Urteil des SozG Frankfurt am Main vom 09.08.2006

SozG Frankfurt: krankenversicherung, versandhandel, versorgung, alv, wahl des leistungserbringers, glaubhaftmachung, apotheker, persönliche ansprache, staatliche aufgabe, hessen

Sozialgericht Frankfurt
Beschluss vom 09.08.2006 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Frankfurt S 21 KR 429/06 ER
Hessisches Landessozialgericht L 8 KR 199/06 ER
Der Antragsgegnerin wird es im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung untersagt, ihre Versicherten
dahingehend zu beeinflussen, Medikamente, die im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung bereitzustellen
sind, über namentlich benannte Versandapotheken (z.B. D. M. , m. , S. , L. -Versandapotheke) zu beziehen und dafür
in schriftlicher, elektronischer Form sowie in Telefonaktionen zu werben. Die Antragsgegnerin trägt die
Gerichtskosten. Sie hat dem Antragsteller die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen
außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Der Gegenstandswert wird auf 100.000,- Euro festgesetzt.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt die Anordnung einer Unterlassungsverpflichtung der Antragsgegnerin im Wege des
einstweiligen Rechtschutzes.
In der Ausgabe März 2006 informierte die Antragsgegnerin ihre Mitglieder im Rahmen des Informationsblattes "aktuell"
über die Möglichkeit des Bezugs von Arzneimitteln über den Versandhandel. Unter den Überschriften "Kostensenkung
ohne Nebenwirkung: Versandapotheken – Konditionen, die sich lohnen" und "Bei einer Versandapotheke zu bestellen
ist bequem, aber sparen Sie so auch? Ein klares "Ja" für die Kunden der AOK Hessen. Wir haben für Sie ein
exklusives Angebot mit Versandapotheken vereinbart. Vorteil: Sie sparen bares Geld!" hat die Information folgenden
Inhalt:
"[ ] Die Ausgaben für Arzneimittel sind im vergangenen Jahr weiter angestiegen. Im Oktober 2005 mussten die
Krankenversicherungen 234 Millionen Euro mehr als im Vormonat für Medikamente aufbringen, im gesamten Jahr
rund 12,9 % mehr als 2004. Eine Entwicklung, die nicht nur den gesetzlichen Krankenkassen, sondern besonders
ihren Beitragszahlern auf das Budget drückt. Die AOK Hessen hilft ihren Kunden, Einsparmöglichkeiten zu finden. [ ]
Wer seine Medikamente über den Versandhandel bezieht, hat es schön bequem. Bestellt wird nicht nur online,
sondern genauso per Telefon oder Post. Das spart Zeit und Weg, aber nicht immer Bares. Zwar werben
Versandapotheken mit günstigen Preisen, aber nicht alle halten, was sie versprechen. Sparen kann hier nur, wer
aufwendige Recherche nicht scheut. [ ...] Ihre AOK hat Versandapotheken intensiv geprüft, denn zuverlässige
Qualität aus seriöser Quelle steht an erster Stelle, wenn es um Arzneimittel geht. Mit verschiedenen
Versandapotheken, die dazu noch attraktive Preise und guten Service bieten, ist die AOK Hessen eine Partnerschaft
eingegangen. Alle ausgewählten Apotheken garantieren für rezeptfreie Arzneimittel einen Nachlass bis zu 50 % auf
den empfohlenen Herstellerpreis. Versendet werden ausschließlich deutsche Original-Produkte. [ ...] Ihre AOK Hessen
hat für Sie eine Einsparmöglichkeit gefunden, die sich ganz besonders lohnt. Durch die Partnerschaft mit
verschiedenen Versandapotheken hat Ihre AOK Sonderrabatte auf nicht verschreibungspflichtige und selbst zu
zahlende Produkte ausgehandelt. Zusätzlich erhalten Sie bis 30. April 2006 bei allen genannten Versandapotheken ein
attraktives Willkommensgeschenk [Fußnote: Gilt nur bei Bestellung von nicht verschreibungspflichtigen und selbst zu
zahlenden Produkten]. Das heißt doppelt profitieren. Bei der L. -Versandapotheke erhalten Sie zwar keine
zusätzlichen Sonderrabatte, aber L. steht für sehr günstige Preise. Informieren Sie sich einfach im Internet unter
www.medikamente- -.de oder rufen Sie an unter 0xxxxx (zum Ortstarif). [ ...] Bei der niederländischen
Versandapotheke D. M. erhalten Sie selbst rezeptpflichtige Bestellungen vergünstigt. Für jede Position auf Ihrem
eingereichten Kassenrezept bekommen Sie einen Sofortbonus in Höhe der halben Zuzahlung. Bei einem Medikament,
zu dem Sie maximal 10 Euro dazu bezahlen, fallen also ganz 5 Euro weg. Sind Sie von Zuzahlungen befreit? Dann
schreibt D. M. Ihnen den Sofortbonus trotzdem gut. Erreicht der Betrag 30 Euro, wird er auf Ihr Konto überwiesen. [
...] Für eine Bestellung auf Rezept schicken Sie einfach das Original in einem Umschlag an die Postfachadresse der
Versandapotheke Ihrer Wahl. Innerhalb von 48 Stunden nach eingegangenem Auftrag werden Ihre Medikamente in der
Regel versandkostenfrei an die angegebene Adresse verschickt. Anschließend rechnet die Versandapotheke mit Ihrer
Gesundheitskasse ab. Ein vertraulicher Umgang mit Ihren Daten ist immer garantiert. [ ...] Vor allem für chronisch
Kranke und alle, die regelmäßig Medikamente einnehmen müssen, lohnt eine Bestellung über den Versandhandel.
Denn der Preisvorteil kann die Rechnung deutlich reduzieren. Fehlt noch etwas in Ihrer Reiseapotheke? Dann am
besten gleich mitbestellen und Ihren Preisvorteil nutzen. Es lohnt sich!
Fazit: Versandapotheken bieten Ihnen Qualität zu günstigen Preisen. Ihre Sparvorteile: • bis zu 50 % auf frei
verkäufliche Medikamente • Sonderrabatte für AOK-Versicherte auf nicht verschreibungspflichtige und selbst zu
zahlende Produkte • Sofortbonus auf rezeptpflichtige Arzneien – nur bei der n. Versandapotheke D. M. • Apotheker
prüfen Ihre Bestellung • Sie sparen Zeit und Weg • Sie ordern bequem von zu Hause, online, per Telefon oder Post •
Sammelbestellungen sind versandkostenfrei • Bei einer Bestellung bis zum 30. April 2006 erhalten Sie ein attraktives
Willkommensgeschenk (Fußnote: gilt nur bei Bestellung von nicht verschreibungspflichtigen und selbst zu zahlenden
Produkten)."
Im unteren Seitendrittel befindet sich zum einen ein Coupon zum Ausschneiden und Einreichen bei einer der
genannten Versandapotheken (hierbei handelt es sich wohl um das "Willkommensgeschenk" = E. Sonnencreme von
"W."). Zum anderen befinden sich im unteren Seitendrittel die Namen und Anschriften, Telefonnummern und
Internetadressen von "D. M.", "m." und "S.", zusätzlich Beschreibungen zur Charakterisierung dieser Unternehmen (u.
a. unter Bezugnahme auf Testergebnisse von "S. W.", "C.-B." und "A. im Test") und eine Auflistung der jeweiligen
Vorteile für den Kunden. Zuletzt wird das Bestellungsprocedere nochmals in Stichworten dargestellt.
Neben dieser Mitgliederinformation in "aktuell" informiert die Antragsgegnerin ihre Versicherten seit Beginn des Jahres
2006 in Telefongesprächen über die Bezugsmöglichkeiten von Arzneimitteln durch Versandapotheken. Erklären die so
kontaktierten Versicherten, sie seien an einem Bezug von Medikamenten über Versandapotheken interessiert, werden
deren Anschriften an Versandapotheken weitergeleitet. Weiter ist streitig, in welchem Umfang die Antragsgegnerin ihre
Versicherten auch durch E-Mail-Versand über die Bezugsmöglichkeiten von Arzneimitteln durch Versandapotheken
informiert.
Der Antragsteller hat am 29.05.2006 beim Sozialgericht Darmstadt einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen
Anordnung eingereicht. Nach Verweisung wird der Rechtsstreit nunmehr beim örtlich zuständigen Sozialgericht
Frankfurt am Main geführt.
Der Antragsteller trägt durch seinen Prozessbevollmächtigten vor,
die Antragsgegnerin führe eine massive Telefonaktion durch, in welcher die Versicherten von der Vorteilhaftigkeit des
zukünftigen Bezugs von Arzneimitteln bei den vertraglich mit der Antragsgegnerin verbundenen Versandapotheken
überzeugt werden sollten. Eine ausdrückliche Einwilligung in solche Anrufe hätten die Versicherten nach Kenntnis des
Antragstellers nicht erteilt. Nach Erhalt eines solchen Anrufs der Antragsgegnerin habe sich ein Versicherter
verunsichert gefühlt und habe sich an den Antragsteller gewandt und um Klärung seiner Leistungsansprüche
gegenüber der AOK gebeten.
Zur Glaubhaftmachung dieses Vortrags werden eine eidesstattliche Versicherung des Versicherten und des
Apothekers Dr. P. H., der Mitglied des Vorstandes des Antragstellers ist, vorgelegt.
