Urteil des SozG Frankfurt am Main vom 05.06.2007

SozG Frankfurt: gerichtsakte, abgabe, apotheker, unternehmen, anwendungsbereich, leistungsklage, händler, unternehmer, hersteller, feststellungsklage

Sozialgericht Frankfurt
Gerichtsbescheid vom 05.06.2007 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Frankfurt S 18 KR 614/05
Hessisches Landessozialgericht L 8 KR 164/07
Bundessozialgericht B 1 KR 7/09 R
Die Klagen werden abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand:
Der Kläger ist Inhaber der X-Apotheke in XF. Er gab im Jahr 2004 (Januar bis August 2004) das Arzneimittel Berinert
® P von der ZLB B. GmbH auf vertragsärztliche Verordnungen an die bei der Beklagten Krankenversicherten ab
(Rezeptkopien Bl. 12 bis 16 Gerichtsakte; Aufstellung des Klägervertreters Bl. 11 Gerichtsakte). Bei Berinert ® P
handelt es sich um das aus menschlichem Plasma gewonnene Plasmaglycoprotein C1-Esterase-Inhibitor, das
intravenös injiziert oder infundiert zur Behandlung des erblichen Angioödems eingesetzt wird (vgl. Fachinformation der
ZLB Behring, Bl. 18 Gerichtsakte).
Hierbei führte der Kläger keinen Herstellerabschlag nach § 130 a Abs. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) an
die Beklagte ab. Daraufhin stellte die Beklagte dem Kläger die entsprechenden Differenzbeträge (Herstellerrabatt für
die Monate Januar bis August 2004) im Rahmen der Retaxierung in Rechnung (Bescheide vom 20.10.2004, Bl. 115
Verwaltungsakte, 12.11.2004, Bl. 78 Verwaltungsakte, 21.12.2004, Bl. 55 und 133 Verwaltungsakte, 17.02.2005, Bl.
39 Verwaltungsakte, und 10.03.2005, Bl. 19 Verwaltungsakte), gegen die der Kläger jeweils Einspruch einlegte (Bl.
131 Verwaltungsakte, Bl. 113 Verwaltungsakte, Bl. 73 Verwaltungsakte, Bl. 51 Verwaltungsakte, Bl. 37
Verwaltungsakte, Bl. 16 Verwaltungsakte). Hierin berief er sich darauf, dass laut beiliegendem Schreiben der Firma
ZLB B. und laut Briefwechsel des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung (BMGS) das Präparat
Berinert ® P von der Gewährung des Herstellerrabatts ausgenommen sei. Diese Auffassung und die entsprechende
Einstufung dieses Arzneimittels würden auch vom Regierungspräsidium D., Abteilung Arzneimittel, geteilt.
Mit Schreiben vom 22.03.2005 (Bl. 113 Verwaltungsakte) teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass seinen
Einsprüchen/Widersprüchen nicht stattgegeben werden könne. Die Retaxierung sei auf der Grundlage des GKV-
Modernisierungsgesetzes (GMG), gültig seit dem 01.01.2004, unter Berücksichtigung von § 130 SGB V sowie § 130 a
SGB V erfolgt. Für pharmazeutische Hersteller (§ 130 a SGB V) seien Abschläge eingeführt worden, die auf
bestimmte Arzneimittelgruppen anzuwenden seien. Die Rabatte aller Handelsstufen seien von den Apotheken an die
Krankenkassen abzuführen. Für verschreibungspflichtige Arzneimittel, die nicht der Festbetragsregelung unterlägen,
seien 16 % Herstellerrabatt zu gewähren. Dieser erhöhe sich bei Fertigarzneimitteln für den Fall einer Preiserhöhung
nach dem Einstandsdatum um diesen Betrag. In den vorliegenden Fällen sei nach der verordnungsbezogenen
Rabattdatenlieferung durch das Rechenzentrum des Klägers der Herstellerrabatt nicht berücksichtigt bzw. falsch
berechnet worden. Die entsprechenden Differenzbeträge seien dem Kläger im Rahmen der Retaxierung in Rechnung
gestellt worden. Bei Berinert ® P handele es sich um ein verschreibungspflichtiges Fertigarzneimittel und es erfolge
eine Berechnung nach der Arzneimittelpreisverordnung. Nach Auffassung der Spitzenverbände der Krankenkassen
unterlägen diese Produkte einem Herstellerrabatt von 16 %.
Am 06.05.2005 (Bl. 140 Verwaltungsakte) setzte der zwischenzeitlich eingeschaltete Klägervertreter der Beklagten
eine Frist bis 18.05.2005 zur Auszahlung der mittlerweile von der Beklagten eingezogenen Beträge, wobei er die von
ihm vertretene Rechtsauffassung ausführlich darstellte.
Am 03.08.2005 (Bl. 1 Gerichtsakte) hat der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten Klage zum Sozialgericht
Frankfurt/Main erhoben.
