Urteil des SozG Dresden vom 25.02.2011

SozG Dresden: arbeitsentgelt, ddr, beginn des dienstverhältnisses, besoldung, begriff, verpflegung, ergänzung, thüringen, sperrzone, dienstkleidung

Sozialgericht Dresden
Urteil vom 25.02.2011 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Dresden S 42 RS 2179/09
I. Der Bescheid vom 18.06.2009 und der Widerspruchsbescheid vom 01.12.2009 werden aufgehoben, soweit der
Überprüfungsantrag des Klägers vom 21.03.2009 abgelehnt wurde.
II. Die Beklagte wird verpflichtet, in Abänderung der Bescheide vom 22.09.1997 und 18.06.2009 zusätzliche
Arbeitsentgelte nach § 8 AAÜG wie folgt festzustellen: Verpflegungsgeld &61607; in Höhe von 820,75 Mark vom
01.05.1960 bis 31.12.1960 &61607; in Höhe von 1.222,75 Mark vom 01.01.1961 bis 31.12.1961 &61607; in Höhe von
1.222,75 Mark vom 01.01.1962 bis 31.12.1962 &61607; in Höhe von 1.222,75 Mark vom 01.01.1963 bis 31.12.1963
&61607; in Höhe von 1.226,10 Mark vom 01.01.1964 bis 31.12.1964 &61607; in Höhe von 1.222,75 Mark vom
01.01.1965 bis 31.12.1965 &61607; in Höhe von 1.222,75 Mark vom 01.01.1966 bis 31.12.1966 &61607; in Höhe von
1.222,75 Mark vom 01.01.1967 bis 31.12.1967 &61607; in Höhe von 1.226,10 Mark vom 01.01.1968 bis 31.12.1968
&61607; in Höhe von 1.222,75 Mark vom 01.01.1969 bis 31.12.1969 &61607; in Höhe von 1.219,38 Mark vom
01.01.1970 bis 31.12.1970 &61607; in Höhe von 1.372,11 Mark vom 01.01.1971 bis 31.12.1971 &61607; in Höhe von
1.372,50 Mark vom 01.01.1972 bis 31.12.1972 &61607; in Höhe von 1.369,80 Mark vom 01.01.1973 bis 31.12.1973
&61607; in Höhe von 1.552,20 Mark vom 01.01.1974 bis 31.12.1974 &61607; in Höhe von 1.552,20 Mark vom
01.01.1975 bis 31.12.1975 &61607; in Höhe von 1.552,20 Mark vom 01.01.1976 bis 31.12.1976 &61607; in Höhe von
1.552,20 Mark vom 01.01.1977 bis 31.12.1977 &61607; in Höhe von 1.552,20 Mark vom 01.01.1978 bis 31.12.1978
&61607; in Höhe von 1.552,20 Mark vom 01.01.1979 bis 31.12.1979 &61607; in Höhe von 1.552,20 Mark vom
01.01.1980 bis 31.12.1980 &61607; in Höhe von 1.552,20 Mark vom 01.01.1981 bis 31.12.1981 &61607; in Höhe von
1.471,45 Mark vom 01.01.1982 bis 31.12.1982 &61607; in Höhe von 1.552,20 Mark vom 01.01.1983 bis 31.12.1983
&61607; in Höhe von 1.552,20 Mark vom 01.01.1984 bis 31.12.1984 &61607; in Höhe von 1.552,20 Mark vom
01.01.1985 bis 31.12.1985 &61607; in Höhe von 1.598,10 Mark vom 01.01.1986 bis 31.12.1986 &61607; in Höhe von
1.644,00 Mark vom 01.01.1987 bis 31.12.1987 &61607; in Höhe von 1.644,00 Mark vom 01.01.1988 bis 31.12.1988
&61607; in Höhe von 1.644,00 Mark vom 01.01.1989 bis 31.12.1989 &61607; in Höhe von 1.107,00 Mark vom
01.01.1990 bis 30.09.1990
III. Der Beklagte hat dem Kläger neun Zehntel seiner zur Rechtsverfolgung notwendigen außergerichtlichen Kosten zu
erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Feststellung weiteren Arbeitsentgeltes nach dem Anspruchs- und
Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG).
Der am 1938 geborene Kläger trat zum 15.03.1957 in ein Dienstverhältnis bei der Deutschen Volkspolizei der DDR
ein. Neben seinem Bruttogehalt erhielt der Kläger weitere Zahlungen, unter anderem Wohn- und Verpflegungsgeld.
Diese Zahlungen waren nicht rentenversicherungspflichtig. Lohnsteuer wurde hierauf nicht erhoben. Wegen ihrer Höhe
wird Bezug genommen auf die in den Verwaltungsakten der Beklagten befindlichen "Besoldungsstammkarte[n]".