Kurze Zeit nach Erhalt dieser Anrufe hätten die Versicherten und zwar selbst die, die nach Kenntnis des
Antragstellers keine Erlaubnis zur Erteilung der Weitergabe ihrer Daten erteilt hätten, Post von einer Versandapotheke
erhalten.
Der Antragsteller legt zur Glaubhaftmachung diesbezüglich jeweils ein Schreiben der Versandapotheken "D. M. " und
"m." vor. Zudem seien Versicherte in einer Telefonkampagne in den Abendstunden angerufen und dazu aufgefordert,
ihre Arzneimittel beim n. Versandhändler "D. M." zu beziehen. Betroffen seien von dieser Aktion insbesondere
Diabetiker gewesen. Diese seien daraufhin von D. M. angeschrieben worden. Zur Glaubhaftmachung bezüglich des
Versands von E-Mails an Versicherte wird ein E-Mail vom 09.05.2006 an einen namentlich unbenannten Adressaten
vorgelegt.
Der Antragsteller habe die Antragsgegnerin bereits schriftlich erfolglos aufgefordert, die Werbung für bestimmte
Apotheken zu unterlassen und eine entsprechende Unterlassungsverpflichtungserklärung abzugeben. Auch dieses
Schreiben und die schriftliche Reaktion der Antragsgegnerin sind dem Antrag zur Glaubhaftmachung beigefügt.
Zwischen den Beteiligten sei eine Einigung nur dahingehend erzielt worden, dass die Antragsgegnerin ab dem
28.04.2006 für einen Zeitraum von 14 Tagen ihre Telefonwerbung für den Versandhandel wegen der Durchführung
einer Verhandlungsrunde einstelle. Auch diesbezüglich wird zur Glaubhaftmachung eine E-Mail des Antragstellers
vorgelegt.
Der Antragsteller vertritt die Rechtsauffassung, dass ihm der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus § 8
Arzneilieferungsvertrag zustehe, der zwischen dem HAV und den Primärkassen (u. a. der Antragsgegnerin)
geschlossen worden ist. § 8 ALV enthalte ein eindeutiges Verbot, Versicherte zugunsten bestimmter Apotheken zu
beeinflussen. Informationen der öffentlichen Hand dürften weder unsachlich noch herabsetzend sein, sondern
müssten mit angemessener Zurückhaltung formuliert sein. Im Übrigen sei die Verbreitung von Informationen unter
Berücksichtigung möglicher nachteiliger Wirkungen für betroffene Wettbewerber auf das zur Informationsgewährung
Erforderliche zu beschränken (BVerfG NJW 2002, 2621, 2624). Marktbezogene Informationen seien grundsätzlich nur
zulässig, wenn eine staatliche Aufgabe gegeben sei. Dabei sei insbesondere auch die Apothekenwahlfreiheit, die
durch das GKV-Modernisierungsgesetz in § 31 Abs. 1 Satz 5 SGB V nochmals festgeschrieben worden sei, zu
berücksichtigen. Bei dem ALV handele es sich um den nach § 129 Abs. 5 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V)
geschlossenen ergänzenden Vertrag auf Landesebene zum Rahmenvertrag über die Arzneimittelversorgung nach §
129 Abs. 2 SGB V. § 129 SGB V weise den Verbänden der Primär und Ersatzkassen und den maßgeblichen
Spitzenorganisationen der Apotheker auf Bundes- und Landesebene die ausschließliche Abschlusskompetenz
bezüglich der Verträge zur Sicherstellung der Arzneimittelversorgung zu. Daher sei ein Vertrag mit abweichenden
Konditionen vom ALV zwischen einer einzelnen Krankenkasse, hier der Antragsgegnerin, und einer oder mehrerer
einzelner Apotheken zur Arzneimittelbelieferung auf eingereichte Rezepte bei diesen Apotheken unzulässig. Die
zwischen der Antragsgegnerin und den von ihr beworbenen Internet-Apotheken geschlossenen Verträge, die sich
außerhalb Hessens oder gar der Bundesrepublik Deutschland befänden, stellten eine Umgehung dieser gesetzlichen
Regelung dar. Inhaltlich liege eine unzulässige Beeinflussung der Versicherten der Antragsgegnerin vor, indem diese
versuche, ihre Versicherten zum zukünftigen Bezug von Arzneimitteln bei ausdrücklich von der Antragsgegnerin
benannten Versandapotheken zu bewegen. Schon der Anruf bei den Versicherten an sich sei eine unzulässige
Beeinflussung. Ungeachtet dessen handele es sich um einen rechtswidrigen Eingriff in das allgemeine
Persönlichkeitsrecht der Versicherten, denn es sei nicht erforderlich gewesen, diese am Abend zu Hause unmittelbar
telefonisch anzusprechen. Die Angesprochenen seien hierdurch in ihrer freien Meinungsbildung stark begrenzt
gewesen und hätten sich der unmittelbaren Ansprache nicht entziehen können, insbesondere, wenn man
berücksichtige, dass die Hauptadressatengruppe Patienten mit Dauermedikation seien, die üblicherweise schon ein
fortgeschrittenes Alter erreicht hätten. Dadurch habe sich die Antragsgegnerin einen besonderen Vorteil verschafft. Es
wäre der Antragsgegnerin zuzumuten gewesen, diese Mitteilungen nur per Informationsschreiben zu übermitteln.
Aber auch durch das Informationsblatt und die durchgeführte E-Mail-Aktion würde das Recht der Versicherten auf die
freie Wahl des Leistungserbringers beeinträchtigt. Der Versicherte werde nicht von der Antragsgegnerin darüber
aufgeklärt, dass er zukünftig nach wie vor Rezepte bei allen anderen Apotheken einlösen könne und die
Antragsgegnerin die Kosten hierfür erstatte. Die Antragsgegnerin nehme letztlich in Kauf, dass Versicherte bei einer
dringend benötigten Medikation trotz der wesentlich längeren Lieferzeiten, die eine Bestellung bei Versandapotheken
mit sich bringe, die Rezepte an die Versandapotheke schicke und der Versicherte hierdurch Schaden nehme. Auch
durch die Argumentation mit der Beitragssatzstabilität werde versucht, die Versicherten massiv zu beeinflussen, da
letztlich jeder Versicherte ein erhebliches Interesse an der Verhinderung von Beitragserhöhungen habe.
Vorliegend werde gegenständlich über das Maß erforderlicher Information der Versicherten hinausgegangen, indem die
Verkaufskonditionen der Versandapotheken zum Teil für bestimmte Produkte (z. B. OTC-Produkte = over the counter
= nicht verschreibungspflichtige = freiverkäufliche Arzneimittel) angepriesen würden. Nicht verschreibungspflichtige
Arzneimittel seien jedoch von der Versorgung ausgeschlossen, sie fielen somit nicht in die Sachleistungspflicht und
damit nicht in den Aufgabenbereich einer Krankenkasse. Es bestehe deshalb keinerlei Anlass, den Versicherten
mitzuteilen, bei welchem Anbieter Produkte, deren Kosten die Krankenkasse ohnehin nicht übernehme, besonders
günstig einzukaufen seien. Es gehe der Antragsgegnerin auch nicht darum, neben einem vorhandenen Lieferweg eine
neue Bezugsquelle zu stellen und die Mitglieder über deren Nutzung disponieren zu lassen. Vielmehr beabsichtige die
Antragsgegnerin, die bisherigen Arzneimittellieferanten zugunsten weniger, neuer und offenkundig bevorzugter
Anbieter zu verdrängen.
Darüber hinaus seien die Anpreisungen der Antragsgegnerin unvollständig und verschwiegen wesentliche Tatsachen,
die für die Arzneimittelversorgung und deren Bedingungen von entscheidender Bedeutung seien. So seien die
Anpreisungen vollkommen einseitig auf die Kostenfrage und auf die vermeintlichen finanziellen Vorteile der
Versicherten fixiert. Es werde den Versicherten suggeriert, im Rahmen der Arzneimittelversorgung gebe es bei der
Preisgestaltung einen Spielraum, den die Versandapotheken im Gegensatz zu den hiesigen Apotheken nutzten.
Gezielt verschweige die Antragsgegnerin, dass der Antragsteller an das hierzulande geltende Recht gebunden sei und
bei der Abgabe von Arzneimitteln zu Lasten der GKV weder auf die Zuzahlung ganz noch teilweise verzichten noch
von den Vorgaben der Arzneimittelpreisverordnung abweichen dürfe und damit keine Möglichkeit zur Preisgestaltung
habe. Ebenso bleibe unerwähnt, dass die Patienten bei der Inanspruchnahme hiesiger Apotheken vor Ort Vorteile
genössen, die eine Versandapotheke nicht bieten werde: Lieferung entweder sofort oder binnen weniger Stunden,
ständige Dienstbereitschaft inklusive Notdienst rund um die Uhr und ein präsenter Ansprechpartner, der jeden
Patienten individuell berate und für alle Fragen unmittelbar zur Verfügung stehe. Auch seien die Aussagen der
Antragsgegnerin: "Alle ausgewählten Apotheken garantieren für rezeptfreie Arzneimittel einen Nachlass bis zu 50 %
auf den empfohlenen Herstellerpreis" bzw. "Ihre Sparvorteile: bis zu 50 % auf frei verkäufliche Arzneimittel"
unzutreffend. Der empfohlene Herstellerpreis sei etwas völlig anderes als die pauschale Aussage, OTC-Präparate
seien bis zu 50 % günstiger als bei anderen Apotheken. Eine Vielzahl örtlicher Apotheken böten OTC-Arzneimittel
günstiger an als einige Versandapotheken, wie eine Recherche unter www.mxxxxxx.de bei einigen gängigen
Arzneimitteln ergeben habe. Bezeichnender Weise würden die Versandapotheken "D. M." und "m." nicht in der Form
werben, wie es die Antragsgegnerin tue. In dem Anschreiben von "D. M." heiße es vielmehr: "Auch bei rezeptfreien
Medikamenten sparen Sie bis zu 30 %." In dem Anschreiben von "m." heiße es: "Mit dem Vorteilsservice können Sie
als Versicherter der AOK Hessen ab sofort rezeptfreie Arzneimittel und Gesundheitsprodukte mit einem Preisvorteil
von zusätzlich 3 % auf die bereits um bis zu 30 % reduzierten Preise (gegenüber den empfohlenen
Apothekenverkaufspreisen der Hersteller) bei der Versandapotheke m.xxxxx.de einkaufen."
