Urteil des SozG Dortmund vom 05.01.2010

SozG Dortmund (aufschiebende wirkung, antragsteller, wirkung, öffentliches interesse, begründung, antrag, sgg, höhe, vollziehung, interesse)

Sozialgericht Dortmund, S 22 AS 369/09 ER
Datum:
05.01.2010
Gericht:
Sozialgericht Dortmund
Spruchkörper:
22. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
S 22 AS 369/09 ER
Sachgebiet:
Arbeitslosenversicherung
Rechtskraft:
nicht rechtskräftig
Tenor:
Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom
04.11.2009 wird angeordnet. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt. Die
Antragsgegnerin trägt die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten
des Antragstellers.
Gründe:
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I.
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Streitig ist die Absenkung der Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch
(SGB II) um monatlich 30 Prozent im Zeitraum vom 01.12.2009 bis zum 28.02.2010
wegen der Verletzung von Pflichten aus einer Eingliederungsvereinbarung. Der
Antragsteller steht im Leistungsbezug bei der Antragsgegnerin. Am 17.09.2009
schlossen die Beteiligten im Anschluss an eine Informationsveranstaltung eine
Eingliederungsvereinbarung. Als Bemühungen des Antragstellers wurde darin unter
anderem folgendes vereinbart: "Sie unternehmen während der Gültigkeitsdauer der
Eingliederungsvereinbarung im Turnus von 4 Wochen - beginnend mit dem Datum der
Unterzeichnung - jeweils mindestens 3 Bewerbungsbemühungen monatlich um
sozialversicherungspflichtige und geringfügige Beschäftigungsverhältnisse und legen
hierüber monatlich jeweils zum Ende eines jeden Monats unaufgefordert folgende
Nachweise vor: konkrete Form des Nachweises z.B. Eingangsbestätigung der
Bewerbung, Absagen etc." Zudem wurde dem Antragsteller u.a. die Wahrnehmung aller
Termine bei der Antragsgegnerin sowie die Bewerbung auf Vermittlungsvorschläge
aufgegeben. Der Eingliederungsvereinbarung war etwa eine Seite mit insgesamt elf
Ziffern umfassende Rechtsfolgenbelehrung beigefügt. Zwischen der
Rechtsfolgenbelehrung und dem Unterschriftenfeld enthält die
Eingliederungsvereinbarung einen weiteren Abschnitt mit folgendem Wortlaut: "Die
Eingliederungsvereinbarung wurde mit mir besprochen. Unklare Punkte und die
möglichen Rechtsfolgen wurden erläutert. Ich bin mit den Inhalten der
Eingliederungsvereinbarung einverstanden und habe ein Exemplar erhalten. Ich
verpflichte mich, die vereinbarten Aktivitäten einzuhalten und beim nächsten Termin
über die Ergebnisse zu berichten." Die Eingliederungsvereinbarung trägt im Kopf das
Datum 16.09.2009; die Unterschriften sind undatiert. Mit Schreiben vom 21.10.2009
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hörte die Antragsgegnerin den Antragsteller zur Absenkung des Arbeitslosengeldes II
nach § 31 SGB II an mit der Begründung, er habe trotz Belehrung über die Rechtsfolgen
die in der Eingliederungsvereinbarung festgelegten Pflichten nicht erfüllt, da er seine
Eigenbemühungen nicht nachgewiesen habe. Er habe sich verpflichtet, mindestens drei
Eigenbemühungen pro Monat zu unternehmen und diese zum Ende eines jeden Monats
nachzuweisen. Am 26.10.2009 nahm der Antragsteller bei einer Vorsprache mündlich
Stellung. Laut dem Aktenvermerk der Antragsgegnerin wies er dabei auf eine seit zehn
Jahren bestehende Erwerbsunfähigkeit hin und darauf, in seinem Beruf nichts mehr
finden zu können. Er habe vorgetragen, dass er sich nicht bewerben werde. Mit
Bescheid vom 04.11.2009 senkte die Antragsgegnerin das Arbeitslosengeld für die Zeit
vom 01.12.2009 bis zum 28.02.2010 ab, und zwar wörtlich "monatlich um 30 vom
Hundert der maßgebenden Regelleistung ( ...), höchstens jedoch in Höhe des Ihnen
zustehenden Gesamtbetrages". Daraus ergebe sich eine Absenkung in Höhe von
107,70 Euro monatlich. Die Antragsgegnerin hob die ursprüngliche
Bewilligungsentscheidung insoweit auf. Zur Begründung führte sie aus, der
Antragsteller habe trotz Belehrung über die Rechtsfolgen die in der
Eingliederungsvereinbarung vom 17.09.2009 festgelegten Pflichten nicht umfassend
erfüllt, da er seine Eigenbemühungen nicht ausreichend nachgewiesen habe. Er habe
sich verpflichtet, monatlich drei Eigenbemühungen nachzuweisen. Die am 26.10.2009
vorgetragenen Gründe könnten bei Abwägung der persönlichen Einzelinteressen mit
denen der Allgemeinheit nicht als wichtig im Sinne des § 31 SGB II anerkannt werden.
