Urteil des SozG Dresden vom 30.11.2009

SozG Dresden: ddr, eintritt des versicherungsfalles, arbeitsentgelt, verordnung, zugehörigkeit, bergbau, einkünfte, gerichtsakte, gegenleistung, rechtsnachfolger

Sozialgericht Dresden
Urteil vom 30.11.2009 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Dresden S 24 R 628/08
I. Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 6.12.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
17.4.2008 verpflichtet, als zusätzlichen Verdienst folgende Beträge zu fünf Sechsteln zu berücksichtigen: &61485;
1986: 1.052,00 Mark der DDR im März 1.166,00 Mark der DDR im August &61485; 1987: 1.040,00 Mark der DDR im
März 1.310,00 Mark der DDR im August &61485; 1988: 1.040,00 Mark der DDR im März 1.300,00 Mark der DDR im
August &61485; 1989: 1.030,00 Mark der DDR im März 1.600,00 Mark der DDR im August &61485; 1990: 1.341,84
Mark der DDR II. Die Beklagte hat der Klägerin ihre notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Verpflichtung der Beklagten, nach dem Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz
(AAÜG) Jahresendprämien in den Jahren 1986 bis 1989 und Bergmannsprämien in den Jahren 1986 bis 1990 als
zusätzlichen Verdienst festzustellen. Die 1947 geborene Klägerin gehörte vom 1.7.1968 bis 31.5.1969 einem
Sonderversorgungssystem nach Anlage 2 zum AAÜG an und erwarb später, am 21.10.1985, die Berechtigung, die
Berufsbezeichnung "Ingenieurökonom" zu führen. Als solcher arbeitete sie sodann bis zum 30.6.1990 beim VEB BKW
"Glückauf" Knappenrode, wo sie bereits zuvor beschäftigt war und dies anschließend auch bei dessen
Rechtsnachfolger blieb. Auf Antrag vom 15.6.2007 stellte die Beklagte mit Bescheid vom 6.12.2007 die
Anwendbarkeit des AAÜG gemäß § 1 AAÜG sowie die Zugehörigkeit der Klägerin zur zusätzlichen Altersversorgung
der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben (AVItech) in der Zeit vom
21.10.1985 bis 30.6.1990 nebst der für diese Zeit vom Rechtsnachfolger des VEB mitgeteilten Arbeitsentgelte und
Arbeitsausfalltage fest. Zugleich lehnte die Beklagte die von der Klägerin ebenfalls begehrte Feststellung von
Jahresend- und Bergmannsprämien als zusätzliche Arbeitsentgelte ab, weil der Rechtsnachfolger des VEB dazu
keine Nachweise mehr habe und nicht ersichtlich sei, dass die im vorgelegten SED-Parteibuch monatlich
verzeichneten, jeweils im März und August der Jahre 1986 bis 1989 erhöhten Parteibeiträge auf den Bezug von
Jahresend- bzw. Bergmannsprämien zurückzuführen seien. Mit dem dagegen erhobenen Widerspruch vom 27.12.2007
legte die Klägerin eine eigene Berechnung über die Höhe der zugeflossenen Jahresend- und Bergmannsprämien
anhand und unter Vorlage eines entsprechenden Auszugs aus dem SED-Parteistatut für die Jahre 1986 bis 1989 vor.
