Urteil des SozG Duisburg vom 12.05.2010

SozG Duisburg (kläger, bewilligung, arbeitsvertrag, kaufmännische ausbildung, einstellung, antrag, tätigkeit, aufnahme, begründung, arbeitsverhältnis)

Sozialgericht Duisburg, S 41 (36) AS 10/09
Datum:
12.05.2010
Gericht:
Sozialgericht Duisburg
Spruchkörper:
41. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
S 41 (36) AS 10/09
Sachgebiet:
Grundsicherung für Arbeitssuchende
Rechtskraft:
nicht rechtskräftig
Tenor:
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 22.11.2007 in
der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11.8.2008 verurteilt, den
Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts über die
Bewilligung eines Eingliederungszuschusses neu zu bescheiden.
Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des
Klägers.
Tatbestand:
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Der Kläger beansprucht von der Beklagten die Bewilligung eines
Eingliederungszuschusses.
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Der Kläger, der außer einer Lehre zum Kfz-Mechaniker eine kaufmännische Ausbildung
absolvierte, betrieb in der Vergangenheit zwischen Anfang 2007 und September 2008
als Einzelkaufmann ein Unternehmen im Bereich der Fernwärme- und Kunststofftechnik
in Bochum. Er selbst hat seinen Wohnsitz in Essen. Wesentlicher Gegenstand des
Betriebes war die Abisolierung von Anschlüssen von Fernwärmeleitungen vor Ort
insbesondere durch sogenannte Kunststoffschrumpfmuffen. In dem genannten Zeitraum
war in dem Geschäft zunächst der Kläger allein später gemeinsam mit zwei anderen
Mitarbeitern tätig.
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Einer dieser Mitarbeiter war der am 17.4.1957 geborene R. A. G. A., der bereits vor der
Aufnahme der Tätigkeit mit dem Kläger gut bekannt war. Herr A. schloss mit dem Kläger
einen Arbeitsvertrag, auf dessen Grundlage er in dem Betrieb ab dem 7.9.2007 als
"Helfer" beschäftigt wurde. Der schriftliche Arbeitsvertrag wurde auf den 6.9.2007 datiert.
Als Entgelt für die Tätigkeit wurden 1.365,00 EUR brutto monatlich vereinbart.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Arbeitsvertrages wird auf Blatt 4/5 der
Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Der Aufgabenbereich des
Herrn A. umfasste dabei im Wesentlichen die vorbeschriebene Tätigkeit des
Abisolierens der Fernwärmeleitungen vor Ort. Hierfür waren verschiedene technische
Kenntnisse insbesondere des Kunststoffschweißens erforderlich, die regelmäßig im
Rahmen einer Anlernzeit erworben werden. Solche Kenntnisse waren bei Herrn A.
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teilweise bereits vorhanden, da er schon früher in dieser Branche gearbeitet hatte.
Darüber hinaus erforderte die Tätigkeit aber die regelmäßige Absolvierung von
Lehrgängen insbesondere im Kunststoffschweißen, um die diesbezüglichen Kenntnisse
aufzufrischen bzw. zu aktualisieren. Herr A. war in dem Betrieb etwa bis Mitte Juli 2008
tätig. Dann wurde er wegen mangelnder Auftragslage von dem Kläger gekündigt.
Vor der Aufnahme der Tätigkeit war Herr A. längere Zeit arbeitslos. Insbesondere in der
Zeit von Januar bis August 2007 stand er im Leistungsbezug bei der Beklagten. Am
7.9.2007 – einem Freitag – sprach Herr A. bei der Beklagten vor. In diesem Gespräch,
das mit dem Mitarbeiter Herrn H. geführt wurde, erkundigte sich Herr A. über die
Voraussetzungen für die Bewilligung eines Eingliederungszuschusses im Hinblick auf
eine Einstellung bei dem Kläger.
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Am 7.11. 2007 ging bei der Beklagten ein von dem Kläger am 4.10.2007
unterzeichnetes Antragsformular zur Gewährung eines Eingliederungszuschusses für
die Einstellung des Herrn A. ein. Auf dem Formular wurde von der Beklagten als Tag
der Antragstellung der 11.9.2007 vermerkt.