Der Kläger trägt vor, in entsprechender Anwendung von § 47 Abs. 1 Nr. 2 a Arzneimittelgesetz (AMG) gebe es für
Berinert ® P keinen einheitlichen Herstellerabgabepreis, da dieses Präparat dank der pharmazeutischen Unternehmer
nicht nur an Apotheker, sondern auch an Krankenhäuser und Ärzte direkt abgegeben werden dürfe. Bereits im Jahr
2002 habe der zuständige Staatssekretär im Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung, Dr. K. T. S.,
auf eine Anfrage einer Bundestagsabgeordneten mitgeteilt, dass für derartige Plasmaderivate der Herstellerabschlag
nicht gelte (Schreiben des BMGS vom 03.12.2002, Bl. 20 Gerichtsakte). Diese Rechtsauffassung gehe auch aus
einem weiteren Schreiben des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung gegenüber der Firma ZLB
B. GmbH vom 22.01.2003 hervor (Bl. 21 Gerichtsakte). Dies decke sich mit der Darstellung der "Auswirkung des
Beitragssatzsicherungsgesetzes auf Plasmaderivate" der "Arbeitsgemeinschaft Plasmaderivate herstellender
Unternehmen" (Bl. 23 Gerichtsakte). Nachdem dennoch immer wieder von einigen wenigen Kassen (der DAK B., der
Beklagten und der KKH H.) auch für Berinert ® P ein Herstellerrabatt geltend gemacht werde, habe sich die Firma
ZLB B. GmbH noch einmal mit Schreiben vom 21.01.2005 an das BMGS gewandt, worauf dieses mit Schreiben vom
24.01.2005 (Bl. 25 Gerichtsakte) die bereits zuvor vertretene Rechtsauffassung bestätigt habe. In Übereinstimmung
mit der in dem vorgenannten Schreiben mitgeteilten Rechtsauffassung brächten die meisten Krankenkassen bei
Berinert ® P keinen Herstellerrabatt zum Ansatz. Einige Krankenkassen wie beispielsweise die Bundesknappschaft,
hätten ursprünglich einen Herstellerrabatt für Berinert ® P zum Ansatz gebracht und entsprechende Retaxierungen
gegenüber den Apotheken vorgenommen. Nach daraufhin eingelegten Einsprüchen unter Darlegung der Sach- und
Rechtslage habe jedoch u. a. die Knappschaft ihre Auffassung geändert und sei von den vorgenommenen
Retaxierungen zurückgetreten (Schreiben vom 12.04.2005, Bl. 26 Verwaltungsakte). Auch die IKK W. habe nach
einem Einspruch des Klägers bestätigt, dass seine Rechtsauffassung zutreffend sei und nicht mehr an der
Retaxierung festgehalten werde (Schreiben vom 18.07.2005, Bl. 27 Gerichtsakte).
Für das Klagebegehren sei die Leistungsklage statthaft, da der Kläger die Zahlung der von der Beklagten zu Unrecht
vereinnahmten Rabattbeträge begehre. Es sei aber auch die Feststellungsklage statthaft, da mit weiteren
Retaxierungen der Beklagten zu rechnen sei und diese nicht bereit gewesen sei, insoweit eine
Verjährungseinredeverzichtserklärung abzugeben.
Der Zahlungsanspruch des Klägers beruhe auf § 433 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) i. V. m. § 69 Abs. 3
SGB V. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSGE 77, 194, 205) komme bei der
Verordnung für Arzneimittel für gesetzlich Versicherte ein Kaufvertrag zwischen der jeweiligen Krankenkasse und der
abgebenden Apotheke zustande.
Der Begriff des Herstellerabgabepreises in § 130 a SGB V knüpfe an den Herstellerabgabepreis im Sinne der §§ 2 und
3 Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) an. Ein einheitlicher "Herstellerabgabepreis" im Sinne der AMPreisV und
damit im Sinne des § 130 a SGB V existiere nur innerhalb des Geltungsbereichs der AMPreisV. Zum Begriff des
Herstellerabgabepreises im Sinne der AMPreisV sei insoweit auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und
des Oberlandesgerichts Frankfurt verwiesen (BGH, GRUR 1984, 748 f., OLG Frankfurt, WRP 1999, 459 ff.). Erste
Voraussetzung für die Anwendbarkeit von § 130 a SGB V sei daher das Vorliegen eines einheitlichen
Herstellerabgabepreises im Sinne der AMPreisV. Auf das streitgegenständliche Präparat Berinert ® P finde jedoch die
AMPreisV gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 3 AMPreisV keine Anwendung, da Berinert ® P als Plasmapräparat gemäß § 47
Abs. 1 Nr. 2 a AMG außer an Apotheken auch an Krankenhäuser und Ärzte abgegeben werden dürfe. Bei derartigen
Präparaten, bei denen nicht nur eine Abgabe über Apotheken erfolge, sondern auch direkt an Ärzte und
Krankenhäuser, gebe es keinen einheitlichen Herstellerabgabepreis, vielmehr seien hier die Preis frei vereinbar. § 130
a Abs. 1 und Abs. 1 a SGB V seien auf Berinert ® P schon vom Wortlaut nicht anwendbar. Dieses Ergebnis
entspreche auch der seit dem Jahr 2003 wiederholt geäußerten Rechtsauffassung des zuständigen BMGS, wonach
auch im Falle einer Abgabe durch Apotheken kein Herstellerrabatt anfalle. Dieser Rechtsauffassung komme umso
mehr Bedeutung zu, als die Gesetzesinitiative und der Gesetzentwurf, mit dem der Herstellerrabatt eingeführt worden
sei, in maßgeblichen Teilen aus dem BMGS stamme. Dieses Ergebnis decke sich auch mit Sinn und Zweck der
Regelung des § 130 a SGB V. Ausweislich der amtlichen Begründung zu § 130 a SGB V unterlägen Arzneimittel, die
der aut-idem-Regelung unterlägen, keinem Herstellerrabatt, da in diesem Marktsegment bereits ausreichend
Preiswettbewerb vorhanden sei. Ein vergleichbarer Preiswettbewerb bestehe auch bei den nicht der AMPreisV
unterliegenden Arzneimitteln, bei denen ein Preis frei vereinbart sei. Somit bestehe in diesem Bereich auch kein
Bedarf für einen Herstellerrabatt (vgl. Bundestagsdrucksache 15/28 vom 05.11.2002, Seite 16 zu Nr. 8 (§ 130 a)). Der
Gesetzgeber habe mit dem zum 01.05.2006 in K. getretenen Gesetz zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit in der
Arzneimittelversorgung (AVWG) bei § 130 a Abs. 1 SGB V eine Klarstellung durch Einfügung eines Satzes
vorgenommen. Hierin heiße es, dass Satz 1 für Fertigarzneimittel gelte, deren Apothekenabgabepreise aufgrund der
Preisvorschriften nach dem Arzneimittelgesetz oder aufgrund des § 129 Abs. 5 a SGB V bestimmt seien. Dass diese
Anfügung ihren Grund in den Streitigkeiten im Hinblick auf vergleichbare Retaxationen habe, ergebe sich u. a. aus
dem Änderungsantrag 7 der Fraktionen der CDU/CSU und SPD zum Entwurf eines Gesetzes zu Verbesserung der
Wirtschaftlichkeit in der Arzneimittelversorgung (Drucksache 16/194, Seite 2, Bl. 53 Gerichtsakte).
