung vom 25. Oktober 1994 (Az.: 1 BvR 1197/93) beantwortet. Hiernach muss die Ausübung des
Umgangsrechts durch den nicht sorgeberechtigten Elternteil im Falle seiner Sozialhilfebedürftigkeit dem Grunde nach
mit Mitteln der Sozialhilfe ermöglicht werden. D.h., dass dem Kläger grundsätzlich ein Anspruch auf Herstellung des
Umgangsrechts zusteht. Jedoch besteht dieser Anspruch nicht unumschränkt. Denn dieser Anspruch darf, wie
dargelegt, nicht mit den weiteren Prinzipien der Sozialhilfe kollidieren. D.h., dass die Herstellung des Umgangsrechts
den Einsatz öffentlicher Mittel rechtfertigen muss. Dies ist dann nicht der Fall, wenn die räumliche Entfernung zu der
Familie/Kindern sehr groß ist und die Herstellung des Umgangsrechts mit erheblichen Kosten für die öffentliche Hand
verbunden ist. Soweit das Bundessozialgericht in der zitierten Entscheidung davon spricht, dass auch hinsichtlich des
Umgangsrechtes mit den Kindern über § 73 SGB XII keine unbeschränkte Sozialisierung von Scheidungsfolgekosten
möglich sei, bezieht sich das in dieser Entscheidung darauf, ob Kosten notwendigerweise in der Person des das
Umgangsrecht wahrnehmenden Elternteiles entstehen oder nicht vielmehr zu vermeiden wären, weil beispielsweise im
beschriebenen Fall die Kinder ein Alter erreicht hatten, in denen sie ihren Vater auch ohne dessen Begleitung hätten
besuchen können. Allerdings hat auch das Bundesverfassungsgericht in seiner zitierten Entscheidung schon darauf
hingewiesen, dass hinsichtlich der Art und Weise der Ermöglichung des Umgangsrechtes dann eine einschränkende
Betrachtung gerechtfertigt sein kann, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass das Umgangsrecht
missbräuchlich in Anspruch genommen wird, (vgl. ThürLSG, Beschluss vom 12.11.2007, L 8 SO 90/07 ER). Das
Bundessozialgericht hat in der angegebenen Entscheidung weiter ausgeführt, dass bei der Ermessensleistung nach §
73 SGB XII zu beachten sei, ob bzw. inwieweit die geltend gemachten Fahrtkosten überhaupt notwendigerweise
anfielen. Dies gelte insbesondere für die Fahrtkosten, die dem Umgangsberechtigten selbst entstehen, um die Kinder
abzuholen. Dabei würden sich die Fahrtkosten in dem vom BSG zu entscheidenden Fall in einem Bereich bewegen,
der den Einsatz öffentlicher Mittel noch rechtfertige. Etwas anderes würde jedoch bei außergewöhnlich hohen Kosten
gelten. Auch hinsichtlich des Umgangsrechts mit den Kindern sei über § 73 SGB XII keine unbeschränkte
Sozialisierung von Scheidungsfolgenkosten möglich. Unter Berücksichtigung dieser Erwägungen steht dem Kläger ein
Anspruch auf Herstellung des Umgangsrechts mit seiner Tochter in K. zu.
Voraussetzung für die Anwendung des § 73 SGB XII auf Bezieher von SGB II-Leistungen ist, wie dargelegt, eine
atypische Bedarfslage. Eine derartige Bedarfslage kann mit den mit der Scheidung der Eltern verbundenen
besonderen Schwierigkeiten der Aufrechterhaltung des Umgangs der Kinder mit dem nicht sorgeberechtigten Elternteil
bei unterschiedlichen, von einander entfernt liegenden Wohnorten begründet werden (BSG, a. a. O., m. w. N.). Dieser
Tatbestand liegt hier vor.
Es besteht ein besonderer Bedarf für die Aufrechterhaltung des Umgangs des Klägers mit seiner in K. lebenden
Tochter. Das Umgangsrecht kann nur dann gesichert werden, wenn der Kläger seine Tochter in K.entsprechend der
Vereinbarung der Eltern, dass der Kläger seine Tochter jederzeit besuchen kann, besucht.
Aus diesen Gründen besteht ein Anspruch des Klägers darauf, die nachgewiesenen und günstigsten Fahrtkosten zum
Besuch seiner Tochter in K. zu erhalten.