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Am 22.11.2007 erließ die Beklagte einen Bescheid, mit dem sie den Antrag auf
Gewährung des Eingliederungszuschusses gegenüber dem Kläger ablehnte. Zur
Begründung führte sie aus, die Leistung könne nur bewilligt werden, wenn sie vor Eintritt
des leistungsbegründen Ereignisses – also hier dem Tag der Arbeitsaufnahme –
beantragt worden sei. Die Arbeitsaufnahme sei bereits am 7.9.2007 erfolgt, wohingegen
die Antragstellung zur Bewilligung des Eingliederungszuschusses nach den
vorliegenden Unterlagen erst am 11.9.2007 stattgefunden habe. Mit seinem dagegen
eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, Herr A. habe im August 2007 bei
dem Mitarbeiter Herrn H. vorgesprochen und mitgeteilt, er könne einen Arbeitsvertrag
erhalten, wenn er gefördert würde. Dem habe Herr H. damals zugestimmt. Außerdem
habe der Kläger selbst in der sechsunddreißigsten Kalenderwoche (3.-9.9.2007) mit
Herrn H. gesprochen und sich nach den Maßnahmen erkundigt, die für eine Förderung
notwendig seien. Herr H. habe dabei mitgeteilt, dass einer Förderung in Höhe von 50 %
nichts entgegenstehen würde. Da insoweit also bereits eine Zusage vorgelegen habe,
könne die Ablehnungsentscheidung nicht nachvollzogen werden. Eine entsprechende
Antragstellung sei, wenn auch nur mündlich, vor Arbeitsaufnahme des Herrn A. erfolgt.
Nachdem der Mitarbeiter Herr H. von der Beklagten intern befragt worden war und in
diesem Zusammenhang mitgeteilt hatte, am 7.9.2007 habe lediglich ein Gespräch mit
Herrn A. stattgefunden, wies die Beklagte den Widerspruch durch
Widerspruchsbescheid vom 11.8.2008 zurück. Zur Begründung bezog sie sich auf die
interne Stellungnahme des Herrn H ...
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Dagegen hat der Kläger am 16.9.2008 Klage vor dem Sozialgericht Duisburg erhoben.
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Er vertritt weiterhin die Auffassung, der Antrag auf Gewährung des
Eingliederungszuschusses sei rechtzeitig gestellt worden. Auch eine nachträgliche
Antragstellung müsse aber zugelassen werden, weil er sich auf die Zusage, der
Eingliederungszuschuss für die Einstellung des Herrn A. werde gewährt, verlassen
habe und in dieser Meinung der Arbeitsvertrag abgeschlossen worden sei. Es sei
unbillig, wenn sich die Beklagte auf eine nicht rechtzeitige Antragstellung berufe, wenn
wie hier der Arbeitsbeginn an einem Freitag gelegen habe und der Antrag jedenfalls an
dem darauf folgenden Montag gestellt worden sei. Dass die Voraussetzungen für die
Gewährung des Eingliederungszuschusses für den A. vorlägen, sei unstreitig. Der
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Kläger sei bei mündlicher Antragstellung von der Beklagten nicht darauf hingewiesen
worden, dass der Antrag schriftlich gestellt werden müsse. Insofern liege also eine
Fehlberatung vor. Die Einstellung des Herrn A. sei erst nach (definitiver) Zusage der
Bewilligung des Eingliederungszuschusses sowohl gegenüber diesem als auch
gegenüber dem Kläger erfolgt. Abweichend von dem auf dem Formular des
Arbeitsvertrages ersichtlichen Datum des 6.9.2007 sei der Arbeitsvertrag im Übrigen
tatsächlich erst am 9.9.2007 erstellt bzw. geschlossen worden. Es handele sich insoweit
um einen bloßen Schreibfehler.
Der Kläger beantragt,
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den Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 22.11.2007 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 11.8.2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen,
den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts über die Bewilligung
des Eingliederungszuschusses neu zu bescheiden.
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Die Beklagte beantragt,
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Die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung bezieht sie sich im Wesentlichen auf die Ausführungen in dem
Widerspruchsbescheid. Ergänzend führt sie aus, nach § 217 des Dritten Buches des
Sozialgesetzbuches (SGB III) erhalte der Arbeitgeber den Eingliederungszuschuss, der
also auch den Antrag stellen müsse. Ferner verweist sie auf den Inhalt der internen
Beratungsvermerke (VerBis), wonach sich nur Herr A. nicht aber der Kläger am 7.9.2007
nach den Voraussetzungen für die Gewährung eines Eingliederungszuschusses
erkundigt habe. Zu diesem Zeitpunkt sei der Arbeitsvertrag ausweislich des sich daraus
ergebenden Datums bereits geschlossen gewesen. Auf das Erfordernis der vorherigen
Antragstellung durch den Kläger könne auch nicht verzichtet werden, da die Vorschrift
des § 324 Abs. 1 S. 1 SGB III im vorliegenden Fall Anwendung finde.