Zudem brachte sie einen Girokontoauszug bezüglich der Bergmannsprämie für 1990 bei, wonach ihr der VEB
"Glückauf" am 15.6.1990 einen Betrag von 1.341,84 Mark der DDR sowie einen Betrag von 858,50 Mark der DDR
überwiesen hat. Außerdem erweiterte die Klägerin im Widerspruchsverfahren ihr Begehren auf die Anerkennung von
Prämien für die Auszeichnungen mit der "Medaille für Verdienste in der Kohleindustrie" vom 2.7.1987, als "Aktivist der
sozialistischen Arbeit" vom 14.10.1988 und als Mitglied eines "Kollektivs der sozialistischen Arbeit" in den Jahren
1986 bis 1988, wobei die von ihr als Nachweis für diese Auszeichnungen vorgelegten Urkunden keine Geldbeträge
nannten. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17.4.2008 zurück, weil weiterhin nicht
mit dem erforderlichen Grad an Wahrscheinlichkeit glaubhaft gemacht sei, dass die erhöhten Parteibeiträge in den
Monaten März und August der Jahre 1986 bis 1989 auf die behaupteten Jahresend- und Bergmannsprämien
zurückzuführen seien. Der Nachweis über die erhaltenen Auszeichnungen und Medaillen belege nicht, ob und wenn ja
in welcher Höhe der Klägerin dafür tatsächlich Geldbeträge zugeflossen seien. Mit ihrer Klage vom 9.5.2008, die in der
mündlichen Verhandlung auf die Jahresend- und Bergmannsprämien für die Jahre 1986 bis 1990 beschränkt wurde,
führt die Klägerin ihr diesbezügliches Begehren fort und macht geltend, dass sich schon aus der Chronologie der
erhöhten Parteibeiträge ergebe, dass es sich nur um Jahresend- und Bergmannsprämien gehandelt haben könne. Die
Klägerin beantragt, den Bescheid vom 6.12.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.4.2008 abzuändern
und die Beklagte zu verpflichten, den Zufluss der Jahresendprämie in den Jahren 1986 bis 1989 und den der
Bergmannsprämie in den Jahren 1986 bis 1990 als zusätzliches Arbeitsentgelt festzustellen. Die Beklagte bleibt bei
ihrer Auffassung und beantragt, die Klage abzuweisen. Dem Gericht liegen zur Entscheidung die bereits im
Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren eingereichten und bei Gericht nochmals beigebrachten Unterlagen (die
Auszüge aus dem SED-Parteibuch und dem SED-Parteistatut, die eigene Berechnung der Klägerin zur Höhe der
Jahresend- und Bergmannsprämien, der Girokontoauszug vom 15.6.1990 sowie die Mitteilung des Rechtsnachfolgers
des VEB, dass keine Aufzeichnungen zur Auszahlung der Jahresend- und Bergmannsprämien mehr existieren) vor
(Blätter 6 bis 11 und 14/15 der Gerichtsakte). Außerdem hat die Klägerin dem Gericht einen Auszug aus dem
Rahmenkollektivvertrag über die Arbeits- und Lohnbedingungen der Werktätigen der volkseigenen Betriebe der
Kohleindustrie der DDR (RKV Kohle) vorgelegt (Blätter 33 bis 36 der Gerichtsakte). Wegen der Einzelheiten des Sach-
und Streitstandes wird im Übrigen auf die Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug
genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
I. Die zulässige Klage ist im tenorierten Umfang begründet. Der Bescheid vom 6.12.2007 in Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 17.4.2008 ist rechtswidrig und beschwert die Klägerin deshalb (§ 54 Abs. 2 Satz 1
SGG). Die Klägerin hat Anspruch darauf, dass die Beklagte die tenorierten Beträge in den Jahren 1986 bis 1990 zu
fünf Sechsteln als zusätzliches Arbeitsentgelt feststellt. Anspruchsgrundlage für die Feststellung zusätzlicher
Arbeitsentgelte ist § 8 AAÜG, wonach der Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme (die Beklagte gemäß
§ 8 Abs. 4 Nr. 1 AAÜG) dem Berechtigten (der Klägerin) durch Bescheid den Inhalt derjenigen Mitteilung bekannt zu
geben hat, die dem an diese Mitteilung gebundenen und für die Erfüllung der Aufgaben der Rentenversicherung