Mit Bescheid vom 22.09.1997 stellte das Polizeipräsidium Dresden nachgewiesene Zeiten der Zugehörigkeit zur
Sonderversorgung der Angehörigen der Deutschen Volkspolizei, der Organe der Feuerwehr und des Strafvollzuges
vom 15.03.1960 bis 31.08.1979 und vom 05.07.1980 bis 31.12.1990 fest und bescheinigte für diese Zeiträume
nachgewiesene Arbeitsentgelte. Sie berücksichtigte nicht die dem Kläger geleisteten zusätzlichen Zahlungen mit
Ausnahme des Wohngeldes.
Am 24.03.2009 beantragte der Kläger die Überprüfung des Feststellungsbescheides, insbesondere die
Berücksichtigung an ihn gezahlter Zuschlägen und Abgeltungen als Arbeitsentgelt. Mit Bescheid vom 18.06.2009
korrigierte die Landespolizeidirektion Zentrale Dienste Sachsen den Bescheid vom 22.09.1997 wegen eines
Rechenfehlers für die Zeit vom 01.01.1979 bis 31.12.1979 und lehnte den Überprüfungsantrag des Klägers im Übrigen
ab. Hiergegen legte der Kläger am 10.07.2009 Widerspruch ein. Den Widerspruch wies die Landespolizeidirektion
Zentrale Dienste Sachsen mit Widerspruchsbescheid vom 01.12.2009 zurück. Die Anerkennung weiteren Entgeltes
könne der Kläger nicht beanspruchen. Gezahlte Zuschläge und Abgeltungen seien von Begriff des Arbeitsentgeltes
nicht umfasst. Der Arbeitsentgeltbegriff nach § 6 Abs. 1 AAÜG nehme zwar auch Bezug auf § 14 SGB IV. Der
Klammerzusatz in § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG, der § 256a Abs. 2 SGB VI in Bezug nehme, zeige indes, dass der
Gesetzgeber eine Verzahnung des Arbeitsentgeltes als Begriff des SGB IV mit dem dem Grunde nach versicherbaren
rentenrechtlichen Verdienst der Versicherten der Sozialversicherung habe herstellen wollen. Daraus folge, dass
Leistungen, die dem Grunde nach nicht rentenrechtlich versicherbar waren und nach dem Versorgungsrecht keine
Bedeutung hatten, nicht überführt werden könnten. Die Beklagte wies auf den Aufwandsersatzcharakter der streitigen
Zahlungen hin.
Hiergegen hat der Kläger am 18.12.2009 Klage erhoben.
Er trägt vor, dass es nach § 6 Abs. 1 AAÜG nicht darauf ankomme, ob das erzielte Arbeitsentgelt einer Beitrags- oder
Steuerpflicht unterlägen hätte. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG, bestimme sich das Arbeitsentgelt im Sinne
des § 6 Abs. 1 AAÜG nach § 14 SGB IV in der zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des AAÜG am 01.08.1991 geltenden
Fassung. Die Bezugnahme des Beklagten auf § 256a Abs. 2 SGB VI gehe fehl. Dies folge gerade auch aus dem
Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 23. August 2007 (B 4 RS 4/06 R), nach dem maßgeblich sei, ob
Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 SGB IV vorliege. Dies sei hier der Fall, denn die streitigen Zahlungen seien ihm nur
für die Dauer des Dienstverhältnisses und nur im Zusammenhang mit seiner Beschäftigung nach der
Besoldungsordnung für eine erbrachte Arbeitsleistung gezahlt worden.
Der Kläger beantragt zuletzt, 1. den Bescheid vom 18.06.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
01.12.2009 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, den Entgeltüberführungsbescheid vom 22.09.1997 in der
Fassung des Bescheides vom 18.06.2009 dahingehend zu ändern, dass als Arbeitsentgelt i.S. des § 8 AAÜG ebenso
die Zahlung des Verpflegungsgeldes in folgender Höhe bescheinigt wird: &61607; 1960 in Höhe von 820,75 Mark
&61607; 1961 in Höhe von 1.222,75 Mark, &61607; 1962 in Höhe von 1.222,75 Mark, &61607; 1963 in Höhe von
1.222,75 Mark, &61607; 1964 in Höhe von 1.226,10 Mark, &61607; 1965 in Höhe von 1.222,75 Mark, &61607; 1966 in
Höhe von 1.222,75 Mark, &61607; 1967 in Höhe von 1.222,75 Mark, &61607; 1968 in Höhe von 1.226,10 Mark,
&61607; 1969 in Höhe von 1.222,75 Mark, &61607; 1970 in Höhe von 1.219,38 Mark, &61607; 1971 in Höhe von
1.372,11 Mark, &61607; 1972 in Höhe von 1.372,50 Mark, &61607; 1973 in Höhe von 1.369,80 Mark, &61607; 1974 in