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Bezüglich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird verwiesen auf den Inhalt der
Gerichtsakte sowie den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten,
der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
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Entscheidungsgründe:
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Die zulässige Klage ist begründet.
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Der Bescheid vom 22.11.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
11.08.2008 ist rechtswidrig und der Kläger deswegen beschwert im Sinne des § 54 Abs.
2 S. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) – dazu unten 1). Da die tatbestandlichen
Voraussetzungen für die Gewährung eines Eingliederungszuschusses zwar vorliegen,
die Sache jedoch nicht spruchreif ist, war die Beklagte (antragsgemäß) nur zu
verurteilen, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu
verbescheiden (§ 131 Abs. 5 SGG – dazu unten 2)).
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1) Die Ablehnung des Antrages des Klägers auf Gewährung eines
Eingliederungszuschusses für die Einstellung des Herrn A. ist jedenfalls mit der in den
angefochtenen Bescheiden gegebenen Begründung rechtswidrig, weil es nach den
gesetzlichen Vorschriften hier nicht darauf ankommt, ob der Antrag auf Bewilligung des
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Zuschusses vor oder nach der tatsächlichen Arbeitsaufnahme gestellt worden ist.
Als Rechtsgrundlage für den begehrten Eingliederungszuschuss kommt zum Einen die
von den Beteiligten in Bezug genommene Regelung des § 217 SGB III, zum Anderen
aber auch § 421 f SGB III in Betracht. Die Vorschriften finden über § 16 Abs. 1 S. 1 des
zweiten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB II) in der hier maßgeblichen vom
19.7.2007 an gültigen Fassung Anwendung. Auf die Vorschriften des ersten Abschnitts
des neunten Kapitels des SGB III (§§ 323 ff.) und damit auf die von der Beklagten für
ihre Ablehnungsentscheidung maßgeblich herangezogene Regelung des § 324 Abs. 1
S. 1 SGB III, wonach Leistungen nur erbracht werden, wenn sie vor Eintritt des
leistungsbegründenden Ereignisses beantragt worden sind, wird demgegenüber in § 16
Abs. 1 SGB II nicht ausdrücklich verwiesen. Zwar sieht § 16 Abs. 1a SGB II im Übrigen
vor, dass für die Leistungen nach § 16 Abs. 1 SGB II die Voraussetzungen und
Rechtsfolgen des SGB III grundsätzlich gelten, sodass also auch die Vorschriften im
ersten Abschnitt des neuen Kapitels des SGB III über die Anträge und Fristen
heranzuziehen sein könnten. Nach § 16 Absatz 1a SGB II steht die Anwendbarkeit der
Vorschriften des SGB III jedoch unter dem Vorbehalt, dass im SGB II insoweit keine
abweichenden Regelungen enthalten sind.
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Eine solche abweichende Sonderregelung findet sich in § 37 Abs. 1 SGB II; und zwar
auch bezogen auf Eingliederungsleistungen (Sächsisches Landessozialgericht – LSG
–, Urteil vom 8.10.2009, Az. L 3 AS 288/08 Rz. 38 ff.; LSG Baden-Württemberg, Urteil
vom 12.12.2008, Az. L 12 AS 2069/08 Rz. 21 ff.; Eicher in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 2.
Auflage 2008, § 16 Rz. 58 – alle m.w.N.). Dies ergibt sich bereits aus dem
Gesetzeswortlaut, der sich uneingeschränkt auf Leistungen der Grundsicherung für
Arbeitsuchende bezieht (§ 37 Abs. 1 SGB II). Leistungen der Grundsicherung für
Arbeitsuchende werden gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 2 SGB II u.a. in Form von Geldleistungen,
insbesondere zur Eingliederung der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in Arbeit und zur
Sicherung des Lebensunterhaltes der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und der mit ihnen
einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen erbracht. Bei dem hier fraglichen
Eingliederungszuschuss für Herrn A. handelt es sich um eine solche Leistung.
