Urteil des SozG Detmold vom 24.11.2010

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Sozialgericht Detmold
Urteil vom 24.11.2010 (rechtskräftig)
Sozialgericht Detmold S 5 KR 172/09
Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 31.03.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 05.06.2009 verurteilt, die Kosten für die Teilnahme am Rehabilitationssport für die Zeit von April 2009 bis
November 2010 in Höhe von 325,00 EUR zu erstatten und sich an den Kosten für die Durchführung des
Rehabilitationssports ab Dezember 2010 auf der Grundlage der Verordnung vom 13.10.2008 zu beteiligen. Die
Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung der Beklagten, sich an den Kosten für die Durchführung von
Rehabilitationssport zu beteiligen.
Bei dem am 00.00.1972 geborenen und bei der Beklagten gegen Krankheit versicherten Kläger besteht eine
Querschnittslähmung nach einem Wirbelsäulentrauma verursacht durch einen Unfall vom 15.08.1990. Der Kläger ist
Mitglied des Rollstuhl-Sport-Clubs P e.V. und betreibt seit 1991 Rollstuhlsport in Gruppen, im Wesentlichen Rollstuhl-
Basketball.
Die Beklagte beteiligte sich in der Vergangenheit seit 1999 bis März 2006 an den Kosten des Reha-Sports auf der
Grundlage entsprechender ärztlicher Verordnungen. Auf den Antrag des Klägers wurden 5,00 EUR pro durchgeführter
Einheit von der Beklagten an den Sportverein erstattet. Am 13.10.2008 verordnete der Facharzt für Allgemeinmedizin
I T erneut Rehabilitationssport. Als Diagnose gab der Arzt Paraplegie nach Wirbelsäulentrauma an. Als Ziel des
Rehabilitationssports wurde die Bewahrung der Selbstständigkeit und die Vermeidung von Pflegebedürftigkeit
angegeben. Insgesamt wurden 120 Einheiten in 36 Monaten verordnet, wobei eine wöchentliche Teilnahme am
Rehabilitationssport ärztlicherseits empfohlen wurde.
Auf der Grundlage dieser Verordnung betrieb der Kläger ab Oktober 2008 Reha-Sport, allerdings wurde die Verordnung
erst im März 2009 der Beklagten vorgelegt, woraufhin diese den medizinischen Dienst einschaltete, der ohne
Beiziehung ärztlicher Unterlagen und ohne körperliche Untersuchung des Klägers die gestellte Frage der
medizinischen Notwendigkeit der Fortführung von Reha-Sport verneinte und darüber hinaus die Möglichkeit der
Durchführung der Übungen in Eigenregie bzw. im Rahmen des Freizeitsports bejahte.
Auf dieser Grundlage wurde am 31.03.2009 der angefochtene Bescheid erteilt, mit dem die Beklagte ausführte,
Rehabilitationssport sei solange notwendig, bis die Übungen selbstständig durchgeführt werden könnten. Eine weitere
Kostenübernahme sei nur dann möglich, wenn die Übungen nicht eigenverantwortlich wegen geistiger oder
psychischer Krankheit oder Behinderung gemacht werden könnten. Da eine solche Krankheit nicht vorliege, sei eine
weitere Förderung des Rehabilitationssports nicht möglich. Es sei darüber hinaus sinnvoll, im Anschluss an den
Rehabilitationssport eigenverantwortlich an weiterführenden Bewegungsprogrammen teilzunehmen. Insoweit möge der
Kläger den Übungsleiter des Vereins ansprechen.
Der Kläger legte gegen diese Entscheidung Widerspruch ein. Aufgrund seiner Behinderung bestehe die Notwendigkeit
zur Teilnahme am Rehabilitationssport. Ausgehend von dem Grundsatz, dass Rehabilitation nach Eintritt einer
bleibenden Einschränkung als lebenslanger und ganzheitlicher Prozess aufzufassen sei, müsse Rehabilitationssport
auch in Zukunft nach entsprechender ärztlicher Verordnung genehmigt werden. Dies ergebe sich auch aus der
Rahmenvereinbarung über die Durchführung von Rehabilitationssport und Funktionstraining vom 01. Januar 2007.
Der Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 05.06.2009 zurückgewiesen. Zur Begründung
wurde vorgetragen, Rehabilitationssport sei als ergänzende Leistung zur Rehabilitation vorgesehen. Inhalt und
Leistungsdauer seien dabei in der Rahmenvereinbarung zwischen Leistungserbringern und Kostenträgern im Einzelnen
bestimmt. Ziel der Förderung sei die Hilfe zur Selbsthilfe. Die eigene Verantwortlichkeit solle gestärkt und zu
langfristigem und eigenverantwortlichem Bewegungstraining auf eigene Kosten angeleitet werden. Aufgrund des
Umstandes, dass in der Vergangenheit bereits 120 Übungseinheiten innerhalb von 36 Monaten genehmigt worden
seien, habe nunmehr der MDK festgestellt, dass die medizinischen Voraussetzungen für eine Verlängerung des
Förderzeitraums nicht vorliegen.