Höhe von 1.552,20 Mark, &61607; 1975 in Höhe von 1.552,20 Mark, &61607; 1976 in Höhe von 1.552,20 Mark,
&61607; 1977 in Höhe von 1.552,20 Mark, &61607; 1978 in Höhe von 1.552,20 Mark, &61607; 1979 in Höhe von
1.552,20 Mark, &61607; 1980 in Höhe von 1.552,20 Mark, &61607; 1981 in Höhe von 1.552,20 Mark, &61607; 1982 in
Höhe von 1.471,45 Mark, &61607; 1983 in Höhe von 1.552,20 Mark, &61607; 1984 in Höhe von 1.552,20 Mark,
&61607; 1985 in Höhe von 1.552,20 Mark, &61607; 1986 in Höhe von 1.598,10 Mark, &61607; 1987 in Höhe von
1.644,20 Mark, &61607; 1988 in Höhe von 1.644,20 Mark, &61607; 1989 in Höhe von 1.644,20 Mark, &61607; 1990 in
Höhe von 1.107,00 Mark.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Es seien auch nach der Rechtsprechung des BSG nur solche Zahlungen zu berücksichtigen, die einen Gegenwert für
die erbrachte Arbeitsleistung darstellen. Sozialleistungen und Aufwandsentschädigungen stellten daher kein
Arbeitsentgelt dar. Das Verpflegungsgeld sei nicht Besoldungsbestandteil gewesen. Es sei als Sozialleistung
anzusehen. Der Beitragspflicht in der Sozialversicherung der DDR hätten nur die Dienstbezüge unterlegen, nicht aber
die hier streitigen Zahlungen. Eine Berücksichtigung von Zahlungen komme von vorneherein nur in Betracht, soweit
es um Verdienste gehe, die auch nach DDR-Recht renten- oder versorgungsrechtliche Auswirkungen gehabt hätten.
Wollte man die hier streitigen Zahlungen berücksichtigen, hätte dies eine Privilegierung von Personengruppen zur
Folge, die sachlich nicht zu rechtfertigen sei und unüberschaubare Anschlussforderungen im Hinblick auf Art. 3 GG
hätte.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Prozessakte, der Verwaltungsakte der
Beklagten und der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 25.02.2011 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und teilweise begründet.
Der Bescheid vom 18.06.2008 und der Widerspruchsbescheid vom 01.12.2009 sind im angefochtenen Umfang
teilweise rechtswidrig und verletzen den Kläger insoweit in seinen Rechten. Der Kläger nach § 8 Abs. 1 AAÜG einen
Anspruch darauf, dass der Beklagte Verpflegungsgeld im tenorierten Umfang als Arbeitsentgelt im Sinne des AAÜG
anerkennt.
Gemäß § 8 Abs. 1 AAÜG hat der Beklagte als der unter anderem für das Sonderversorgungssystem nach Anlage 2
Nr. 3 AAÜG zuständige Versorgungsträger in einem dem Vormerkungsverfahren ähnlichen Verfahren durch jeweils
einzelne Verwaltungsakte bestimmte Feststellungen zu treffen. Nachdem er zuvor den persönlichen
Anwendungsbereich des AAÜG (§ 1 Abs. 1 AAÜG) bejaht und die Zeiten der Zugehörigkeit zum Versorgungssystem,
die - fiktive - Pflichtbeitragszeiten zur bundesdeutschen Rentenversicherung begründen (§ 5 AAÜG), festgestellt hat,
hat er unter anderem auch das während dieser Zeiten erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen (=
Arbeitsverdienste) festzustellen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 AAÜG).
Das Verpflegungsgeld ist nach § 8 Abs. 1 AAÜG festzustellendes Arbeitsentgelt (vgl. zum Nachfolgenden auch: SG
Berlin, Urteil v. 05.08.2010 - S 30 R 4853/09). Maßstabsnorm, nach der sich bestimmt, welche Arbeitsverdienste den
Zugehörigkeitszeiten zu einem Versorgungssystem der DDR zuzuordnen sind, ist § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG. Danach
ist den Pflichtbeitragszeiten nach diesem Gesetz (vgl. § 5 AAÜG) für jedes Kalenderjahr als Verdienst (§ 256a Abs. 2
SGB VI) das erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zugrunde zu legen. Die weitere Einschränkung, dieses
höchstens bis zur jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze nach der Anlage 3 zu berücksichtigen, wird erst im
Leistungsverfahren bedeutsam (vgl. BSG, Urteil vom 20.12.2001 - B 4 RA 6/01 R - SozR 3-8570 § 8 Nr. 7); insoweit
hat der Versorgungsträger gegebenenfalls nur die tatbestandlichen Voraussetzungen einer besonderen
Beitragsbemessungsgrenze festzustellen.
