Urteil des SozG Frankfurt am Main vom 06.04.2009

SozG Frankfurt: geldwerter vorteil, arbeitsentgelt, sozialversicherung, alkohol, nummer, erwerb, barlohn, abrechnung, firma, verbrauch

Sozialgericht Frankfurt
Urteil vom 06.04.2009 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Frankfurt S 25 KR 636/06
Hessisches Landessozialgericht L 8 KR 168/09
1. Der Bescheid vom 4. November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. August 2006 wird
aufgehoben.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens und die außergerichtlichen Kosten des Klägers.
3. Der Streitwert wird auf 3.754,68 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Beitragspflicht von sogenannten Restaurantschecks.
Der Kläger ist Inhaber einer Steuerberaterkanzlei. In den Jahren 2002 bis 2004 gewährte er seinen Arbeitnehmern pro
Monat bis zu 15 Restaurantschecks der Firma S. P. GmbH mit einem Einlösungswert von 5,00 EUR. In Höhe des
Sachbezugswerts für eine Mahlzeit führte der Kläger pauschal die Lohnsteuer ab. Die Restaurantschecks konnten nur
bei den Akzeptanzpartnern der Firma S. P. GmbH eingelöst werden. Diese hatte über die Einlösung solcher Schecks
Verträge mit Restaurants, Gastronomiebetrieben innerhalb bestimmter Märkte, Einkaufszentren und sonstiger
Verkaufshäuser sowie Lebensmittelketten abgeschlossen. Wegen der Einzelheiten der vertraglichen Bestimmungen
zwischen dem Emittenten der Restaurantschecks und den Lieferanten sowie dem Kläger wird auf den "Vertrag zur
Abrechnung von S. P. Dienstleistungsschecks Restaurant Scheck & Geschenk Scheck" (Blatt 38 bis 39 der
Gerichtsakte) und den "Vertrag zum Erweb von S. P. Restaurant Schecks" vom 29. Januar 2003 (Blatt 40 der
Gerichtsakte) verwiesen. Auf den Restaurantschecks ist folgender Hinweis vermerkt: "Nur zum Erwerb von
Mahlzeiten (nur ein Scheck pro Arbeitstag). Nicht gültig für Alkohol, Tabakwaren, "Non Food" und ähnliches. Keine
Einlösung/Rückgabe von Bargeld. Nicht übertragbar. Bei Missbrauch keine Bezahlung. Bei Verlust kein Ersatz. Jede
Nachmachung wird gesetzlich verfolgt. Nur einlösbar bei angeschlossenen Akzeptanzstellen/Vertragspartnern."
Aufgrund einer Betriebsprüfung nach § 28 p Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die
Sozialversicherung - (SGB IV) vom 7. September 2005 über den Prüfzeitraum vom 1. Mai 2001 bis 31. Dezember
2004 forderte die Beklagte mit Bescheid vom 4. November 2005 Gesamtsozialversicherungsbeiträge in Höhe von
3.754,68 EUR auf die Restaurantschecks für die Jahre 2002 bis 2004 von dem Kläger nach. Die Voraussetzungen für
die Zahlung eines steuer- und damit sozialversicherungsfreien Arbeitgeberzuschusses seien nicht erfüllt. Der Kläger
könne nicht sicherstellen und nachweisen, dass die Arbeitnehmer die Restaurantschecks ausschließlich für
arbeitstäglich eine Mahlzeit verwenden.
Hiergegen erhob der Kläger am 2. Dezember 2005 Widerspruch und machte geltend, alle Voraussetzungen nach R 31
Abs. 7 Nr. 4 der Lohnsteuerrichtlinien (LStR) 2002/2004 seien erfüllt. Nach der Vertragsvereinbarung der Firma S.
GmbH dürften die Akzeptanzstellen ausschließlich Gutscheine für Mahlzeiten annehmen. Die Arbeitnehmer seien
darauf hingewiesen worden, wie eine vertragskonforme Nutzung der Restaurantschecks zu erfolgen hat. Der Kläger
sei seinen Informations- und Fürsorgepflichten nachgekommen. Bereits die Bezeichnung als "Restaurantscheck"
lasse nicht erkennen, dass diese für anders geartete Einkäufe eingesetzt werden könnten. An den Nachweis der
Erfüllung der gesetzlichen Anforderungen sei wegen des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit geringe Anforderungen
zu stellen. Die bloße Unterstellung einer prinzipiell vertragswidrigen Abwicklung sei nicht gerechtfertigt, entsprechende
Indizien lägen nicht vor.
Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 23. August 2006 zurück. Zur
Begründung ihrer Entscheidung führte sie im Wesentlichen aus, dass die Voraussetzungen für die Zahlung eines
steuer- und beitragsfreien Arbeitgeberzuschusses zur arbeitstäglichen Verpflegung der Arbeitnehmer nicht erfüllt
seien. In Höhe des Verrechnungswertes der Restaurantschecks liege ein geldwerter Vorteil vor, der beitragspflichtig
zur Sozialversicherung sei. Der Kläger könne die bestimmungsgemäße Verwendung der Restaurantschecks im Sinne
der Nr. 1. von R 31 Abs. 7 Nr. 4 LStR 2002/2004 nicht nachweisen. Eine Verwendungskontrolle sei weder im
Abrechnungsverfahren durch die S. GmbH vorgesehen noch durch den Kläger als Arbeitgeber möglich. Ohne eine
solche Kontrollmöglichkeit bleibe die für die Schecks ausgesprochene Verwendungsbestimmung letztlich wirkungslos.
Faktisch könnten die Schecks beliebig eingelöst werden, ohne dass der Kläger davon erfahre. Die Regelungen in R 31
Abs. 7 LStR seien für die Aufwendungen der von dem Kläger eingesetzten Restaurantschecks der S. P. GmbH nicht
anwendbar, da es sich um Einkaufsgutscheine über einen bestimmten Geldbetrag zur Einlösung bei fremden Dritten
handele; sie könnten bei einer Vielzahl von Annahmestellen mit breitem Warenangebot eingesetzt werden, die mit
Gaststätten nicht mehr vergleichbar seien. Der mögliche Kauf von "Non Food" - Produkten sei gerade typisch für
derartige Supermärkte. Die Einlösung für andere Produkte als für die übliche arbeitstägliche Verpflegung sei nicht
wirksam ausgeschlossen. Die Ausgabe mit derart umfangreichen Einsatzmöglichkeiten stehe nicht mehr im Einklang
mit dem Sinn und Zweck der Regelung in R 31 Abs. 7 LStR (Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 28.
September 2000 – 11 K 380/98 und Urteil vom 11. Januar 2001 – 11 K 513/97).
Am 18. September 2006 hat der Kläger beim Sozialgericht Frankfurt am Main Klage erhoben. Er hat unter
Wiederholung und Vertiefung seines Vorbringens im Vorverfahren die Auffassung vertreten, dass die
Restaurantschecks nicht der Beitragspflicht zur Sozialversicherung unterliegen. Eine lediglich abstrakte
Missbrauchsgefahr könne die Versagung der Anwendung der Regelung der R 31 Abs. 7 Nr. 4 d LStR 2002/2004 nicht
begründen. Der Kläger und die Firma S. P. GmbH hätten in dem praktizierten System den höchstmöglichen Standard
an Schutz vor Missbrauchsmöglichkeiten installiert, der in einem System mit der Abgabe von Gutscheinen bei nicht
eigenhändiger Essensversorgung durch den Arbeitgeber möglich sei. Als Akzeptanzpartner seien ausschließlich
solche Unternehmen gewählt, die auch einen gastronomischen Bereich unterhalten. Reine Lebensmittelgeschäfte
ohne "Non Food" - Artikel seien praktisch überhaupt nicht mehr existent. Nach der Rechtsprechung des
Bundesfinanzhofs (BFH) und der gesetzlichen Regelung der R 31 Abs. 7 Nr. 4 d LStR 2002/2004 sei sowohl bei der
Geeignetheit der von den Arbeitnehmern erworbenen Lebensmitteln ein großzügiger Maßstab anzulegen (BFH, Urteil
vom 7. November 1975 – VI R 174/73 – BFHE 117, 72) als auch an den Nachweis der bestimmungsgemäßen
Verwendung der Schecks keine überzogenen Anforderungen zu stellen. Würde das von dem Kläger praktizierte
Restaurantscheck - System generell aus dem Anwendungsbereich der LStR R 31 ausgenommen, so wäre dies das
Ende jedweder Subventionierung von Mahlzeiten durch Arbeitgeber in Kleinbetrieben. Dies könne vom Gesetzgeber
auch unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung nicht gewollt sein und stehe nicht in Einklang mit der
Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs.
Der Kläger beantragt, den Bescheid vom 4. November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.