Zwischenzeitlich sei zu dieser Thematik ein Beitrag in der Deutschen Apothekerzeitung vom 22.02.2007 (Bl. 72
Gerichtsakte) erschienen, aus dem ebenfalls deutlich werde, dass bei Präparaten, bei denen der Vertriebsweg gemäß
§ 47 Abs. 1 Nr. 2 a AMG eröffnet sei, kein Herstellerrabatt anfalle. Dies gelte sowohl für Präparate, die der Regelung
des § 1 Abs. 3 Nr. 3 AMPreisV unterfielen, wie das streitgegenständliche Präparat, als auch für Präparate, die unter §
1 Abs. 3 Nr. 6 AMPreisV fielen.
Schließlich träfe die Anwendung des § 130 a SGB V im vorliegenden Fall die Grundrechte der hiervon betroffenen
Apotheker gemäß Artikel 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) und Artikel 3 Abs. 1 GG: Das streitige Arzneimittel könne
gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 a AMG von pharmazeutischen Unternehmen direkt an Krankenhäuser und Ärzte abgegeben
werden. § 47 Abs. 1 Nr. 2 a AMG lasse auch zu, dass besonders qualifizierte Ärzte aus menschlichem Blut
gewonnene Blutzubereitungen in speziellen, hier nicht interessierenden Fällen an Patienten abgäben. Die von der
Ausnahmeregelung des § 47 Abs. 1 Nr. 2 a betroffenen pharmazeutischen Unternehmer, Großhändler und Ärzte
unterlägen jedoch nicht der Rabattverpflichtung gemäß § 130 a Abs. 1 und Abs. 1 a SGB V. Hiervon betroffen seien
allein die Apotheken. Hieraus folge im Fall von Berinert ® P im Falle der Bejahung eines Herstellerrabattes einen
Ungleichbehandlung der Apotheken. Der Apotheker unterläge in diesem Fall nicht den gleichen
Wettbewerbsbedingungen wie die Krankenhäuser und Ärzte. Für die Abgabe an Krankenhäuser und Ärzte komme
auch nach Auffassung der Beklagten der Abzug eines Herstellerrabatts nicht in Frage. Somit ergebe sich einen durch
nichts zu rechtfertigende Benachteiligung des Klägers als Apotheker.
Der Anspruch auf Verzugszinsen ergebe sich aus §§ 286 Abs. 3, 188 Abs. 2 BGB i. V. m. § 69 Satz 3 SGB V.
Exemplarisch hat der Kläger den Schriftwechsel mit der Beklagten bzw. dem Apothekenrechenzentrum in der Zeit
vom 17.02.2005 bis 20.07.2005 vorgelegt (Bl. 74 Gerichtsakte).
Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, unter Aufhebung der Retaxation für Berinert ® P in den Monaten
Januar bis August 2004 an den Kläger 30.217,60 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Klageerhebung zu
zahlen,
festzustellen, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, von dem Kläger bei der Abgabe des Arzneimittels Berinert ® P
einen Herstellerrabatt nach § 130 a Abs. 1 SGB V in der gesetzlichen Höhe zu verlangen.
Die Beklagte beantragt, die Klagen abzuweisen.
Die Beklagte trägt vor, Voraussetzung für die Anwendbarkeit des §130 a SGB V sei das Vorliegen eines einheitlichen
Herstellerabgabepreises für ein bestimmtes Arzneimittel. Ob für das Arzneimittel Berinert ® P ein einheitlicher
Herstellerabgabepreis vorliege, sei davon abhängig, ob dieses Arzneimittel in den Anwendungsbereich der AMPreisV
falle. Gemäß § 1 Abs. 1 AMPreisV umfasse der Anwendungsbereich der AMPreisV Fertigarzneimittel, deren Abgabe
nach § 43 Abs. 1 AMG den Apotheken vorbehalten sei. Das Präparat Berinert ® P sei ein verschreibungspflichtiges
Arzneimittel und unterliege somit der Apothekenpflicht gemäß § 43 AMG. In § 1 Abs. 3 AMPreisV seien wiederum
diejenigen Tatbestände aufgeführt, die eine Ausnahme von der Anwendbarkeit der AMPreisV regelten. Unter § 1 Abs.