§ 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG definiert nicht den Begriff des Arbeitsentgelts (vgl. hierzu und zum Folgenden BSG, Urteil
vom 23.08.2007 - B 4 RS 4/06 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 4). Der Gesetzestext besagt nur, dass den
Pflichtbeitragszeiten im Sinne des § 5 AAÜG als Verdienst (§ 256a SGB VI) unter anderem das "erzielte
Arbeitsentgelt" zugrunde zu legen ist. Aus dem Wort "erzielt" folgt im Zusammenhang mit § 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG,
dass es sich um Entgelt oder Einkommen handeln muss, das dem Berechtigten während der Zugehörigkeitszeiten
zum Versorgungssystem "aufgrund" seiner Beschäftigung "zugeflossen", ihm also tatsächlich gezahlt worden ist. Des
Weiteren macht der Normtext deutlich, dass es allein auf das in der DDR tatsächlich erzielte Arbeitsentgelt (oder -
einkommen) ankommt; er stellt nicht darauf ab, ob dieses in der DDR einer Beitrags- oder Steuerpflicht unterlag.
Welche dieser "Gegenleistungen" jedoch letztlich als Arbeitsentgelt anzusehen sind, ergibt sich nicht aus § 6 Abs. 1
Satz 1 AAÜG.
Auch die Bezugnahme auf den "Verdienst" mit dem Klammerzusatz "§ 256a Abs. 2 SGB VI" in § 6 Abs. 1 Satz 1
AAÜG beinhaltet keine Definition. Sie verdeutlicht zweierlei. Zum einen stellt sie klar, dass der Verdienst im Sinne
des § 256a Abs. 2 SGB VI im Rahmen des AAÜG ausschließlich das erzielte Arbeitsentgelt (oder -einkommen) ist.
Zum anderen weist sie darauf hin, dass dem nach § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG festzustellenden Arbeitsentgelt die
gleiche Bedeutung zukommt, wie dem Verdienst im Sinne des § 256a Abs. 2 SGB VI. Dieser dient dazu, den -
fiktiven - Vorleistungswert zur bundesdeutschen Rentenversicherung ausgedrückt in Entgeltpunkten (vgl. § 256a Abs.
1 SGB VI), zu bestimmen. Keineswegs ist aufgrund der Bezugnahme das berücksichtigungsfähige Entgelt im
Rahmen des § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG nach den Regeln des § 256a Abs. 2 SGB VI zu ermitteln. Zum einen werden
Zusatz- und Sonderversorgungsberechtigte von dieser Norm thematisch nicht erfasst. Zum anderen hätte dies zur
Folge, dass nur der Verdienst feststellungsfähig wäre, für den Beiträge zur Sozialpflichtversicherung der DDR und
gegebenenfalls zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung entrichtet worden wären.
Nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil v. 04.05.1999 - B 4 RA 6/99 R - SozR 3-8570 § 8 Nr. 3; Urteil v.
23.08.2007 - B 4 RS 4/06 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 4) ist der Begriff des Arbeitsentgelts im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz
1 AAÜG demnach nach § 14 SGB IV zu bestimmen. Eine rechtliche Anknüpfung an das DDR-Recht ist dabei nicht
vorgesehen. Denn Zweck der Regelungen der §§ 5 bis 8 AAÜG ist, die für die Bestimmung des - fiktiven -
Vorleistungswerts zur bundesdeutschen Rentenversicherung relevanten Tatsachen vorzumerken, damit ab
Inkrafttreten des SGB VI zum 1. Januar 1992 im gesamten Bundesgebiet der Wert des Rentenrechts nach der
einheitlich anzuwendenden Rentenformel (§ 64 SGB VI) bestimmt werden konnte und kann. Demzufolge kann sich
auch der Vorleistungswert der ehemals Zusatz- und Sonderversorgungsberechtigten nur nach Bundesrecht bestimmen
mit der Folge, dass die Frage, ob in der DDR erzielte Einkünfte aus einer von einem Versorgungssystem erfassten
Beschäftigung als Arbeitsentgelt zu qualifizieren sind, ausschließlich nach Bundesrecht zu beantworten ist.
Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV sind Arbeitsentgelt alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer
Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in
welcher Form sie geleistet werden oder ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr
erzielt werden. Verpflegungsgeld und Reinigungszuschuss sind laufende Einnahmen aus einer Beschäftigung.
Der Einwand des Beklagten, aus der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ergebe sich, dass Arbeitsentgelt nur
Zahlungsarten seien, die als Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung gezahlt worden seien, geht hier fehl. Vom
Bundessozialgericht sind als Arbeitsentgelt bezeichnet worden alle zumindest im Zusammenhang mit der
Beschäftigung erzielten Einnahmen, nicht aber Sozialleistungen wie das Krankengeld der DDR (vgl. Urteil v.
