Urteil des SozG Gotha vom 01.12.2008

SozG Gotha: verantwortlichkeit, auflage, erwerbsfähigkeit, befund, verwaltungsakt, arbeitsmarkt, anhörung

Sozialgericht Gotha
Urteil vom 01.12.2008 (rechtskräftig)
Sozialgericht Gotha S 14 SO 2289/07
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin bezog seit Januar 2006 Leistungen nach dem SGB XII.
Auf Ersuchen der Beklagten teilte der Rentenversicherungsträger mit Schreiben vom 11.04.2007 mit, dass die in § 41
Abs. 1 Nr. 2 SGB XII i. d. F. bis 06. Dezember 2006 genannten Voraussetzungen nicht vorlägen, weil die Klägerin
unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes noch mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig
sein kann. Die Feststellung erfolgte nach zwei oder mehreren Untersuchungen. Auf das internistische-
pneumologische-allergologische Gutachten der Frau Dr. S. vom Juli 2005, den Befundbericht des Dr. K. und das
Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. Sp. vom 10.02.2006 wird Bezug genommen.
Mit Bescheid vom 24.04.2007 stellte die Beklagte nach vorheriger Anhörung die nach den Bestimmungen des SGB
XII gewährten Leistungen zum 01.05.2007 ein.
Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch. Unter dem 29.04.2007 stellte die Klägerin einen Antrag auf Hilfe zum
Lebensunterhalt nach den Bestimmungen des SGB XII. Dieser Antrag wurde mit Bescheid der Beklagten vom
21.05.2007 abgelehnt. Hiergegen erhob die Klägerin wiederum Widerspruch. Die Beklagte wies den Widerspruch
gegen den Bescheid vom 24.04.2007 mit Widerspruchsbescheid vom 13.06.2007 unter Bezugnahme auf die
Feststellungen des Rententrägers zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 20.06.2007 Klage erhoben, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgt. Sie legte eine
Stellungnahme des Dr. K. vom 27.02.2006 vor, dass sie zu 100% Erwerbsunfähig sei. Auch bezog sie sich auf eine
Stellungnahme von Dr. S. für die Bundesagentur für Arbeit vom 11.06.2007. Dieser komme zu dem Ergebnis, dass
keine ausreichende Belastbarkeit für eine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bestehe.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 24.04.2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom
13.06.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin über den 31.05.2007 hinaus
Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie sei an die Feststellungen der Deutschen Rentenversicherung gebunden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen
Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Aufhebung der angefochtenen Bescheide. Diese sind rechtmäßig und verletzen
die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Grundsicherung bei Erwerbsminderung können nur diejenigen erhalten nach § 41 SGB XII, die 1. das 65. Lebensjahr
vollendet haben oder die 2. das 18. Lebensjahr vollendet haben, unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage voll
erwerbsgemindert im Sinne von § 43 Abs. 2 SGB VI sind und bei denen unwahrscheinlich ist, dass die volle
Erwerbsminderung behoben werden kann. Diese Voraussetzungen erfüllt die Klägerin nicht. Denn der
Rentenversicherungsträger, an dessen Entscheidung der Beklagte kraft ausdrücklicher gesetzlicher Regelung des §
45 Abs. 1 S. 2 SGB XII gebunden ist, hat den Sachverhalt zureichend ermittelt. Sie hat aufgrund zweier Gutachten
und einem Befundbericht festgestellt, dass die Klägerin noch mindestens drei Stunden erwerbstätig sein kann.
Die Beklagte muss sich keine mangelhafte Aufklärung des Sachverhalts durch den Rentenversicherungsträger
zurechnen lassen. Insoweit kann dahin stehen, ob und in welchem Umfang die Beklagte, die grundsätzlich nicht
befugt ist, zur Feststellung der Erwerbsminderung neben dem Rentenversicherungsträger eigene Ermittlungen
anzustellen, nach den allgemeinen Regeln der Sachverhaltsermittlung (§ 20 SGB X) berechtigt und ggf. verpflichtet
war, den Rentenversicherungsträger zu weiteren Ermittlungen anzuhalten und ob dem Beklagten der Vorwurf
mangelnder Nachfrage und mangelnden Einwirkens auf den Rentenversicherungsträger im Rahmen der diesem
obliegenden Prüfung der Erwerbsminderung der Klägerin zu machen ist. Die Rentenversicherung hat den Sachverhalt
aufgeklärt. Sie hat die Klägerin begutachtet und ist dann zu dem genannten Ergebnis gelangt, welches sie der
Beklagten mitgeteilt hat. Zwar liegt die Verantwortlichkeit nach Außen beim Sozialhilfeträger. Die Feststellung des
Rentenversicherungsträgers selbst ist kein Verwaltungsakt, sondern eine verfahrensrechtliche Mitteilung zwischen
Rentenversicherungs- und Sozialhilfeträger, die den Sozialhilfeträger bindet, aber nicht selbstständig angegriffen
werden kann (vgl. Wenzel, Fichtner/Wenzel, Grundsicherung, 3. Aufl., § 45 Rn. 4). Klagen der Leistungsberechtigten,
die mit dem vom Rentenversicherungsträger ermittelten Befund nicht einverstanden sind, sind gegen den vom
Sozialhilfeträger erlassenen Ablehnungsbescheid zu richten (Grube/Wahrendorf, SGB XII, 2. Auflage, § 45, Rn. 7).
Hiermit korrespondiert die alleinige Verantwortlichkeit des Sozialhilfeträgers für die Ermittlungen und Feststellungen
des Rentenversicherungsträgers.
Hier ist der Beklagten aber nicht vorzuwerfen, dass sie die Rentenversicherung nicht zu eigenen Untersuchungen
veranlasst hat und diese überprüft hat. Hierzu bestand keine Veranlassung. Es bestand aufgrund der von der
Rentenversicherung vorgenommenen Untersuchungen auch keine Veranlassung, selbst weitere Untersuchungen in
Auftrag zu geben.
Dies gilt auch nicht im Hinblick auf die von der Klägerin vorgelegten ärztlichen Stellungnahmen. Diese waren zum Teil
älteren Datums und hatten nicht die Erwerbsfähigkeit der Klägerin zu begutachten. Nicht jeder Schwerbehinderte bzw.
Arbeitsunfähige ist auch gleichzeitig voll erwerbsunfähig. Insofern war auf diese Stellungnahmen der Dres. K. und S.
nicht weiter einzugehen.
Die Klage war infolgedessen abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 SGG.