Die Antragsgegnerin könne sich nicht auf § 305 Abs. 3 SGB V berufen. Die Formulierung in § 305 Abs. 3 SGB V
verdeutliche, dass nur eine allgemeine Information bezweckt sei, die nicht zu einer Bevorzugung bestimmter
Leistungserbringer oder von Versorgungszentren führe. Die Antragsgegnerin könne sich auch nicht auf § 13
Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) stützen. Die Ermächtigungsgrundlage des § 127 SGB V zeige im Übrigen,
dass Mitteilungen im Bereich der Heilmittel auf Verlangen zulässig sein könnten, im Arzneimittelbereich hingegen
nicht.
Dem Antragsteller stehe auch ein Unterlassungsanspruch wegen einer Verletzung des Artikels 12 Grundgesetz (GG)
zu. Das BVerfG (in NJW 2002, 2621 ff.) habe klare Regeln aufgestellt, wann eine Körperschaft des öffentlichen
Rechts Marktinformationen geben dürfe. Diese Regeln seien nicht eingehalten.
Die Antragsgegnerin habe ihr Verhalten als rechtmäßig erachtet und nach dem Scheitern von
Vergleichsverhandlungen erklärt, dass sie an dem vorbeschriebenen Vorgehen festhalten werde. Damit bestehe
weiterhin Wiederholungsgefahr, zumal auch die strafbewehrte Unterlassungserklärung von der Antragsgegnerin nicht
abgegeben worden sei. Es sei auch zukünftig zu befürchten, dass einseitige, unsachliche Beeinflussungen von
Versicherten zugunsten bestimmter Versandapotheken durch die Antragsgegnerin initiiert würden, die sich auch zu
Lasten des Umsatzes des Antragstellers auswirkten.
Der Antragsteller beantragt, 1. der Antragsgegnerin zu untersagen, Personen, die bei ihr versichert sind, zu
beeinflussen, den Bezug von durch die gesetzliche Krankenversicherung erstattungsfähigen Medikamenten in
bestimmten, namentlich genannten Apotheken vorzunehmen, und dafür mit Briefen bzw. E-Mails oder durch
persönliche Ansprache im Rahmen telefonischer Kontaktaufnahme zu werben,
2. der Antragsgegnerin anzudrohen, dass für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die in Ziffer 1 ausgesprochene
Verpflichtung ein Ordnungsgeld bis zu EUR 250.000,00 und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann,
Ordnungshaft bis zu sechs Monaten gegen den jeweiligen gesetzlichen Vertreter festgesetzt werden kann.
Die Antragsgegnerin beantragt, die Anträge abzulehnen.
Die Antragsgegnerin trägt vor, seit Anfang 2006 sei in das Portfolio von Kundenanrufen durch die Antragsgegnerin im
Rahmen sog. Gesundheitswochen auch das Thema Versandhandel aufgenommen worden. Eigne sich demnach auch
das Thema Versandhandel für den angerufenen Kunden, werde dieser objektiv über Vor- und Nachteile dieses
Bezugswegs informiert. Beim Kunden würden demnach mehrere Themen angesprochen, eines davon sei ggf. das
Thema Versandhandel. Keinesfalls gestalteten sich die Gespräche derart, dass dem Versicherten nur das Thema
Versandhandel und dann lediglich einseitig die Vorteile dargestellt würden. Vielmehr werde, da der Versandhandel
nicht für jeden Kunden geeignet sei, ebenso auf mögliche Nachteile dieses Bezugswegs hingewiesen, z. B. dass die
Bestellung in einer Versandapotheke im Fall einer Akutversorgung nicht geeignet sein könnte. Zur Glaubhaftmachung
wird Zeugenbeweis angeboten. Äußere der Versicherte in dem Telefonat Interesse an weitergehenden Informationen,
würden mit seinem Einverständnis sein Name und seine Adresse an verschiedene Versandapotheken weitergeleitet.
Die bei den Versicherten telefonisch eingeholte Einverständniserklärung werde in jedem Fall in einer internen
Datenbank vermerkt. Zur Glaubhaftmachung werden beispielhafte anonymisierte Ausdrucke aus der Datenbank
vorgelegt. Habe der Versicherte die Informationsunterlagen der Versandapotheke erhalten, obliege es ihm selbst, ob
er den Service der Versandapotheke in Anspruch nehme. Für diesen Fall stelle er den weiteren Kontakt zu einer
Versandapotheke seiner Wahl von sich aus her. Äußere der Versicherte in dem Telefonat kein Interesse am
Versandhandel, so erfolge auch keine Weiterleitung der Daten. Das beschriebene Verfahren sei sowohl mit dem
Datenschutzbeauftragten der Antragsgegnerin als auch mit dem Hessischen Datenschutzbeauftragten abgeklärt.
Zudem sei darüber auch das Hessische Sozialministerium mit E-Mail vom 28.03.2006 informiert worden. Die
Versandapotheken seien nach dem Versenden der Informationen verpflichtet, die Versichertendaten zu vernichten.
Der Versandhandel erhalte demnach auch nicht pauschal Adressen, deren er sich immer wieder bedienen dürfe
(Glaubhaftmachung: Bestätigung der Versandapotheke "m."). Es habe zu keiner Zeit eine "E-Mail-Aktion" der
Antragsgegnerin gegeben und es gebe sie auch nicht. Die seitens des Antragstellers zitierte E-Mail sei die einzige,
die in diesem Zusammenhang an die Mitarbeiter der Antragsgegnerin gesandt worden sei. Eine derartige E-Mail an die
Mitarbeiter eines Unternehmens könne für die Problematik jedoch nicht ausschlaggebend sein, weil der Umstand,
dass ein Unternehmen seine eigenen Mitarbeiter über einen wirtschaftlichen Bezugsweg informiere, eine Normalität
und im Übrigen ein betriebsinterner Vorgang sei.
Auch habe der Vorsitzende des Antragstellers in einem Rundschreiben an die Mitglieder der HAV selbst angeführt,
dass das SGB V ausdrücklich eine Regelung enthalte, wonach Krankenkassen gegenüber Leistungserbringern ein
Informationsrecht auf günstige Bezugsmöglichkeiten hätten (Bl. 127 Gerichtsakte). Zwischen dem Antragsteller und
dem Leiter der Hauptabteilung Medizinprodukte, Pflege, Zahnärzte bei der Antragsgegnerin, Herrn L., sei ein Telefonat
geführt worden, dessen Inhalt gewesen sei, dass der Antragsteller vor dem Hintergrund der Aufklärung der
Versicherten über Versandhandel durch die Antragsgegnerin Herrn L. Angebote unterbreite, die sich zu dem Niveau
der Versandapotheken hinbewegten (Glaubhaftmachung: E-Mail Herrn L.). Man habe sich in diesem Telefonat darauf
verständigt, sich Ende April zu einem gemeinsamen Verhandlungstermin zu treffen, welcher auch stattgefunden habe.
Der HAV habe, nachdem er die Gespräche mit der Antragsgegnerin als gescheitert erklärt habe, seine Mitglieder in
einem Rundschreiben aus seiner Sicht über die Verhandlungsergebnisse informiert. Die Antragsgegnerin habe mit
Schreiben vom Mai 2006 den Mitgliedern des HAV ihre Sicht geschildert (Glaubhaftmachung: Schreiben der
Antragsgegnerin an die hessischen Apotheken). Vor diesem Hintergrund sei es sehr erstaunlich, dass der
Antragsteller jetzt nach Ablauf mehrerer Monate bei Gericht einen Antrag eingereicht habe. Dies gelte auch, weil der
Marktanteil der Versandapotheken in Hessen unter 0,5 % liege (Glaubhaftmachung: Auswertung der Antragsgegnerin
über Umsätze mit Apotheken 133 Gerichtsakte).
Vor dem Hintergrund des geringen Marktanteile der Versandapotheken bestehe nicht die Gefahr, dass durch eine
Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich
erschwert werden könnte bzw. dass eine einstweilige Anordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig
erscheine. Die Vorgehensweise der Antragsgegnerin werde nicht dazu führen, dass der Umsatzanteil der
Versandapotheken signifikant ansteigen werde, insbesondere dass dadurch die Existenz auch nur einer "Vor-Ort-
Apotheke" in irgendeiner Weise gefährdet werde. Darüber hinaus sei der Versandhandel seit dem 01.01.2004
rechtmäßig. Verschiedene Versandapotheken böten gesetzlichen Krankenkassen in bestimmten Bereichen
wirtschaftlichere Preise als die Apotheken vor Ort. Vor dem Hintergrund der rechtlichen Legalisierung des
Versandhandels und des Wirtschaftlichkeitsgebots des § 12 SGB V resultiere hieraus das Recht und die Pflicht der
gesetzlichen Krankenkassen, auch mit diesen Anbietern des Gesundheitsmarktes zusammenzuarbeiten. Es sei nicht
nur ein Vorwand, sondern tatsächlich die Pflicht der Antragsgegnerin, auch hier zur Beitragssatzstabilität beizutragen.
