Urteil des SozG Dortmund vom 23.11.2005

SozG Dortmund: arbeitslosenhilfe, leistungsbezug, anspruchsvoraussetzung, vertrauensschutz, sanierung, arbeitsgemeinschaft, eingriff, rechtskraft, öffentlich, eigentumsgarantie

Sozialgericht Dortmund, S 35 AS 22/05
Datum:
23.11.2005
Gericht:
Sozialgericht Dortmund
Spruchkörper:
35. Kammer
Entscheidungsart:
Gerichtsbescheid
Aktenzeichen:
S 35 AS 22/05
Nachinstanz:
Landessozialgericht NRW, L 9 AS 12/05
Sachgebiet:
Grundsicherung für Arbeitssuchende
Rechtskraft:
nicht rechtskräftig
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen. Kosten haben die Beteiligten einander nicht
zu erstatten.
Tatbestand:
1
Die Klägerin begehrt von der Beklagten Leistungen in Höhe der Arbeitslosenhilfe nach
den bis 31.12.2004 gegoltenen Vorschriften.
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Mit Bescheid vom 25.11.2004 bewilligte die Beklagte der Klägerin Arbeitslosenhilfe bis
31.12.2004. Der dagegen gerichtete Widerspruch der Klägerin, der damit begründet
wurde, ihr müssten Leistungen in Höhe der bisherigen Arbeitslosenhilfe auch über den
31.12.2004 hinaus bewilligt werden, weil ihr nach § 428 SGB II ein Bestandsschutz
zustehe, denn es sei eine Vereinbarung getroffen worden, die nicht einseitig durch die
Bundesagentur gekündigt oder angepasst werden könne, es handele sich um einen
wirksamen öffentlich rechtlichen Vertrag, wurde mit Widerspruchsbescheid vom
04.01.2005 zurückgewiesen. Eine Bewilligung von Arbeitslosenhilfe über den
31.12.2004 hinaus sei nicht möglich, da die Regelungen über die Bewilligung von
Arbeitslosenhilfe ab 01.01.2005 weggefallen seien. Dies gelte auch für die
Arbeitslosenhilfeempfänger, die unter den erleichterten Voraussetzungen des § 428 III
Arbeitslosenhilfe in Anspruch genommen haben.
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Mit ihrer am 24.01.2005 erhobenen Klage wendet sich die Klägerin gegen die
Bewilligung von Arbeitslosenhilfe bis 31.12.2004 und macht geltend, aufgrund der mit
ihr getroffenen Vereinbarung nach § 328 SGB II habe sie einen Bestandsschutz im
Hinblick auf die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe auch über den 31.12.2004 hinaus.
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Entscheidungsgründe:
5
Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte
höhere Leistung.
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Die Streitsache konnte gemäß § 105 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) durch
Gerichtsbescheid entschieden werden. Die Beteiligten sind dazu gehört worden.
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Der Bescheid vom 25.11.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom
04.01.2005 ist nicht rechtswidrig und beschwert die Klägerin nicht im Sinne des § 54
Abs. 2 SGG. Eine Bewilligung von Arbeitslosenhilfe ab 01.01.2005 kommt nicht mehr in
Betracht, denn Arbeitslosenhilfe wird seit dem In-Kraft-Treten des Sozialgesetzbuches
2. Teil (SGB II) zum 01.01.2005 nicht mehr gewährt. Dieser Anspruch ist nicht durch die
grundrechtliche Eigentumsgarantie des Artikel 14 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG)
geschützt, da Arbeitslosenhilfe aus Steuermitteln finanziert wird und nicht über Beiträge
(vgl. BverfG vom 14.03.2001 - 1 BVR 2402/97 = SozR 3 - 4100 § 242 q Nr. 2).
Darüberhinaus würde das Eigentumsrecht auch dann nicht verletzt sein, wenn der
Eingriff durch Gründe des öffentlichen Interesses unter Berücksichtigung des
Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt ist. Der Gesetzgeber verfolgte mit
der Anpassung der Sozialausgaben an eine geänderte Wirtschaftslage wichtige
Gemeinwohlinteressen. Auch aus den den Artikel 20 Abs. 1 GG verankertem Grundsatz
des Vertrauensschutzes kann die Klägerin einen Anspruch auf Zahlung der bisher
bezogenen Arbeitslosenhilfe nicht herleiten. Zwar ist das Interesse der Klägerin an der
Kontinuität ihrer Rechtsposition hoch einzuzschätzen, der Gesetzgeber ist aber
berechtigt, in das Leistungsgefüge des Sozialrechts ordnend einzugreifen. Vor dem
Hintergrund der Sanierung der Staatsfinanzen ist dies nicht zu beanstanden. Die
Klägerin kann auch keine Ansprüche aus der Erklärung, unter den erleichterten
Voraussetzungen des § 428 SGB III Arbeitslosenhilfe beziehen zu wollen, herleiten. Die
Regelung des § 428 SGB III bezieht sich nicht auf die Höhe der gewährten
Arbeitslosenhilfe, sondern auf den Leistungsbezug ohne das die grundsätzliche
Anspruchsvoraussetzung der Verfügbarkeit gegeben sein müsste. So gesehen kann
sich ein möglicher Vertrauensschutz auch nur darauf beziehen, Leistungen auch
weiterhin zu erhalten, ohne dass eine Arbeitsbereitschaft gegeben sein muss. Dem hat
der Gesetzgeber mit § 65 Abs. 4 SGB II Rechnung getragen, wonach erwerbsfähige
Hilfebedürftige, die das 58. Lebensjahr vollendet haben auch dann Leistungen erhalten,
wenn sie nicht alle Möglichkeiten nutzen wollen, ihre Hilfebedürftigkeit durch
Arbeitsaufnahme zu beenden. Letztlich hat die Klägerin auch keinen Anspruch von der
Beklagten Leistungen nach dem SGB II zu verlangen, denn die Beklagte ist für die
Gewährung dieser Leistung, die die Arbeitslosenhilfe abgelöst hat, nicht zuständig.
Zuständig dafür ist gemäß § 44 b SGB II die Arbeitsgemeinschaft - ARGE -. Von der hat
die Klägerin antragsgemäß Leistungen erhalten.
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Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
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