zuständigen Rentenversicherungsträger (§ 8 Abs. 5 AAÜG) zu übermitteln ist, d. h. die Zeiten der Zugehörigkeit des
Berechtigten zu einem Zusatzversorgungssystem, das daraus tatsächlich erzielte Arbeitsentgelt, die
Arbeitsausfalltage sowie nach Anwendung der §§ 6 und 7 AAÜG die sich daraus ergebenden tatsächlichen
Voraussetzungen für die Anwendung einer besonderen Beitragsbemessungsgrenze (§ 8 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 1
und 2 AAÜG). Nachdem aufgrund des insoweit unangegriffenen Bescheides vom 6.12.2007 für das Gericht bindend
feststeht, &61485; dass das AAÜG hier Anwendung findet, &61485; dass die Zeit vom 21.10.1985 bis 30.6.1990
wegen der Zugehörigkeit der Klägerin zum Zusatzversorgungssystem der AVItech nach Anlage 1 Nr. 1 zum AAÜG
den Tatbestand einer gemäß § 5 AAÜG gleichgestellten Pflichtbeitragszeit in der gesetzlichen Rentenversicherung
erfüllt, &61485; dass die tatsächlichen Voraussetzungen für die Anwendung einer besonderen
Beitragsbemessungsgrenze nicht vorliegen und &61485; wie viele Arbeitsausfalltage in welchen Jahren zu
berücksichtigen sind, geht es allein noch um die Feststellung der Höhe des tatsächlich erzielten Verdienstes gemäß §
8 Abs. 1 Satz 2 AAÜG (Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen), wobei hier nur Arbeitsentgelt aus abhängiger
Beschäftigung, aber kein Arbeitseinkommen aus selbstständiger Tätigkeit im Raum steht. Das tatsächlich erzielte
Arbeitsentgelt hat die Beklagte jedoch nach Auffassung der Kammer im tenorierten Umfang zu niedrig festgestellt. 1.
Welche Arbeitsentgelte gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 AAÜG festzustellen und den Pflichtbeitragszeiten zuzuordnen sind,
bestimmt § 6 AAÜG, der allerdings nicht definiert, was unter Arbeitsentgelt (oder Arbeitseinkommen) im Sinne des
AAÜG grundsätzlich zu verstehen ist, sondern nur für bestimmte Fallgestaltungen Sonderreglungen trifft.
Insbesondere folgt aus dem Verweis in § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG auf § 256a Abs. 2 SGB VI (dortiger Klammerzusatz)
nicht, dass die Mitglieder der Zusatz- und Sonderversorgungssysteme der DDR gemäß § 256a Abs. 2 SGB VI auf ihre
in der Sozialpflichtversicherung der DDR und u. U. in der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) der DDR
erworbenen Rechtspositionen beschränkt werden sollen. Andernfalls wäre die gesonderte Überführung der Ansprüche
und Anwartschaften aus den Zusatz- und Sonderversorgungssystemen der DDR in das bundesdeutsche Rentenrecht
mittels des AAÜG überflüssig. Vielmehr soll mit dem AAÜG die von den Zusatz- und Sonderversorgungssystemen
der DDR bezweckte Besserstellung ihrer Mitglieder aufrechterhalten werden, soweit diese Besserstellung durch den
Einigungsvertrag geschützt ist. Die Bezugnahme in § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG auf den Verdienst (Arbeitsentgelt oder
Arbeitseinkommen) im Sinne des § 256a Abs. 2 SGB VI weist deshalb lediglich auf die dort geregelte Funktion des
Verdienstes hin, auf dessen Grundlage die für die Höhe der bundesdeutsche Rente maßgeblichen Entgeltpunkte
errechnet werden. Wegen dieser Funktion ist der Umfang des zu berücksichtigenden Verdienstes auch rückschauend
nach bundesdeutschem Recht und nicht nach Maßgabe des im Zeitpunkt der Erzielung des Verdienstes geltenden
DDR-Rechts zu bestimmen, weil das jetzt geltende Bundes- und nicht das frühere DDR-Recht festlegt, auf welcher
Grundlage (d. h. nach welchem Verdienst) die jetzige bundesdeutsche Rente zu berechnen ist. Anderes könnte nur
gelten, wenn das Bundesrecht die Anwendung des damaligen DDR-Rechts für die Bestimmung des jetzt
maßgebenden Verdienstes anordnen würde, was nicht der Fall ist (BSG, Urt. v. 23.8.2007 - B 4 RS 4/06 R -, Juris Rn.
