Urteil des SozG Dresden vom 10.10.2005

SozG Dresden: arbeitsmarkt, wiederherstellung der aufschiebenden wirkung, berufliche wiedereingliederung, projekt, unternehmen, verfügung, arbeitslosigkeit, arbeitskraft, initiative, maurer

Sozialgericht Dresden
Beschluss vom 10.10.2005 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Dresden S 23 AS 872/05 ER
I. Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz wird abgewiesen. II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über eine Maßnahme, an der der Antragsteller aufgrund einer mit der Antragsgegnerin
abgeschlossenen Eingliederungsvereinbarung seit 15. August 2005 teilnimmt.
Der am ... 1962 geborene Antragsteller ist verheiratet und Vater zweier minderjähriger Kinder. Er schloss im Juli 1981
die Berufsausbildung zum Ausbaumaurer mit der Note befriedigend ab. Der Antragsteller ist seit Januar 2000
beschäftigungslos und arbeitsu-chend. Seine weiterhin andauernde Arbeitslosigkeit wurde lediglich in der Zeit von Ju-li
2001 bis August 2002, mit Winterunterbrechung, durch eine Beschäftigung in einer Ar-beitsbeschaffungsmaßnahme
auf dem zweiten Arbeitsmarkt unterbrochen. Der Antragstel-ler besitzt keinen Pkw und keine Fahrerlaubnis. Er bezieht
seit 1. Januar 2005 für sich und seine mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebende Ehefrau und die beiden
minderjähri-gen Kinder Arbeitslosengeld II von der Antragsgegnerin.
Am 15. August 2005 schlossen der Antragsteller und die Antragsgegnerin eine Eingliede-rungsvereinbarung ab. In
dieser verpflichtete sich die Antragsgegnerin, dem Antragsteller die Teilnahme an dem Projekt "QAL-25 nach
Chemnitzer Modell" zur beruflichen und persönlichen Qualifizierung im kaufmännischen und gewerblichen Bereich für
den Zeit-raum vom 15. August 2005 bis 13. November 2006 anzubieten. Der Antragsteller ver-pflichtete sich in der
Eingliederungsvereinbarung, an dem Projekt teilzunehmen. Am 15. August 2005 schloss der Antragsteller mit der das
Projekt "QAL-25 nach Chemnitzer Mo-dell" durchführenden Fortbildungsakademie der Wirtschaft gemeinnützige
GmbH (FAW gGmbH) einen Teilnahmevertrag für das Projekt "QAL-25 nach Chemnitzer Modell" ab. Der Lehrgang
findet in der Zeit vom 15. August 2005 bis 13. November 2006 statt. Ziel der Maßnahme "QAL-25 nach Chemnitzer
Modell" ist – ausweislich der Projektunterlagen –: "die berufliche und persönliche Qualifizierung unter
Berücksichtigung der besonderen Problemlagen, die Wiederherstellung der persönlichen Fähigkeiten der Teilnehmer
und deren Reintegration in den ersten Arbeitsmarkt zu erreichen. Die Besonderheit des Projekts liegt darin, dass die
Teilnehmer für die Zeit der Beschäftigungsphase einen Arbeitsvertrag von mindestens 12 Monaten mit einem
Unternehmen der Region abschließen. Das Unter-nehmen beteiligt sich mindestens mit 30 % an den Lohn- und
Lohnnebenkosten. An der Maßnahme können erwerbsfähige Langzeitarbeitslose (Personen, die in den vorangegan-
genen 16 Monaten mindestens 12 Monate erwerbslos waren) ab einem Alter von 25 Jahren mit Anspruch auf