Gegen den Bescheid legte der Antragsteller am 26.11.2009 Widerspruch ein. Zur
Begründung führte er aus, er sei an Parkinson erkrankt und habe eine defekte Schulter,
zudem sei er 52 Jahre alt und aus diesen Gründen nicht in der Lage, einen Beruf
auszuüben. Über den Widerspruch ist noch nicht entschieden. Am 26.11.2009 hat der
Antragsteller zudem um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht und bezieht sich zur
Begründung auf seinen Vortrag im Widerspruchsverfahren.
Er beantragt wörtlich, die Antragsgegnerin zu verpflichten, unverzüglich über seinen
Widerspruch vom 26.11.2009 zu entscheiden und ihm bis zu einer Entscheidung die
beantragten Leistungen in voller Höhe zu zahlen. Die Antragsgegnerin beantragt
schriftsätzlich, den Antrag abzulehnen.
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Sie trägt vor, der Antragsteller habe sich in der Eingliederungsvereinbarung verpflichtet,
mindestens drei Bewerbungsbemühungen monatlich vorzunehmen und unaufgefordert
zum Ende eines jeden Monats Nachweise darüber vorzulegen. Einwände dagegen
seien erst im Widerspruchsverfahren vorgebracht worden. Durch bisherige
Untersuchungen habe Erwerbsunfähigkeit nicht festgestellt werden können. Das Gericht
hat die Antragsgegnerin mit Verfügungen vom 14.12. und 21.12.2009 aufgefordert zu
erläutern und glaubhaft zu machen, ob und mit welchem konkreten Inhalt der
Antragsteller zusätzlich zur schriftlichen Rechtsfolgenbelehrung belehrt worden ist. Die
Antragsgegnerin hat einen Aktenvermerk über die Vorsprache des Antragstellers am
17.09.2009 sowie eine Stellungnahme der Arbeitsvermittlerin zur Gerichtsakte gereicht.
Darin heißt es unter anderem, es könne wegen früherer Eingliederungsvereinbarungen
davon ausgegangen werden, dass der Antragsteller genaue Kenntnis über
Grundpflichten und Meldepflichten habe. Zudem sei die Rechtsfolgenbelehrung am
17.09.2009 "umfassend erläutert" worden und der Antragsteller habe Gelegenheit
gehabt, diesbezüglich Fragen zu stellen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach-
und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und die übrige Gerichtsakte
sowie den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Antragsgegnerin verwiesen.
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II. Der Antrag hat im tenorierten Umfang Erfolg. Das Rechtsschutzbegehren des
Antragstellers ist, soweit er die Verpflichtung zur Zahlung von Leistungen in voller Höhe
beantragt, nach verständiger Würdigung dahingehend auszulegen, dass er sich gegen
den Sanktionsbescheid vom 04.11.2009 zur Wehr setzen und Leistungen in
unverminderter Höhe erhalten möchte. Dies stellt grundsätzlich eine
Anfechtungssituation dar, weil nach Beseitigung des Sanktionsbescheides der
ursprüngliche Bewilligungsbescheid über Leistungen nach dem SGB II wieder auflebt.
