Urteil des SozG Gelsenkirchen vom 26.05.2008

SozG Gelsenkirchen: zuschuss, pflege, umbau, verwaltungsverfahren, ermessen, erleichterung, form, wirtschaftlichkeitsgebot, berechtigung, dusche

Sozialgericht Gelsenkirchen, S 3 KN 12/08 P
Datum:
26.05.2008
Gericht:
Sozialgericht Gelsenkirchen
Spruchkörper:
3. Kammer
Entscheidungsart:
Gerichtsbescheid
Aktenzeichen:
S 3 KN 12/08 P
Sachgebiet:
Pflegeversicherung
Rechtskraft:
rechtskräftig
Tenor:
Sozialgericht Gelsenkirchen Az.: S 3 KN 12/08 P Im Namen des Volkes
Gerichtsbescheid I Die Klage wird abgewiesen. Kosten haben die
Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Tatbestand:
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Die Beteiligten streiten hinsichtlich der Gewährung eines Zuschusses für eine
wohnumfeldverbessernde Maßnahme.
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Die 1925 geborene Klägerin bezieht von der Beklagten Leistungen nach der Pflegestufe
I. Am 03.03.2007 stellte sie bei der Beklagten einen Antrag auf Zuschuss zum bereits
erfolgten Umbau des Badezimmers, weil sie die Eingangstür mit dem Rollator nicht
passieren könne und eine ebenerdige Dusche benötige. Die Beklagte holte ein
Gutachten des Sozialmedizinischen Dienstes (SMD) ein. In ihrem Gutachten vom
02.08.2007 stellte die Gutachterin Pflegefachkraft C nach einem Hausbesuch fest, dass
mit Hilfe eines Badewannenlifters der Einstig in die Badewanne noch möglich gewesen
sei. Die Klägerin sei nur nachts wegen Schwindelerscheinungen auf einen Rollator
angewiesen und dann wäre ein Toilettenstuhl ausreichend gewesen. Die beantragte
Maßnahme sei demnach nicht erforderlich gewesen. Mit Schreiben vom 06.08.20074
lehnte die Beklagte daher den Antrag ab. In ihrem Widerspruch wies die Klägerin darauf
hin, dass das alte Badezimmer zu eng gewesen sei. Die Beklagte wies den
Rechtsbehelf mit Widerspruchsbescheid vom 29.01.2008 zurück.
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Mit der am 29.02.2008 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihren Anspruch weiter. Sie
meint, dass durch den Badezimmerumbau die häusliche Pflege ermöglicht und
erheblich erleichtert worden und eine möglichst selbständige Lebensführung hergestellt
worden sei.
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Die Klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
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die Beklagte zu verurteilen, den Antrag auf Gewährung eines Zuschusses zur
Verbesserung des individuellen Wohnumfelds unter Beachtung der Rechtsauffassung
des Gerichts neu zu bescheiden.
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Die Beklagte beantragt schriftsätzlich ,
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die Klage abzuweisen.
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Sie beruft sich auf die Begründung von Bescheid und Widerspruchsbescheid.
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Den Beteiligten ist die Möglichkeit zur Stellungnahme zum beabsichtigten
Gerichtsbescheid gegeben worden.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen
auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze, die den Beteiligten übersandten
ärztlichen Äußerungen und die Verwaltungsakte der Beklagten. Alle diese Unterlagen
haben dem Kammervorsitzenden bei der Entscheidung vorgelegen.
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Entscheidungsgründe:
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Die Berechtigung des Kammervorsitzenden, über den Rechtsstreit ohne mündliche
Verhandlung und ohne Urteil durch Gerichtsbescheid zu entscheiden, folgt aus §§ 12
und 105 SGG. Die Sache weist keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder
rechtlicher Art auf und der Sachverhalt ist geklärt. Die Beteiligten sind dazu gehört
worden.
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Die statthafte Klage ist form- und fristgerecht erhoben und daher zulässig. In der Sache
selbst ist jedoch nicht begründet. Die angefochtene Verwaltungsentscheidung der
Beklagten ist nicht rechtswidrig und die Klägerin dadurch nicht im Sinne von § 54 Abs. 2
Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert. Die Klägerin hat gegen die Beklagte
keinen Anspruch auf einen Zuschuss wegen einer Maßnahme zur Verbesserung des
individuellen Wohnumfeldes. Entgegen der Ansicht der Klägerin sind die
tatbestandlichen Voraussetzungen für einen Zuschuss im vorliegenden Fall nicht erfüllt.
Dies ergibt sich zur Überzeugung der Kammer aus dem urkundsbeweislich gewürdigten
Gutachten aus dem Verwaltungsverfahren. Maßgebend ist insoweit der Zeitpunkt der
Durchführung der Umbauarbeiten, wenn der Zuschuss nachträglich beantragt wird, bzw.
der Zeitpunkt der Antragstellung, wenn die Umbauarbeiten erst danach durchgeführt
worden sind oder werden sollen (BSG Urteil vom 19.04.2007 B 3 P 8/06 R). Nach § 40
Abs. 4 SGB XI steht es im Ermessen der Pflegekasse, ob sie subsidiär finanzielle
Zuschüsse zur Verbesserung des Wohnumfelds gewährt. Voraussetzung dafür ist
zunächst, dass dadurch die häusliche Pflege ermöglich oder erheblich erleichtert oder
eine möglichst selbständige Lebensführung des Pflegebedürftigen wiederhergestellt
wird. Bei der Prüfung dieser Rechtsbegriffe ist das Wirtschaftlichkeitsgebot in § 29 SGB
XI zu beachten. Durch den Badumbau wurde die auch schon vorher durchgeführte
Pflege nicht erst ermöglicht. Im Fall der Klägerin bewirkte der Badumbau auch keine
erhebliche Erleichterung der Pflege. Denn nach einer für das Gericht nachvollziehbaren
gutachterlichen Beurteilung war das Baden mit Hilfe von einem Badewannenlifter
möglich und nachts hätte von der Klägerin ein Toilettenstuhl benutzt werden können.
Sie musste zur Nachtzeit nicht zwingend mit dem Rollator durch die zu enge
Badezimmertüre. Die beiden Hilfsmittel Badewannenlifter und Toilettenstuhl wären
deutlich wirtschaftlicher als es ein Badumbau für 4600 EUR gewesen ist. Die Klägerin
hat die Beurteilung der Gutachterin hinsichtlich der möglichen und zumutbaren
Einsetzbarkeit von Badewannenlifter und Toilettenstuhl nicht entkräften können. Dass
der Umbau des Bades nicht geeignet war, der Klägerin eine selbständige
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Lebensführung zu ermöglichen, bedarf keiner näheren Ausführungen. Die Klägerin ist
dadurch nicht selbständiger geworden. Ihr Pflegebedarf hat sich nicht verringert und sie
ist folglich immer noch in Pflegestufe I eingestuft.
Die Kostenentscheidung der Klage beruht auf § 193 SGG.
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