02.08.2000 -B 4 RA 41/99 R - juris). Das Bundessozialgericht lässt es dabei - dem Wortlaut des § 14 Abs. 1 Satz 1
SGB IV entsprechend - ausreichen, dass ein mittelbarer (innerer, sachlicher) Zusammenhang mit der Beschäftigung
besteht (vgl. BSG, Urteil v. 29.01.2004 – B 4 RA 19/03 R - SozR 4-8570 § 8 Nr. 1; Urteil v. 26.05.2009 - B 12 KR 5/04
R - SozR 4-2400 § 14 Nr. 3; vgl. zur "weiten Fassung des Arbeitsentgeltbegriffs" Seewald in Kasseler Kommentar, §
14 SGB IV, Rn. 28a; Mette in Beck´scher Online-Kommentar, § 14 SGB IV, Rn. 6). Der Einwand des Beklagten, das
Bundessozialgericht stelle zur Bewertung einer Zulage als Arbeitsentgelt auf deren Sinn ab, greift nicht durch. Richtig
ist zwar, dass die betreffenden Entgelte Lohncharakter haben müssen. Dies ist hier aber der Fall.
Das Verpflegungsgeld war zwar nach der Terminologie der Besoldungsordnungen der Deutschen Volkspolizei der DDR
(nachfolgend jeweils nur: Besoldungsordnung) keine Besoldung. Nach den Abschnitten A Nr. I.2 und F der
Besoldungsordnung vom 01.07.1977 (Ordnung Nr. 27/77 des Ministers des Innern und Chefs der Deutschen
Volkspolizei über die Besoldung) sowie der Besoldungsordnung vom 02.03.1989 (Ordnung Nr. 27/89 des Ministers des
Innern und Chefs der Deutschen Volkspolizei über die Besoldung) stellten das Verpflegungsgeld ebenso wie u.a. das
Wohnungsgeld eine neben der Besoldung zu zahlende persönliche Vergütung dar. Darauf kommt es aber nicht an,
weil es nach § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV unerheblich ist, unter welcher Bezeichnung Einnahmen aus einer
Beschäftigung geleistet werden. Dass es sich bei den hier streitigen Entgelten um laufende Einnahmen aus einer
Beschäftigung handelte, diese also mindestens im Zusammenhang mit einer Beschäftigung standen, ergibt sich
schon daraus, dass sie an die Beschäftigung bei der Deutschen Volkspolizei untrennbar geknüpft waren. So ist unter
Abschnitt A Nr. II.1 der Besoldungsordnungen geregelt, dass Anspruch auf Besoldung und persönliche Vergütungen
mit Beginn des Dienstverhältnisses entsteht bzw. mit dessen Auflösung endet. Im Rahmen der finanziellen Abgeltung
von Erholungsurlaub war kein Verpflegungsgeld zu zahlen (Abschnitt F Nr. I.3 Abs. 4 der Besoldungsordnungen). Für
einen Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis spricht auch, dass es sich bei dem Verpflegungsgeld um eine
finanzielle Abgeltung der im Rahmen des Dienstverhältnisses als Sachleistung gewährten Vollverpflegung gehandelt
hat und dieses nur gezahlt wurde, wenn der Angehörige der Deutschen Volkspolizei nicht an der Vollverpflegung
teilnahm (Abschnitt F Nr. I.1 der Besoldungsordnungen). Hier besteht also wenigstens ein mittelbarer Zusammenhang
der streitbefangenen Entgelte mit der Beschäftigung.
Dass die Gewährung kostenloser Verpflegung - nichts Anderes kann für das ausgleichsweise gezahlte
Verpflegungsgeld gelten - Arbeitsentgelt darstellt, hat das Bundessozialgericht in anderem Zusammenhang nochmals
ausdrücklich entschieden, wenn es ausführt, im Bereich der Sozialversicherung würden kostenlose oder verbilligt
abgegebene Sachleistungen wie Unterkunft und Verpflegung seit jeher dem Arbeitsentgelt zugerechnet (vgl. BSG,
Urteil v. 16.12.2008 - B 4 AS 9/08 R – juris). Nichts Anderes ergibt sich auch aus einer Entscheidung des
Landessozialgerichts Baden-Württemberg (vgl. Urteil v. 13.11.2003 - L 10 RA 2532/01 – juris). Denn das Gericht geht
ganz offensichtlich ebenfalls vom Lohncharakter aus. Denn es stützt seine Entscheidung maßgeblich auf die nach §
17 SGB IV erlassene Arbeitsentgeltverordnung, nach der laufende Zulagen dem Arbeitsentgelt nicht zuzurechnen
seien, soweit sie lohnsteuerfrei sind, was hinsichtlich des Verpflegungsgeldes der Fall sei (siehe dazu aber die noch
folgenden Ausführungen). Hätte das Landessozialgericht Baden-Württemberg bereits den Lohncharakter des
Verpflegungsgeldes verneint, hätte es der Ausführungen zur Lohnsteuerfreiheit nicht bedurft.
Die Ausführungen des Landessozialgerichts Thüringen, das meint, Verpflegungsgeld habe nicht einmal im mittelbarem
Zusammenhang mit der Beschäftigung gestanden, überzeugen nicht (vgl. Urteil v. 29.03.2007 - L 3 RA 78/04).
