Urteil des SozG Dresden vom 05.01.2011

SozG Dresden: satzung, beitragsbemessung, form, rechtsverordnung, rka, erlass, rechtsgrundlage, krankenversicherung, fälligkeit, einkünfte

Sozialgericht Dresden
Gerichtsbescheid vom 05.01.2011 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Dresden S 18 KR 467/10
I. Die Klage wird abgewiesen. II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die bei den Beklagten freiwillig kranken- und pflegepflichtversicherte Klägerin wendet sich gegen die Bescheide der
Beklagten vom 06.04.2010 und vom 06.05.2010 (so Anlage K2 zur Klageschrift, Bl. 36 der Verwaltungsakte:
"05.05.2010") in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.08.2010, mit denen die Beklagten die Höhe der
Beiträge zur freiwilligen Kranken- und zur Pflegepflichtversicherung ab dem 01.04.2010 nach Maßgabe der
Einheitlichen Grundsätze des GKV-Spitzenverbandes zur Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder der gesetzlichen
Krankenversicherung und weiterer Mitgliedergruppen sowie zur Zahlung und Fälligkeit der von Mitgliedern selbst zu
entrichtenden Beiträge (Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler) unter Berücksichtigung auch der vom Ehegatten
der Klägerin erzielten Einkünfte festgesetzt haben, und begehrt eine Korrektur der Beiträge auf den sich aus der
Mindestbemessungsgrundlage nach § 240 Abs. 4 Satz 1 SGB V ergebenden Betrag. Die Berücksichtigung des
Ehegatteneinkommens sei rechtswidrig. Die Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler seien als Rechtsgrundlage für
die Beitragsbemessung unwirksam, weil die Beitragserhebung in die Grundrechte der Klägerin eingriffen, es sich bei
den Beitragsverfahrensgrundsätzen aber weder um eine Rechtsverordnung im Sinne des Artikel 80 Abs. 1 GG noch
um eine Satzung nach § 217e SGB V handele. Weil das Gesetz die Beitragsbemessung unter Berücksichtigung des
Ehegatteneinkommens nicht zwingend anordne, seien die Beiträge deshalb gemäß § 240 Abs. 4 Satz 1 SGB V nach
beitragspflichtige Einnahmen für den Kalendertag in Höhe des neunzigsten Teils der monatlichen Bezugsgröße (d.h.
monatlich 851,67 EUR) zu bemessen.
Die Beklagten haben unter Hinweis auf eine beim Bayerischen Landessozialgericht anhängige Berufung das Ruhen
des Verfahrens beantragt. Dies lehnt die Klägerin ab.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht kann über den Rechtsstreit gemäß § 105 Abs. 1 SGG durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil die
Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist, der Sachverhalt geklärt ist und
die Beteiligten auf Anfrage keine Gründe vorgetragen haben, die einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid entgegen
stehen würden.
Die Klage ist unbegründet. Die Bemessung des Beitrages auch unter anteiliger Berücksichtigung von Einkommen des
Ehegatten der Klägerin gemäß § 2 Abs. 4 der Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler ist nicht zu beanstanden.
Die hiergegen erhobenen Einwände greifen nicht durch. Die Erhebung von Beiträgen zur freiwilligen Kranken- und zur
Pflegepflichtversicherung ist gesetzlich legitimiert. Dass für freiwillige Mitglieder Krankenversicherungsbeiträge zu
erheben sind, deren Bemessung der Spitzenverband Bund regelt, ist direkt in § 240 Abs. 1 Satz 1 SGB V angeordnet.
Die Beitragsverfahrensgrundsätze finden in dieser Norm eine ausreichende gesetzliche Grundlage. Aus § 240 Abs. 5
SGB V ergibt sich darüber hinaus, dass der Gesetzgeber auch und insbesondere die Berücksichtigung des
Einkommens von nicht gesetzlich versicherten Ehegatten als zulässigen Inhalt der Regelungen des Spitzenverbandes
Bund erachtet.
Falsch ist die Auffassung der Klägerin, das untergesetzliche Recht zur Ausfüllung des in § 240 Abs. 1 SGB V
verankerten Regelungsauftrages müsse zwingend in Form einer Rechtsverordnung nach Art. 80 Abs. 1 GG oder einer
Satzung ergehen. Das Grundgesetz kennt keinen abschließenden Katalog der zulässigen Formen zur Setzung
untergesetzlichen Rechts. Dies ist am Beispiel der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses
höchstrichterlich geklärt (Bundessozialgericht, Urteil vom 20.03.1996, Az. 6 RKA 62/94; Urteil vom 28.10.2009, Az. B
6 KA 11/09 R). Die allgemein für den Erlass untergesetzlicher Rechtsnormen geltenden Maßstäbe des Art. 80 Abs. 1
GG hat der Gesetzgeber mit den Vorgaben des § 240 SGB V beachtet.
Die Form einer Satzung für die Umsetzung des gesetzlichen Regelungsauftrags wäre zudem schon nicht statthaft.
Beim Spitzenverband der Krankenkassen handelt es sich zwar um eine Selbstverwaltungskörperschaft. Dieser
gehören als Mitglieder aber gemäß § 217a Abs. 1 SGB V nur die Krankenkassen, nicht jedoch deren Mitglieder bzw.
Versicherte an. Letztere können deshalb nicht Satzungsrecht des Spitzenverbandes unterworfen werden. Der
Regelungsauftrag des § 240 Abs. 1 SGB V ist vielmehr auf die Setzung von Außenrechtsnormen gegenüber den
Mitgliedern der im Spitzenverband korporierten Krankenkassen gerichtet. Hierfür ist § 217e SGB V nicht einschlägig.
Gemäß § 217b Abs. 2 Satz 3 SGB V ist beim Handeln nach außen der Vorstand zuständig.
Im Übrigen nimmt das Gericht auf die zutreffende Begründung des Widerspruchsbescheids Bezug und sieht insoweit
von einer nochmaligen Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 136 Abs. 3 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 183 Satz 1 und § 193 Abs. 1 SGG.