Leistungen nach dem SGB II teilnehmen. Die Maßnahme "QAL-25 nach Chemnitzer Modell" gliedert sich in einen
dreimonatigen Vorkurs, der in der Zeit vom 15. August 2005 bis 13. November 2005 durchgeführt wird und in eine 12-
monatige Beschäf-tigungsphase, die sich in der Zeit vom 14. November 2005 bis 13. November 2006 an-schließt. Der
Vorkurs stellt eine Motivations- und Orientierungsphase dar, in der die Teil-nehmer für einen beruflichen Neuanfang
aufgeschlossen und vorbereitet werden sollen. Die individuelle Entwicklung, Planung und Umsetzung einer beruflichen
Perspektive steht im Vordergrund der Einzel- und Gruppenarbeit. Die Teilnehmer sollen sich bis zum Ende der
Motivations- und Orientierungsphase eine persönliche Zielsetzung in Bezug auf die berufliche Wiedereingliederung
erarbeiten. Die fachliche Qualifizierung innerhalb des Vorkurses erfolgt in zwei Gruppen. Die Beschäftigungsphase
beinhaltet die Phase der be-ruflichen Reintegration. Die Teilnehmer werden auf Grundlage eines Arbeitsvertrages in
ausgewählten Unternehmen der Region tätig. Zur Aufarbeitung sozialer Defizite, zur Auf-rechterhaltung der Motivation
sowie zur Beratung und Betreuung der Teilnehmer bei der Lösung von Problemen werden die Teilnehmer durchgängig
auch während der Beschäfti-gungsphase sozialpädagogisch von einer Fachkraft der FAW gGmbH betreut.
Gemeinsam mit dem Unternehmen werden die Inhalte der arbeitsplatzbezogenen Qualifizierung festge-legt. Es wird
ein individueller Qualifizierungsplan festgeschrieben und im Unternehmen umgesetzt."
Der Antragsteller behauptet, dass der Inhalt der Maßnahme nicht seiner Qualifikation ent-spräche. Die
Voraussetzungen des Chemnitzer Modells würden fehlgehen. Er verfüge über einen Facharbeiter und sei schon über
25 Jahre in diesem Beruf tätig gewesen. Er sei nicht drogen- oder suchtabhängig und fühle sich sehr angegriffen, in
so einer Maßnahme un-freiwillig teilnehmen zu müssen. Die Maßnahme sei für ihn persönlich unzumutbar, weil der
Unterrichtsstoff nach einem Wissenstand einer 4. Klasse durchgeführt werde. Es sei nicht zutreffend, dass er nur
gering vermittelbar sei. Es gebe öffentliche Verkehrsmittel, die ihn genauso pünktlich zur Arbeit befördern könnten.
Seine Kenntnisse seien nicht von gestern, er habe ja schließlich bis 2002 gearbeitet. Er sei durchaus mit den
heutigen Ar-beitsabläufen vertraut. Er habe sich stets um Arbeit und Weiterbildungsmaßnahmen be-müht. Mit dem
gelehrten Unterrichtsstoff in der Maßnahme fühle er sich um Jahre zurück-gestuft. Er gehöre nicht der Zielgruppe
Obdachlosigkeit, Sucht und Probleme im persönli-chen Bereich an. Vermittlungshemmnisse, die in seiner Person
liegen würden, weise er ab. Die Maßnahme sei insgesamt unzumutbar, weshalb er ohne irgendwelche Sanktionen aus
der Maßnahme zu entlassen sei.
Der Antragsteller beantragt,
ihm vor dem Sozialgericht Dresden einstweiligen Rechtsschutz zu gewähren und ihn ohne irgendwelche Sanktionen
aus der Maßnahme zu entlassen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz abzuweisen.