Verpflegungsverpflichtungen seien, so das Gericht, Ausdruck einer "sozialrechtlichen und nicht einer
arbeitsrechtlichen Verantwortung und Leistungserbringung" gewesen. Ursprünglich habe die Verpflichtung zur
Verpflegung in unmittelbarem Zusammenhang mit der staatlichen Lenkung der Nahrungsmittelverteilung nach dem
Krieg gestanden, später habe diese Verpflichtung zur Leistungsfähigkeit der Bediensteten im öffentlichen Dienst der
DDR beitragen sollen. Diese Ausführungen stützen aber gerade die Annahme eines wenigstens mittelbaren
Zusammenhangs der Gewährung von Verpflegungsgeld und der Beschäftigung. Denn die Aufrechterhaltung der
Leistungsfähigkeit soll die ordnungsgemäße Aufgabenwahrnehmung im Rahmen der Beschäftigung ermöglichen.
Soweit das Landessozialgericht Thüringen darauf abstellt, Verpflegungsverpflichtungen hätten auch für Arbeiter und
Angestellte bestanden, stützt dies eher das hier gefundene Ergebnis. Zweifel an diesem könnten nur dann bestehen,
wäre das Verpflegungsgeld unabhängig von der Ausübung einer Beschäftigung gewährt worden, was hier aber nicht
der Fall ist.
Auch die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 29.01.2004 (B 4 RA 19/03 R - SozR 4-8570 § 8 Nr. 1) steht
dem hier gefundenen Ergebnis nicht entgegen. Dort ging es um einen Sperrzonenzuschlag, der unabhängig von der
Beschäftigung, sondern wegen der allgemeinen Erschwernisse im Sperrgebiet gezahlt worden ist. Der Zuschlag war
danach eine Entschädigung für die nach Auffassung der DDR erschwerten Lebensbedingungen im Sperrgebiet und
hatte keinen Lohncharakter. Vergünstigungen wurden allen im Sperrgebiet wohnenden Werktätigen, Rentnern,
Studenten und Lehrlingen gewährt. Ihn erhielten solche Arbeiter und Angestellte nicht, die in volkseigenen und ihnen
gleichgestellten Betrieben und Verwaltungen innerhalb der Fünf-km-Sperrzone gearbeitet haben, aber nicht in der
Sperrzone wohnten, es sei denn sie hätten innerhalb der Sperrzone einen polizeilich gemeldeten zweiten Wohnsitz
gehabt. Den erforderlichen Zusammenhang mit der Beschäftigung sah das Bundessozialgericht auch nicht dadurch
hergestellt, dass der Zuschlag sich bei Arbeitnehmern und Angestellten am Lohn oder Gehalt orientierte. Denn diese
Anknüpfung an den jeweiligen Lohn habe allein der Berechnung dieses Zuschlags gedient. Hier liegt der Fall aber
völlig anders, denn es geht nicht um Entgelte, die unabhängig von der Ausübung einer Beschäftigung –
gegebenenfalls in abgewandelter Form – auch der nicht arbeitenden Bevölkerung zum Ausgleich
beschäftigungsunabhängiger Erschwernisse gewährt wurden.
Fehl geht der Einwand des Beklagten, die hier streitigen Zulagen seien nicht ruhegehaltsfähig oder
versorgungsrelevant gewesen und dürften daher nicht berücksichtigt werden, weil andernfalls eine Besserstellung
gegenüber dem Personenkreis des § 256a SGB VI einträte (so auch LSG Thüringen, Urteil v. 29.03.2007 – L 3 RA
78/04). In der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts finden sich für diese Auslegung keine Anhaltspunkte, was
auch der Gesetzgeber erkannt hat (vgl. Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des
Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes - 2. AAÜG-Änderungsgesetz [2. AAÜG-ÄndG] vom 23.03.2001 –
BT-Drs. 14/5640, S. 14), der § 6 AAÜG einen Absatz 10 anfügen wollte mit dem Wortlaut:
"(10) Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen im Sinne des Zweiten Abschnitts dieses Gesetzes ist das Arbeitsentgelt
oder Arbeitseinkommen, soweit es nach den im Beitrittsgebiet maßgebenden leistungsrechtlichen Regelungen des
jeweiligen Versorgungssystems berücksichtigungsfähig war."
Der Gesetzgeber wollte klarstellend verhindern, dass andere Entgeltbestandteile rentenrechtlich berücksichtigt werden
als nach § 256a SGB VI ihrer Art nach versicherbare Entgelte. Diese Klarstellung sei wegen der Rechtsprechung des
Bundessozialgerichts (Urteile v. 23.06.1998, B 4 RA 61/97 R; vom 04.08.1998, B 4 RA 74/96 R und vom 04.05.1999,
B 4 RA 6/99 R), das gelegentlich von einem Entgeltbegriff im Sinne der §§ 14, 15 SGB IV ausgegangen sei, und einer
in Einzelpunkten abweichenden Auslegung der Versorgungsträger, die im Versorgungssystem nicht versicherbare
Entgeltbestandteile einbezogen hätte, erforderlich geworden. Im weiteren Gesetzgebungsverfahren wurde die
ursprünglich beabsichtigte Ergänzung des § 6 AAÜG allerdings verworfen. Die Rechtsprechung des
Bundessozialgerichts solle ohne Abstriche verwirklicht werden (BT-Drs. 14/6063 S. 24; vgl. SG Dresden, Urteil v.