3 Nr. 3 AMPreisV finde sich die Regelung, dass ausgenommen vom Anwendungsbereich der Verordnung die
Preisspannen und Preise der Apotheken seien, wenn es sich um eine Abgabe an die in § 47 Abs. 1 Nr. 2 bis 7 AMG
genannten Personen und Einrichtungen unter den dort bezeichneten Voraussetzungen handele. Da die übrigen
Ausnahmetatbestände des § 1 Abs. 3 AMPreisV von vorneherein nicht in Betracht kämen, müsse also die Variante
nach Nr. 3 vorliegend einschlägig sein, damit eine Ausnahme von der Anwendung der AMPreisV anzunehmen sei. In
§ 47 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a) AMG sei der ausnahmsweise zulässige Vertriebsweg von apothekenpflichtigen
Arzneimitteln durch pharmazeutische Unternehmen und Großhändler an Krankenhäuser und Ärzte geregelt, "soweit es
sich handelt, um aus menschlichem Blut gewonnene Blutzubereitungen oder gentechnologisch hergestellte
Blutbestandteile, die, soweit es sich um Gerinnungsfaktorenzubereitungen handelt, von dem hämostaseologisch
qualifizierten Arzt im Rahmen der ärztlich kontrollierten Selbstbehandlung von Blutern an seine Patienten abgegeben
werden dürfen." Für diesen Fall sehe die AMPreisV neben den – hier nicht einschlägigen Fällen des § 47 Abs. 1 Satz
1 Nr. 2 Buchst. b) bis g) sowie Nrn. 3 bis 7 AMG – eine Ausnahmemöglichkeit hinsichtlich der Preisberechnung vor.
Um Fälle des § 47 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a) AMG, nämlich um den Direktbezug des Arztes vom Hersteller und der
Weitergabe von Gerinnungsfaktorzubereitungen im Rahmen der ärztlich kontrollierten Selbstbehandlung von Blutern,
handele es sich aber vorliegend gerade nicht. Bei den von der Beklagten beanstandeten Rezepten handele es sich
ausschließlich um Einzelverordnungen auf den Namen des jeweiligen Versicherten, also nicht um einen Direktbezug
des Arztes vom Hersteller. In diesem Fall gelte eine uneingeschränkte Apothekenpflicht mit obligatorischer
Anwendung der AMPreisV. Im Übrigen gehe auch aus den der Klageschrift beigefügten Belegen hervor, dass der
Kläger auf Basis der AMPreisV abgerechnet habe, was auch der Regelung des zwischen dem VdAK/AEV und dem
DAV gültigen Arzneilieferungsvertrag entspreche. Eine Anwendung des Ausnahmetatbestandes des § 1 Abs. 3 Nr. 3
AMPreisV i. V. m. § 47 Abs. 1 AMG auf Apotheken scheide nach Auffassung der Beklagten bereits wegen des
eindeutigen Wortlautes des Verweises in § 1 Abs. 3 Nr. 3 AMPreisV auf die in den Nrn. 2 bis 7 des § 47 Abs. 1 AMG
genannten Einrichtungen und Personen aus. Auch für eine analoge Anwendung bestehe kein Raum, da für einen
vergleichbaren Sachverhalt und eine planwidrige Regelungslücke kein Anhaltspunkt ersichtlich sei. Der vom Kläger
gerügte Verstoß gegen Artikel 3 Abs. 1 und 12 Abs. 1 GG liege nicht vor. Zwischen Krankenhäusern oder Ärzten auf
der einen Seite sowie Apotheken auf der anderen Seite bestehe schon gar kein Wettbewerbsverhältnis, so dass es
auch an einem Grundrechtsverstoß fehle. Dies ergebe sich bereits daraus, dass der Direktbezug von Arzneimitteln
durch Ärzte oder Krankenhäuser nach dem AMG eben gerade nicht wie bei Apotheken zur Weitergabe an Dritte,
sondern lediglich zur Anwendung an Patienten erfolge. Ärzte und Krankenhäuser verwendeten Arzneimittel, der
Apotheker gebe sie an Dritte ab.
Durch den mit dem AVWG an § 130 a Abs. 1 SGB V angefügten Satz 5 werde der Standpunkt des Klägers nicht
gestützt, da § 130 a Abs. 1 Satz 5 SGB V nicht zu entnehmen sei, dass bei Berinert ® P ein Herstellerrabatt
zugunsten der Krankenkassen nicht zu berechnen sei. Die Beklagte sei der Auffassung, dass im vorliegenden Fall
das Arzneimittel Berinert ® P den Preisvorschriften des AMG unterliege, so dass § 130 a Abs. 1 Satz 5 SGB V nicht
im Widerspruch zu der hier vertretenen Auffassung stehe.
Mit Schreiben vom 08.08.2005 (Bl. 142 Verwaltungsakte) schlug der Klägervertreter der Beklagten folgende
Vereinbarung vor:
"In Bezug auf die Abgabe des Arzneimittels Berinert ® P und hierfür seit Oktober 2004 vorgenommene und zukünftige
Retaxationen erklären die Parteien hiermit wechselseitig einen Verjährungseinredeverzicht bis 1 Monat nach
rechtskräftigem Abschluss des zwischen den Parteien beim Sozialgericht Frankfurt anhängigen Verfahrens. Dieser
Verzicht erfasst auch eventuelle vertragliche Ausschlussfristen mit der nachfolgenden Maßgabe. Unabhängig von
dem vorstehenden Verjährungsverzicht sind eventuelle Retaxationen bei der Abgabe von Berinert ® P innerhalb der
Frist des § 17 Abs. 1 ALV vorzunehmen, damit die Parteien jederzeit einen Überblick über die Größenordnung der
Retaxatierungen haben. Im Hinblick auf die Einspruchsfrist gemäß § 17 ALV schlagen wir vor in Bezug auf jede
Retaxierung zu Berinert ® P automatisch von einem Widerspruch unseres Mandanten auszugehen, wobei Einigkeit
besteht, dass hierüber nicht innerhalb der Frist gemäß § 17 Abs. 3 ALV zu entscheiden ist, sondern diese Frist
insoweit ausgesetzt ist."