Zur Begründung führt sie aus: Die Grundsicherung habe das Ziel, die eigene Initiative von erwerbsfähigen
Hilfebedürftigen durch schnelle und passgenaue Einführung in Arbeit und Anreize zu unterstützen. Der erwerbsfähige
Hilfebedürftige müsse sich vorrangig und ei-geninitiativ um die Beendigung seiner Erwerbslosigkeit bemühen und
seine Arbeitskraft so einsetzen, um seinen Lebensunterhalt und den seiner Angehörigen selbst zu bestreiten. Nach
den Bestimmungen des SGB II könne die Antragsgegnerin Leistungen zur Eingliede-rung in Arbeit erbringen. Eine
dieser Maßnahmen zur Eingliederung in Arbeit sei das Pro-jekt zur Qualifizierung und Arbeit für Langzeitarbeitslose
über 25 Jahre nach dem Chem-nitzer Modell. Diese Projekte sollen Langzeitarbeitslosen über 25 Jahren, die Anspruch
auf Leistungen nach § 7 SGB II haben, zur Wiederherstellung der persönlichen Fähigkeiten und zur
Wiedereingliederung in den ersten Arbeitsmarkt dienen. Die Auswahl der Teil-nehmer an der Maßnahme "QAL-25 nach
Chemnitzer Modell" sei seitens der Antragsgeg-nerin anhand der Beurteilung des Einzelfalles und dem Vorliegen
bestimmter Vermitt-lungshemmnisse, die die Vermittlung auf dem ersten Arbeitsmarkt erschweren würden, erfolgt. Bei
dem Antragsteller würden folgende Vermittlungshemmnisse vorliegen: Lang-zeitarbeitslosigkeit, da er zuletzt 1999 als
Maurer auf dem ersten Arbeitsmarkt tätig gewe-sen sei; nicht mehr ausreichende Qualifikation; Nichtvorhandensein
von Auto und Führer-schein, weshalb der Antragsteller nur zu eingeschränkten Arbeitszeiten zur Verfügung ste-he, so
dass der Einsatz auf dem ersten Arbeitsmarkt nicht oder nur schwer vermittelbar sei. Die Eigenbemühungen des
Antragstellers sowie die Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit und der Antragsgegnerin, den Antragsteller
als Maurer im Baubereich auf dem ersten Arbeitsmarkt zu integrieren, seien bislang ohne Erfolg geblieben. Die
Maßnahme "QAL-25 nach Chemnitzer Modell" sei für den Antragsteller als geeignet und notwendig beurteilt worden,
da er zu der Personengruppe der erwerbsfähigen Langzeitarbeitslosen gehöre und aufgrund der weiterhin
stagnierenden Arbeitsmarktlage im Baubereich auf dem ersten Arbeitsmarkt nur schwer vermittelbar sei. Aufgrund des
fehlenden Führerscheines und Pkws stehe der Antragsteller auch nur dem regionalen Arbeitsmarkt zur Verfügung.
Regional bestünden zur Zeit aufgrund der Arbeitsmarktlage im Baubereich kaum Einglie-derungschancen für den
Antragsteller im erlernten Beruf. Mit Hilfe der Maßnahme "QAL-25 nach Chemnitzer Modell" solle für den Antragsteller
eine dauerhafte berufliche Ein-gliederung in den ersten Arbeitsmarkt erzielt werden. Die dreimonatige Qualifizierungs-
phase, in der sich der Antragsteller derzeit befinde, stelle eine Motivations- und Orientie-rungsphase dar, in der die
Entwicklung einer beruflichen Perspektive im Vordergrund ste-he. Gleichzeitig erfolge die fachliche Vorbereitung auf
die Beschäftigungsphase. Die zwölfmonatige Beschäftigungsphase beinhalte die berufliche Wiedereingliederung in
das Erwerbsleben entsprechend dem entwickelten Integrationsplan. Zwischen dem Teilnehmer und der ausgewählten
Firma werde entsprechend dieser Zeit ein sozialversicherungspflich-tiges Beschäftigungsverhältnis begründet. Ein
weiteres Ziel der Maßnahme sei, dass das Arbeitsverhältnis auch nach den 12 Monaten fortbestehe.
Das Gericht hat zur Sachverhaltsaufklärung die FAW gGmbH schriftlich angehört, die Projektunterlagen der FAW
gGmbH zum Projekt "QAL-25 nach Chemnitzer Modell, Pro-jekt im kaufmännischen und gewerblichen Bereich"
beigezogen, den Unterrichtsplan des Vorkurses der Maßnahme beigezogen und die von der Antragsgegnerin geführte
Vermitt-lungsübersicht in Augenschein genommen.