18.01.2010 - S 24 R 1218/08 - juris). Damit ist aber klargestellt, dass Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen nach § 8
AAÜG auch dann festzustellen ist, wenn die Beschäftigung oder Tätigkeit in der DDR zwar ihrer Art nach von einem
Versorgungssystem im Sinne der Anlagen 1 und 2 des AAÜG erfasst war, aus diesem aber kein
Versorgungsanspruch und keine Versorgungsanwartschaft, die hätten überführt werden können, bestanden hat (vgl.
BSG, Urteil v. 23.06.1998 - B 4 RA 61/97 R - SozR 3-8570 § 5 Nr. 4 – Urteil v. 03.08.1999 - B 4 RA 50/97 R - SozR 3-
2600 § 307b Nr. 7).
Soweit der Beklagte eine Besserstellung bei den Zusatz- und Sonderversorgungsberechtigten nach dem AAÜG rügt,
weil bei der bundesdeutschen Rentenberechnung Verdienstbestandteile rentenerhöhend zugrunde gelegt würden, die
nach dem Recht der DDR auch in den Zusatz- und Sonderversorgungssystemen - ungeachtet etwaiger
Beitragsbemessungs- oder sonstiger dort zu berücksichtigender Leistungsgrenzen - unter keinen Umständen
rentenwirksam gewesen wären und insoweit Bezug auf Art. 3 GG nimmt, ist dieser Einwand hier nicht durchgreifend.
Denn die hier gefundene Auslegung wird durch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts wie auch die genannten
gesetzgeberischen Motive gestützt. Die gegenüber § 256a SGB VI weitergehendere Fassung des Verdienstbegriffs in
§ 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG überschreitet jedenfalls nicht den politischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers. Denn
wegen der erheblichen systematischen Unterschiede der Versorgungssysteme der DDR im Vergleich zum SGB VI
erscheint es nicht unvertretbar, zwecks Aufrechterhaltung der Besserstellung der Zusatz- und
Sonderversorgungsberechtigten der DDR bei der Überführung ihrer Ansprüche und Anwartschaften in das
Rentensystem des SGB VI einheitlich für alle Zusatz- und Sonderversorgungssysteme auf den weiteren
bundesdeutschen Verdienstbegriff abzustellen, statt für jedes Versorgungssystem gesondert den dort maßgebenden
Entgeltbegriff zu verwenden. Es lässt sich kaum feststellen, ob die Besserstellung der aus den Zusatz – und
Sonderversorgungssystemen der ehemaligen DDR Berechtigten gegenüber den übrigen Rentnern, wie sie in der
ehemaligen DDR bestand, heute unter Geltung des SGB VI, insbesondere durch Anwendung des weiten, am
01.08.1991 geltenden bundesdeutschen Verdienstbegriffs oder durch Anwendung eines Verdienstbegriffs abgebildet
wird, der nur diejenigen Einkommensbestandteile einbezieht, die nach den Regelungen der Zusatz- und
Sonderversorgungssystemen zu DDR-Zeiten für den Rentenanspruch berücksichtigungsfähig waren (vgl. SG Dresden,
Urteil v. 30.11.2009, Az.: S 24 R 628/08, zitiert nach Juris - RdNr. 27 ff.). Darüber hinaus wird der Kläger durch die
Regelung jedenfalls nicht beschwert. Auf Art. 3 GG könnten sich hier allenfalls die nicht vom AAÜG begünstigen
Personengruppen stützen, deren Entgelte wegen § 256a SGB VI gegebenenfalls nicht rentensteigernd berücksichtigt
werden (a.A. zum Ganzen: SG Potsdam, Urteil v. 07.12.2010 – S 36 R 571/09; SG Leipzig, Urteil v. 15.12.2010 – S
24 RS 1540/09).
Der Auslegung des § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG durch das Bundessozialgericht kann auch nicht damit begegnet werden,
der Nachweis des Zuflusses und der Höhe der betreffenden in der DDR steuerfreien Entgeltbestandteile sei in vielen
Fällen praktisch unmöglich, da schon im Zeitpunkt der Wiedervereinigung viele Unterlagen über beitrags- und
steuerfreie Arbeitsentgelte vernichtet gewesen seien (so aber SG Leipzig, Urteil v. 15.12.2010 – S 24 RS 1540/09).
Insoweit handelt es sich um rechtlich nicht relevante Erwägungen. Denn die Frage der Nachweisbarkeit bzw.