August 2006 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Bescheid aus den Gründen des Widerspruchsbescheids für zutreffend. Ausschlaggebend
sei die fehlende Kontrolle über die Einhaltung der Regeln bzw. ob die Einsetzung der Gutscheine tatsächlich für den
erlaubten Zweck verwendet wurden. Die Voraussetzungen der R 31 Abs. 7 Nr. 4 LStR 2002/2004 seien nicht erfüllt,
weil die Möglichkeit zum Erwerb anderer Produkte als von Mahlzeiten bestehe und eine Kontrolle auch seitens der
Akzeptanzpartner nicht vorgenommen werden. Die Beklagte unterstelle keinen Missbrauch der Arbeitnehmer. Es gehe
ausschließlich darum, dass die Verwendung der Schecks für Mahlzeiten nicht von dem Kläger überwacht worden sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Beteiligtenvorbringens wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung
war, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig. Sie ist auch sachlich begründet.
Der Bescheid vom 4. November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. August 2006 ist
rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Die Beklagte hat zu Unrecht
Gesamtsozialversicherungsbeiträge in der streitigen Höhe auf die Restaurantschecks gefordert. Die
Restaurantschecks, die der Kläger seinen Arbeitnehmern gewährte, unterliegen nicht als Arbeitsentgelt der
Sozialversicherungspflicht.
Nach § 14 Abs. 1 SGB IV sind Arbeitsentgelt alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung,
gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie
geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. § 17
Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB IV ermächtigt die Bundesregierung, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des
Bundesrates zur Wahrung der Belange der Sozialversicherung und der Arbeitsförderung, zur Förderung der
betrieblichen Altersversorgung oder zur Vereinfachung des Beitragseinzugs zu bestimmen, dass einmalige
Einnahmen oder laufende Zulagen, Zuschläge, Zuschüsse oder ähnliche Einnahmen, die zusätzlich zu Löhnen oder
Gehältern gewährt werden, und steuerfreie Einnahmen ganz oder teilweise nicht als Arbeitsentgelt gelten. In
Ausführung dieser Ermächtigung bestimmt § 2 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 der Verordnung über die Bestimmung des
Arbeitsentgelts in der Sozialversicherung – Arbeitsentgeltverordnung - (ArEV) in der bis 31. Dezember 2006 geltenden
Fassung, dass dem Arbeitsentgelt nicht zuzurechnen sind sonstige Bezüge nach § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des
Einkommensteuergesetzes (EStG), die nicht einmalig gezahltes Arbeitsentgelt nach § 23a SGB IV sind, Einnahmen
nach § 40 Abs. 2 EStG, Beiträge und Zuwendungen nach § 40b des EStG, die zusätzlich zu Löhnen oder Gehältern
gewährt werden, soweit Satz 2 nichts Abweichendes bestimmt, soweit der Arbeitgeber die Lohnsteuer mit einem
Pauschsteuersatz erheben kann und er die Lohnsteuer nicht nach den Vorschriften der §§ 39b, 39c oder 39d des
EStG erhebt. Gemäß § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG in der bis 31. Dezember 2006 geltenden Fassung kann der
Arbeitgeber die Lohnsteuer mit einem Pauschsteuersatz von 25 vom Hundert erheben, soweit er arbeitstäglich
Mahlzeiten im Betrieb an die Arbeitnehmer unentgeltlich oder verbilligt abgibt oder Barzuschüsse an ein anderes
Unternehmen leistet, das arbeitstäglich Mahlzeiten an die Arbeitnehmer unentgeltlich oder verbilligt abgibt.
Voraussetzung ist, dass die Mahlzeiten nicht als Lohnbestandteile vereinbart sind.