Verträge außerhalb des ALV seien nicht unzulässig, der HAV habe selbst mit der Antragsgegnerin Regelungen
vereinbart, die nicht Bestandteil des ALV seien. Die Kommunikation einer gesetzlichen Krankenkasse mit ihren
Mitgliedern stelle ein Selbstverständnis dar. Inhalt der Telefongespräche und der Informationsflyer seien sowohl
versicherungsspezifische Informationen als auch solche, über deren Aufklärung die Antragsgegnerin einen
Aufklärungsbedarf ihrer Versicherten festgestellt habe. Das bereits beschriebene Verfahren, dass dem Versicherten
sowohl Vor- als auch Nachteile des Versandhandels geschildert würden, könne nicht als rechtswidrige Werbung
angesehen werden. Es handele sich hierbei um Informationen, die den Versicherten durch ihre Krankenversicherung
lediglich zugänglich gemacht würden. Diese Informationen seien für den Versicherten von Belang, da sie
Auswirkungen auf seine Versichertenrechte insoweit haben könnten, als er in die Lage versetzt werde, alternative
(oftmals für ihn günstigere) Bezugswege zu kennen und bei Interesse zu nutzen. Was die OTC-Produkte anbetreffe,
so seien diese bis zum Inkraftreten des Gesundheitsmodernisierungsgesetzes (GMG) 2004 im Leistungskatalog der
gesetzlichen Krankenkassen enthalten gewesen. Der Versicherte habe demnach für diese Produkte keine
Eigenzahlungen leisten müssen. Mit Inkrafttreten des GMG seien diese OTC-Produkte aber aus dem
Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung herausgenommen worden, was seitdem zu vermehrten
Anfragen seitens der Versicherten gegenüber der Antragsgegnerin geführt habe, warum nunmehr im Gegensatz zu
frührer eine Zahlung zu leisten sei. Diesen Informationsbedarf der Versicherten habe die Antragsgegnerin demnach in
ihren Informationsanrufen aufgenommen. Auch sei bezüglich der von den Versandapotheken eingeräumten
Preisnachlässe keine sachlich unrichtige Information erfolgt. Der ALV binde ausschließlich dessen Vertragspartner.
Aus ihm könnte der geltend gemacht Unterlassungsanspruch mit der geforderten Reichweite nicht abgeleitet werden.
Auch könne nicht von einer normativen Wirkung der Regelung des ALV ausgegangen werden. § 8 ALV sei davon
abgesehen auch nicht tangiert, da eine Beeinflussung der Versicherten zu einer bestimmten Apotheke nicht stattfinde.
Im Übrigen seien bislang weder eine Beschwerde von Versicherten über die Kontaktaufnahme, noch eine Klage
seitens eines Versicherten erhoben worden. Aus alledem ergebe sich, dass der Antragsteller auch nicht in seinem
Grundrecht aus Artikel 12 GG verletzt sei.
Das Gericht hat am 04.08.2006 einen Erörterungstermin mit den Vertretern der Beteiligten durchgeführt und diese zu
den streitigen Vorgängen und deren Hinergründe befragt. Die Sitzungsniederschrift hierzu lautet wie folgt:
"Die Vertreter der Antragsgegnerin erklären auf Befragen durch das Gericht: Es ist so, dass wir zu Zwecken der
Haltearbeit, d. h. der Bindung von Versicherten, die besonders wechselgefährdet sind, eine so genannte Outbound-
Telefonie betreiben. Es werden solche wechselgefährdete Versicherte von Mitarbeitern von uns angerufen und es wird
versucht, ihnen zu vermitteln, welche Vorteile ein Verbleiben bei unserer Krankenkasse bietet. Dafür gibt es mehrere
Ansatzpunkte, die sich aus dem Gespräch mit den Versicherten ergeben, insbesondere seinen evtl. Klagen, z. B.
darüber, dass er nunmehr seit 2004 nicht mehr rezeptpflichtige Medikamente in der Regel nicht über die
Krankenkasse beziehen kann. Wir sprechen dabei z. B. an, dass es die Möglichkeit gibt, eine Zusatzversicherung zu
Zwecken der Auslandsversicherung zu besonders günstigen Tarifen bei einem Anbieter abzuschließen. Weiter weisen
wir die Kunden in diesen Telefongesprächen darauf hin, dass es die Möglichkeit gibt, mittlerweile über den
Versandhandel die nicht verordnungspflichtigen Medikamente zu beziehen, also so genannte OTC-Präparate. Es
werden von unserer Outbound-Abteilung ca. 3500 Anrufe am Tage abgewickelt, davon beziehen sich etwa 10 % auf
Versicherte, die ein Interesse an Informationen zu Versandhandelsbezug von Medikamenten äußern. Seit 01.01.2006
sind ca. 12000 bis 13000 Adressen von Versicherten, die ihr Interesse an Versandhandelsmedikamentenbezug
geäußert haben, an Versandhändler weitergegeben worden. Die Adressenweitergabe erfolgt an sechs
Versandapotheken, wobei im Vordergrund stehen D. M., M. und S ... Allerdings ist es so, dass zwar Verträge mit
sechs Versandhandelsapotheken bestehen, aber Adressen bislang nur an vier Versandhandelsapotheken
weitergereicht werden. Die vierte Versandhandelsapotheke ist die L. -Apotheke. Die Abwicklung des
Medikamentenbezuges durch Versicherte bei Versandhandelsapotheken gestaltet sich so, dass wir von diesen
Apotheken die gesetzliche Zuzahlung normal erhalten. Die Preise verschreibungspflichtiger Medikamente sind, da sie
der Preisbindung unterliegen, festgelegt. Diese Preise entrichten wird auch an diese Versandapotheken, so dass wir
keine wirtschaftliche Einsparung haben, was unsere Arzneimittelkosten aktuell anbelangt. Ob eine Einsparung durch
niedrigere Auslandsumsatzsteuersätze bei Versandhandelsapotheken, die im Ausland ihren Sitz haben, entsteht,
wissen wir nicht. Aber diese Problematik ist bei jedem Medikamentenbezug aus dem Ausland vorhanden. Um die
Abgabe von Medikamenten an Versicherte und die Abrechnung mit Versandhandelsapotheken zu strukturieren, gibt
es schriftlich fixierte Verträge. Darin sind u. a. solche Punkte wie Lieferfristen, Abrechnungsmodalitäten, Formen der
Zustellung der Medikamente an den Besteller, Fristen innerhalb der zugestellt werden soll etc., geregelt. Die
Versandhändler, mit denen wir solche Verträge haben, bieten unseren Versicherten auch Sonderkonditionen an, etwa
Rabatte für OTC-Medikamente. Ob bestimmte Rabatte für Versicherte für den Bezug von OTC-Medikamenten in
diesen Verträgen vertraglich vereinbart sind, wissen wir nicht. Es ist aber davon auszugehen, dass für Sonderaktionen
die Gewährung solcher Vergünstigungen mit den Versandhandelsapotheken abgesprochen ist.
Die Antragssteller erklären auf Befragen durch das Gericht:
Unseres Wissens gibt es mittlerweile auch einen Bundesverband der Versandhandelsapotheken. Einzelne
Versandhandelsapotheken sind auch Mitglied in Apothekerverbänden. Wir sehen es so, dass die Information von
Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung über Bezugswege der OTC-Medikamente nicht zu dem
Aufgabenbereich der gesetzlichen Krankenversicherung gehört. Gegen eine allgemeine Information über die
Möglichkeit, Medikamente über den Versandhandelsweg zu beziehen haben wir keine rechtlichen Einwände. Nach
unserem Eindruck war es aber so, dass im Rahmen der telefonischen Haltearbeit der AOK offenbar vorwiegend
chronisch Kranke und Diabetiker angesprochen worden sind und deren Adressen auch an Versandhandelsapotheken
weitergegeben wurden. Wir wenden uns insbesondere dagegen, dass bestimmte, in der Regel die größten
Versandhandelsapotheken namentlich und mit Adresse und Bezugsweg benannt werden, wie dies auch in dem
Informationsblatt "Aktuell" der Antragsgegnerin geschehen ist.
Die Beteiligten erklären übereinstimmend, Preise können von ihnen im Rahmen von Verhandlungen im Wesentlichen
nur für nicht preisgebundenes Arzneimittel vereinbart werden. Dies betrifft etwa Impfstoffe, Verbandsstoffe,
Blutzuckerteststreifen, Artikel des ärztlichen Sprechstundenbedarfes und Gase. Die Vertreter der Antragsgegnerin
erklären, in Hessen geben die gesetzlichen Krankenkassen insgesamt für diesen Bereich ca. 150.000.000 EUR im
Jahr aus. Die Versandhändler bieten überwiegend billiger an. In diesem Feld wird auch ein Einsparungspotenzial
gesehen. Allerdings ist es so, dass, insbesondere was den Sprechstundenbedarf und die Impfstoffe anbelangt, die
Bestellungen in der Hand des Arztes liegen und insoweit auch es seiner Entscheidung obliegt, welchen Bezugsweg er
wählt. Insgesamt ist es derzeit so, dass nach unseren Informationen der Anteil der Versandhandelsapotheken an dem
Ausgabenvolumen der Gesetzlichen Krankenkassen ca. 0,5 % beträgt. Diese Zahl ermittelt sich aus dem Vergleich,
welchen Betrag wir an die klassischen Apotheken für den Bezug von Arzneimittel etc. bezahlen und welchen Betrag
an Versandhandelsapotheken. Wir verweisen insoweit auf die Anlage 8 zu unserer Erwiderungsschrift ".