Das Gericht hat des Weiteren die ihm in einem weiteren in der Kammer anhängigen einst-weiligen
Rechtsschutzverfahren (Aktenzeichen S 23 AS 870/05 ER) von der Antragstelle-rin eingereichten
Unterrichtsunterlagen in Augenschein genommen und die Presseberichte in der örtlichen Lokalpresse (Sächsische
Zeitung Freital) vom 11. September 2005, 13. September 2005 und 28. September 2005 zur Kenntnis genommen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die beigezoge-nen Unterlagen sowie die
Gerichtsakte und die gewechselten Schriftsätze insgesamt ergän-zend Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ist unzulässig und unbegründet, so dass er ab-zuweisen war.
Bei verständiger Würdigung seines Rechtsschutzziels begehrt der Antragsteller mit seinem Antrag auf Gewährung
Bei verständiger Würdigung seines Rechtsschutzziels begehrt der Antragsteller mit seinem Antrag auf Gewährung
einstweiligen Rechtsschutzes die Feststellung, dass die von ihm besuchte Maßnahme "QAL-25 nach Chemnitzer
Modell" für ihn ungeeignet und unzumut-bar sei und damit nicht den gesetzlichen Vorgaben entspreche. Der
Antragsteller will durch diese gerichtliche Feststellung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren Sanktionen ver-
meiden, die auf den Abbruch der Maßnahme "QAL-25 nach Chemnitzer Modell" folgen könnten, insbesondere die
Absenkung seines Arbeitslosengeldes II nach § 31 Abs. 1 SGB II.
Der so zu auszulegende Antrag auf vorläufige Feststellung ist gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 des
Sozialgerichtsgesetzes (SGG) bereits unzulässig. Es ist bereits zweifelhaft, ob Inhalt einer einstweiligen Anordnung
eine Feststellung sein kann (so auch: SG Hamburg, Be-schluss vom 07.06.2005, Aktenzeichen S 62 AS 434/05 ER).
Jedenfalls fehlt es vorliegend an einem Rechtsschutzbedürfnis für die begehrte Feststellung. Sollte der Antragsteller
die Maßnahme "QAL-25 nach Chemnitzer Modell" abbrechen und sollte die Antragsgegnerin daraufhin das
Arbeitslosengeld II absenken, so ist dieser Verwaltungsakt mit Widerspruch und Anfechtungsklage, gerichtlich
gegebenenfalls mit einem Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Rechtsbehelfe, angreifbar.
Dabei ist insbesondere zu überprüfen, ob die Maßnahme "QAL-25 nach Chemnitzer Modell" zumutbar ist. Für eine
vorherige isolierte Prüfung dieser Frage im Rahmen eines Eilverfahrens besteht – auch mit Blick auf die
Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) – kein An-lass. Die Gerichte sollen zwar
vorläufigen Rechtsschutz, das heißt Rechtsschutz wegen gegenwärtiger Nachteile, nicht aber vorbeugenden
Rechtsschutz, wie ihn der Antragsteller beansprucht, ermöglichen. § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG lautet: "Einstweilige
Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis
zulässig, wenn eine sol-che Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint."
Der Antrag hat daher dann Aussicht auf Erfolg, wenn ein sog. Anordnungsanspruch und ein sog. Anordnungsgrund
vorliegen. Für eine vorläufige Entscheidung müssen gewichtige Gründe vorliegen; dies ist der sog. Anordnungsgrund.