21 ff. = SozR 4-8570 § 6 Nr. 4). Aufgrund dessen legt das BSG in ständiger Rechtssprechung die bei Inkrafttreten des
AAÜG am 1.8.1991 geltenden allgemeinen bundesdeutschen Regelungen der §§ 14 ff. SGB IV und die von diesen
Normen in Bezug genommenen, am 1.8.1991 geltenden Vorschriften (insbesondere des Einkommenssteuerrechts) -
ohne jede Einschränkung - zur Bestimmung des nach § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG maßgeblichen Verdienstes zugrunde,
an die das AAÜG bei seinem Inkrafttreten allein anknüpfen konnte. Darauf, ob der Verdienst nach DDR-Recht steuer-
oder sozialversicherungspflichtig war, kommt es somit nicht an, sondern nur darauf, ob und in welchem Umfang die
damals tatsächlich zugeflossenen Geldbeträge - sofern sie als Gegenleistung für eine erbrachte Arbeitsleistung und
aufgrund einer vom Versorgungssystem erfassten Beschäftigung oder Tätigkeit erzielt wurden - nach dem am
1.8.1991 geltenden bundesdeutschen Recht, insbesondere der §§ 14 ff. SGB IV, als Arbeitsentgelt oder
Arbeitseinkommen zu bewerten sind (BSG, Urt. v. 23.6.1998 - B 4 RA 61/97 R -, Juris Rn. 20 = SozR 3-8570 § 5 Nr.
4; BSG, Urt. v. 4.5.1999 - B 4 RA 6/99 R -, Juris Rn. 17 = SozR 3-8570 § 8 Nr. 3; BSG, Urt. v. 2.8.2000 - B 4 RA
41/99 R -, Juris Rn. 18; BSG, Urt. v. 29.1.2004 - B 4 RA 19/03 R -, Juris Rn. 17 = SozR 4-8570 § 8 Nr. 1). Vor diesem
Hintergrund ist es nur folgerichtig, wenn das BSG zuletzt entschieden hat, dass die auch hier streitigen
Jahresendprämien im Sinne von § 117 des Arbeitsgesetzbuchs der DDR (AGB-DDR) einmalige Einkünfte aus einer
Beschäftigung im Sinne des § 14 Abs. 1 SGB IV in der am 1.8.1991 geltenden Fassung (a. F.) sind, weil es sich um
eine vom Betriebsergebnis abhängige Gegenleistung des Betriebs für die vom Werktätigen im jeweiligen Planjahr
erbrachte Arbeitsleistung handelte (BSG, Urt. v. 23.8.2007 - B 4 RS 4/06 R -, Juris Rn. 27 ff. = SozR 4-8570 § 6 Nr.
4, m. w. N.). Angesichts dessen kann nichts anderes für die hier ebenfalls streitige Bergmannsprämie gelten. Diese
wurde gemäß § 3 Abs. 1 der Verordnung zur Verbesserung der Lage der Bergarbeiter, des ingenieurtechnischen und
kaufmännischen Personals sowie der Produktionsverhältnisse im Bergbau der DDR vom 10.8.1950 (GBl. d. DDR I S.