Mit Schreiben vom 12.10.2005 (Bl. 143 Verwaltungsakte) erklärte sich die Beklagte "mit der vom Klägervertreter am
08.08.2005 hinsichtlich des Verjährungseinredeverzichts und des Verzichts über vertragliche Ausschlussfristen
vorgeschlagenen Vereinbarung mit der Maßgabe einverstanden, dass davon nur Retaxationen wegen des
Herstellerabschlags nach § 130 a SGB V umfasst sind."
Das Gericht hat im Rahmen der Sachverhaltsermittlungen die Verwaltungsakte der Beklagten zu dem Rechtsstreit
beigezogen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte nach § 105 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung durch
Gerichtsbescheid entscheiden, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art
aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten wurden vorher gehört. Der Gerichtsbescheid wirkt als Urteil (§
105 Abs. 3 SGG).
Die allgemeine Leistungsklage (Klageantrag Ziffer 1) ist zulässig, insbesondere handelt es sich um die statthafte
Klageart, denn der Kläger als freiberuflich tätiger Apotheker und die beklagten Krankenkasse stehen sich im
Gleichordnungsverhältnis gegenüber (vgl. BSG, Urteil vom 03.08.2006, B 3 KR 6/06 R mit Verweis auf BSG vom
17.03.2005, B 3 KR 2/05 R = BSGE 94, 213 = SozR 4-5570 § 30 Nr. 1 Rz. 7).
Die unter Ziffer 2 des Klageantrags erhobene Feststellungsklage ist hingegen neben der allgemeinen Leistungsklage
unzulässig. Die Feststellungsklage nach § 55 SGG ist u. a. gegenüber der allgemeinen Leistungsklage als subsidiär
anzusehen (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar, 8. Auflage 2005, § 55 Rz. 3, zitiert nach
beck-online). Insbesondere ist davon auszugehen, dass sich die Beklagte als Körperschaft des öffentlichen Rechts
im Falle einer rechtskräftigen Klagestattgabe an die gerichtliche Rechtsauffassung auch für künftige
Rechnungsprüfungen halten wird. Ein berechtigtes Interesse an der Feststellungsklage ist insbesondere auch deshalb
nicht gegeben, weil die Beklagte mit Schreiben vom 12.10.2005 (Bl. 143 Verwaltungsakte) einen Verzicht auf die
Einrede der Verjährung und auf vertragliche Ausschlussfristen entsprechend dem Vorschlag der Klägerseite in Bezug
auf Retaxationen wegen des Herstellerabschlags nach § 130 a SGB V erklärt hat (vgl. Schreiben des Klägervertreters
vom 08.08.2005, Bl. 142 Verwaltungsakte). Offensichtlich sind zwar auch für Zeiträume außerhalb des hier
streitgegenständlichen Zeitraumes Retaxationen durch die Beklagte in Bezug auf den Herstellerabschlag nach § 130 a
SGB V vorgenommen worden (vgl. die vom Klägervertreter vorgelegten Unterlagen Bl. 74 Gerichtsakte), jedoch sind
insoweit die Rechte des Klägers durch die zwischen den Beteiligten getroffene Vereinbarung gewahrt.
Die zulässige allgemeine Leistungsklage führt in der Sache jedoch nicht zum Erfolg.
Der geltend gemachte Zahlungsanspruch steht dem Kläger nicht zu.
Nach § 17 Abs. 1 Arzneilieferungsvertrag (ALV) zwischen dem Verband der Angestellten-Krankenkassen e. V. (VdAK)
und dem Arbeiter-Ersatzkassen-Verband e. V. (AEV) einerseits und dem Deutschen Apothekerverband e. V.
andererseits (Bl. 77 Gerichtsakte) werden die bei der Rechnungsprüfung festgestellten rechnerisch und sachlich
unrichtig angesetzten Beträge von den Ersatzkassen innerhalb von zwölf Monaten nach Ende des Kalendermonats
berichtigt, in dem die Lieferung erfolgte. Die Beanstandung hat schriftlich unter Beifügung von Kopie der
beanstandeten Verordnungsblätter bzw. deren Print-Images und unter Angabe der Belegnummer nach der
Technischen Anlage 3 zum Rahmenvertrag zu § 300 SGB V oder einer anderen eindeutigen Kennzeichnung zu
erfolgen und ist mit einer Begründung zu versehen. Einsprüche gegen Taxdifferenzen können nach Abs. 2 Satz 1 des
§ 17 ALV vom Apotheker innerhalb von drei Monaten nach Eingang beim Apotheker geltend gemacht werden. Die
Prüfung von Einsprüchen gegen eine ausgesprochene Beanstandung hat innerhalb einer Frist von drei Monaten nach
Eingang des Einspruchs bei der Ersatzkasse zu erfolgen (§ 17 Abs. 3 Satz 1 ALV). Werden die Fristen nach Absatz 2
und 3 überschritten, gelten die Taxdifferenzen bzw. die Einsprüche als anerkannt. Rechnungskorrekturen können erst
erfolgen, wenn die Taxbeanstandungen anerkannt sind, als anerkannt gelten oder der Einspruch durch die
Ersatzkasse zurückgewiesen wurde (§ 17 Abs. 3 ALV).