Nach § 86a Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch (SGG) haben Widerspruch und
Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung. Die aufschiebende Wirkung entfällt nach §
86a Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGG in durch Bundesgesetz vorgeschriebenen Fällen. Ein
solcher Fall liegt hier vor, da nach § 39 Nr. 1 SGB II Widerspruch und Anfechtungsklage
gegen einen Verwaltungsakt, der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende
herabsetzt, keine aufschiebende Wirkung haben. Es handelt sich bei dem
angefochtenen Sanktionsbescheid um einen Verwaltungsakt, der Leistungen der
Grundsicherung für Arbeitssuchende herabsetzt. Gegen diesen ist Widerspruch
eingelegt, dessen aufschiebende Wirkung anzuordnen dem Rechtsschutzziel des
Antragstellers entspricht. Statthafter Antrag ist daher derjenige auf Anordnung der
aufschiebenden Wirkung gemäß § 86b Abs. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Der so
auszulegende Antrag ist zulässig und begründet. Bei der Entscheidung gemäß § 86b
Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG hat das Gericht eine Interessenabwägung vorzunehmen (Keller
in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 86b Rn. 12 ff). In die
Abwägung einzustellen sind das private Interesse des Antragstellers an der Anordnung
der aufschiebenden Wirkung einerseits und das Interesse der Allgemeinheit an der
sofortigen Vollziehung andererseits. Hierbei sind neben einer allgemeinen Abwägung
der Folgen bei Gewährung bzw. Nichtgewährung des vorläufigen Rechtsschutzes auch
die Erfolgssaussichten des Rechtsbehelfes in der Hauptsache von Bedeutung.
Entscheidungserheblich ist, ob ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des
Verwaltungaktes bestehen oder ob seine Vollziehung eine unbillige, nicht durch
überwiegend öffentliches Interesse gebotene Härte zur Folge hätte. Dabei kann auch
von Bedeutung sein, dass das Gesetz mit dem Ausschluss der aufschiebenden Wirkung
in § 39 SGB II dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des
angefochtenen Bescheides grundsätzlich Vorrang vor dem Interesse des Betroffenen an
einem Aufschub der Vollziehung einräumt (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss
vom 08.02.2007, L 7 B 11/07 AS ER). Nach diesen Erwägungen ist die aufschiebende
Wirkung des Widerspruchs anzuordnen. Es bestehen erhebliche Zweifel an der
Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 04.11.2009. Die Rechtmäßigkeit des
Sanktionsbescheides ist zunächst deshalb ernstlich anzuzweifeln, weil das Verhalten
des Antragstellers, das mit dem Bescheid sanktioniert wird, keine Pflichtverletzung im
Sinne des § 31 Abs. 1 SGB II darstellt. Der Sanktionsbescheid stellt in seiner
Begründung auf den Tatbestand des § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1b SGB II ab. Danach wird
das Arbeitslosengeld II abgesenkt, wenn sich der Hilfebedürftige trotz Belehrung über
die Rechtsfolgen weigert, in der Eingliederungsvereinbarung festgelegte Pflichten zu
erfüllen. Ausweislich der Begründung des angefochtenen Bescheides, den
Ausführungen im Anhörungsverfahren und der Antragserwiderung im gerichtlichen
Verfahren geht die Antragsgegnerin davon aus, dass eine Pflichtverletzung des
Antragstellers bereits darin liegt, dass er bis zum 21.10.2009 (Datum des
Anhörungsschreibens) seine Bewerbungsbemühungen nicht nachgewiesen hat. Zu
diesem Zeitpunkt lag jedoch noch keine Pflichtverletzung vor. Denn in der
Eingliederungsvereinbarung ist festgelegt, dass der Antragsteller im Turnus von 4
Wochen beginnend mit dem Datum der Unterzeichnung der
Eingliederungsvereinbarung Bewerbungsbemühungen zu unternehmen und Nachweise
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darüber jeweils zum Ende eines Monats vorzulegen habe. Die Pflicht zur Vorlage der