II
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfange zulässig und
begründet. Gemäß § 86 b Abs. 2 Satz 1 SGG sind einstweilige Anordnungen in Bezug auf den Streitgegenstand
zulässig, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung
eines Rechtes des Antragsstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (so genannte
Sicherungsanordnungen). Zur Stellung dieses Antrages ist der Antragssteller aktiv legitimiert. Er macht einen
Unterlassungsanspruch aus § 8 ALV geltend. Nach § 1 Abs. 1 ALV regelt dieser Vertrag die Sicherstellung der
Versorgung der Versicherten der Krankenkassen mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, Verbandsmitteln, Hilfsmitteln
und die Lieferung von Sprechstundenbedarf aufgrund vertragsärztlicher oder vertragszahnärztlicher Verordnung. § 2
Abs. 2 ALV bestimmt, dass der Vertrag Rechtswirkung für öffentliche Apotheken hat, deren Leiter dem HAV
angehören. Somit entfaltet der ALV Rechtswirkung zwischen den Beteiligten. Ferner beruft sich der Antragssteller
hinsichtlich seines geltend gemachten Unterlassungsanspruches auf Artikel 12 GG. Mit der Neuregelung des § 69
SGB V zum 01.01.2000 sind alle Handlungen der Krankenkassen und ihrer Verbände die ihre Beziehungen zu den
Leistungserbringern sowie hiervon berührten Dritten betreffen, ausschließlich nach öffentlichen Recht zu beurteilen.
Dies führt zur Unanwendbarkeit des zivilrechtlichen Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) und des
zivilrechtlichen Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb (UWG). Unterlassungsansprüche gegenüber Krankenkassen
können seitdem nicht mehr auf diese Vorschriften gestützt werden, jedoch auf eine Verletzung des Artikels 12 GG,
wenn Krankenkassen durch ihr hoheitliches Verhalten das Recht der freien Berufsausübung oder der
Gleichbehandlung im Wettbewerb beeinträchtigen (BSG Urteil vom 25.09.2001, B 3 KR 3/01 R). Weiter steht hier die
Verletzung der Vertragskompetenz des § 129 Abs. 5 SGB V in Rede. Nach dieser Vorschrift können die
Landesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen mit der für die Wahrnehmung der
wirtschaftlichen Interessen maßgeblichen Organisation der Apotheker auf Landesebene ergänzende Verträge
schließen. Einen solchen Vertrag stellt der zwischen dem Antragsteller, der Antragsgegnerin und den übrigen
Hessischen Primärkassen vereinbarte Arzneilieferungsvertrag in der derzeit geltenden Fassung vom 01.03.2005 dar.
Die Vertragsabschlusskompetenz hat zur Folge, dass der Antragsteller das Recht hat, die Einhaltung des Vertrages
zu verlangen und gerichtlich gegen Vertragsverletzungen vorzugehen. Somit sind für den Fall einer Vertragsverletzung
der Antragssteller selbst und nicht etwa nur seine Mitglieder berechtigt, einen Unterlassungsanspruch geltend zu
machen.
Bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage
hat der Antragssteller gegen die Antragsgegnerin den geltend gemachten Unterlassungsanspruch. Das gerügte
Verhalten der Antragsgegnerin stellt einen Verstoß gegen § 8 Abs. 1 Satz 1 ALV dar. Nach dieser
Vertragsbestimmung dürfen die Versicherten und die Vertragsärzte weder von den Apotheken hinsichtlich der
Verordnung bestimmter Mittel noch von den Krankenkassen zugunsten bestimmter Apotheken beeinflusst werden.
Das Gericht ist nach Auswertung der März-Nummer des Versicherten Magazins "Aktuell 2006" sowie der von dem
Antragssteller vorgelegten Schreiben einzelner Versandapotheken an Versicherte, deren Adressen diese von der
Antragsgegnerin erhalten haben sowie der von den Vertretern der Antragsgegnerin im Erörterungstermin gemachten
Angaben davon überzeugt, dass das streitgegenständliche "Informationshandeln" der Antragsgegnerin dem in § 8
Abs. 1 ALV normierten Beeinflussungsverbot widerspricht. Dabei kommt insbesondere der Telefonarbeit der
Antragsgegnerin zum Zwecke der Bindung von Versicherten besondere Bedeutung zu, da nach eigenen Angaben der
Antragsgegnerin, seit 01.01.2006 ca. 12 000 bis 13 0000 Adressen von Versicherten, die ihr Interesse an
Versandhandelsmedikamenten Bezug geäußert haben, an mindestens 4 Versandhandelsapotheken, insbesondere D.
M., weitergegeben worden sind. Diese Aktivitäten der Antragsgegnerin gehen nach Überzeugung des Gerichtes über
die bloße sachliche Information über die Bezugsmöglichkeit von Arzneimitteln durch den Versandhandel hinaus. Sie
eröffnen es den Versicherten unmittelbar und ohne weitere eigene Recherche und Informationserhebung mit den
benannten Versandapotheken, die zum Teil selbst den Kontakt zu den von der Antragsgegnerin benannten
interessierten Versicherten suchen können, herzustellen und orientieren diese so informierten Versicherten auf den
Weg eines Medikamentenbezuges über die mit Postanschrift, Internetadresse und Telefonanschluss problemlos
erreichbaren Versandapotheken. Darin liegt eine unzulässige Beeinflussung im Sinne des § 8 Abs. 1 ALV.
Bei dem hier maßgeblichen ALV handelt es sich um den nach § 129 Abs. 5 SGB V geschlossenen ergänzenden
Vertrag auf Landesebene zum Rahmenvertrag über Arzneimittelversorgung nach § 129 Abs. 2 SGB V. Der
Rahmenvertrag hat gemäß § 129 Abs. 3 SGB V Rechtswirkung für Apotheken, wenn sie einen Mitgliedsverband der
Spitzenorganisation angehören und die Satzung des Verbandes vorsieht, dass von der Spitzenorganisation
angeschlossene Verträge dieser Art Rechtwirkung für die dem Verband angehörenden Apotheken haben. Dies gilt
nach § 129 Abs. 5 Satz 2 für die Verträge auf Landesebene entsprechend. Die nach § 129 SGB V abgeschlossenen
Verträge zwischen den Apotheken und den Krankenkassen regeln vorrangig nicht die Beziehungen zwischen den
vertragsschließenden Verbänden sondern zwischen den einzelnen Krankenkassen und Apotheken und wirken insoweit
normativ. Sie sind damit wie Rechtsnormen im Sinne des "objektivierten Willen des Gesetzes" auszulegen (BSG
Urteil vom 17.01.1996, 3 RK 26/94, BSGE 77, 194). Auf einen öffentlich- rechtlichen Vertrag sind gemäß § 69 Abs. 1
Satz 3 SGB V die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches entsprechend anwendbar, soweit sie mit den
Vorgaben nach § 70 SGB V und den übrigen Aufgaben und Pflichten der Beteiligten nach diesem Kapitel vereinbar
sind. Im Hinblick auf die Auslegung von Verträgen zwischen den Krankenkassen und den Leistungserbringern ist
somit auf die Anwendung der Vorschriften über öffentlich- rechtliche Verträge nach den §§ 53 ff SGB X
zurückzugreifen.