Vorliegend sind nach der Aktenlage und zwischen den Beteiligten insoweit auch unstreitig die Verfahrensregelungen
des § 17 ALV eingehalten worden. Die Rechnungskorrekturen sind verfahrensmäßig zu Recht erfolgt, weil die
Einsprüche des Klägers durch die Beklagte zurückgewiesen wurden (vgl. Schreiben der Beklagten vom 22.03.2005
(Bl. 113 Verwaltungsakte). Fraglich war nur, ob die Beanstandungen bzw. Rechnungskorrekturen in der Sache zu
Recht erfolgt sind.
Diese Frage beurteilt sich danach, ob im Falle der hier streitgegenständlichen, beanstandeten Verordnungen von dem
Kläger ein Herstellerabschlag nach § 130 a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) an die Beklagte abzuführen
gewesen wäre.
Nach § 130 a Abs. 1 Satz 1 SGB V erhalten die Krankenkassen von den Apotheken für ab dem 01.01.2003 zu ihren
Lasten abgegebene Arzneimittel einen Abschlag in Höhe von 6 vom Hundert des Herstellerabgabepreises ohne
Mehrwertsteuer. Nach § 130 a Abs. 1 a SGB V beträgt abweichend von Absatz 1 Satz 1 der Abschlag für
verschreibungspflichtige Arzneimittel im Jahr 2004 16 vom Hundert.
Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 130 a SGB V das Vorliegen
eines einheitlichen Herstellerabgabepreises für ein bestimmtes Arzneimittel ist.
Der Begriff des Herstellerabgabepreises im Sinne des § 130 a SGB V wird dort nicht definiert. Allerdings tauchte der
Begriff wohl in § 3 Abs. 2 Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) a. F. auf (wie dem Urteil des BGH vom 22.02.1984,
I ZR 13/82 zu entnehmen ist) (in der heutigen Fassung des § 3 Abs. 2 Nr. 1 und 2 AMPreisV heißt es nur noch
"Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers")
Dieser Herstellerabgabepreis bzw. Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers wurde vom BGH (aa0) als Preis
definiert, den der Hersteller im Normalfall, also abgesehen von wenigen besonderen Ausnahmefällen, verlangt. Dieser
Preis könne sich mit seinem Listenpreis decken, so dass dann auf die Preislisten abzustellen sei. Wenn diese aber in
beachtlichem Umfang nicht eingehalten, sondern durch Rabatte oder vergleichbare Vergünstigungen unterschritten
würden, sei auf den tatsächlich überwiegend verlangten oder jedenfalls durchschnittlichen Herstellerpreis abzustellen
(Orientierungssatz der o. g. Entscheidung des BGH).
Da der maßgebliche Regelungszweck der AMPreisV die Schaffung einheitlicher Endverkaufspreise, die Wahrung der
berechtigten Interesse der Arzneimittelverbraucher sowie die Senkung des Arzneimittelpreisniveaus ist (vgl. BGH,
aa0, unter Verweis auf § 78 Abs. 2 Arzneimittelgesetz – AMG – und die Gesetzesbegründung) und er sich mit dem
Gesetzeszweck des § 130 a SGB V insoweit deckt, als dieser darin liegt, einen angemessenen Beitrag der
pharmazeutischen Unternehmen und des pharmazeutischen Großhandels zur Stabilisierung der GKV -
Arzneimittelkosten und der finanziellen Situation der GKV vor dem Hintergrund überproportionaler Ausgabenzuwächse
der GKV im Arzneimittelbereich zu leisten (Hess in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht,
Loseblattsammlung, 52. Ergänzungslieferung 2006, § 130 Rz. 2 m. w. N., zitiert nach beck-online), erscheint es
statthaft und angemessen, für die Auslegung des Begriffs des "Herstellerabgabepreises " i. S. d. § 130 a SGB V den
"Herstellerabgabepreis" bzw. dessen Definition durch den BGH aus der AMPreisV heranzuziehen.
Der Kläger ist nun der Rechtsauffassung, dass ein einheitlicher Herstellerabgabepreis im Falle des Arzneimittels
Berinert ® P nicht vorliege, weil der Anwendungsbereich der AMPreisV nicht eröffnet sei (§ 1 Abs. 3 Nr. 3 AMPreis i.
V. m. § 47 Abs. 1 Nr. 2 a AMG).
Der Anwendungsbereich der AMPreisV ist nach weiterer Maßgabe des § 1 Abs. 1 AMPreisV für apothekenpflichtige
Fertigarzneimittel wie Berinert ® P eröffnet (vgl. zur Qualifizierung als Fertigarzneimittel und zur Apothekenpflicht
Fachinformation unter http://www.anesthesia.at/zlbbehring/929439 F FI 07-02-15
Berinert%20P%20%20CSL%20Behring,0.pdf)
§ 1 Abs. 3 AMPreisV enthält Ausnahmen vom Anwendungsbereich der Verordnung. Er bestimmt in der hier einzig in
Betracht kommenden Nr. 3:
"Ausgenommen sind die Preisspannen und Preise der Apotheken, wenn es sich um eine Abgabe handelt [ ...] an die
in § 47 Abs. 1 Nr. 2 bis 7 des Arzneimittelgesetzes genannten Personen und Einrichtungen unter den dort
bezeichneten Voraussetzungen".
Es war daher zu prüfen, ob eine derartige Abgabe bei den vorliegend von der Beklagten beanstandeten Verordnungen
vorlag.