Für die Bewertung von Mahlzeiten, die arbeitstäglich an die Arbeitnehmer abgegeben werden, gilt gemäß Abschnitt (R)
31 Abs. 7 EStR 2002/2004 Folgendes: 1. Mahlzeiten, die durch eine vom Arbeitgeber selbst betriebene Kantine,
Gaststätte oder vergleichbare Einrichtung abgegeben werden, sind mit dem maßgebenden amtlichen Sachbezugswert
nach der Sachbezugsverordnung zu bewerten. Abweichendes gilt nach § 8 Abs. 3 EStG nur dann, wenn die
Mahlzeiten überwiegend nicht für die Arbeitnehmer zubereitet werden. 2. Mahlzeiten, die die Arbeitnehmer in einer
nicht vom Arbeitgeber selbst betriebenen Kantine, Gaststätte oder vergleichbaren Einrichtung erhalten, sind
vorbehaltlich der Nummer 4 ebenfalls mit dem maßgebenden amtlichen Sachbezugswert zu bewerten, wenn der
Arbeitgeber aufgrund vertraglicher Vereinbarung durch Barzuschüsse oder andere Leistungen an die die Mahlzeiten
vertreibende Einrichtung, z. B. durch verbilligte Überlassung von Räumen, Energie oder Einrichtungsgegenständen,
zur Verbilligung der Mahlzeiten beiträgt. Es ist nicht erforderlich, dass die Mahlzeiten im Rahmen eines
Reihengeschäfts zunächst an den Arbeitgeber und danach von diesem an die Arbeitnehmer abgegeben werden. 3. In
den Fällen der Nummern 1 und 2 ist ein geldwerter Vorteil als Arbeitslohn zu erfassen, wenn und soweit der vom
Arbeitnehmer für eine Mahlzeit gezahlte Preis (einschließlich Umsatzsteuer) den maßgebenden amtlichen
Sachbezugswert unterschreitet. 4. Bestehen die Leistungen des Arbeitgebers im Falle der Nummer 2 aus
Barzuschüssen in Form von Essenmarken (Essensgutscheine, Restaurantschecks), die vom Arbeitgeber an die
Arbeitnehmer verteilt und von einer Gaststätte oder vergleichbaren Einrichtung (Annahmestelle) bei der Abgabe einer
Mahlzeit in Zahlung genommen werden, so gilt Folgendes: a) Es ist nicht die Essenmarke mit ihrem
Verrechnungswert, sondern vorbehaltlich des Buchstaben b) die Mahlzeit mit dem maßgebenden Sachbezugswert zu
bewerten, wenn aa) tatsächlich eine Mahlzeit abgegeben wird. Lebensmittel sind nur dann als Mahlzeit anzuerkennen,
wenn sie zum unmittelbaren Verzehr geeignet oder zum Verbrauch während der Essenpausen bestimmt sind, bb) für
jede Mahlzeit lediglich eine Essenmarke täglich in Zahlung genommen wird, cc) der Verrechnungswert der
Essenmarke den amtlichen Sachbezugswert einer Mittagsmahlzeit um nicht mehr als 3,10 EUR übersteigt und dd) die
Essenmarke nicht an Arbeitnehmer ausgegeben wird, die eine Dienstreise ausführen oder eine
Einsatzwechseltätigkeit oder Fahrtätigkeit ausüben. Dies gilt auch dann, wenn zwischen dem Arbeitgeber und der
Annahmestelle keine unmittelbaren vertraglichen Beziehungen bestehen, weil ein Unternehmen eingeschaltet ist, das
die Essenmarken ausgibt. Zur Erfüllung der Voraussetzungen nach Doppelbuchstabe bb) hat der Arbeitgeber für jeden
Arbeitnehmer die Tage der Abwesenheit z. B. infolge von Dienstreisen, Urlaub oder Erkrankung festzustellen und die
für diese Tage ausgegebenen Essenmarken zurückzufordern oder die Zahl der im Folgemonat auszugebenden
Essenmarken um die Zahl der Abwesenheitstage zu vermindern. Die Pflicht zur Feststellung der Abwesenheitstage
und zur Anpassung der Zahl der Essenmarken im Folgemonat entfällt für Arbeitnehmer, die im Kalenderjahr
durchschnittlich an nicht mehr als drei Arbeitstagen je Kalendermonat Dienstreisen ausführen, wenn keiner dieser
Arbeitnehmer im Kalendermonat mehr als 15 Essenmarken erhält. b) Bestehen die Leistungen des Arbeitgebers
ausschließlich in der Hingabe von Essenmarken, so ist auch unter den Voraussetzungen des Buchstaben a) der
Verrechnungswert der Essenmarke als Arbeitslohn anzusetzen, wenn dieser Wert den geldwerten Vorteil nach
Nummer 3 unterschreitet. c) Wird der Arbeitsvertrag dahin gehend geändert, dass der Arbeitnehmer anstelle von
Barlohn Essenmarken erhält, so vermindert sich dadurch der Barlohn in entsprechender Höhe. Die Essenmarken sind
mit dem Wert anzusetzen, der sich nach den Buchstaben a) oder b) ergibt. Ohne Änderung des Arbeitsvertrags führt
der Austausch von Barlohn durch Essenmarken nicht zu einer Herabsetzung des steuerpflichtigen Barlohns. In
diesem Fall ist der Betrag, um den sich der ausgezahlte Barlohn verringert, als Entgelt für die Mahlzeit oder
Essenmarke anzusehen und von dem nach Nummer 4 Buchstabe a) oder b) maßgebenden Wert abzusetzen. d) Die
von Annahmestellen eingelösten Essenmarken brauchen nicht an den Arbeitgeber zurückgegeben und von ihm nicht
aufbewahrt zu werden, wenn der Arbeitgeber eine Abrechnung erhält, aus der sich ergibt, wie viele Essenmarken mit
welchem Verrechnungswert eingelöst worden sind, und diese aufbewahrt. Dasselbe gilt, wenn ein
Essenmarkenemittent eingeschaltet ist, und der Arbeitgeber von diesem eine entsprechende Abrechnung erhält und
aufbewahrt.