Hiergegen richtet sich die am 22.06.2009 erhobene Klage, mit der der Kläger weiterhin die Gewährung von Mitteln zur
Durchführung des Rehabilitationssports begehrt. Zur Begründung trägt er vor, eine Begrenzung der
Förderungshöchstdauer durch die Rahmenvereinbarung sei unwirksam und verweist insoweit auf das Urteil des
Bundessozialgerichts vom 17.06.2008 (Aktenzeichen B 1 KR 31/07 R). Von April 2009 bis November 2010 hat der
Kläger auf der Grundlage der Verordnung insgesamt 65 Übungseinheiten durchgeführt, so dass hierfür ein finanzieller
Aufwand in Höhe von 325 Euro entstanden ist.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 31.03.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
05.06.2009 zu verurteilen, Kosten für den bereits durchgeführten Rehabilitationssport in Höhe von 325,00 EUR ab
April 2009 bis November 2010 zu erstatten und Rehabilitations- sport für die Zukunft als Sachleistung zur Verfügung
zu stellen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, der angefochtene Bescheid entspreche der Sach- und Rechtslage und sei daher nicht zu
beanstanden. Eine Einschränkung der Anspruchsdauer ergebe sich vorliegend ebenfalls dadurch, dass der
medizinische Dienst in seiner Stellungnahme vom 30.03.2009 die Frage, ob die Fortführung des Reha-Sports unter
Anleitung aus medizinischer Sicht zwingend notwendig ist, verneint habe. Vor diesem Hintergrund fehle es an der
medizinischen Notwendigkeit, sodass unabhängig von der Argumentation des Klägers ein Anspruch nicht bestehe.
Das Gericht hat zur Aufklärung des medizinischen Sachverhalts einen Befund- und Behandlungsbericht des den
Kläger behandelnden Allgemeinmediziners Herrn T beigezogen. Auf Inhalt und Ergebnisse des am 29.11.2009
eingegangenen Befund- und Behandlungsberichtes wird Bezug genommen. Der Arzt fügte seinem Bericht einen
Behandlungsbericht des Therapiezentrums I über die durchgehend durchgeführte Krankengymnastik bei. Auf den
Inhalt wird ebenfalls verwiesen.
Wegen der weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes nimmt die Kammer Bezug auf den Inhalt der
Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten. Dieser war Gegenstand der mündlichen
Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet.
Der Kläger ist durch den angefochtenen Bescheid vom 31.03.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
05.06.2009 beschwert im Sinne des § 54 Absatz 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG), denn der Bescheid ist
rechtswidrig.
Der Kläger hat einen Anspruch auf Förderung des Rehabilitationssports durch die Beklagte für die Zukunft. Für die
Vergangenheit steht ihm ein entsprechender Kostenerstattungsanspruch ab April 2009 zu.
Grundsätzlich ist nach dem vom Sachleistungsprinzip geprägten System der gesetzlichen Krankenversicherung eine
Kostenerstattung nur in den vom Gesetz zugelassenen Fällen möglich. Nach § 13 Abs. 3 Sozialgesetzbuch, 5. Buch
(SGB V) hat eine Krankenkasse ihrem Versicherten für eine selbstbeschaffte Leistung die tatsächlich entstandenen
Kosten zu erstatten, wenn diese Leistung notwendig war und die Krankenkasse entweder eine unaufschiebbare
Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat.
Aufgrund der schwerwiegenden gesundheitlichen Einschränkungen hat der Kläger auf der Grundlage der von dem
Allgemeinmnediziner I T ausgestellten Verordnung vom 13.10.2008 Anspruch auf Rehabilitationssport. Die ablehnende
Entscheidung der Beklagten vom 31.03.2009 war rechtswidrig, so dass der Kläger vom Zeitpunkt der Kenntnisnahme
der Entscheidung einen Anspruch auf Kostenerstattung bzw. Freistellung hat.
Entgegen der Auffassung der Beklagten ergibt sich der Sachleistungsanspruch des Klägers aus § 43 Abs. 1 SGB V in
Verbindung mit § 44 Abs. 1 Nr. 3 Sozialgesetzbuch, Neuntes Buch (SGB IX). Versicherten stehen nach § 11 Abs. 2
Satz 1 SGB V Leistungen zur medizinischen Rehabilitation zu. Darüber hinaus haben sie Anspruch auf
unterhaltssichernde und andere ergänzende Leistungen, die notwendig sind, um eine Behinderung abzuwenden, zu
beseitigen, zu mindern oder auszugleichen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mindern. Insoweit
enthält § 11 Abs. 2 Satz 3 SGB V die Maßgabe, dass diese Leistungen unter Beachtung des SGB IX erbracht
werden, soweit im SGB V nicht anderes bestimmt ist.