Die Vorschrift des § 8 Abs. 1 ALV ist weder durch die ausdrückliche gesetzliche Zulassung des Versandhandels von
Arzneimitteln durch entsprechende Vorschriften im Gesetz zu Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung
(GKV–Modernisierungsgesetz - GMG) außer Kraft gesetzt worden, noch obsolet geworden. Zu den Bündeln von
Maßnahmen zur Verbesserung der Qualität und Wirtschaftlichkeit der Versorgung im Rahmen der gesetzlichen
Krankenversicherung gehörten auch Bestimmungen zur Neuordnung der Versorgung mit Arznei- und Hilfsmitteln,
welche nicht allein eine Neubestimmung des Anspruches des Versicherten auf Versorgung mit apothekenpflichtigen
Arzneimitteln (§§ 31, 34, 35 SGB V) zum Gegenstand hatten, sondern auch Änderungen derjenigen
Rechtsgrundlagen, welche die Vertriebwege der Versorgung von apothekenpflichtigen Arzneimitteln zum Gegenstand
hatten. Dementsprechend betrafen die Artikel 20, 25 des Entwurfes eines Gesetzes zur Modernisierung der
gesetzlichen Krankenversicherung auch Änderungen aus dem Bereichen Apothekenwesen,
Arzneimittelpreisverordnung, Arzneimittelgesetz. Aus der Gesetzesbegründung und der Einbettung der Neuordnung
der Versorgung mit Arzneimittel und deren Bezugswegen in das GMG ergibt sich, dass es dem Gesetzgeber nicht nur
um eine Modernisierung des Apothekenwesens ging, sondern auch darum, mehr Wettbewerb in dieses
Versorgungssegment zu bringen, weil er sich hierdurch eine Hebung von Wirtschaftlichkeitsreserven und damit auch
eine Verbesserung der Finanzsituation der gesetzlichen Krankenversicherung versprach. So sollte etwa durch die
Zulassung des Mehrbesitzes von öffentlichen Apotheken die Wirtschaftlichkeit der Betriebsführung und der
Arzneimittelbeschaffung sowie die Flexibilität in der Warenbewirtschaftung und den Personaleinsatz erhöht werden
(vgl. BT-Drucksache 15/1525 Seite 160). Weiter sollte die Ermöglichung des Versandhandels und Elektronischen
Handels auch mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln der geänderten Situation im Gesundheitswesen Rechnung
tragen. Der Versandhandel einschließlich des Elektronischen Handels mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln komme
– so der Gesetzgeber - auch dem Anliegen der Verbraucher wie chronisch Kranken, immobilen Patienten, älteren
Bürgern, Berufstätigen oder Kunden mit größeren Entfernungen zur nächsten Apotheke sowie der häuslichen Pflege
von Patienten entgegen. Er könne auch Versorgungsprogramme nach dem Sozialgesetzbuch unterstützen (vgl. BT-
Drucksache 15/1525 Seite 165). Durch das GMG hat sich die Rechtslage grundlegend geändert. Während nach den
§§ 43 Abs. 1, 73 Abs. 1 Arzneimittelgesetz (AMG) in der bis zum 31.12.2003 geltenden Fassung der Versandhandel
mit Arzneimitteln nach deutschen Recht uneingeschränkt unzulässig war und sich seine Zulässigkeit auch nicht aus §
73 Abs. 2 Nr. 6a AMG a. F. ergab (siehe Kammergericht Berlin, Urteil vom 29.05.2001 – 5 U 10150/00; OLG Frankfurt
am Main, Urteil vom 31.05.2001 -6 U 240/00; LG Frankfurt am Main Beschluss vom 10.08.2001 – 3/11 O 64/01) und
primär die Frage umstritten war, ob dieses uneingeschränkte Verbot mit EG-Recht, insbesondere Artikel 28 des
Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft ([EGV] in der Fassung des Vertrages von Amsterdam vom
02.10.1997) vereinbar waren, erlaubt nun das ab 01.01.2004 geltende Recht den Versandhandel mit Arzneimitteln.
Erforderlich ist, dass die Apotheke über eine Genehmigung verfügt (§ 43 Abs. 1 AMG n.F. i. V. m. § 11 a
Apothekengesetz). Der grenzüberschreitende Versandhandel aus dem EG-Ausland ist nach § 73 Abs. 1 Nr. 1a AMG
n.F. zulässig, wenn die versendende Apotheke entweder dem Deutschen Apothekengesetz oder nach ihren nationalen
Recht, soweit es dem deutschen Apothekenrecht im Hinblick auf die Vorschriften zum Versandhandel entspricht,
dazu befugt ist. Das Bundesministerium für Gesundheit hat die Vergleichbarkeit der Sicherheitsstandards für den
elektronischen Handel mit Arzneimitteln für die N. am 16.06.2005 festgestellt, was das Landgericht Frankfurt am Main
in seinem jüngsten Urteil vom 21.07.2006 (3-11 O 64/01) veranlasst hat, die Klage des Deutschen
Apothekerverbandes auf Verurteilung des Internet Arzneimittelanbieters D. M. es zu unterlassen, in Deutschland
zugelassene registrierte oder von der Zulassung der Registrierung freigestellte apothekenpflichtige Arzneimittel im
Wege des Versandhandels in den Verkehr zu bringen oder an Endabnehmer in Deutschland abzugeben, abzuweisen.
Untersagt hat das Landgericht nur den Versandhandel mit in Deutschland nicht zugelassenen Arzneimitteln.
Aus dem Umstand, dass nach den neuen gesetzlichen Regelungen der Versandhandel mit apothekenpflichtigen
Medikamenten nicht mehr grundsätzlich untersagt ist, folgt jedoch nicht bereits, dass die Versorgung von
Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung mit rezeptpflichtigen Medikamenten oder sonstigen
Medikamenten, für die eine Einstandspflicht der gesetzlichen Krankenversicherungen besteht, im Rahmen der
Krankenbehandlung und des aus § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, § 31 i. V. m. §§ 34, 35 SGB V vorgesehenen
Sachleistungsanspruches durch Versandhandelsapotheken erfolgen kann. Dieser Aspekt ist deshalb von Bedeutung,
weil die Antragsgegnerin in ihren streitgegenständlichen Informationen an ihre Versicherten hervorhebt, auch durch
den Bezug von rezeptpflichtigen Medikamenten über Versandapotheken ließen sich Vergünstigungen erzielen. Soweit
dabei ausdrücklich auf die Bezugsmöglichkeit über "den Marktführer und Europas größte Versandapotheke" D. M.
hingewiesen wird, gilt Folgendes: Durch §§ 12 und 70 SGB V sind die Apotheken verpflichtet, die Versorgung der
Versicherten mit Arzneimitteln auf wirtschaftliche Weise sicherzustellen. Den Leistungsanspruch des Versicherten auf
Arzneimittel konkretisiert § 31 SGB V. Darüber hinaus enthalten die Regelung über die Zuzahlung zu Arzneimitteln (§
31 Abs. 3 SGB V), den Ausschluss von Arzneimitteln (§ 34 SGB V) und über die Festbeträge für Arzneimittel (§ 35
SGB V) weitere Vorgaben, die dem Wirtschaftlichkeitsgebot im Bereich der Arzneimittelversorgung Wirkung verleihen
sollen. Hinzukommen kommen die in § 129 Abs. 1 und Abs. 5 a SGB V geregelten Pflichten der Apotheken, die über
diese Kostendämpfungsinstrumente hinaus, weitere Wirtschaftlichkeitsreserven bei der Arzneimittelversorgung
ausschöpfen sollen.
Die Anerkennung und Beachtung dieser gesetzlichen und vertraglichen Bedingungen der Arzneimittelversorgung in der
gesetzlichen Krankenversicherung wird jedoch nicht über das Instrument einer ausdrücklichen Zulassungsregelung
hinsichtlich von Apotheken für die Arzneimittelversorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung gesteuert. Der
Gesetzgeber bedient sich hierfür vielmehr des Instrumentes der Vorgabe des Abschlusses eines Rahmensvertrages
auf Spitzenverbandsebene, in dem die aufgezeigten Pflichten zur wirtschaftlichen Arzneimittelversorgung weiter
konkretisiert werden und der auch einen Maßnahmenkatalog für Verstöße von Apotheken gegen Pflichten aus § 129
Abs. 1 oder gegen eine auf einen Vertrag nach § 129 SGB V beruhende Pflicht zu enthalten hat. Die Bedeutung
dieses Rahmenvertrages kommt darin zum Ausdruck, dass er, falls er im Verhandlungswege nicht Zustande kommt,
durch ein Schlichtungsverfahren vor eine Schiedsstelle festzulegen ist (§ 129 Abs. 7, 8 SGB V). Aus dem
Gesamtzusammenhang der Regelungen des SGB V über die Arzneimittelversorgung, insbesondere aus § 129 Abs. 3
Nr. 2 und Abs. 4 SGB V ist abzuleiten, dass nur solche Apotheken an der Arzneimittelversorgung der Versicherten
der gesetzlichen Krankenversicherung zu beteiligen sind, für die der gesetzlich vorgesehene Rahmenvertrag gemäß §
129 Abs. 3 SGB V Rechtswirkung hat. Die Anerkennung des Rahmenvertrages muss als Voraussetzung dafür
angesehen werden, dass eine Apotheke an der Arzneimittelversorgung der Versicherten der gesetzlichen
Krankenkassen teilnimmt (vgl. Kranig in: Hauck/Noftz, Gesetzliche Krankenversicherung, Kommentar, § 129
Randnummern 1a und 5). Die Versandhandelsapotheke D. M. ist soweit bekannt - dem Rahmenvertrag nach § 129
SGB V nicht beigetreten. Eine Abrechnung analog des Rahmenvertrages nach § 129 SGB V, wie sie offenbar mit
verschiedenen gesetzlichen Krankenkassen erfolgt, ist kein Beitritt und daher nicht als ausreichend anzusehen, um
eine Teilhabe an der ordnungsgemäßen Versorgung der Versicherten mit Medikamenten, die im Rahmen des
Sachleistungsanspruches der Versicherten von Krankenkassen bereit zustellen sind, zu gewähren. Dementsprechend
hat auch das Sozialgericht Berlin in seinem Urteil vom 16.11.2005 (S 89 KR 2244/03) eine Klage von D. M. gegen ein
international tätiges Pharmaunternehmen, deren Medikamente sie unter anderem vertrieb, auf Erstattung des
Herstellersrabattes nach § 130 a SGB V abgewiesen. Insbesondere dürfte auch der von der Antragsgegnerin,
insbesondere in ihrem für die Versicherten bestimmten Magazin Aktuell herausgestellte Hinweis, D. M. gewähre einen
Sofortbonus in Höhe der halben Zuzahlung, der Regelung des § 31 Abs. 3 SGB V zuwiderlaufen. Die Zuzahlung nach
dieser Bestimmung stellt eine Form der Selbstbeteiligung der Versicherten an den Kosten der Arzneimittel dar. Das
Gesetz modifiziert damit das Solidarprinzip des § 1 SGB V mit dem Ziel, das Ausgaben- und Preisbewusstsein der
Versicherten zu stärken und dadurch einen überhöhten Verbrauch von Arzneimitteln zu verhindern. Der Zweck dieser
Zuzahlungsregelung liegt somit nicht allein darin, den gesetzlichen Krankenkassen, die Inhaber des Anspruches auf
Zuzahlung sind, eine Einsparmöglichkeit zu eröffnen, sondern auf die Versicherten edukatorisch dahingehend
einzuwirken, dass Medikamente nur bei echten Bedarf eingesetzt werden sollen und dann auch eine konsequente
Einnahme mit entsprechender Compliance der Versicherten erfolgen soll. Dieser Zweck wird verfehlt, wenn die
Versicherten ganz oder teilweise von der Zuzahlung, ohne dass die für eine Befreiung vorgesehenen Voraussetzungen
vorliegen, freigestellt werden und die Pflicht zur Zahlung des Kostenanteils nicht mehr erfahrbar wird.