Er liegt vor, wenn dem Antragsteller wesentliche, insbesondere irreversible Nachteile drohen, die für ihn ein Abwarten
bis zur Entscheidung in der Hauptsache unzumutbar machen und die Regelung zur Verhinderung dieser unzumutbaren
Nachteile durch eine Anordnung nötig erscheint (vgl. BVerfG, Be-schluss vom 19.10.1977, Az: 2 BvR 42/76). Sinn
und Zweck des einstweiligen Rechts-schutzverfahrens liegen in der Sicherung der Entscheidungsfähigkeit und der
prozessualen Lage, um eine endgültige Rechtsverwirklichung im Hauptsacheverfahren zu ermöglichen. Das
einstweilige Rechtsschutzverfahren will nichts anderes, als allein wegen der Zeitdi-mension der Rechtserkenntnis und
der Rechtsdurchsetzung im Hauptsacheverfahren eine zukünftige oder gegenwärtige prozessuale Rechtsstellung vor
zeitüberholenden Entwick-lungen sichern (so ausdrücklich: Sächsisches LSG, Beschluss vom 11.02.2004, Az: L 1 B
227/03 KR-ER). Weiterhin muss ein sog. Anordnungsanspruch vorliegen. Dabei muss es sich um einen der
Durchsetzung zugänglichen materiell-rechtlichen Anspruch (vgl. Berlit, info also 2005, 3, 7) des Antragstellers
handeln.
Eine einstweilige Anordnung ergeht demnach nur, wenn sie zur Abwendung wesentlicher, nicht wiedergutzumachender
Nachteile für den Antragsteller notwendig ist. Dabei hat der Antragsteller wegen der von ihm geltend gemachten
Eilbedürftigkeit der Entscheidung die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach §§ 202
SGG, 294 der Zivilprozessordnung (ZPO), also Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund, glaubhaft zu machen.
Nach diesen Maßstäben hat der Antragsteller keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Das Gericht kann weder
erkennen, dass der Antragsteller für die Maßnahme "QAL-25 nach Chemnitzer Modell" nicht geeignet wäre, noch,
dass dem Antragsteller die Maßnah-me unzumutbar wäre, weshalb das Gericht gegenwärtige Nachteile, die der
Antragsteller erleiden oder erdulden müsste, nicht erkennen kann.
Die Antragsgegnerin hat konkret und nachvollziehbar dargelegt, aus welchen Gründen der Antragsteller für die
Maßnahme ausgewählt worden ist. Die Qualifizierungsmaßnahme dient ausweislich der sowohl von der
Antragsgegnerin eingereichten als auch vom Gericht bei der FAW gGmbH beigezogenen umfangreichen
Projektunterlagen, der Wiederherstel-lung der persönlichen Fähigkeiten des Antragstellers und der Wiedereingliederung
des Antragstellers in den ersten Arbeitsmarkt, weil in der Person des Antragstellers die Ver-mittlungsprognose
beeinträchtigende Umstände vorliegen. Zutreffend hat die Antragsgeg-nerin darauf verwiesen, dass der Antragsteller
lediglich mit einer Unterbrechung durch eine Beschäftigung in einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme, und damit einer
Beschäfti-gung auf dem zweiten Arbeitsmarkt, seit 1. Januar 2000 – und damit seit über fünf Jahren – in keinem
Beschäftigungsverhältnis mehr gestanden hat. Die Ausbildung des Antragstel-lers zum Ausbaumaurer und sein
Ausbildungsabschluss liegen inzwischen über 24 Jahre zurück. Berufliche Weiterbildungs- und
Qualifizierungsmaßnahmen hat der Antragsteller ausweislich seines eingereichten Lebenslaufes sowie ausweislich der
Vermittlungsüber-sicht der Antragsgegnerin nicht besucht. Der Antragsteller trägt zudem Verantwortung für zwei
minderjährige Kinder. Der Antragsteller verfügt weder über ein berufliche Mobilität ermöglichendes Kraftfahrzeug noch
eine Fahrerlaubnis und muss deshalb jede Beschäfti-gungsmöglichkeit inhaltlich mit diesen berufliche Mobilität und
Flexibilität beeinträchti-genden Umständen, sowohl in zeitlicher als auch in räumlicher Hinsicht, abstimmen. All diese
Umstände beeinträchtigen die Arbeitsmarktchancen des Antragstellers in ganz erheb-lichem Umfang, weshalb die
Antragsgegnerin dem Antragsteller dieses Angebot zur Stei-gerung seiner Wiedereingliederungschancen in den ersten
Arbeitsmarkt unterbreitet hat. Zutreffend hat die Antragsgegnerin zudem darauf verwiesen, dass die Vermittlungs- und
Wiedereingliederungschancen des Antragstellers in den ersten Arbeitsmarkt auch aufgrund der fehlenden
Eingliederungsaussichten im Baubereich, dem Bereich, in dem der An-tragsteller seine Ausbildung und seine länger
zurückliegenden Beschäftigungsphasen ab-solviert hat, erschweren. Es ist gerichtsbekannt, dass die Baubranche,
insbesondere die regionale, in den neuen Bundesländern seit Jahren erheblich stagniert.