Nach diesen Grundsätzen ist die Beklagte nicht berechtigt, Gesamtsozialversicherungsbeiträge aus dem
Verrechnungswert der Restaurantschecks für die Zeit vom 1. Januar 2002 bis 31. Dezember 2004 von dem Kläger zu
fordern.
Die von dem Kläger seinen Arbeitnehmern gewährten Restaurantschecks unterliegen nicht der
Sozialversicherungspflicht, weil entgegen der Ansicht der Beklagten auch die Voraussetzung der R 31 Abs. 7 Nr. 4 lit
aa) LStR 2002/2004 erfüllt ist. Eine lediglich theoretische Möglichkeit, dass die Arbeitnehmer die Restaurantschecks
für den Erwerb anderer Produkte als von Mahlzeiten eingesetzt haben, begründet nicht den Ausschluss von der
Sozialversicherungsfreiheit. Die Beklagte hat selbst eingeräumt, dass eine missbräuchliche Verwendung der
Restaurantschecks durch die Arbeitnehmer des Klägers weder unterstellt wird noch gar nachgewiesen ist. In den von
der Fa. S. P. GmbH geschlossenen Kunden- und Akzeptanzverträgen, den Allgemeinen Geschäftsbedingungen, den
Instruktionen für Verwender, Kunden und Akzeptanzpartner sowie in dem eindeutigen Hinweis auf der Rückseite eines
jeden Restaurantschecks wird ausdrücklich auf die definierte Zweckbindung der Schecks hingewiesen. So verpflichtet
sich der Akzeptanzpartner in Ziffer 5. des "Vertrags zur Abrechnung von S. P. Dienstleistungsschecks" unter
anderem, die Restaurantschecks nur für Mahlzeiten oder für zum direkten Verbrauch bestimmte Lebensmittel zu
akzeptieren, die üblicherweise der Ernährung dienen (nicht für Zigaretten, Alkohol etc.), pro Arbeitstag nur einen
Restaurantscheck für eine Mahlzeit entgegen zu nehmen, auf die Zahlung kein Wechselgeld herauszugeben sowie die
Sicherheitskriterien der Schecks zu beachten. Ziffer 7. Abs. 1 Satz 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der S.
P. GmbH für Verträge mit Akzeptanzpartnern regelt, dass der Akzeptanzpartner Restaurantschecks nur als
Zahlungsmittel für den Kauf von Nahrungsmitteln (Essen, für den direkten Verbrauch bestimmte Lebensmittel und
ortsübliche Getränke eingeschlossen) annehmen und nicht gegen Bargeld oder andere Produkte ("Non-Food"-Artikel,
insbesondere Zigaretten oder Alkohol) tauschen darf. Jeder Restaurantscheck enthält auf seiner Rückseite folgenden
Hinweis: "Nur zum Erwerb von Mahlzeiten (nur ein Scheck pro Arbeitstag). Nicht gültig für Alkohol, Tabakwaren, "Non
Food" und ähnliches. Keine Einlösung/Rückgabe von Bargeld. Nicht übertragbar. Bei Missbrauch keine Bezahlung.
Bei Verlust kein Ersatz. Jede Nachahmung wird gesetzlich verfolgt. Nur einlösbar bei angeschlossenen
Akzeptanzstellen/Vertragspartnern". Die Oberfinanzdirektion B-Stadt hat in ihrer steuerlichen Beurteilung von
Restaurantschecks der Fa. S. P. GmbH vom 9. Oktober 2008 gegenüber der Beklagten bereits zu Recht die
Auffassung vertreten, dass damit die Voraussetzungen der R 31 Abs. 7 LStR 2005 erfüllt sind und keine Bedenken
bestehen, die Restaurantschecks mit den Beträgen der Verordnung über die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung
von Zuwendungen des Arbeitgebers als Arbeitsentgelt (Sozialversicherungsentgeltverordnung – SvEV) zu bewerten.
Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH – Urteil vom 7. November 1975 VI R 174/73 – BFHE 117, 172
-) und der Regelung der R 31 Abs. 7 Nr. 4d LStR 2002/2004 ist sowohl bei der Geeignetheit der von den
Arbeitnehmern erworbenen Lebensmitteln ein großzügiger Maßstab anzulegen als auch an den Nachweis der
bestimmungsgemäßen Verwendung der Schecks keine überzogenen Anforderungen zu stellen. Der Kläger und die Fa.
S. P. GmbH haben in dem hier praktizierten System der Restaurantschecks den höchstmöglichen Standard an
Schutz vor Missbrauchsmöglichkeiten installiert, der in einem System mit der Abgabe von Gutscheinen bei einer
Essensversorgung außerhalb einer Kantine des Arbeitgebers möglich ist. Der Kläger genügt damit seinen ihm
unmittelbar möglichen Überwachungs- und Kontrollpflichten, indem er seine Mitarbeiter auf die Einhaltung der
Zweckbestimmung der Restaurantschecks hinweist. Soweit die Beklagte von dem Kläger pauschal eine darüber
hinaus gehende Überwachung der bestimmungsgemäßen Verwendung der Restaurantschecks fordert, ohne deren
Umsetzung zu konkretisieren, verlangt sie eine unmögliche Leistung. Die Vorlage der Kassenbons durch die
Arbeitnehmer an den Kläger als Maßnahme zur Kontrolle der vertragsgemäßen Verwendung der Restaurantscheck,
wie von der Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung vorgebracht, ist unverhältnismäßig, unpraktikabel und
verletzt das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Beschäftigten. Eine rein abstrakte Missbrauchsgefahr oder
eine zweckwidrige Verwendung im Einzelfall rechtfertigt des Weiteren noch nicht den generellen Ausschluss des hier
praktizierten Systems der Restaurantschecks von der Anwendung der R 31 Abs. 7 LStR 2002/2004. Zutreffend hat
bereits der BFH darauf hingewiesen, dass bei der "rechtlichen Beurteilung unterschieden werden muss zwischen der
Frage, ob die im Einzelfall bestehende Regelung (z.B. Anweisungen an die betriebseigene Kantine oder
Vereinbarungen mit Vertragsgaststätten oder Vertragshändlern) insgesamt den Voraussetzungen des Abschnitt 15
LStR entspricht, und der weiteren Frage, wie bei einer wirksamen Gesamtregelung einzelne festgestellte Missbräuche
zu beurteilen sind. Denn es würde dem Vereinfachungszweck der Richtlinienregelung widersprechen, jeden einzelnen
Verstoß gegen deren Sinn und Zweck zum Anlass zu nehmen, die vom Arbeitgeber getroffene Regelung insgesamt
zu verwerfen" (Urteil vom 7. November 1975 – VI R 174/73 – BFHE 117, 172 -). Die gegenteilige Ansicht der
Beklagten mit der Folge der generellen und vollständigen Sozialversicherungspflicht des hier praktizierten
Restaurantscheck – Systems würde im Ergebnis zu einer gleichheitswidrigen Benachteiligung von Kleinbetrieben
ohne eigene Kantine bei der Subventionierung von Mahlzeiten durch den Arbeitgeber führen, was vom Gesetzgeber
nicht gewollt sein kann. Im Übrigen ist jede Subventionierung von Leistungen der Gefahr des Missbrauchs
ausgesetzt. Auch bei einer Beschränkung eines Restaurantscheck – Systems auf reine Speisegaststätten besteht die
theoretische Möglichkeit der zweckwidrigen Verwendung der Gutscheine für Alkohol oder Zigaretten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Sozialgerichtsgesetz (SGG) und §§ 161 Abs. 1 und 154 Abs. 1
Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Der Gegenstandswert ist gemäß § 52 Abs. 1 und 3 Gerichtskostengesetz (GKG) nach der wirtschaftlichen Bedeutung
der Sache für den Kläger zu bestimmen. Betrifft der Antrag eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf gerichteten
Verwaltungsakt, so ist deren Höhe maßgebend. Da es vorliegend um die Aufhebung des Beitragsbescheides vom 4.
November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. August 2006 ging, ist es angemessen, von der
Beitragsforderung in Höhe von 3.754,68 Euro auszugehen.