Hinsichtlich der anderen von der Antragsgegnerin in ihren Informationen zumindest indirekt durch Hervorhebung
beworbenen großen Versandapotheken M., S. und L. Apotheke gilt zwar, dass diese - als in Deutschland ansässige
Versandhandelsapotheken – anders als D. M. - zunächst uneingeschränkt der deutschen Rechtsordnung unterliegen
und damit auch den Vorschriften aus dem SGB V. Aber auch hinsichtlich dieser von der Antragsgegnerin ausdrücklich
benannten und hervorgehobenen Versandhandelsapotheken ist ihre Einbindung in das System der
Arzneimittelversorgung der Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung nicht hinreichend gesichert. Es fehlt
zumindest an einer Einbindung dieser Versandhandelsapotheken auf Hessischer Landesebene durch ergänzende
Verträge im Sinne des § 129 Abs. 5 Satz 1 SGB V. Die von der Antragsgegnerin als Bezugsquelle ihren Versicherten
anempfohlenen Versandhandelsapotheken haben ihren Apothekensitz sämtlich außerhalb des Landes Hessen und
sind nicht Mitglied des Antragsstellers. Soweit sie, was dem Gericht derzeit nicht bekannt ist, aber auch nicht
wahrscheinlich ist, Mitglied des Landesverbandes der Apotheker in dem Bundesland ihres Sitzes sein sollten, ist zwar
eine Bindung an den Rahmenvertrag nach § 129 Abs. 2 SGB V i. V. m. mit der Regelung in § 129 Abs. 3 Nr. 1 SGB V
gewährleistet. Eine solche Einbindung ist jedoch eher nicht zu erwarten, da sie den Interessen der
Versandhandelsapotheken zuwiderlaufen dürften, die gerade darauf ausgerichtet sind, nicht den Preisvereinbarungen
in den Anlagen zu den Arzneimittellieferungsverträgen auf Landesebene zu unterliegen. Andernfalls wäre ihnen die
erstrebte freie Preisgestaltung in den Sektoren, für die die Arzneimittelpreisbindung nicht gilt, im Rahmen der
Versorgung von Versicherten der Krankenkassen nicht mehr eröffnet.
Ausweislich der im Erörterungstermin von den Vertretern der Antragsgegnerin gemachten Angaben, ist es zu
Vertragsvereinbarung und auch zu Absprachen zwischen der Antragsgegnerin und den angeführten
Versandhandelsapotheken sowie mit zwei weiteren Versandhandelsapotheken gekommen. Eine derartige
Vereinbarung ist jedoch nicht geeignet, diese Versandhandelsapotheken an der Arzneimittelversorgung des
Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung rechtswirksam zu beteiligen. Es handelt sich bei diesen
Verträgen um Einzelverträge mit einer bestimmten Krankenkasse, nämlich der Antragsgegnerin. Das von § 129 SGB
V vorgegebene System der Einbindung von Apotheken in die Arzneimittelversorgung im Rahmen der gesetzlichen
Krankenversicherung schließt aber, abgesehen von den in § 129 Abs. 5b vorgesehenen Ausnahmefällen, eine
unmittelbare vertragliche Regelung zwischen einzelnen Krankenkassen und einzelnen Apotheken aus. Nach § 129
Abs. 5 Satz 1 können die Krankenkassen mit Apotheken, deren Beteilung an vertraglich vereinbarten
Versorgungsformen wie der hausarztzentrierten Versorgung (§ 73b) oder der integrierten Versorgung (§ 140a SGB V)
vereinbaren. In der integrierten Versorgung können nach Absatz 5b Satz 2 dieser Regelung abweichend von den
Vorschriften über die Regelversorgung Sonderregelungen zu Qualität und Struktur der Arzneimittelversorgung der
teilnehmenden Versicherten vereinbart werden. Die von der Antragsgegnerin angeführten Einzelverträge mit den
streitgegenständlichen Versandhandelsapotheken zielen jedoch gerade nicht auf die Eröffnung der in § 129 Abs. 5b
SGB V vorgesehenen Sonderversorgungsformen, sondern dienen dem Ziel, die allgemeine Versorgung der
Versicherten mit Arzneimitteln zu regeln.
Für die allgemeine Medikamentenversorgung begründet jedoch § 129 SGB V eine Monopolstellung zum Abschluss
von Verträgen für die Spitzenorganisationen der Apotheker und der Spitzenverbände der Krankenkassen bei der
Arzneimittelversorgung. Gemäß § 129 Abs. 2 SGB V regeln die Spitzenverbände der Krankenkassen und die für die
Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen maßgebliche Spitzenorganisation der Apotheker in einem gemeinsamen
Rahmenvertrag das Nähere hinsichtlich der in Abs. 1 dieser Vorschrift aufgeführten Voraussetzungen der Abgabe
verordneter Arzneimittel. Nach § 129 Abs. 5 Satz 1 SGB V können die Landesverbände der Krankenkassen und die
Verbände der Ersatzkassen mit der für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen maßgeblichen Organisation
der Apotheker auf Landesebene ergänzende Verträge schließen. Mit diesen Vorschriften wollte der Gesetzgeber der
für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen der Apotheker gebildeten Spitzenorganisation bzw. Organisation
auf Landesebene die ausschließliche Befugnis für den Abschluss solcher Verträge einräumen (vgl. BSG, Urteil vom
25.09.2001, B 3 KR 3/01 R; LSG Rheinland Pfalz, Beschluss vom 25.07.2005, L 5 ER 57/05 KR, NZS 2006, 318;
Beschluss des Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen vom 20.09.2004, L 16 B 4/04 KR ER) Aus dieser
Monopolstellung, die auch dem sonst im Rahmen des SGB V geltenden Grundsatzes entspricht, dass die
Krankenkassen Verträge mit einzelnen Leistungserbringern nur in Sonderfällen abschließen dürfen und ansonsten die
Versorgungsmodalitäten im Rahmen von Gesamtverträgen zwischen den Verbänden der Krankenkassen und den der
Leistungserbringer zu vereinbaren sind, folgt, dass die Krankenkassenverbände nicht zum Abschluss von Verträgen
mit anderen natürlichen oder juristischen Personen berechtigt sind, welche entweder einem der nach § 129 Abs. 2, 5
SGB V geschlossenen Verträge widersprechen oder ebenfalls Rahmenverträge oder ergänzende Verträge im Sinne
dieser Vorschriften darstellen. Sie sind auch nicht berechtigt, mit den Bestimmungen des Rahmenvertrages oder
eines ergänzenden Vertrages – hier dem von den Krankenkassenverbänden mit dem Antragssteller geschlossenen
Arzneilieferungsvertrag - ganz oder weitgehend inhaltsgleiche Vorschriften als eigene Regelungen in eine
Vereinbarung mit einzelnen Apotheken aufzunehmen.
Dieses System der Einbindung der Leistungserbringer hat der Gesetzgeber im Rahmen der Eröffnung des
Tätigwerdens von Versandhandelsapotheken nicht geändert. Es ist weiterhin verbindlich und darf durch Einzelverträge
einzelner Krankenkassen mit einzelnen Versandhandelsapotheken solange nicht konterkariert werden, bis der
Gesetzgeber eine ausdrückliche anderweitige Regelung geschaffen hat. An dieser fehlt es bislang. Dies bedeutet,
dass eine Einbeziehung von Versandhandelsapotheken in das System der Belieferung und Versorgung von
Versicherten mit Arzneimitteln, für die eine Einstandspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung besteht, nur über
die in § 129 Abs. 5 SGB V vorgesehen Wege erfolgen kann. Folglich sind die Versandhandelsapotheken gehalten,
sich in einem Spitzenverband auf Bundesebene und auch auf jeweiliger Landesebene, der den bislang maßgeblichen
Spitzenorganisationen der Apotheker weitgehend entspricht, zusammenzuschließen um dann mit den
Spitzenverbänden der Krankenkassen auf Bundesebene bzw. auf Landesebenen die Vorschriften des § 129 SGB V
ausgestaltende Rahmenverträge über die Arzneimittelversorgung zu schließen. Solange dies nicht geschehen ist,
können die Versandhandelsapotheken nicht vollwertig in die Arzneimittelversorgung der gesetzlichen Versicherten
einbezogen werden. Dementsprechend ist es einzelnen Krankenkassen nicht nur verwehrt, solche Einzelverträge
abzuschließen, sondern es ist ihnen auch nicht gestattet, ihren Versicherten Hinweise dahin zu geben oder gar für
einzelne Versandhandelsapotheken dahingehend zu werben, dass diese – insbesondere auch kostengünstiger als die
niedergelassenen Apotheken - eine Belieferung der Versicherten mit Medikamenten, die der Sachleistungspflicht der
gesetzlichen Krankenversicherung unterliegen, ermöglichen. Das Gericht verkennt dabei nicht, dass insoweit eine
gewisse Schieflage entsteht, als der Gesetzgeber – auch in der Erwartung durch die Zulassung von
Versandhandelapotheken Wirtschaftlichkeitsreserven heben zu können - einen neuen Distributionsweg für die
Versorgung mit Medikamenten neben dem herkömmlichen Bezugsweg des Kaufes in den niedergelassenen
Apotheken eröffnet hat. Dieser Bezugsweg hat nach wie vor Bedeutung, insbesondere für Nichtmitglieder der
gesetzlichen Krankenversicherung und für den Bezug von Medikamenten, die generell nicht in den
Versorgungsauftrag der gesetzlichen Krankenversicherung fallen, Für den Bereich der Versorgung von Versicherten
der gesetzlichen Krankenversicherung mit Medikamenten ist jedoch das System hinsichtlich der Einbeziehung von
Leistungserbringern unangepasst geblieben, womit eine Ausschöpfung eventueller Einsparpotentiale durch
Einzelverträge zwischen einzelnen Krankenkassen und einzelnen Versandhandelsapotheken derzeit nicht möglich ist.