832) in der Fassung der Fünften Verordnung zur Verbesserung der Lage der Bergarbeiter, des ingenieurtechnischen
und kaufmännischen Personals sowie der Produktionsverhältnisse im Bergbau der DDR vom 9.4.1964 (GBl. d. DDR II
S. 313) - ggf. noch i. V. m. dem von der Klägerin vorgelegten RKV Kohle - als eine zusätzliche Belohnung für die
ununterbrochene Beschäftigung in einem Bergbaubetrieb gezahlt und diente als Anerkennung für die geleistete Arbeit
der im Bergbau Beschäftigten (§ 3 Abs. 18 dieser Verordnung, nachfolgend: BergbauVerbessVO). Auch die
Bergmannsprämie stellte somit eine Gegenleistung für die im Bergbau erbrachte Arbeitsleistung des jeweiligen
Beschäftigten dar und wäre daher ebenso wie die Jahresendprämie (zu dieser: BSG, Urt. v. 23.8.2007 - B 4 RS 4/06
R -, Juris Rn. 40/41 = SozR 4-8570 § 6 Nr. 4) nach dem am 1.8.1991 geltenden bundesdeutschen Recht gemäß § 19
Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 EStG (in der vom 3.8.1988 bis 12.11.1992 geltenden Fassung) lohnsteuerpflichtiges
Einkommen gewesen. Denn nach dieser Vorschrift gehören Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere
Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden, zu den -
steuerpflichtigen - Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, gleichgültig, ob es sich um laufende oder einmalige
Bezüge handelt und ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht. Nach dem am 1.8.1991 geltenden bundesdeutschen
Recht wäre mithin auch die zu DDR-Zeiten bezogene Bergmannsprämie (ebenso wie die Jahresendprämie)
lohnsteuerpflichtig und somit ungeachtet des § 17 SGB IV a. F. i. V. m. § 1 der Arbeitsentgeltverordnung (in der vom
1.1.1990 bis 30.6.2006 geltenden Fassung) sozialversicherungspflichtiges Arbeitsentgelt im Sinne von § 14 SGB IV
a. F. gewesen. Dass beide Prämien im Zeitpunkt ihrer Zahlung nach DDR-Recht gemäß § 3 Abs. 17 Satz 3
BergbauVerbessVO bzw. § 14 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des
Prämienfonds für volkseigene Betriebe vom 9.9.1982 (GBl. d. DDR I S. 595) weder lohnsteuer- noch
sozialversicherungspflichtig waren, ist hingegen im AAÜG irrelevant. Zwar hat das Gericht unter
Gleichbehandlungsgesichtspunkten (Art. 3 Abs. 1 GG) gewisse Bedenken gegen diese einschränkungslose
Anwendung des am 1.8.1991 geltenden bundesdeutschen Verdienstbegriffs auf die zu DDR-Zeiten erzielten Einkünfte
im Rahmen des AAÜG. Denn auf diese Weise werden bei den Zusatz- und Sonderversorgungsberechtigten nach dem
AAÜG der bundesdeutschen Rentenberechnung u. U. Verdienstbestandteile rentenerhöhend zugrunde gelegt, die nach
dem Recht der DDR auch in den Zusatz- und Sonderversorgungssystemen - ungeachtet etwaiger
Beitragsbemessungs- oder sonstiger dort zu berücksichtigender Leistungsgrenzen - unter keinen Umständen
rentenwirksam gewesen wären (wie etwa die Jahresendprämien). Demgegenüber können bei allen übrigen
Versicherten in den neuen Bundesländern mit Rentenzeiten in der ehemaligen DDR gemäß § 256a SGB VI - abhängig
von der Ausschöpfung der in der Sozialversicherung und der FZR der DDR geltenden Beitragsbemessungsgrenzen -
nur diejenigen Bestandteile ihrer in der DDR erzielten Einkünfte rentenerhöhend berücksichtigt werden, die ihrer Art
nach gemäß den Gegebenheiten in der DDR beitragspflichtig gewesen wären, wenn es die
Beitragsbemessungsgrenzen der DDR nicht gegeben hätte (dazu: BSG, Urt. v. 10.11.1998 - B 4 RA 33/98 R -, Juris
Rn. 31 = SozR 3-2600 § 256a Nr. 3, m. w. N.). Jahresend- und Bergmannsprämien können bei Versicherten, die nicht
unter das AAÜG fallen, daher nach § 256a SGB VI nicht rentenerhöhend berücksichtigt werden, weil diese Prämien -
wie ausgeführt - in der DDR nicht sozialversicherungspflichtig waren. Jedoch lässt sich diese Ungleichbehandlung
durch verfassungskonforme einschränkende Auslegung des Verdienstbegriffs in § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG dahin, dass
nur Einkünfte maßgebend sind, die nach den im Beitrittsgebiet geltenden leistungsrechtlichen Regelungen des
jeweiligen Versorgungssystems berücksichtigungsfähig waren, nicht mehr beseitigen. Zwar spricht einiges dafür, dass
auf diese Weise die von den Zusatz- und Sonderversorgungssystemen der DDR bezweckte Besserstellung ihrer
Mitglieder eher in dem durch den Einigungsvertrag geschützten Umfang aufrechterhalten (und hierauf beschränkt)
wird, als durch die weite Auslegung des BSG. Jedoch ist eine solche einschränkende Auslegung nicht mehr möglich,
nachdem der Gesetzgeber in einem Entwurf für das 2. AAÜG-Änderungsgesetz ausdrücklich vor dem Hintergrund der
zitierten Rechtsprechung des BSG und zwecks Gleichbehandlung aller Sicherungssysteme des Beitrittsgebiets eine
ebensolche einschränkende gesetzliche Regelung klarstellend aufnehmen wollte (BT-Drs. 14/5640 S. 7 [unter Art. 1
Nr. 2 Buchst. b] mit Begründung auf S. 14 [unter Nr. 2 Buchst. b]), dies aber in der weiteren Gesetzesberatung mit der
Begründung wieder verworfen hat, die Rechtssprechung des BSG solle ohne Abstriche verwirklicht werden (BT-Drs.