Nachweise bestand somit frühestens zum Ende des Monats Oktober 2009, denn der
erste vereinbarte Vier-Wochen-Turnus endete zwar am 15.10.2009, die Vorlagepflicht
bestand jedoch nach dem Wortlaut der Eingliederungsvereinbarung zum Ende des
Monats und mithin am Ende des Oktobers. Soweit die Antragsgegnerin die
Formulierung der Eingliederungsvereinbarung so verstanden wissen will, dass mit
"Monat" ebenfalls der Vier-Wochen-Turnus gemeint sein soll, so ist die Formulierung in
der Eingliederungsvereinbarung nicht eindeutig. Unklare oder widersprüchliche
Regelungen können jedoch nicht zulasten des Antragstellers gehen. Soweit eine
Pflichtverletzung des Antragstellers darin liegen könnte, dass er im Anhörungsverfahren
mündlich mitgeteilt haben soll, überhaupt keine Bewerbungsbemühungen zu
unternehmen, kann dies zwar eine Weigerung im Sinne des § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1b
SGB II darstellen. Die Antragsgegnerin hat ihren Bescheid jedoch nicht darauf
gegründet. Soweit dies als Begründung nachholbar sein sollte, wäre aber jedenfalls in
einem Hauptsacheverfahren zu ermitteln, ob eine solche Weigerung tatsächlich vorlag.
Der von der Antragsgegnerin vorgelegte Vermerk über die Vorsprache ist dafür nicht
ausreichend.
Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Sanktionsbescheides ergeben sich
zudem aus dem Inhalt der Rechtsfolgenbelehrung, die der Eingliederungsvereinbarung
vom 17.09.2009 beigefügt war. Voraussetzung einer Sanktion auf Grundlage des § 31
Abs. 1 Nr. 1b SGB II ist eine Pflichtverletzung trotz Belehrung über die Rechtsfolgen.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. Urteil vom 16.12.2008, Az. B
4 AS 60/07 R) muss die Rechtsfolgenbelehrung inhaltlich - entsprechend den zu den
unterschiedlichen Sperrzeittatbeständen entwickelten Grundsätzen - konkret,
verständlich, richtig und vollständig sein. Nur eine derartige Belehrung vermag dem
Zweck der Rechtfolgenbelehrung, nämlich der Warn- und Steuerungsfunktion, zu
genügen. Dabei ist nach der Rechtsprechung des BSG insbesondere erforderlich, dass
eine konkrete Umsetzung auf den jeweiligen Einzelfall vorgenommen wird und es mithin
nicht genügt, dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen ein Merkblatt an die Hand zu geben,
aus dem er die für seinen Fall maßgebenden Voraussetzungen und Rechtsfolgen
selbstständig ermitteln muss (BSG,aaO). Dies wird durch die in der
Eingliederungsvereinbarung vom 17.09.2009 erteilte Belehrung nicht ausreichend
erfüllt. Die darin enthaltene Belehrung stellt eine allgemeine Übersicht, vergleichbar
einem Informationsblatt, dar, welche nach der Rechtsprechung des BSG gerade nicht
ausreichend ist. Die Belehrung enthält über eine Seite und in insgesamt elf Ziffern eine
Zusammenstellung vieler verschiedener Pflichtverletzungen und Meldeversäumnisse
sowie der denkbaren Rechtsfolgen in den verschiedenen nach § 31 SGB II zulässigen
Abstufungen. Ihre Warn- und Erziehungsfunktion kann eine Belehrung nur erfüllen,
wenn sie dem Hilfebedürftigen eindeutig und konkret vor Augen führt, welches
Verhalten von ihm nach Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung erwartet wird und
wie ein davon abweichendes Verhalten sanktioniert werden kann. Durch die
Eingliederungsvereinbarung vom 17.09.2009 werden dem Antragsteller verschiedene
Pflichten aufgegeben, darunter Meldepflichten, Bewerbungsbemühungen und Vorlage
von Nachweisen sowie Bewerbungen auf Vermittlungsvorschläge. Welche Rechtsfolge
bei welcher Pflichtverletzung droht, ist der Eingliederungsvereinbarung jedoch nicht
eindeutiger zu entnehmen als einem allgemeinen Informationsblatt. Es fehlt einer
konkreten Zuordnung auf den Einzelfall.