Die Maßnahme "QAL-25 nach Chemnitzer Modell" ist sowohl auf theoretische als auch berufspraktische
Erfahrungssammlung und damit Anhebung der Arbeitsmarktchancen des Antragstellers gerichtet. Die dem Gericht in
einem anderen Verfahren (Aktenzeichen S 23 AS 870/05 ER) übersandten Unterrichtsmaterialien sowie der von der
FAW gGmbH beigezogene Unterrichtsplan des dreimonatigen Vorkurses können weder als niveaulos noch als unter
der Würde des Antragstellers liegend bezeichnet werden. Auch für einen im Jahr 1981 ausgebildeten Ausbaumaurer,
wie dem Antragsteller, dürften sich zwischenzeit-lich die Anforderungen im heutigen Arbeitsleben gewandelt und
gesteigert haben, so dass sowohl die berufspraktischen als auch berufstheoretischen Grundlagen erhalten und ausge-
baut werden müssen. Dies und nichts anderes bezweckt die von der Antragsgegnerin dem Antragsteller
vorgeschlagene Maßnahme "QAL-25 nach Chemnitzer Modell", weshalb nicht nachvollziehbar ist, dass diese
Maßnahme nicht im ureigensten Interesse des An-tragstellers liegen soll.
Soweit der Antragsteller auf seine subjektiven Empfindungen abstellt und meint, daraus folgern zu können, die
Maßnahme sei für ihn unzumutbar, werden diese Empfindungen nicht durch objektive Anhaltspunkte gestützt. Der
Antragsteller ist weder als "Obdachlo-ser" noch "Süchtiger" eingestuft worden. Diesbezüglich interpretiert der
Antragsteller die Kriterien der Antragsgegnerin falsch. Mit diesen Umschreibungen sind lediglich besonders exponierte
Zielgruppen in den Projektunterlagen beschrieben. Das bedeutet im Umkehr-schluss jedoch nicht, dass die
Maßnahme lediglich für "Obdachlose" und "Süchtige" ge-eignet sei. Dies geht auch eindeutig aus der
Bekanntmachung des SMWA und des SMS vom 26. April 2005 sowie aus den Projektunterlagen, die das Gericht von
der FAW gGmbH beigezogen hatte, hervor; dort heißt es lediglich, dass Zielgruppe des Projekts "QAL-25 nach
Chemnitzer Modell" auch langzeitarbeitslose Personen sein können, die "gegebenenfalls weitere Problemlagen im
persönlichen Bereich (z.B. Obdachlosigkeit, Sucht) aufweisen". Das Vorliegen dieser Problemlagen ist aber nicht
Voraussetzung für die Teilnahme an der Maßnahme. Weder die Antragsgegnerin noch die FAW gGmbH be-zeichnen
den Antragsteller als "obdachlos" oder "süchtig".