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Durch die Gesetzesbegründung wird dieser Befund erhärtet. § 16 Abs. 1 S. 3 SGB II, der
der hier gegenständlichen Regelung entspricht wurde zum 1.1.2005 eingefügt, um klar
zu stellen, dass für die Leistungen nach § 16 Abs. 1 S. 1 und 2 SGB II die
Voraussetzungen nach dem SGB III gelten, soweit das SGB II keine abweichenden
Voraussetzungen regelt (vgl. BT-Drs. 15/2997 S. 24). Hieran hat sich durch die
Überführung der Regelung in § 16 Abs. 1a SGB II nichts geändert (vgl. BT-Drs. 16/1696
S. 26). Es handelt sich um eine dynamische Rechtsgrundverweisung. Damit soll erreicht
werden, dass Anspruchsberechtigte nach dem SGB III und erwerbsfähige
Hilfebedürftige nach dem SGB II bei der Erbringung von Eingliederungsleistungen
gleich behandelt werden. Sowohl nach der gesetzgeberischen Intention als auch nach
dem Gesetzeswortlaut steht diese Parallelität jedoch unter dem Vorbehalt, dass im SGB
II nichts Abweichendes geregelt ist. Dies ist aber für das Antragserfordernis in § 37 SGB
II geschehen. (Sächsisches LSG a.a.O. Rz. 40 und LSG Baden-Württemberg a.a.O. Rz.
21).
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Die Anwendbarkeit von § 37 SGB II auf Eingliederungsleistungen nach § 16 Abs. 1 SGB
II hat zur Folge, dass ein Antrag auf Leistungen nach dem SGB II jederzeit, also
abweichend von § 324 Abs. 1 S. 1 SGB III auch nach der Aufnahme der Beschäftigung
gestellt werden kann.
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2) Im September 2007 lagen die tatbestandlichen Voraussetzungen für Gewährung
eines Eingliederungszuschusses an den Kläger für die Beschäftigung des Herrn A. vor
(dazu unten a)). Nach dem bisherigen Sachstand ist auf Rechtsfolgenseite – weder zu
Lasten noch zu Gunsten der Klägerseite – bezogen auf das Entschließungsermessen
derzeit von einer Ermessensreduzierung auf Null auszugehen, so dass die Beklagte
noch ermessensfehlerfrei über die Bewilligung des Eingliederungszuschusses zu
entscheiden hat.
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a) Beide eingangs genannte Vorschriften, die hier für die Bewilligung eines
Eingliederungszuschusses in Betracht zu ziehen sind (§§ 217, 421 f SGB III), setzen im
Wesentlichen übereinstimmend voraus, dass ein Arbeitgeber einen Arbeitnehmer im
Rahmen eines Arbeitsverhältnisses Arbeitsvertrages beschäftigt und kein
Ausschlussgrund (nach § 221 Abs. 1 SGB III bzw. § 421 f Abs. 4 SGB III) vorliegt. Dass
zwischen dem Kläger und Herrn A. ein Arbeitsverhältnis zustande gekommen ist, wird
auch von der Beklagten nicht in Zweifel gezogen. Ferner habe sich im Laufe dieses
Verfahrens keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass ein Arbeitsverhältnis zwischen
dem Kläger und Herrn A. nicht bestanden haben könnte. Auch für einen
Ausschlussgrund nach § 221 Abs. 1 bzw. § 421 f Abs. 4 SGB III (Veranlassung der
Beendigung eines vorangegangenen Beschäftigungsverhältnisses durch den
Arbeitgeber, um den Eingliederungszuschuss zu erhalten [Nr. 1] bzw. Einstellung eines
bereits früher bei demselben Arbeitgeber beschäftigten Arbeitnehmers [Nr. 2]) ist weder
etwas vorgetragen, noch sind hierfür sonst Anhaltspunkte erkennbar. Herr A. hat nach
dem Vortrag des Klägers zwar bereits vorher in derselben Branche gearbeitet. Diese
Beschäftigung fand allerdings nicht in dem/einem Betrieb des Klägers statt.
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Sofern darüber hinausgehend zur Erfüllung des Tatbestandes des § 217 SGB III noch
zu prüfen ist, ob in der Person des Arbeitnehmers (hier also des Herrn Albrecht) ein
Vermittlungshemmnis vorlag (vgl. hierzu z.B. Bundessozialgericht – BSG – Urteile vom
22.2.1984 und 16.2.1983, Az. 7 RAr 3/83 und 7 RAr 6/82), lässt die Kammer dies dahin
stehen. Denn es liegen jedenfalls die tatbestandlichen Voraussetzungen der
Spezialregelung des § 421 f SGB III vor. Zusätzlich zu den beiden vorstehend bereits
bejahten Merkmale (Arbeitsverhältnis und kein Ausschluss nach § 421 Abs. 4 SGB III)
ist nach § 421 f Abs. 1 erforderlich, dass der eingestellte Arbeitnehmer das 50.
