Urteil des SozG Gelsenkirchen vom 16.06.2005

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Sozialgericht Gelsenkirchen, S 11 AS 44/05 ER
Datum:
16.06.2005
Gericht:
Sozialgericht Gelsenkirchen
Spruchkörper:
11. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
S 11 AS 44/05 ER
Sachgebiet:
Grundsicherung für Arbeitssuchende
Rechtskraft:
nicht rechtskräftig
Tenor:
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
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Der von der Antragstellerin zur Niederschrift gestellte Antrag,
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die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, ihr laufende
Hilfe zum Lebensunterhalt gemäß dem Bescheid vom 14.03.2005 in voller Höhe zu
gewähren,
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hat keinen Erfolg.
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Nach § 86b Abs. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige
Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass
durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts
des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Satz 1).
Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in
Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur
Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2). Die hier begehrte
Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG setzt die Glaubhaftmachung des
streitigen Rechtsverhältnisses voraus, aus dem der Antragsteller eigene Rechte –
insbesondere Leistungsansprüche – ableitet (Anordnungsanspruch). Ferner ist
erforderlich, dass die besonderen Gründe für die Notwendigkeit der Gewährung
vorläufigen Rechtsschutzes (Anordnungsgrund) vom jeweiligen Antragsteller glaubhaft
gemacht werden. Dies ist im Rahmen einer summarischen Prüfung zu bestimmen (vgl.
Grieger, ZfSH/SGB, 2004, 579 (583), Berlit, info also 2005, 3 (4 f.).
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Der Antrag ist teilweise unzulässig und teilweise unbegründet.
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Der Antrag ist unzulässig, soweit die Antragstellerin vorträgt, seit dem 02.05.2005 aus
der zuvor gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten bewohnten Wohnung ausgezogen zu
sein und vor diesem Hintergrund höhere Leistungsansprüche geltend macht. Ebenso
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wie im Hauptsacheverfahren müssen in Verfahren auf Gewährung vorläufigen
Rechtsschutzes die allgemeinen Prozessvoraussetzungen vorliegen (vgl. nur Düring in
Jansen, SGG, 1. Auflage 2003, § 86b Rdnr. 2). Ein Rechtsschutzbedürfnis kann die
Kammer insoweit nicht feststellen. Das Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag auf
Erlass einer einstweiligen Anordnung fehlt in aller Regel, wenn der Antragsteller nicht
zuvor bei der zuständigen Behörde sein Anliegen vorgetragen bzw. entsprechende
Leistungen konkret beantragt hat (vgl. hierzu Kopp/Schenke, VwGO, 1. Auflage 2003, §
123, Rdnr. 22 mit zahlreichen weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung der
Verwaltungsgerichte; Krodel, das sozialgerichtliche Eilverfahren, 1. Auflage 2005, Rdnr.
29, m.w.N.). Die Antragstellerin hat den geänderten Sachverhalt – den Auszug aus der
zuvor gemeinsam bewohnten Wohnung - nicht zunächst der Antragsgegnerin mitgeteilt,
bzw. dort einen Änderungsantrag auf Gewährung höherer Leistungen gestellt, sondern
sich vielmehr sogleich an das Gericht gewandt. Das Antragserfordernis kann auch nicht
dadurch ersetzt werden, dass der Antragsgegnerin das Leistungsbegehren durch
Übermittlung der Antragsschrift bekannt gemacht worden ist (vgl. hierzu Berlit, info also
2005, 3 ff., m.w.N.).
Im Hinblick auf den erhobenen Anspruch auf Auszahlung der mit Bescheid vom
14.03.2005 zuerkannten Leistungen (Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts:
140,80 EUR - Kosten für Unterkunft und Heizung: 386,22 EUR für die Zeit vom
01.04.2005 bis 30.06.2005) fehlt es sowohl an einem Anordnungsanspruch als auch an
einem Anordnungsgrund. Ein Anordnungsanspruch liegt bereits deshalb nicht vor, weil
der entsprechende Gesamtbetrag in Höhe von 527,02 EUR mit befreiender Wirkung an
den ehemaligen Mitbewohner und Lebensgefährten der Antragstellerin ausgezahlt
worden ist. Dieser war als Vertreter der Bedarfsgemeinschaft nach § 38 Satz 1 des
Zweiten Buchs des Sozialgesetzbuches – SGB II – bevollmächtigt, Leistungen auch für
die mit ihm bis zum 01.05.2005 in einer Bedarfsgemeinschaft lebende Antragstellerin
entgegen zu nehmen. Darüber hinaus ist für die von der Antragstellerin für den Monat
April 2005 zu geltend gemachten Leistungen kein Anordnungsgrund erkennbar. Denn
sie hat ihren Antrag am 09.05.2005 erhoben; Leistungen für die Vergangenheit können
– abgesehen von hier nicht einschlägigen Ausnahmen – nicht im Wege einstweiliger
Anordnung geltend gemacht werden, denn ein Anordnungsgrund liegt nur vor, wenn
Eilbedürftigkeit im Sinne einer dringenden und gegenwärtigen Notlage vorliegt, die eine
sofortige Entscheidung unumgänglich macht (vgl. hierzu Verwaltungsgericht – VG –
Gelsenkirchen, Beschluss vom 06.11.2000 – Az.: 3 L 2178/00 und Beschluss vom
23.01.2003 – Az.: 2 L 2994/02, m.w.N.). Im Übrigen ist der Antrag – was die Zeit ab
Antragstellung betrifft – unzulässig, nachdem die Antragsgegnerin nicht vorher mit dem
Begehren befasst worden ist (s.o.).
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Die Kammer teilt schließlich nicht die Auffassung der Antragsgegnerin, dass sich der
Antrag gegen eine von der Bundesagentur für Arbeit vorgenommene
Leistungseinstellung ("Arbeitslosengeld I") wegen eines Meldeversäumnisses bezieht.
Ausweislich ihres Antrages hat sie die Auszahlung von Leistungen aus dem Bescheid
der Antragsgegnerin vom 14.03.2005 beantragt. Allerdings hat auch die Antragstellerin
zu einer Klärung nicht beitragen, nachdem sie mit gerichtlicher Verfügung vom
17.05.2005 – vergeblich – um Stellungnahme zu den Ausführungen der
Antragsgegnerin aufgefordert worden ist.
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Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
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