Urteil des SozG Frankfurt am Main vom 25.04.2007

SozG Frankfurt: ablauf der frist, geschäftsführung ohne auftrag, rahmenvertrag, behandlungskosten, versorgung, vergütung, krankenversicherung, hessen, patient, sozialhilfe

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Gericht:
SG Frankfurt 5.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
S 5/29 KA 673/04
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 121 BSHG, § 276 LAG, § 25
SGB 12, § 264 Abs 2 SGB 5
(Sozialhilfeträger - Kassenärztliche Vereinigung Hessen -
Rahmenvertrag - Nichterfassung der
Hauptanwendungsfälle nach §§ 121 BSHG oder 25 SGB 12)
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von dem Beklagten als Sozialhilfeträger eine Vergütung
vertragsärztlich erbrachter Leistungen.
Zwischen der Klägerin einerseits sowie dem H. Städtetag und dem H. Landkreistag
andererseits wurde am 23. Januar 1988 ein Rahmenvertrag über die ambulante
ärztliche Versorgung der Hilfeberechtigten nach dem Bundessozialhilfegesetz
(BSHG) und der Anspruchsberechtigten auf Krankenversorgung nach § 276 des
Lastenausgleichsgesetzes (LAG) geschlossen. Nach § 1 des Vertrages übernahm
die Klägerin die ärztliche Versorgung der Hilfeempfänger nach dem BSHG und für
die Unterhaltshilfeempfänger, die Krankenversorgung nach § 276 LAG erhielten
(im Folgenden zusammenfassend „Berechtigte“ genannt), wobei alle an der
vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte als behandlungsberechtigte
Ärzte bestimmt wurden (§ 3 Nr. 1). Der - begünstigte - Berechtigte hatte vor
Beginn der Behandlung dem behandelnden Arzt einen vom zuständigen
Kostenträger - unter Verwendung eines vereinbarten Vordrucks - ausgestellten
bzw. ausgegebenen Behandlungsausweis vorzulegen, wobei in jedem Fall derjenige
Kostenträger die Behandlungskosten zu übernehmen hatte, der den
Behandlungsausweis ausgestellt bzw. ausgegeben hatte, auch wenn die
Behandlung außerhalb seines Zuständigkeitsbereiches stattgefunden hatte. Bei
dringender Inanspruchnahme eines Vertragsarztes durch einen Berechtigten ohne
Behandlungsausweis war der Berechtigte verpflichtet, den Behandlungsausweis
binnen zehn Tagen dem behandelnden Arzt vorzulegen, wobei der zuständige
Kostenträger gehalten war, den behandelnden Arzt bei der Einziehung der nicht
beigebrachten Behandlungsausweise zu unterstützen, falls erforderlich durch
unmittelbare Übersendung eines Behandlungsausweises (§ 5 Nr. 1). Die
Berechnung und Vergütung der im Rahmen dieses Vertrages erbrachten
ärztlichen Leistungen richtete sich nach dem zwischen der Klägerin und dem AOK-
Landesverband H. abgeschlossenen Gesamtvertrag in der jeweils gütigen Fassung
(§ 8). Im Einzelnen übersandte die zuständige Bezirksstelle der Klägerin nach
Fertigstellung ihrer Abrechnung dem zuständigen Kostenträger eine
Sammelrechnung über die - von ihr - anerkannten Forderungen der behandelnden
Ärzte unter Angabe des Namens, der Fälle und der Rechnungssumme für jeden
Arzt und fügte die Abrechnungsunterlagen (Behandlungsausweise,
Leistungsnachweise usw.) bei (§ 9 Nr. 1). Anträge auf rechnerische oder sachliche
Richtigstellung konnten nach Maßgabe des § 13 des Gesamtvertrages zwischen
dem AOK-Landesverband H. und der Klägerin gestellt werden (§ 9 Nr. 3). Die
einzelnen Kostenträger traten diesem Vertrag durch schriftliche Erklärung
gegenüber dem H. Städtetag bzw. dem H. Landkreistag rechtsverbindlich bei (§
10), wodurch auch der beklagte Landkreis in die Geltung des Rahmenvertrages
vom 23. Januar 1988 einbezogen wurde.
