Urteil des SozG Detmold vom 28.12.2010

SozG Detmold: allgemeines verwaltungsrecht, auszug, anmerkung, verwaltungsakt, pauschal, behinderter, unterliegen, obsiegen, bedingung, klagerücknahme

Sozialgericht Detmold
Beschluss vom 28.12.2010 (rechtskräftig)
Sozialgericht Detmold S 2 AR 10/10
Die Erinnerung gegen die Feststellung der Gebührenschuld betreffend die Streitsache S 5 KR 239/10 ER wird
zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Erhebung einer hälftigen Pauschgebühr für das Verfahren S 5 KR
239/10 ER, das durch ablehnenden Beschluss endete.
Mit Schreiben vom 04.08.2010 erteilte der Kostenbeamte des Sozialgerichts Detmold der Beschwerdeführerin einen
Auszug aus dem Verzeichnis der Rechtsstreite nach § 189 SGG. Dieser betrifft das o.g. Klageverfahren. Für dieses
Verfahren wurde vom Kostenbeamten eine hälftige Pauschgebühr in Höhe von 75 Euro in Ansatz gebracht. Gegen
den Auszug hat die Beschwerdeführerin Einwendungen erhoben. Die Kosten des Verfahrens seien vom Kläger zu
tragen. Der Kostenbeamte hat der Erinnerung nicht abgeholfen. Für die Einzelheiten wird Bezug genommen auf die
Akte S 2 AR 10/10 und die Verfahrensakte S 5 KR 239/10 ER.
II.
Die Erinnerung gegen die Gebührenfeststellung ist zulässig. Kläger und Beklagte, die nicht zu den in § 183 SGG
genannten Personen gehören, haben gemäß § 184 Sozialgerichtsgesetz (SGG) für jede Streitsache eine Gebühr zu
entrichten. Die Gebühren für die Streitsachen werden gemäß § 189 Abs.1 Satz 1 SGG in einem Verzeichnis
zusammengestellt. Die Mitteilung eines Auszuges aus diesem Verzeichnis an die nach § 184 Abs. 1 SGG
Gebührenpflichtigen gilt nach § 189 Abs. 1 Satz 2 SGG als Feststellung der Gebührenschuld ( ...). Die Feststellung
erfolgt nach § 189 Abs. 2 Satz 1 SGG durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle. Gegen diese Feststellung
kann gemäß § 189 Abs. 2 Satz 2 SGG binnen eines Monats nach Mitteilung das Gericht angerufen werden, das
endgültig entscheidet. Anfechtbarer Hoheitsakt ist die Mitteilung des Auszugs als Feststellung der Gebührenschuld
und nicht etwa die Festsetzung der Einzelgebühr für ein einzelnes Verfahren, was insbesondere bei mehreren in
einem Kostenauszug aufgelisteten Pauschgebühren für mehrere Verfahren gegebenenfalls sogar mehrerer Kammern
des Gerichts relevant ist. Und dies gilt unabhängig davon, ob dieser Akt des Gebührenauszugs als Verwaltungsakt
(so Meyer-Ladewig, Kommentar zum SGG, § 189 Rdnr. 2a) - dann handelt es sich um einen Justizverwaltungsakt - zu
qualifizieren ist oder ob er als "bloße Mitteilung" des erstellten Auszugs kein Justizverwaltungsakt sein soll (so Bley-
Gitter, Gesamtkommentar zur Sozialversicherung, § 189 SGG Anmerkung 3a am Ende, S. 1676). In letzterem Fall
müsste es eine Maßnahme sui generis sein, da es sich jedenfalls nicht um rechtsprechende Tätigkeit (so auch Bley-
Gitter, a.a.O., § 189 SGG, Anmerkung 5) handelt. Letztlich spricht jedoch die Fiktion des § 189 Abs. 1 Satz 2 SGG,
dass die Mitteilung eines Auszugs an die Körperschaft oder Anstalt als Feststellung der Gebührenschuld gilt, für die
Qualifikation eines feststellenden Justizverwaltungsakts. Denn es handelt sich um eine verbindliche Feststellung, die
ebenfalls den Regelungsgehalt eines Verwaltungsaktes begründet (dazu Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 9
Rdnr. 6). Und diese Feststellung soll gerade die Außenwirkung der Gebührenschuld erzeugen. Das Instrument zur
Regelung eines Einzelfalls unter Erzeugung der Außenwirkung ist im Verwaltungsrecht der Verwaltungsakt. Das gilt
auch für die Justizverwaltung. Davon zu unterscheiden ist, dass sich prozessuale Besonderheiten beim Erlass von
Justizverwaltungsakten aus der Natur der Sache ergeben, weshalb beispielsweise § 189 SGG den Rechtsbehelf
eigenständig regelt.