14/6053 S. 9 oben und S. 24 Mitte [zu § 6 AAÜG, Buchst. b]). Die verbleibenden Zweifel des Gerichts rechtfertigen
hingegen keine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 Abs. 1 GG, da diese gegenüber § 256a
SGB VI weitere gesetzliche Fassung des Verdienstbegriffs in § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG jedenfalls den politischen
Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers nicht überschreitet. Denn wegen der erheblichen systematischen
Unterschiede der Versorgungssysteme der DDR im Vergleich zum SGB VI erscheint es zumindest aus Sicht des
Gesetzgebers nicht unvertretbar, zwecks Aufrechterhaltung der Besserstellung der Zusatz- und
Sonderversorgungsberechtigten der DDR bei der Überführung ihrer Ansprüche und Anwartschaften in das
Rentensystem des SGB VI einheitlich für alle Zusatz- und Sonderversorgungssysteme auf den weiteren
bundesdeutschen Verdienstbegriff abzustellen, statt für jedes Versorgungssystem gesondert den dort maßgebenden
Entgeltbegriff zu verwenden. Dies zeigt auch die hier einschlägige AVItech, bei der sich zu DDR-Zeiten die zu
gewährende Altersrente aus diesem Zusatzversorgungssystem grundsätzlich auf einen - im Ermessen des
Verwaltungsträgers stehenden - Betrag von 60 bis 80 % des im letzten Jahr vor Eintritt des Versicherungsfalles
bezogenen durchschnittlichen monatlichen Bruttogehalts belief (§ 3 Buchst. a der Verordnung über die AVItech vom
17.8.1950, GBl. d. DDR I S. 844). Anders als beim SGB VI wirkte sich somit zu DDR-Zeiten bei der AVItech der in
den einzelnen Jahren der Zugehörigkeit zu diesem Zusatzversorgungssystem erzielte Verdienst überhaupt nicht auf
die Rentenhöhe aus. Es lässt sich deshalb kaum feststellen, ob die Besserstellung der aus der AVItech Berechtigten
gegenüber den übrigen Rentner, wie sie in der ehemaligen DDR bestand, heute unter Geltung des SGB VI genauer
durch Anwendung des weiten, am 1.8.1991 geltenden bundesdeutschen Verdienstbegriffs oder durch Anwendung
eines Verdienstbegriffs abgebildet wird, der nur diejenigen Einkommensbestandteile einbezieht, die nach den
Regelungen der AVItech zu DDR-Zeiten für den Rentenanspruch berücksichtigungsfähig waren (vgl. auch SG
Dresden, Urt. v. 3.4.2006 - S 26 RA 496/04 -, Juris Rn. 20). 2. Sind somit nach dem Willen des Gesetzgebers gemäß
der Rechtssprechung des BSG Jahresend- und Bergmannsprämien Arbeitsentgelt im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 1
AAÜG, ist deren Zufluss im beantragten Umfang zwar nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit
nachweisbar, jedoch im Sinne einer "guten Möglichkeit" trotz gewisser Zweifel überwiegend wahrscheinlich, mithin
glaubhaft gemacht (zum Begriff der Glaubhaftmachung in diesem Sinne vgl. BSG, Beschl. v. 8.8.2001 - B 9 V 23/01
B -, Juris Rn. 5 = SozR 3-3900 § 15 Nr. 4, m. w. N.). Die von der Klägerin für die Jahre 1986 bis 1990 selbst