Nach § 13 Abs. 1 Satz 1 des am 30. Oktober 1979 zwischen der Klägerin und dem
Landesverband der Ortskrankenkassen in H. abgeschlossenen Gesamtvertrages
konnten die Krankenkassen innerhalb einer Ausschlussfrist von vier Monaten nach
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konnten die Krankenkassen innerhalb einer Ausschlussfrist von vier Monaten nach
Zugang der Unterlagen eine rechnerische oder sachliche Richtigstellung der
Abrechnungen beantragen. Die Antragstellung berechtigte bis zur rechtskräftigen
Entscheidung über den Antrag nicht zur Aufrechnung oder zur Zurückbehaltung
von Zahlungen (§ 13 Abs. 2). Gingen die Zahlungen später als zehn Tage nach
ihrer Fälligkeit ein, so konnte die Klägerin Verzugszinsen in Höhe von einem
Prozent p.a. über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank vom
Tage nach der Fälligkeit bis zum Tage des Geldeingangs berechnen (§ 12 Abs. 2).
Auf diese Vertragsrechtsgrundlagen stützt die Klägerin ihre Klage gegen den
Beklagten. Zugrunde liegen folgende Sachverhalte:
Am 7. April 2000 kam es auf der Bundesautobahn A 5 in der Gemarkung der Stadt
A. im V. zu einem Verkehrsunfall, bei dem der in Polen wohnhafte polnische
Staatsangehörige K. S., geboren 1980, damals nach eigenen Angaben noch
Schüler, u.a. einen Bruch des rechten Sprunggelenks erlitt und im
Kreiskrankenhaus des V. in A. am 7. und 8. April 2000 ärztlich behandelt wurde,
wobei vertragsärztliche Leistungen in Höhe von 295 DM erbracht wurden. Als es zu
dem Unfall kam, befand sich der spätere Patient auf der Durchreise von F. nach P.;
er hatte vor dem Unfall keinen Kontakt mit dem Beklagten als Sozialhilfeträger
aufgenommen und nahm von sich aus auch nach dem Unfall keinen Kontakt mit
ihm auf. Dem Krankenhaus gegenüber gab er an, dass er in P. mit seinen Eltern
und einem Bruder in Hausgemeinschaft lebt, aber kein Einkommen besteht; die
Richtigkeit dieser Angaben wurde nicht überprüft. Am 10. Juni 2000 bat das
Krankenhaus das Sozialamt des Beklagten um Übernahme der
Behandlungskosten unter Beifügung eines Antrages auf Gewährung von
Krankenhilfe nach den Bestimmungen des BSHG für den Patienten; diesen Antrag
hatte der Patient nicht unterschrieben; anstelle der Unterschrift war vermerkt
worden, dass er zur Zeit nicht unterschreiben
könne.
Am 4. Mai 2000 wurde der wohnsitzlose M. S., geboren 1978, der zu diesem
Zeitpunkt im V. unterwegs war, nach einem Suizidversuch zur notärztlichen
Behandlung in das Krankenhaus E. in L. im V. eingeliefert, wodurch
vertragsärztliche Behandlungskosten in Höhe von 349 DM entstanden. Ob eine
gesetzliche Krankenversicherung für den Patienten im Rahmen einer
Familienversicherung über seine Mutter bei der AOK T. bestand, wurde nicht
abschließend geklärt. Auch der Patient S. hatte seinerseits keinen Kontakt mit
dem Beklagten als Sozialhilfeträger aufgenommen. Am 30. Juni 2000 beantragte
das Krankenhaus bei dem Sozialamt des Beklagten eine Übernahme der
Behandlungskosten.
Für beide Fälle lehnte der Beklagte als Sozialhilfeträger eine Übernahme der
Kosten nach den gesetzlichen Bestimmungen des BSHG ab.
Mit Sammelrechnung vom 8. Dezember 2000, die dem Beklagten - nach
Annahme der Klägerin - am 8. Januar 2001 zugegangen ist, machte die Klägerin
gegenüber dem Beklagten für das zweite Quartal des Jahres 2000 die Zahlung der
Vergütung für die - von ihr anerkannten - vertragsärztlichen Leistungen geltend,
die - nach ihrer Bewertung - im Rahmen des Vertrages vom 23. Januar 1988
erbracht worden waren. Unter diesen Leistungen befanden sich die streitigen
ärztlichen Leistungen für die Patienten S. und S. in Höhe von 295 DM bzw. 349 DM.
Mit Schreiben vom 10. Juli 2001, eingegangen am 11. Juli 2001 bei der Bezirksstelle
G. der Klägerin, lehnte der Beklagte eine Zahlung dieser Behandlungskosten ab.
Am 8. April 2003 hat die Klägerin bei dem Verwaltungsgericht G. eine
entsprechende Zahlungsklage erhoben. In der mündlichen Verhandlung bei dem
Verwaltungsgericht am 22. Januar 2004 verzichtete die Klägerin auf
Geltendmachung eines Anspruchs aus § 121 BSHG sowie aus § 91 Abs. 1 Satz 3
Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und
Sozialdatenschutz - (SGB X). Mit Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 22.
Januar 2004 ist daraufhin der Rechtsstreit - als eine Streitigkeit in Angelegenheiten
der Vertragsärzte - an das Sozialgericht F. a. M. verwiesen worden. In der
Begründung des Beschlusses wird ausgeführt, dass auf Grund der verbindlichen
Verzichtserklärung der Klägerin die inhaltliche Prüfung des von ihr verfolgten
Begehrens nunmehr auf einen Anspruch aus dem Rahmenvertrag vom 23. Januar
1988 und damit auf eine in die Zuständigkeit der Sozialgerichte fallende
Anspruchsgrundlage beschränkt ist.
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Die Klägerin stützt demgemäß ihr sozialgerichtlich geltend gemachtes
Klagebegehren ausschließlich auf den Rahmenvertrag vom 23. Januar 1988 in
Verbindung mit dem Gesamtvertrag vom 30. Oktober 1979. Sie beruft sich darauf,
der Beklagte habe innerhalb der viermonatigen Ausschlussfrist nach § 9 Nr. 3 des
Rahmenvertrages in Verbindung mit § 13 Abs. 1 Satz 1 des Gesamtvertrages in
Bezug auf die streitigen Vergütungen keine - sachliche - Berichtigung der
Sammelrechnung verlangt und könne deshalb nicht mehr geltend machen, dass
die beiden Patienten keine Hilfeberechtigten bzw. Hilfeempfänger nach dem BSHG
waren. Wenn der Beklagte in Bezug auf den Ablauf der Ausschlussfrist geltend
mache, dass ihm die Sammelrechnung ohne beiliegende Behandlungsausweise
übersandt worden sei, so ändere dies nichts an dem Ablauf der Frist, weil die
Rechnung für den Beklagten dennoch überprüfbar gewesen sei. Im Übrigen werde
die Klage alternativ darauf gestützt, dass der Beklagte seine Pflicht zur
Übersendung der Behandlungsausweise für die beiden Patienten verletzt habe.
Schließlich müsse der Beklagte zunächst auf eine Sammelrechnung hin leisten
und könne dann ggf. Einwendungen im Wege der Berichtigung geltend machen.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 329,27 Euro nebst Zinsen von einem
Prozent über dem Diskontsatz der Deutschen Bundesbank hieraus seit dem 18.
Januar 2001 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er stützt sich im Wesentlichen darauf, dass die beiden Behandlungsfälle von
vornherein nicht unter den Rahmenvertrag gefallen seien, woran sich auch
dadurch nichts geändert habe, dass die Klägerin die in diesen Fällen erbrachten
Leistungen in ihre Sammelrechnung aufgenommen habe. Zu Lasten des
Beklagten könnten keine vertragsrechtlichen Rechtsfolgen für Fälle eintreten, in
denen der Beklagte als Sozialhilfeträger von vornherein keine Möglichkeit gehabt
habe, vorab eine Anspruchsberechtigung nach dem BSHG zu prüfen; der
Anwendungsbereich des Rahmenvertrages beschränke sich in seinem
Regelungsgehalt auf die Fälle, in denen eine Anspruchsberechtigung nach dem
BSHG zuvor durch den Sozialhilfeträger geprüft und bejaht worden sei.
Richtigerweise hätten entsprechende Forderungen als gesetzliche Ansprüche aus §
121 BSHG geltend gemacht werden müssen, und zwar - nach damaliger
Rechtslage - bei dem dafür zuständigen Verwaltungsgericht, worauf die Klägerin
jedoch ausdrücklich verzichtet habe.
Im Übrigen wird, auch hinsichtlich des sonstigen Vorbringens der Beteiligten,
ergänzend Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der
Verwaltungsakten des Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung
gewesen ist.
Entscheidungsgründe
Die Klage, über die die Kammer als Angelegenheit der Vertragsärzte unter
Mitwirkung von zwei Vertragsärzten als ehrenamtliche Richter (§ 12 Abs. 3 Satz 2
Sozialgerichtsgesetz - SGG) entschieden hat, ist zulässig, aber unbegründet.
Ein (rahmen-)vertragsrechtlicher Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten auf
Zahlung von Behandlungskosten in einer Gesamthöhe von 329,27 Euro für die
vertragsärztliche Behandlung der Patienten K. S. und M. S., der prozessrechtlich
wie materiellrechtlich allein streitbefangen war, besteht nicht.
Die beiden streitbefangenen Behandlungsfälle fielen von vornherein nicht in den
Regelungsbereich des Rahmenvertrages vom 23. Januar 1988. Daran ändert auch
der Umstand nichts, dass die in diesen Fällen erbrachten ärztlichen Leistungen
seitens der Klägerin in die Sammelrechnung nach § 9 Nr. 1 des Vertrages
einbezogen wurden, denn durch den Realakt der Einbeziehung in die Rechnung
konnte in rechtlicher Hinsicht keine Einbeziehung in den Regelungsbereich des
Vertrages erfolgen. Dementsprechend werden von der Sammelrechnung nach § 9
Nr. 1 des Vertrages nur die Forderungen der - nach § 3 Nr. 1 des Vertrages
behandlungsberechtigten - behandelnden Ärzte im Sinne des § 5 Nr. 1 des
Vertrages erfasst, also Forderungen aus der Behandlung von „Berechtigten“, d.h.,
bezogen auf die vorliegende Fallgestaltung, von Hilfeempfängern nach dem BSHG,
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bezogen auf die vorliegende Fallgestaltung, von Hilfeempfängern nach dem BSHG,
für die die Klägerin die ärztliche Versorgung übernommen hatte (§ 1 des
Vertrages) und für die, weil sie - auf Grund diesbezüglicher Feststellung des
Sozialhilfeträgers - Hilfeempfänger nach dem BSHG waren, ein Anspruch auf
Gewährung von Krankenhilfe nach § 37 BSHG in seiner zur Zeit der
Behandlungsfälle geltenden Fassung bestand, mit der Folge, dass für diese -
anerkannten - Berechtigten vom Sozialhilfeträger im Sinne von § 5 Nr. 1 des
Vertrages ein Behandlungsausweis ausgestellt bzw. ausgegeben war bzw.
jedenfalls ausgestellt bzw. ausgegeben werden musste. Die beiden Patienten S.
und S. gehörten nicht zu diesem Personenkreis. Ihre Behandlungen fielen von
vornherein nicht unter die Behandlungen, die von dem Rahmenvertrag erfasst
wurden, und sie konnten seitens der Klägerin auch nicht einseitig wirksam in den
Geltungsbereich des Rahmenvertrages einbezogen werden.
Der Rahmenvertrag vom 23. Januar 1988 erfasst die - von der Klägerin
übernommene - ärztliche Versorgung der Hilfeempfänger nach dem BSHG, die
„Berechtigte“ genannt werden (§ 1 des Vertrages). Wenn der Vertrag nach seiner
Benennung die ärztliche Versorgung der „Hilfeberechtigten“ nach dem BSHG
betrifft, so sind damit nicht Personen gemeint, die - eventuell - als Hilfesuchende
Ansprüche auf Hilfe nach dem BSHG hatten, sondern, wie sich aus § 1 des
Vertrages eindeutig ergibt, nur die Personen, die „Hilfeempfänger“ nach dem
BSHG waren. „Hilfeempfänger“ oder „Empfänger der Hilfe“ (§ 1 Abs. 2 BSHG)
waren aber nur Personen, denen schon Leistungen gewährt worden waren (vgl. W.
Schellhorn/H. Schellhorn, Das Bundessozialhilfegesetz, Kommentar, 16. Aufl.,
2002, Einführung, Rn. 22), also Personen, die schon - auf Grund entsprechender
Bewilligung - Leistungen bezogen (vgl. insoweit auch für den Bereich der
gesetzlichen Krankenversicherung § 264 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch -
Gesetzliche Krankenversicherung - SGB V). Die beiden Patienten S. und S.
gehörten zu diesen Personen unstreitig nicht.