Glaubhaftmachung des Entgeltbezuges ist eine Folgefrage und bei der im ersten Schritt zu klärenden Frage, ob und
unter welchen Voraussetzungen berücksichtigungspflichtiges Entgelt vorliegt, irrelevant.
Das Verpflegungsgeld ist auch nicht etwa nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB IV in Verbindung mit § 1 der
Arbeitsentgeltverordnung (ArEV) ausnahmsweise nicht dem Arbeitsentgelt zuzurechnen, weil es am 01.08.1991
lohnsteuerfrei gewesen wäre.
§ 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB IV ermächtigt die Bundesregierung, durch Rechtsverordnung zur Wahrung der im
Gesetz genannten Ziele zu bestimmen, dass unter anderem Einnahmen, die "zusätzlich" zu Löhnen oder Gehältern
gewährt werden, und steuerfreie Einnahmen ganz oder teilweise nicht als Arbeitsentgelt gelten. Aufgrund dieser
Ermächtigung ist die (ArEV) ergangen. Sie ist auf das Beitrittsgebiet zum 01.01.1991 übergeleitet worden. Ihr § 1
regelt, dass einmalige Einnahmen, laufende Zulagen, Zuschläge, Zuschüsse sowie ähnliche Einnahmen, die
zusätzlich zu Löhnen oder Gehältern gewährt werden, nicht dem Arbeitsentgelt zuzurechnen sind, soweit sie
lohnsteuerfrei sind und sich aus § 3 nichts Abweichendes ergibt. Diese Regelung ist bei der Bestimmung des
Arbeitsentgelts im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG zu beachten. Maßgeblich ist die Rechtslage, die im Zeitpunkt
des Inkrafttretens des AAÜG am 01.01.1991 bestand. Ob einmalige Einnahmen eines Versicherten lohnsteuerfrei und
damit nicht dem Arbeitsentgelt zuzuordnen sind (§ 1 ArEV), bestimmt sich also auch für AAÜG-
Versorgungsberechtigte nach dem am 01.08.1991 geltenden bundesdeutschen Steuerrecht.
Ob das Verpflegungsgeld lohnsteuerfrei war, beurteilt sich nach dem Einkommenssteuergesetz (EStG) in der zum
01.08.1991 geltenden Fassung. Steuerfrei waren nach § 3 Nr. 4 EStG bei Angehörigen der Bundeswehr, des
Bundesgrenzschutzes, der Bereitschaftspolizei der Länder, der Vollzugspolizei und der Berufsfeuerwehr der Länder
und Gemeinden und bei Vollzugsbeamten der Kriminalpolizei des Bundes, der Länder und Gemeinden
a. der Geldwert der ihnen aus Dienstbeständen überlassenen Dienstkleidung, b. Einkleidungsbeihilfen und
Abnutzungsentschädigungen für die Dienstkleidung der zum Tragen oder Bereithalten von Dienstkleidung
Verpflichteten und für dienstlich notwendige Kleidungsstücke der Vollzugsbeamten der Kriminalpolizei, c.
Verpflegungs- und Beköstigungszuschüsse und der Geldwert der im Einsatz unentgeltlich abgegebenen Verpflegung,
d. der Geldwert der freien ärztlichen Behandlung, der freien Krankenhauspflege, des freien Gebrauchs von Kur- und
Heilmitteln und der freien ärztlichen Behandlung erkrankter Ehefrauen und unterhaltsberechtigter Kinder.
§ 3 Nr. 4 Buchstabe a und d EStG sind hier nicht einschlägig. Das Verpflegungsgeld war auch nicht nach § 3 Nr. 4
Buchstabe c EStG lohnsteuerfrei. Verpflegungszuschüsse waren danach nur im Einsatz steuerfrei. Folglich war die
Freistellung von Verpflegungs- und Beköstigungszuschüssen auf Zuschüsse außerhalb des normalen Dienstes
beschränkt (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Urteil v. 17.07.2008 - L 1 RA 243/05).
Steuerfreiheit ergibt sich auch nicht aus § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 EStG (in der vom 07.09.1990 bis
02.11.1992 geltenden Fassung). Nach dieser Norm gehören zu den - steuerpflichtigen - Einkünften aus
nichtselbstständiger Arbeit Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile, die für eine
Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden; gleichgültig ist, ob es sich um laufende oder um
einmalige Bezüge handelt oder ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht. Hier handelt es sich bei den in Rede
stehenden Vergütungen jedenfalls um andere Bezüge, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst
gewährt wurden. Dass diese steuerrechtliche Bewertung zutreffend ist, ergibt sich auch aus dem Schreiben des BMF
vom Dezember 1990, nach dem auf das Verpflegungsgeld ab Januar 1991 Lohnsteuer erhoben wird.
Die Kammer hat, wie beantragt, die sich aus den Besoldungsstammkarten ergebenden Beträge aus Verpflegungsgeld
berücksichtigt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Soweit die Klage mit Schriftsatz vom 15.12.2010 zurückgenommen
wurde, hat der Kläger seine außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen.