Urteil des SozG Gelsenkirchen vom 22.01.2009

SozG Gelsenkirchen: vorführung, heimat, ausreise, delegation, zusammensetzung, kritik, abschiebung, besitz, guinea, unterlassen

Sozialgericht Gelsenkirchen, S 12 (2,12,2) AY 7/07
Datum:
22.01.2009
Gericht:
Sozialgericht Gelsenkirchen
Spruchkörper:
12. Kammer
Entscheidungsart:
Gerichtsbescheid
Aktenzeichen:
S 12 (2,12,2) AY 7/07
Sachgebiet:
Sozialhilfe
Rechtskraft:
rechtskräftig
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die
Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Tatbestand:
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Der Kläger ist seit dem 22.07.2003 vollziehbar zur Ausreise verpflichtet. Mit
Ordnungsverfügung der Ausländerbehörde vom 24.01.2006 wurde er zur Mitwirkung bei
der Passbeschaffung aufgefordert. Bemühungen zur Beschaffung von Identitätspapieren
in seiner Heimat sind nach seinem Vortrag mangels naher Verwandten aussichtslos.
Terminen zur Vorführung gegenüber Delegationen des guineischen Außenministeriums
in den Räumen der ZAB Dortmund entzieht sich der Kläger bisher erfolgreich durch
Untertauchen. Er bezeichnet diese Delegation als rechtswidrig. Mit Bescheid vom
17.11.2006 kürzte die Beklagte die Leistungen nach § 1a Nr. 2 AsylbLG auf das
unabweisbar gebotene Maß. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte
mit Widerspruchsbescheid vom 19.01.2007 zurück.
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Der Kläger hat am 01.03.2007 Klage erhoben und Prozesskostenhilfe beantragt.Diese
ist mit bindendem Beschluss vom 30.10.2008 abgelehnt worden.
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Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß, den Bescheid der Beklagten vom
17.11.2006 und den Widerspruchsbescheid vom 19.01.2007 aufzuheben.
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Die Beklagte beantragt schriftsätzlich, die Klage abzuweisen.
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Den Beteiligten ist die Möglichkeit zur Stellungnahme zum beabsichtigten
Gerichtsbescheid gegeben worden.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Streitakte
und der beigezogenen Akte der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen haben
dem Kammervorsitzenden bei der Entscheidung vorgelegen.
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Entscheidungsgründe:
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Die Berechtigung des Kammervorsitzenden, über den Rechtsstreit ohne mündliche
Verhandlung und ohne Urteil zu entscheiden, folgt aus §§ 12 und 105 SGG. Die Sache
weist keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art auf und der
Sachverhalt ist geklärt. Die Beteiligten sind dazu gehört worden. Die statthafte Klage ist
form- und fristgerecht erhoben und daher zulässig. In der Sache selbst ist sie jedoch
nicht begründet. Die angefochtene Verwaltungsentscheidung ist rechtmäßig. Die
Beklagte hat mit Bescheid und Widerspruchsbescheid zutreffend die dem Kläger
gewährten Leistungen nach § 1a AsylbLG auf das unerlässlich gebotene Maß gekürzt.
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Die Absenkung der Leistung gemäß § Aa AsylbLG auf das unabweisbar gebotene Maß
hat zu erfolgen, wenn gegenüber einem Leistungsberechtigten aufenthaltsbeendende
Maßnahmen aus von ihm zu vertretenden Gründen nicht vollzogen werden können. Das
ist u.a. bei verschuldeter Passlosigkeit der Fall, also immer dann, wenn die Beschaffung
eines Nationalpasses oder eines Passersatzpapiers aufgrund von Umständen scheitert
oder verzögert wird, die in der Verantwortungssphäre des Ausländers liegen. In der
Gesetzesbegründung zu § 1a AsylbLG wird die fehlende Mitwirkung bei der
Passbeschaffung ausdrücklich als Beispiel eines vom Ausländer zu vertretenden
Grundes genannt (BT-Drucksache 13/10155, S. 5). Die Verpflichtung des Klägers zur
Passbeschaffung ergibt sich unmittelbar aus der gesetzlichen Regelung in § 48 Abs. 3
Aufenthaltsgesetz.
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Es kann dahin stehen, ob der Kläger sich Identitätspapiere in seiner Heimat besorgen
könnte und bereits durch das Unterlassen entsprechender Bemühungen
aufenthaltsbeendende Maßnahmen (Abschiebung) verhindert. Diese verhindert er
zumindest dadurch, dass er sich einer Vorführung gegenüber Mtairbeitern des
guineischen Außenministeriums zwecks Feststellung seiner Identität entzieht.
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Dabei ist es rechtlich irrelevant, ob die Kritik des Klägers an der Zusammensetzung der
guineischen Delegation gerechtfertigt ist. Maßgebend ist alleine, dass der Kläger durch
die geplante Vorführung in den Besitz eines Passes oder Passersatzpapiers als
Grundlage für eine Ausreise in sein Heimatland nach Guinea kommen könnte. Diese
Möglichkeit verhindert er durch sein Verhalten. Mit angeblichen kriminellen
Machenschaften von Delegationsmitgliedern kann der Kläger sein Verhalten nicht
rechtfertigen. Niemand kann die Erfüllung von rechtlichen Verpflichtungen davon
abhängig machen, dass die für einen Staat handelnden Personen sich selber rechtlich
einwandfrei verhalten. Man kann auch nicht die Zahlung seiner Steuern mit der
Begründung verweigern, dass der Sachbearbeiter des Finanzamts ein Dieb oder
Betrüger sei.
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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
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