Sie waren aber auch nicht wenigstens „Hilfeberechtigte“ nach dem BSHG mit
einem Anspruch auf Krankenhilfe, denen ein Behandlungsausweis nach § 5 des
Vertrages - nachträglich - ausgestellt werden konnte. Maßgeblicher
sozialhilferechtlicher Ansatzpunkt war § 121 BSHG, betreffend die Erstattung von
Aufwendungen anderer, wonach dann, wenn jemand in einem Eilfall einem anderen
Hilfe gewährt hatte, die der Träger der Sozialhilfe bei rechtzeitiger Kenntnis nach
dem BSHG gewährt haben würde, ihm auf Antrag die Aufwendungen im gebotenen
Umfange zu erstatten waren, wenn er sie nicht auf Grund rechtlicher oder sittlicher
Pflicht selbst zu tragen hatte, wobei dies nur galt, wenn er den Antrag innerhalb
angemessener Frist gestellt hatte. Es handelte sich hierbei um einen
eigenständigen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch des Nothelfers, um eine
spezielle und abschließende Ausprägung des Instituts der Geschäftsführung ohne
Auftrag. Der Aufwendungserstattungsanspruch war ein Sozialhilfeanspruch sui
generis, der dem Nothelfer und nicht dem Hilfeberechtigten nach dem BSHG
zustand; die hilfebedürftige Person selbst war nicht anspruchsberechtigt. Es
handelte sich deshalb auch nicht um einen Kraft Gesetzes auf den Nothelfer
übergegangenen Anspruch des Hilfebedürftigen, sondern um einen
eigenständigen Erstattungsanspruch des Nothelfers. Hauptanwendungsfall des §
121 BSHG war daher auch seit jeher die Krankenhausbehandlung eines nicht
krankenversicherten Hilfebedürftigen in einem medizinischen Eil- bzw. Notfall, der
ein sofortiges ärztlichen Eingreifen erforderlich machte (vgl. insoweit zu der mit §
121 BSHG im Wesentlichen übereinstimmenden Bestimmung des § 25
Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - SGB XII aus den Kommentaren zum
SGB XII Neumann in Hauck/Noftz, 4. Erg.-Lfg. I/06, § 25 SGB XII, Rn. 1, 2, 3; Zeitler
in Mergler/Zink, 4. Lfg., Stand Juli 2005, § 25 SGB XII, Rn. 2, 3, 7; Schoch in
Münder/Armborst/Berlit/Bieritz-Harder/Birk/Brühl/Conradis/
Hofmann/Krahmer/Roscher/Schoch, 7. Aufl., 2005, § 25 SGB XII, Rn. 3, 13, 30;
Schoenfeld in Grube/Wahrendorf, 2005, § 25 SGB XII, Rn. 2, 3, 5).
Als Ergebnis war danach festzustellen, dass die Patienten S. und S. weder
Hilfeempfänger nach dem BSHG noch Hilfeberechtigte nach dem BSHG waren und
deshalb nicht zu dem Personenkreis gehörten, der von dem Rahmenvertrag vom
23. Januar 1988 erfasst wurde. Es bestehen, zumal Fälle solcher Behandlungen im
Krankenhaus, wie dargelegt, zu den bekannten Hauptanwendungsfällen des § 121
BSHG gehörten, auch keine Anhaltspunkte dafür, dass diese Fälle der Sache nach
von dem Rahmenvertrag erfasst werden sollten und es sich bei der Bestimmung
des Regelungsgegenstandes des Vertrages lediglich insoweit um eine
redaktionelle Ungenauigkeit handelt. Dies gilt umso mehr, als sich, wie die streit
befangenen Fälle anschaulich verdeutlichen, aus einer Einbeziehung in den
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befangenen Fälle anschaulich verdeutlichen, aus einer Einbeziehung in den
Rahmenvertrag ggf. weitreichende nachteilige Folgen für die Sozialhilfeträger
ergeben. Diese Folgen erscheinen der Sache nach nur gerechtfertigt, wenn seitens
der Sozialhilfeträger eine vorangegangene Prüfung der Hilfeberechtigung im Sinne
der Bejahung dieser Berechtigung durch Leistungsgewährung stattgefunden hat.
Zumindest hätte es eines deutlichen Hinweises darauf bedurft, dass derartige
Fälle - auch ohne vorangegangene Prüfung und Anerkennung des
Sozialhilfeträgers - in den Regelungsbereich des Vertrages einbezogen werden
sollten, woran es jedoch fehlt. Die fehlende Einbeziehung konnte die Klägerin nicht
einseitig vornehmen, auch nicht im Wege faktischer Einbeziehung in die von ihr
erstellte Sammelrechnung, weshalb die Klage alles in allem keinen Erfolg haben
konnte und abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit §
154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die Berufung hat die Kammer
wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§ 144 Abs. 1 Satz
1, Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.