Nach der hier ausschließlich in Betracht kommenden Nr. 2 a des § 47 Abs. 1 AMG dürfen "pharmazeutische
Unternehmer und Großhändler [ ...] Arzneimittel, deren Abgabe den Apotheken vorbehalten ist, außer an Apotheken
nur abgeben an Krankenhäuser und Ärzte, soweit es sich handelt um aus menschlichem Blut gewonnene
Blutzubereitungen oder gentechnologisch hergestellte Blutbestandteile, die, soweit es sich um
Gerinnungsfaktorenzubereitungen handelt, von dem hämostaseologisch qualifizierten Arzt im Rahmen der ärztlich
kontrollierten Selbstbehandlung von Blutern an seine Patienten abgegeben werden dürfen".
Wie die Beklagte unwidersprochen vorgetragen hat und wie auch aus den streitbefangenen Verordnungen hervorgeht,
handelt es sich vorliegend um eine solche Abgabe an Krankenhäuser oder Ärzte nicht.
Dass es aber auf die Abgabe an die in § 47 Abs. 1 Nr. 2 a AMG genannten Personen und Einrichtungen, hier also an
Krankenhäuser und/oder Ärzte, entscheidend ankommt, ergibt sich schon aus dem Wortlaut des § 1 Abs. 3 Nr. 3
AMPreisV, der die § 1 Abs. 1 AMPreisV unterfallenden apothekenpflichtigen Fertigarzneimittel ausdrücklich von der
Anwendung der Verordnung nur dann ausnimmt, wenn sie an die in § 47 Abs. 1 Nr. 2 AMG "genannten Personen und
Einrichtungen" und "unter den dort bezeichneten Bedingungen" abgegeben werden. Es reicht daher nicht aus, dass
ein Arzneimittel wie Berinert ® P grundsätzlich nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 a AMG an Krankenhäuser und Ärzte
abgegeben werden darf; es muss auch eine solche Abgabe erfolgen.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den von dem Kläger vorgelegten Stellungnahmen des Bundesministeriums
für Gesundheit und Soziale Sicherung:
In dem Schreiben vom 03.12.2002 (Bl. 20 Gerichtsakte) stellt Staatssekretär Dr. S. für die fehlende Geltung des
Herstellerabschlags ganz ausdrücklich auf die Personen ab, an die das Arzneimittel abgegeben wird, indem er
ausführt:
"Diese direkt vom pharmazeutischen Unternehmer an Krankenhäuser und Ärzte abgegebenen [Hervorh. d. d. Autorin]
Arzneimittel fallen nicht unter den Hersteller- und Großhandelsabschlag des Beitragssatzsicherungsgesetzes."
Herr J. führt im Schreiben vom 22.01.2003 (Bl. 21 Gerichtsakte) aus:
"[ ...] gelten die durch die pharmazeutischen Unternehmen und den Großhandel zu gewährenden Abschläge im
Grundsatz nur für Arzneimittel, für die ein einheitlicher Herstellerabgabepreis gilt und eine freie Preisvereinbarung
somit nicht möglich ist. [ ] Generell unterliegen diese [gemeint sind die in einer Aufstellung der Anfragenden
aufgeführten Produkte bzw. Produktgruppen, die dem Gericht nicht bekannt sind. Anm. d. Autorin], soweit sie von der
Arzneimittelpreisverordnung nicht erfasst sind [Hervorh. d. d. Autorin], weder der Rabattierung durch den jeweiligen
pharmazeutischen Unternehmer noch des Großhandels."
Damit macht auch Herr J. die Freiheit vom Herstellerabschlag davon abhängig, dass die AMPreisV nicht anwendbar
ist. Nach dem oben Ausgeführten ist dies jedoch nur bei der hier nicht erfolgten Abgabe an Krankenhäuser und Ärzte
der Fall.
Aus der sehr allgemein gehaltenen Formulierung im Schreiben Frau O. vom 24.01.2005 (Bl. 25 Gerichtsakte) kann
keine tiefergehende Erkenntnis abgeleitet werden. Bestätigt wird hierin nur, "dass für diejenigen Arzneimittel, für
welche aufgrund der Arzneimittelpreisverordnung kein einheitlicher Apothekenabgabepreis, somit auch kein
Herstellerabgabepreis zu bestimmen ist und für die somit der Preis frei vereinbart wird, der Herstellerrabatt gemäß §
130 a SGB V keine Anwendung findet". Damit bleibt jedoch die eigentliche Frage, in welchen Fällen aufgrund der
AMPreisV ein einheitlicher Herstellerabgabepreis gilt, unbeantwortet.
Selbst die "Arbeitsgemeinschaft Plasmaderivate herstellender Unternehmen" führt in ihrem Schreiben "Auswirkungen
des Beitragssatzsicherungsgesetzes (BSSichG) auf Plasmaderivate (Bl. 23 Gerichtsakte) aus, dass "aus
menschlichem Blut gewonnene Blutzubereitungen oder gentechnologisch hergestellte Blutbestandteile, die nach § 47
Abs. 1 Nr. 2 a AMG direkt an Krankenhäuser und Ärzte abgegeben werden [Hervorh. d. d. Autorin], von der
Rabattregelung nicht betroffen sind" und stellt damit nicht – wie der Kläger – auf die grundsätzlich durch das Gesetz
eröffnete Möglichkeit der Abgabe an Krankenhäuser und Ärzte, sondern auf die tatsächliche Abgabe an diese ab.
Aus der Anfügung eines Satzes 5 an § 130 a Abs. 1 SGB V durch das Gesetz zur Verbesserung der
Wirtschaftlichkeit in der Arzneimittelversorgung (AVWG) (Bundesgesetzblatt I, 2006, Nr. 21 vom 29.04.2006, S. 984)
oder aus der zugrunde liegenden Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 16/194, S. 2) kann der Kläger ebenfalls nichts für
sich ableiten, da nach der Rechtsauffassung des Gerichts für das Arzneimittel Berinert ® P im vorliegenden Fall ein
Herstellerabschlag aufgrund der Anwendbarkeit der AMPreisV zum Ansatz kommt. Hieran ändert auch nichts, dass in
der Gesetzesbegründung auf Streitigkeiten zwischen Apotheken und Krankenkassen insbesondere im Hinblick auf
nicht preisgebundene Blutprodukte Bezug genommen wird, denn die Frage, in welchen Fällen eine solche
Preisbindung nicht vorliegt und damit kein Herstellerabschlag verlangt werden kann, wird nicht beantwortet.
Auch ist die in dem Artikel " Kein Herstellerrabatt bei Blutprodukten" (Deutsche Apotheker Zeitung vom 22.02.2007,
Nr. 8 (Bl. 72 Gerichtsakte) von Rechtsanwalt Dr. K. vertretene Rechtsaufassung nicht überzeugend:
Seine Aussage "Danach unterfallen Blutprodukte [ ...] nicht dem Anwendungsbereich der Arzneimittelpreisverodnung"
ist nach dem oben Ausgeführten in seiner Generalität ebenso wenig haltbar wie "Ist der Vertriebsweg des § 47 Abs. 1
Nr. 2 a AMG eröffnet, bedeutet dies für die Frage des Herstellerrabatts nach § 130 a SGB V, dass der
Anwendungsbereich der Arzneimittelpreisverordnung gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 3 AMPreisV nicht eingreift."
Zur Subsumtion des Vertriebs über die Apotheke unter den Wortlaut des § 1 Abs. 3 AMPreisV führt K. aus: "Dabei ist
nach dem ausdrücklichen Wortlaut auch der Vertriebsweg über öffentliche Apotheken umfasst, auch wenn bei
alleiniger Betrachtung der Nr. 3 von § 1 Abs. 3 AMPreisV nur der Vertriebsweg an Krankenhäuser und Ärzte (§ 47
Abs. 1 Nr. 2 AMG) ausdrücklich geregelt ist. Mit dem einleitenden Satzteil "Ausgenommen sind die Preisspannen und
Preise der Apotheken ( )" werden die Apotheken jedoch explizit erwähnt, so dass es keinen Grund dafür gibt, warum
die Arzneimittelpreisverordnung bei dem Vertrieb über öffentliche Apotheken dann doch Anwendung finden soll."
Wie der Autor richtig erkennt, ist gerade der Vertriebsweg über die Apotheken vom Wortlaut der Vorschrift nicht
erfasst. Seine Argument "es gebe keinen Grund" für die Anwendung der AMPreisV beim Vertrieb über Apotheken
vermag in keiner Weise zu überzeugen. Vielmehr bedürfte es angesichts des eindeutigen Wortlauts des § 1 Abs. 3 Nr.
3 (insbesondere unter Deutlichmachung, dass es auf die in § 47 Abs. 1 Nr. 7 bis 7 AMG genannten Personen und
Einrichtungen und die dort bezeichneten Voraussetzungen ankommt) zur extensiven Auslegung der Vorschrift einer
begründeten teleologischen Extension, die K. weder geltend macht noch belegt und für die im Übrigen auch nichts
ersichtlich ist. Von einer solchen analogen Anwendung geht wohl auch der Kläger aus, indem er in seiner Klageschrift
von "entsprechender Anwendung von § 47 Abs. 1 Nr. 2 a AMG" spricht, wobei auch er die Voraussetzungen für eine
solche Anwendung hierfür weder darstellt noch belegt.
Eine Grundrechtsverletzung durch die Anwendung von § 130 a SGB V (Artikel 3 Abs. 1 und Artikel 12 Abs. 1
Grundgesetz – GG –) ist für das Gericht nicht erkennbar. Dies liegt daran, dass, wie die Beklagte zu Recht ausgeführt
hat, zwischen Krankenhäusern und Ärzten kein Wettbewerb herrscht. Somit kann eine Grundrechtsverletzung
aufgrund der Tatsache, dass Berinert ® P, wenn es an Krankenhäuser und Ärzte abgegeben wird, keinem
Herstellerabschlag unterliegt, wohingegen beim Vertriebsweg über die Apotheke ein Herstellerabschlag zum Ansatz
kommt, nicht eintreten. In den Fällen, in denen die Krankenkassen nach § 130 a SGB V Abs. 1 Satz 1 oder Abs. 1 a
SGB V einen Abschlag erhalten, sind im Übrigen nach § 130 a Abs. 1 Sätze 2 und 3 SGB V die pharmazeutischen
Unternehmen und pharmazeutischen Großhändler zur Erstattung an die Apotheken verpflichtet; die
Rabattverpflichtung schlägt also vom Apotheker auf das Unternehmen oder den Großhändler durch. Insoweit ist es
auch nicht richtig, wenn der Kläger argumentiert, dass pharmazeutische Unternehmer und Großhändler im Gegensatz
zu den Apothekern nicht der Rabattverpflichtung des § 130 a Abs. 1 und Abs. 1 a SGB V unterlägen.
Nach alledem steht fest, dass die Beanstandungen durch die Beklagte zu Recht erfolgt sind, weil der Kläger zu
Unrecht den Herstellerabschlag nicht abgeführt hat. Die zulässige Leistungsklage konnte damit keinen Erfolg haben
und war abzuweisen. Die Feststellungsklage war mangels Zulässigkeit abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO); die
Rechtsmittelbelehrung folgt aus §§ 105 Abs. 2, 143, 144 SGG.