Lebensjahr vollendet hat, zuvor mindestens sechs Monate arbeitslos gewesen ist und
das aufgenommene Beschäftigungsverhältnis zumindest für ein Jahr begründet wird.
Herr A. war nach den aktenkundigen Informationen vor September 2007 mehr als sechs
Monate (ununterbrochen) arbeitslos. Sein 50. Lebensjahr hatte er bereits am 27.4.2007
und damit in jedem Fall vor der Aufnahme der Beschäftigung bei dem Kläger bzw. der
Stellung des Antrages auf die Bewilligung des Eingliederungszuschusses vollendet.
Schließlich wurde das Beschäftigungsverhältnis auch für mindestens ein Jahr
begründet. Hierfür reicht es aus, wenn der Arbeitsvertrag – wie hier – unbefristet
abgeschlossen worden ist (vgl. B. Schmidt in: Eicher/Schlegel, SGB III, § 421 f SGB III
Rz. 32). Dass das Beschäftigungsverhältnis tatsächlich nicht länger als ein Jahr
gedauert hat, steht der Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen aus Sicht der
Kammer im Hinblick auf den Gesetzeswortlaut " ... begründet wird." nicht entgegen.
Dieser Gesichtspunkt könnte jedoch ggf. bei der (Ermessens-)Entscheidung über die
Dauer bzw. die Höhe der Bewilligung zu berücksichtigen sein, da der Kläger insoweit
auch nicht vor einer nachträglichen Aufhebung der Bewilligungsentscheidung geschützt
gewesen wäre (B. Schmidt a.a.O).Anders als bei § 217 SGB III muss bei § 421 f SGB III
zusätzlich ein Vermittlungshemmnis nicht vorliegen.
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Vor diesem Hintergrund ist es nunmehr Aufgabe der Beklagten im Rahmen ihres
Ermessens eine Entscheidung darüber zu treffen, ob (Entschließungsermessen) bzw.
für welchen Zeitraum und gegebenenfalls in welcher Höhe (Auswahlermessen) dem
Kläger für die Einstellung des Herrn A. ein Eingliederungszuschuss gewährt werden
kann.
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Nach dem bisherigen Sachstand, insbesondere dem Vortrag des Klägers, geht die
Kammer nicht davon aus, dass das Entschließungsermessen der Beklagten im Sinne
einer Leistungsablehnung auf Null reduziert ist (vgl. dazu Bundessozialgericht, Urteil
vom 6.5.2008, Az. B 7/7b AL 16/07 R Rz. 20 ff. und B. Schmidt a.a.O. Rz. 33), weil Herr
A. von dem Kläger auch ohne den Eingliederungszuschuss eingestellt worden wäre und
somit kein "funktionaler Kausalzusammenhang" zwischen der Bewilligung des
Eingliederungszuschusses und der Einstellung bestanden hätte. Dagegen sprechen
insbesondere die Ausführungen des Klägers, er habe den Arbeitsvertrag im Vertrauen
darauf geschlossen, dass ihm von der Beklagten der Eingliederungszuschuss auch
gezahlt werde. Da der Arbeitsvertrag im Hinblick darauf bereits geschlossen worden
war, kann ihm aus Sicht der Kammer jedenfalls nicht entgegengehalten werden, dass er
anschließend, nachdem sich die Beklagte weigerte, den Eingliederungszuschuss
auszuzahlen, das Arbeitsverhältnis nicht sofort wieder gelöst hat.
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Da die Klägerseite ihren Klageantrag ausdrücklich auf Neubescheidung beschränkt
hatte, war andererseits nicht weiter aufzuklären, ob sich die Beklagte ihrerseits
möglicherweise bereits hinsichtlich der Ausübung ihres Entschließungsermessens
dadurch gebunden hatte, dass dem Kläger von Herrn H. in dem von dem Kläger
behaupteten (Telefon-)Gespräch am 7.9.2007 (verbindlich) zugesagt wurde, dass der
Eingliederungszuschuss gewährt würde (zu der Ermessensreduzierung auf Null durch
die Abgabe einer solchen Zusage vgl. BSG, Urteile vom 6.4.2006 bzw. 18.8.2005, Az. B
7a AL 20/05 R Rz. 25 bzw. B 7a/7 AL 66/04 R Rz. 48).
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Die Beklagte wird also im Rahmen ihrer Entscheidung darüber zu befinden haben, ob
ihr überhaupt noch ein Entschließungsermessen zusteht und anschließend ggf. die
konkrete Höhe beziehungsweise die Dauer des dem Kläger zu gewährenden
Eingliederungszuschusses festzulegen haben.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
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