errechneten und von der Kammer tenorierten Beträge sind daher gemäß § 6 Abs. 6 AAÜG von der Beklagten zu fünf
Sechsteln festzustellen. Zunächst ist die Berechnung der Höhe des in den Jahren 1986 bis 1989 jeweils im März und
August zugeflossenen höheren Entgelts anhand der im SED-Parteibuch eingetragenen Parteibeiträge und des
vorgelegten SED-Parteistatuts zutreffend. Denn wenn davon ausgegangen wird, dass es sich jeweils um die
Jahresend- bzw. Bergmannsprämie handelt, für die nach dem Parteistatut gesondert Parteibeiträge mit den dortigen
Prozentsätzen zu entrichten waren, ist die Berechnung der Klägerin richtig. Für die Kammer war zudem nicht
ersichtlich, welches andere Einkommen derart regelmäßig in jeweils ähnlicher Höhe im März und im August jeden
Jahres bei in den anderen Monaten gleich bleibenden Parteibeiträgen ansonsten zugeflossen sein soll, für das erhöhte
Parteibeiträge zu entrichten gewesen wären. Insbesondere bei der Bergmannsprämie, die jeweils im August zu
erhöhten Parteibeiträgen führte, entspricht dies der gemäß § 3 Abs. 17 Satz 1 BergbauVerbessVO vorgesehenen
Zahlung am "Tag des deutschen Bergmanns", der jeweils am 1. Sonntag im Juli stattfand. Auch die errechnete Höhe
der Bergmannsprämie entspricht jeweils in etwa 10 % des Jahresbruttogehalts des vorhergehenden Kalenderjahres (§
3 Abs. 3 Buchst. c i. V. m. Abs. 14 Satz 1 BergbauVerbessVO), wie es sich für die Jahre 1985 bis 1989 aus der
Verdienstmitteilung des Rechtsnachfolgers des VEB ergibt. Dabei sind gewisse Abweichungen infolge der besonderen
Berechnung des maßgebenden Jahresbruttogehalts gemäß § 3 Abs. 14 Satz 2 BergbauVerbessVO in Rechnung zu
stellen. Zusammen mit dem für die Kammer insgesamt sehr glaubwürdigen Eindruck der Klägerin in der mündlichen
Verhandlung und ihrer glaubhaften Schilderungen ist die Kammer daher zur Überzeugung gelangt, dass es hier trotz
verbleibender Zweifel die von allen naheliegenste Möglichkeit ist, dass die erhöhten Parteibeiträge in den Jahren 1986
bis 1989 im März jeweils auf der Zahlung einer Jahresendprämie und im August auf der Zahlung einer
Bergmannsprämie beruhen und es sich auch bei dem am 15.6.1990 noch vom VEB gezahlten Betrag in Höhe von
1.341,84 Mark der DDR um die noch rechtzeitig vor Umwandlung des VEB und vor Beginn der Wirtschafts- und
Währungsunion gezahlte Bergmannsprämie handelt. Dass sich die Anspruchsvoraussetzungen für die Zahlung dieser
Prämien nach Grund und Höhe jetzt nicht mehr feststellen lässt, steht dem nicht entgegen, da es für eine
Glaubhaftmachung genügt, wenn für das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen aufgrund der Umstände relativ zu
den übrigen verbleibenden Möglichkeiten am meisten, mithin eine "gute Möglichkeit" spricht (BSG a. a. O.), wovon die
Kammer hier überzeugt war. II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG und folgt der
Entscheidung in der Sache.