Auch die weiteren Voraussetzungen eines Anspruchs aus § 73 SGB XII liegen vor. Insbesondere hat der Kläger
unbestritten dargelegt, dass ihm keine weiteren finanziellen Mittel zur Verfügung stehen, um die Fahrtkosten für die
Sicherung des Umgangsrechtes mit seiner in K. lebenden Tochter aufzubringen. Ausweislich seiner Angaben verfügt
er lediglich über finanzielle Mittel in Form von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II.
Weiteres Einkommen sowie Vermögen hat er nach seinen Angaben nicht. Die Kammer hat keine Anhaltspunkte dafür,
dass diese Angaben nicht zutreffen. Der Kläger hat in der Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen
Verhältnisse im Rahmen des Prozesskostenhilfeverfahrens seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse
ausreichend glaubhaft gemacht.
Der Kläger hat auch glaubhaft dargelegt, dass er das Umgangsrecht seit der Trennung der Eltern ausgeübt hat.
Dieses Umgangsrecht hat er allerdings mangels genügender finanzieller Mittel bisher nur in W. ausgeübt, wenn sich
seine Tochter bei den Großeltern mütterlicherseits aufgehalten hat. Er hat dargelegt, dass er bisher nicht in der Lage
war und ist, die Fahrtkosten nach K. zu finanzieren. Er lebt von Arbeitslosengeld II. Ein Missbrauch ist nicht zu
erkennen. Der Kläger hat aber nicht unbedingt einen Anspruch auf eine Leistungsgewährung als Zuschuss. Die
beantragten Geldleistungen können nach § 73 Satz 2 SGB XII als Beihilfe oder als Darlehen erbracht werden. Ob der
Leistungsträger eine nach Satz 1 der Vorschrift zu gewährende Geldleistung als Beihilfe oder als Darlehen erbringt,
liegt hierbei in seinem freien Ermessen, vgl. Thüringer LSG, Beschluss vom 12.11.2007, Az. L 8 SO90/07 ER. Dem
schließt sich die Kammer an. Im Rahmen der Ermessensentscheidung, die die Beklagte nach alledem gemäß § 73
SGB XII noch zu treffen hat, sind von ihr grundsätzlich nur die Kosten für die jeweils preisgünstigste zumutbare
Fahrgelegenheit zugrunde zu legen (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 27.10.2006, Az.: L 7 AS 4806/06
ER-B). Ein Kostenvorschuss bzw. eine Kostenerstattung kommt selbstverständlich nur insoweit in Betracht, als der
Kläger nachweist, dass er zu den von ihm angegebenen Terminen nicht nur tatsächlich zum Wohnort seiner Tochter
gefahren ist, sondern dass diese Fahrten auch wirklich zu Besuchszwecken, und nicht vorrangig zwecks
Wahrnehmung von Gerichts- oder Gutachterterminen oder aus anderen Gründen vorgenommen wurden. Durch die
vom Gericht eingeholte Auskunft vom Kläger sind bisher jedenfalls nur Besuchstermine im fraglichen Zeitraum
nachgewiesen, die in W. stattfanden, ohne dass Fahrtkosten entstanden sind. Bei der Ausübung ihres Ermessens
wird die Beigeladene schließlich auch zu berücksichtigen haben, dass § 73 SGB XII eine Leistungsgewährung nur
insoweit vorsieht, als der Einsatz öffentlicher Mittel gerechtfertigt ist. Hieraus dürfte sich auch eine gewisse, wenn
auch nur geringe Selbstbeteiligung des Klägers an den Fahrtkosten herleiten lassen, bei der die Wahrnehmung des
Umgangsrechts noch nicht als unzumutbar erscheint. Auch ist zu berücksichtigen, dass das Umgangsrecht nicht
unbeschränkt sozialisiert werden kann. Bei der großen Entfernung zwischen dem Wohnort des Klägers und dem der
Tochter wird das Umgangsrecht nicht wöchentlich oder monatlich hergestellt werden können nach § 73 SGB XII,
sondern es wird sich, wie der Kläger selbst vorgetragen hat, auf bestimmte Feiertage (wie Ostern und Weihnachten)
und Teile der Schulferien beschränken müssen. Soweit die Beklagte Fahrtkosten als Darlehen bewilligen will, hat sie
in ihre Ermessenentscheidung miteinzubeziehen, ob der Kläger aufgrund seiner finanziellen Situation in der Lage ist
bzw. sein wird, das Darlehen, ohne dass sein Existenzminimum tangiert wird, in zumutbarer Zeit zurückzahlen kann
bzw. durch die Darlehensgewährung die Wahrnehmung des Umgangsrechts nicht unzumutbar wird. Im Übrigen, soweit
der Antrag unbedingt auf Bewilligung als Zuschuss gestellt war, war die Klage aus den vorgenannten Gründen
abzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.