Die Erinnerung ist nicht begründet. Die Pauschgebühr wird pauschal und unabhängig vom Ausgang des Verfahrens
erhoben. Es kommt nicht darauf an, ob die Klage bzw. hier der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes
erfolgreich war. Dies liegt im Wesen der pauschalen Gebührenerhebung. Kläger und Beklagte, die nicht zu den in §
183 SGG genannten Personen gehören, haben gemäß § 184 Sozialgerichtsgesetz (SGG) für jede Streitsache eine
Gebühr zu entrichten. Die Höhe der (vollen) Gebühr wird gemäß § 183 Abs. 2 SGG für das Verfahren vor den
Sozialgerichten auf 150 Euro festgesetzt. Wird eine Sache nicht durch Urteil erledigt, so ermäßigt die Gebühr sich
gemäß § 186 SGG auf die Hälfte. Die Pauschgebühr nach § 184 Abs. 1 Satz 1 SGG fällt unabhängig vom Ausgang
des Verfahrens an. Diese Gerichtsgebühr richtet sich also anders als etwa die Gebühren im Zivilprozess und anders
als in den sozialgerichtlichen Verfahren nach §197a SGG, an denen kein Versicherter, Leistungsempfänger
einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, Behinderter oder deren Sonderrechtsnachfolger beteiligt ist, gerade
nicht nach dem Obsiegen und Unterliegen. Wie sich schon aus dem Begriff der Pauschgebühr ergibt, fällt diese
pauschal an. Die Anstrengung des gerichtlichen Verfahrens durch den Kläger bzw. Antragsteller ist lediglich eine
objektive Bedingung, ohne dass der Beklagte bzw. Antragsgegner Anlass zur Klage oder zum Antrag auf einstweiligen
Rechtsschutz gegeben haben müsste. Die Sache muss nur rechtshängig werden, sie muss weder erfolgreich sein,
noch wenigstens Erfolgsaussichten haben. So ist die Pauschgebühr aus § 184 Abs. 1 nach der ausdrücklichen
Bestimmung des § 193 Abs. 4 SGG auch nicht durch die Gegenseite erstattungsfähig. Nach § 185 SGG wird die
Gebühr fällig, sobald die Streitsache durch Zurücknahme des Rechtsbehelfs, durch Vergleich, Anerkenntnis,
Beschluss oder durch Urteil erledigt ist. Gerade die Nennung der Klagerücknahme in dieser Norm zeigt, dass es dem
ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers entspricht, grundsätzlich auch in für den Kläger erfolglosen Verfahren die
Pauschgebühr zu erheben. § 186 SGG sieht eine Reduktion der Gebühr auf die Hälfte vor, wenn eine Sache nicht
durch Urteil erledigt wird. Nach §186 Satz 2 SGG entfällt die Gebühr (nur), wenn die Erledigung auf einer
Rechtsänderung beruht. Und ein Tatbestandsmerkmal der Erfolgsaussicht, etwa wie es Voraussetzung für die
Gewährung von Prozesskostenhilfe ist, sieht §184 SGG auch nicht vor.
Der Beschluss ist gemäß § 189 Abs. 2 Satz 2 endgültig und somit unanfechtbar.