Auch soweit der Antragsteller vorbringt, ihm würde "Unterrichtsstoff nach einem Wis-sensstand einer 4. Klasse"
gelehrt, was unter seinem Niveau liege, trifft dies ausweislich der dem Gericht in einem anderen Verfahren
(Aktenzeichen S 23 AS 870/05 ER) über-sandten Unterrichtsunterlagen sowie ausweislich der vom Gericht
beigezogenen sowie von der Antragsgegnerin übersandten Projekt- und Unterrichtsunterlagen nicht zu. Weder die 40
Unterrichtsstunden Bewerbungstraining, noch die 40 Unterrichtsstunden Recht (Sozial-recht, Arbeitsrecht,
Bürgerliches Recht), noch die 80 Unterrichtsstunden EDV (Einführung Word, Excel, Internet, Praktische Übungen),
noch die 40 Unterrichtsstunden Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre und Volkswirtschaftslehre (Das ökonomische
Prinzip, Markt- und Preisbildung, Unternehmensziele, betriebliche Leistungskennziffern, Rechtsformen, Organisation),
noch die 56 Unterrichtsstunden Sozial- und Methodenkompetenz, noch die 40 Unterrichtsstunden Mathematik
(Wiederholung Grundrechenarten, Dreisatzrechnung, Prozentsatzrechnung, Rechnen mit gebrochenen Zahlen) noch
die 40 Unterrichtsstunden Deutsch (allgemeiner Schriftverkehr, neue Rechtsschreibung, Kommunikation und Rheto-
rik) gehören zum Schulstoff der Klassenstufe 4. Die vorbezeichneten Unterrichtsinhalte, die dem Antragsteller nahe
gebracht werden, können auch nicht als niveau- oder würdelos bezeichnet werden. Zudem verdeutlichte der
Antragsteller mit seinem aus 8 Sätzen beste-henden handschriftlichen im Verfahren eingereichten Schriftsatz vom 18.
September 2005, welcher Rechtschreib- und Grammatikfehler im zweistelligen Bereich aufweist, dass gera-de der
Deutschunterricht für ihn eine erhebliche Chance darstellt, Defizite in diesem Be-reich zu minimieren, zumal richtiges
Deutsch in Schrift und Wort, Grundvoraussetzung für jedes Bewerbungsschreiben und Bewerbungs- oder
Vorstellungsgespräch sind, wenn diese erfolgreich sein sollen. Der Antragsteller hat im Übrigen weder konkret noch
spezifisch – auf bestimmte Unterrichtsinhalte bezogen – dargelegt oder glaubhaft gemacht, dass ihn der
Unterrichtsinhalt krass unterfordern würde, so dass eine Unzumutbarkeit nicht erkennbar ist (vgl. zu solchen
Extremen im Bereich von Trainingsmaßnahmen nach dem SGB III bspw.: Hessisches LSG, Urteil vom 23.04.2003,
Az: L 6/10 AL 1404/01).
Soweit der Antragsteller meint, in seiner Person würden keine Vermittlungshemmnisse vorliegen, entspricht diese
subjektive Einschätzung nicht den objektiven Gegebenheiten, wie die Antragsgegnerin zu Recht festgestellt hat. Der
Antragsteller gehört zur Personen-gruppe der erwerbsfähigen Langzeitarbeitslosen und ist aufgrund der weiterhin
stagnieren-den Arbeitsmarktlage im Baubereich auf dem ersten Arbeitsmarkt nur schwer vermittelbar. Aufgrund der
fehlenden Fahrerlaubnis und des fehlenden Pkws steht der Antragsteller auch nur dem regionalen Arbeitsmarkt zur
Verfügung, weshalb die Maßnahme für den An-tragsteller in besonderem Maße geeignet ist, seine beruflichen
Wiedereingliederungschan-cen in den ersten Arbeitsmarkt zu steigern, weil es ihm ermöglicht wird, durch die 12-
monatige Beschäftigungsphase Kontakt und Anschluss auf dem regionalen Arbeitsmarkt in einem mittelständischen
Unternehmen zu finden.
Soweit der Antragsteller vorgetragen hat, er habe sich stets um Arbeit und Weiterbil-dungsmaßnahmen bemüht, führt
auch dieser Einwand im Ergebnis nicht dazu, im vorlie-genden Fall davon auszugehen, die dem Antragsteller
unterbreitete Maßnahme "QAL-25 nach Chemnitzer Modell" als unzumutbar zu erachten. Die inzwischen über fünf
Jahre andauernde Arbeitslosigkeit des Antragstellers zeigt deutlich, dass seine Bemühungen bis-her nicht fruchteten.