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Soweit die Antragsgegnerin vorträgt, der Antragsteller sei zusätzlich mündlich
ausreichend belehrt worden, so ist dieser Vortrag nicht glaubhaft gemacht. Der
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eingereichte Vermerk und die Stellungnahme der Arbeitsvermittlerin reichen zur
Glaubhaftmachung nicht aus. Insbesondere lassen sie keine Erkenntnisse darüber zu,
was konkret Inhalt der mündlichen Belehrung war. Die Formulierung, Rechtsfolgen
seien "umfassend" erläutert worden, ist im Hinblick auf die dargelegten Anforderungen
an die Belehrung jedenfalls nicht aussagekräftig. Auch der Verweis auf frühere
Rechtsfolgenbelehrungen und mögliche Kenntnisse des Antragstellers können die
konkrete Rechtsfolgenbelehrung als Voraussetzung der Sanktionierung nicht ersetzen.
Dasselbe gilt im Hinblick auf den in die Eingliederungsvereinbarung formularmäßig
aufgenommenen Passus, die möglichen Rechtsfolgen seien erläutert worden. Auch
insoweit ist unklar, worüber konkret belehrt wurde. Ob der Antragsteller am 17.09.2009
oder jedenfalls vor der sanktionierten Pflichtverletzung mündlich ausreichend belehrt
worden ist, ließe sich erst durch eine Beweisaufnahme feststellen. Diese muss im
Hinblick auf die Eilbedürftigkeit der Sache jedoch dem Hauptsacheverfahren
vorbehalten bleiben.
Neben der ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides
spricht für ein überwiegendes Aussetzungsinteresse des Antragstellers schließlich die
vorzunehmende Folgenabwägung zwischen den Folgen, die bei einer negativen
Eilentscheidung entstünden, das Hauptsacheverfahren aber Erfolg hätte, mit den
Nachteilen, die eine Vollziehung vor einer für den Antragsteller positiven Entscheidung
in der Hauptsache zur Folge hätte. Bei Vollziehung des Sanktionsbescheides fallen die
Regelleistung für den Antragsteller und damit die existenzsichernden Leistungen um 30
Prozent weg, so dass dem Antragsteller für drei Monate lediglich Leistungen zur
Sicherung des Lebensunterhaltes in einer Höhe zur Verfügung stehen, die unterhalb
des Existenzminimums liegen. Unter Berücksichtigung dieser Folgen ist auch unter
Einbeziehung des präventiven Zwecks der Sanktionierung einerseits und den
Grundrechten des Antragstellers andererseits dem Antragsteller ein Abwarten auf eine
Entscheidung in der Hauptsache nicht zuzumuten.
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Soweit der Antragsteller in seinem Antrag die unverzügliche Entscheidung über seinen
Widerspruch begehrt, hat er keinen Erfolg, weil dieser Antrag bereits unzulässig ist. Es
fehlt an einem Rechtsschutzbedürfnis, denn der Antragsgegnerin ist nach der Regelung
des § 88 Abs. 2 SGG eine Frist von drei Monaten eingeräumt, um über den Widerspruch
zu entscheiden. Sein Rechtsschutzziel, unverminderte Leistungen zu erhalten, erreicht
der Antragsteller bereits durch die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des
Widerspruchs.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Das Gericht hält eine nur teilweise
Kostenerstattung trotz der teilweisen Ablehnung nicht für angemessen, weil der Grad
des Unterliegens des Antragstellers gering ist.
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