Es bleibt Aufgabe des Gesetzgebers, diese "Widersprüchlichkeiten" alsbald durch klare gesetzliche Regelungen zu
beseitigen. Im Rahmen der derzeitigen Rechtslage, die durch eine Fortgeltung der Regelungen des § 129 Abs. 2 bis
Abs. 5 SGB V geprägt ist, also nur Rahmenverträge, nicht Einzelverträge mit einzelnen Krankenkassen über den
Bezug von Arzneimitteln im Rahmen der Versorgung Versicherter nach § 31 SGB V und auch nicht den Abschluss
von Verträgen mit einzelnen Apotheken, sondern nur mit deren Spitzenorganisationen vorsieht, ist es der
Antragsgegnerin verwehrt mit den von ihr in ihrer Informationskampagne herausgestellten Versandhandelsapotheken
Arzneilieferungsverträge abzuschließen. Dass diese Gestaltungsform nicht zulässig ist, stellt nicht nur eine bloße
Förmlichkeit dar. Dahinter steht die vernünftige Erwägung, die rechtlichen und wirtschaftlichen Beziehungen mit den
Leistungserbringern aus dem Apothekensektor zu strukturieren und einen Wildwuchs durch Sonderregelungen mit
einzelnen Leistungsanbietern zu vermeiden. Im Bereich der deutschen Internet- und Versandapotheken findet derzeit
bereits ein brancheninterner Clearingprozess statt, um – so die Begründung des Bundesverbandes Deutscher
Versandapotheker (BVDVA) unseriöse Anbieter vom Markt fern zu halten (vgl. die Meldung Gütesiegel für Internet-
Apotheken, http://www.vettontact.com/de/, unter Berufung auf Meldungen im Deutschen Ärzteblatt). Nach Angaben
des Versandapothekenverbandes sind es inzwischen mehr als 1000 Apotheker, die eine Zulassung für den
Medikamentenversandhandel erhalten haben. Branchenschätzungen gehen davon aus, der Versandhandel werde in
den nächsten Jahren von einem Marktanteil von unter 0,5 % des Medikamentenverkaufes auf einen Anteil von 4 bis 5
% kommen.
Im Rahmen der hier vorzunehmenden rechtlichen Würdigung kommt zu Lasten der Antragsgegnerin erschwerend und
ausschlaggebend hinzu, dass diese nicht nur außerhalb des Systems der Krankenkassenverbände mit den von ihr
herausgestellten Versandapotheken Abmachungen über die technische Abwicklung des Versorgung der Versicherten
mit rezeptpflichtigen und sonstigen von ihr bereitzustellenden Medikamenten und der Festlegung des
Abrechnungsprozesses, sondern darüber hinausgehend auch Absprachen mit diesen Versandapotheken des Inhalts
getroffen hat, dass diese den Versicherten der Antragsgegnerin Sonderkonditionen anbieten, wie etwa Rabatte für
sogenannte OTC-Medikamente. Dies ergibt sich zum einen aus den Passagen in dem Mitgliedermagazin der
Antragsgegnerin, in dem es heißt, die Antragsgegnerin habe durch die Partnerschaft mit verschiedenen
Versandapotheken Sonderrabatte auf nicht verschreibungspflichtige und selbst zuzahlende Produkte ausgehandelt.
Aus den von der Antragsstellerin vorgelegten Schreiben der Versandapotheken D. M. und M. geht ebenfalls hervor,
dass Versicherte der Antragsgegnerin einen Vorteilsservice erhalten. Die Vertreter der Antragsgegnerin haben dies im
Termin zum mündlichen Verhandlung auch letztlich nicht in Abrede gestellt und mitgeteilt, es sei davon auszugehen,
dass für Sonderaktionen die Gewährung spezieller Vergünstigungen an ihre Versicherten mit den
Versandhandelsapotheken abgesprochen sei. Derartige Absprachen, unabhängig davon, ob sie in schriftlicher oder nur
mündlicher Form zustande gekommen sind, stellen einen eindeutigen Verstoß gegen das Beeinflussungsverbot des §
8 Abs. 1 Satz1 ALV dar. Diese Vorschrift ist weiterhin gültig und nicht bereits deshalb obsolet geworden, weil der
Gesetzgeber die Barrieren aus dem Apothekenrecht, welche bis zum 31.12.2003 einer Belieferung von Kunden mit
apothekenpflichtigen Medikamenten entgegenstanden, beseitigt hat. Damit ist, wie bereits ausgeführt, nur ein neuer
Distributionsweg für den Medikamentenbereich eröffnet worden, hingegen nicht ohne jegliche weiteren
Umsetzungsschritte in Form des Abschlusses von Rahmenverträgen die Versorgung von Versicherten der
gesetzlichen Krankenversicherung mit Medikamenten, auf die ein Versorgungsanspruch besteht, ermöglicht worden.
Informationshandlungen der einzelnen Krankenkassen, die über den Hinweis auf den neuen Vertriebsweg
Versandhandelsapotheken für bis zum Inkrafttreten des GMG von den Krankenkassen bereit zustellenden
Medikamenten, die nunmehr von den Versicherten auf eigene Kosten zu beschaffen sind, hinaus gehen, und
insbesondere bestimmte Versandhandelsapotheken mit Anschrift benennen, laufen der Wettbewerbsklausel des § 8
Abs. 1 Satz1 ALG zuwider. Damit besteht jedoch keine für alle Zeiten geltende Bindung der Primärkassen. Vielmehr
gibt es die Möglichkeit einer Kündigung dieses Vertrages unter den Voraussetzungen des § 26 ALV, wobei zu
beachten ist, dass Vertragspartner des Antragsstellers nicht nur die Antragsgegnerin sondern sämtliche Hessischen
Primärkassen sind. Eine evtl. partielle Kündigung des § 8 ALV könnte von dem Landesverband der Krankenkassen
beschlossen werden, da dieser auch gehalten ist, Rahmenverträge mit der zu bildenden Spitzenorganisation der
Versandhandelsapotheken abzuschließen, um letzteren den Status von Leistungserbringern im Rahmen der
Arzneimittelversorgung zu verschaffen.
Es bleibt somit festzuhalten, dass die Antragsgegnerin mit der Herausstellung der von ihr benannten
Versandapotheken eine Praxis der Einbeziehung dieser Versandapotheken in die Versorgung ihrer Versicherten
bewirbt, die rechtlich (noch) nicht eröffnet ist.
Dem Antragsgegner steht damit nach summarischer Prüfung ein Anordnungsanspruch zu. Auch ein Anordnungsgrund
ist hinreichend glaubhaft gemacht (§ 920 Abs. 2 ZPO). Der Erlass einer Regelungsanordnung erfordert, dass eine
solche zur Abwendung wesentlicher Nachteile erforderlich scheint. Dabei kann nach dem Wortlaut des § 86 b Abs. 2
SGG für die Bejahung eines wesentlichen Nachteiles nicht die Existenzgefährdung eines Antragsstellers verlangt
werden. Bei bestehendem Anordnungsanspruch rechtfertigt jedenfalls ein nicht unerheblicher zu erwartender Nachteil
den Erlass einer einstweiligen Anordnung. Ein solcher ist hier trotz des bislang noch geringen Anteils von
Versandapotheken an Bruttoumsatz von Apotheken insgesamt gegeben, da sich der Markt für
Versandhandelsapotheken dynamisch entwickelt und mit einer weiteren nicht unerheblichen Zunahme ihres
Marktsegments durch die beanstandeten Informationsstrategien der Antragsgegnerin zu rechnen ist. Von der
Androhung der Verhängung eines Ordnungsgeldes gegen die Antragsgegnerin für den Fall der Zuwiderhandlung gegen
die ausgesprochene Verpflichtung hat das Gericht abgesehen. Es kann davon ausgegangen werden, dass die
Antragsgegnerin als Körperschaft des öffentlichen Rechts, die nach Artikel 20 Abs. 3 GG an Gesetz und Recht
gebunden ist, der gerichtlichen Anordnung nachkommen wird.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1
Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz. Im Hinblick auf die Tragweite der
vorliegenden Entscheidung für den Antragssteller bzgl. der zu erwartende Umsatzeinbußen hält das Gericht nicht die
Annahme des Regelstreitwertes, sondern die Ansetzung eines in wettbewerbsrechtlichen Angelegenheiten üblichen
Streitwertes von Euro 100.000,- für angemessen.