Vor diesem Hintergrund ist das Angebot der Antragsgegnerin an den Antragsteller zu würdigen, zumal die
Antragsgegnerin zutreffend darauf hingewiesen hat, dass die Grundsicherung nach dem SGB II das Ziel hat, die
eigene Initiative der erwerbs-fähigen Hilfebedürftigen durch schnelle und passgenaue Einführung in Arbeit zu unterstüt-
zen, wobei sich der erwerbsfähige Hilfebedürftige vorrangig und eigeninitiativ um die Be-endigung seiner
Erwerbslosigkeit bemühen muss und seine Arbeitskraft einzusetzen hat, um seinen Lebensunterhalt und den seiner
Angehörigen selbst zu bestreiten. Die nachgela-gerte 12-monatige Beschäftigungsphase, in die der Antragsteller ab
14. November 2005 bei einem mittelständigen Unternehmen integriert wird, ist geeignet, die Integration und
Wiedereingliederung des Antragstellers in den ersten Arbeitsmarkt herbeizuführen. Inso-weit hat die Antragsgegnerin
aufgrund der im Verfahren vorgelegten Unterlagen nachvoll-ziehbar auf die bisherigen Vermittlungsquoten
hingewiesen, die durch Maßnahmen, die durch die FAW gGmbH durchgeführt worden sind, erzielt werden konnten. So
betrug die Vermittlungsquote der Teilnehmer solcher Maßnahmen zur beruflichen Wiedereingliede-rung in den ersten
Arbeitsmarkt, wie ihn der Antragsteller derzeit absolviert, in dem Pro-jekt, welches von der FAW gGmbH in der Zeit
vom 1. Juli 2001 bis 30. September 2002 durchgeführt wurde, 40 %, in dem Projekt, welches von der FAW gGmbH in
der Zeit vom 1. Juli 2002 bis 30. September 2003 durchgeführt wurde, 60 % sowie in dem Projekt, wel-ches von der
FAW gGmbH in der Zeit vom 1. Mai 2003 bis 30. September 2004 durchge-führt wurde, 54,17 %.
Zudem zeigen die ausführlichen Unterlagen, die das Gericht von der FAW gGmbH ange-fordert hatte, dass weder der
Projektinhalt noch das Projektziel erkennen lassen, dass der Antragsteller für die Maßnahme "QAL-25 nach
Chemnitzer Modell" nicht geeignet wäre, noch, dass dem Antragsteller die Maßnahme unzumutbar wäre. Im Übrigen
teilte die FAW gGmbH, entgegen den Angaben des Antragstellers, ausdrücklich mit, dass die Ausspra-chen zwischen
der FAW gGmbH und den Teilnehmern der Maßnahme nicht "erfolglos" waren. Die FAW gGmbH hatte ausdrücklich
zugesagt, die Wünsche der Teilnehmer an der Ausgestaltung des Unterrichts zu prüfen, mit den Dozenten zu
besprechen und eine evtl. notwendige Änderung des Stundenplanes vorzunehmen. Auch kann das Gericht am Kon-
zept der Qualifizierungsmaßnahme nichts "niveauloses" erkennen. Der 3-monatige theore-tische Vorkurs dient der
gezielten allgemeinen und besonderen (nämlich später gruppen-spezifisch durchgeführten) Vorbereitung auf das sich
anschließende 12-monatige Arbeits-verhältnis in einem Wirtschaftsunternehmen mit zusätzlicher
arbeitsplatzbezogener Quali-fikation, um die Chancen zur Wiedereingliederung des Antragstellers in den ersten Ar-
beitsmarkt zu steigern.
Insgesamt kann das Gericht damit feststellen, dass die Antragsgegnerin eine geeignete Maßnahme vorgeschlagen
hat, um eine Vermittlung des Antragstellers in Arbeit zu erleich-tern und damit die erforderliche Prognoseabschätzung
getroffen hat, die den individuellen Qualifikationsstand des Arbeitslosen und die Dauer seiner Arbeitslosigkeit ebenso
berück-sichtigt, wie die Arbeitsmarktentwicklung.
Nach alledem war der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.