Nach § 43 Abs. 1 SGB V kann die Krankenkasse neben den Leistungen, die nach § 44 Abs. 1 Nr. 2 - 6 sowie nach §§
53 und 54 SGB IX als ergänzende Leistungen zu erbringen sind, solche Leistungen zur Rehabilitation ganz oder
teilweise erbringen oder fördern, die unter Berücksichtigung von Art und Schwere der Behinderung erforderlich sind,
um das Ziel der Rehabilitation zu erreichen oder zu sichern aber nicht zu den Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben
oder den Leistungen zur allgemeinen sozialen Eingliederung gehören. Aus dem Wortlaut ergibt sich, dass
grundsätzlich ein Rechtsanspruch auf die Gewährung von Rehabilitationssport besteht, wenn die dort genannten
Voraussetzungen vorliegen. Die Leistungen unterliegen damit auch dem allgemeinen Wirtschaftlichkeitsgebot des §
12 SGB V. Sie werden von der Krankenkasse nur dann zur Verfügung gestellt, wenn sie ausreichend, zweckmäßig
und wirtschaftlich sind und das Maß des Notwendigen nicht überschreiten.
Nach Auffassung der Kammer ist im Falle des Klägers aufgrund der durch die Querschnittslähmung verursachten
Beeinträchtigungen die Gewährung von Rehabilitationssport in Gruppen erforderlich, um das Ziel der Rehabilitation
dauerhaft zu sichern.
Dies ergibt sich aus folgender Argumentation:
Zunächst ist nach dem von Herrn T vorgelegten Befund- und Behandlungsbericht vom 29.11.2009 bei dem Kläger eine
ständige Motivation von außen durch fachgerechte Anleitung im Rahmen des Gruppensports erforderlich, um das
Engagement des Klägers zu erhalten. Auch wenn, worauf die Beklagte verweist, der Arzt die Fortführung des Reha-
Sportes für (nur) "sehr sinnvoll" hält, spricht dies nicht gegen die Erforderlichkeit im Sinne des § 43 Abs. 1 Nr. 1 SGB
V. Zu berücksichtigen ist nämlich nach Auffassung der Kammer die Schwere der Beeinträchtigung des Klägers. Die
Lähmung ist dauerhafter Natur und die hiermit verbundenen Einschränkungen in der Teilhabe unumkehrbar. Anders als
bei chronischen Erkrankungen mit prognostisch nicht sicher zu beurteilenden Verlauf (Morbus Bechterew, Polyarthritis
u.ä.), bei denen Schwankungen im Gesundheitszustand üblich sind, ist die Geh- und Fortbewegungsfähigkeit bei einer
wie beim Kläger bestehenden Paraplegie dauerhaft vollständig aufgehoben. Deshalb ist es gerechtfertigt, die
medizinische Erforderlichkeit nach anderen Kriterien zu beurteilen. Dem Aspekt der Sicherung der Rehabilitation
kommt nämlich eine verstärkte Bedeutung zu. Da der den Kläger langjährig behandelnde Arzt für Allgemeinmedizin
die Motivationssituation des Klägers sicherlich gut beurteilen kann und die Beklagte gegen diese Argumentation in
tatsächlicher Hinsicht auch keine Einwendungen vorgebracht hat, ist die Erforderlichkeit des Rehabilitationssports in
Gruppen im Fall des Klägers gegeben, weil hierdurch das notwendige Eigenengagement zur Sicherung der
Rehabilitation gefördert wird.
Darüber hinaus ergibt sich auch nach der Rahmenvereinbarung über den Rehabilitationssport und das
Funktionstraining vom 01.10.2003 in der ab dem 01.01.2007 geltenden Fassung (RV) keine unmittelbare
Beschränkung des Anspruchs. Unter Berücksichtigung der Ziffer 4.4.1 der Vereinbarung hat der behandelnde Arzt den
Höchstleistungsumfang wegen der bestehenden Paraplegie verordnet (120 Einheiten in einem Zeitraum von 36
Monaten). Einerseits ist in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass das Bundessozialgericht in seiner
Entscheidung vom 17.06.2008 (B 1 KR 31/07 R, recherchiert unter www.juris.de ) entschieden hat, dass sich eine
zeitliche Beschränkung des Anspruchs aus den gesetzlichen Bestimmungen nicht herleiten lässt, wenn die Leistung
im Einzelfall geeignet, notwendig und wirtschaftlich ist. Darüber hinaus stellt sich die hier umstrittene Verordnung
nicht als klassische Folgeverordnung in dem Sinne dar, dass unmittelbar im Anschluss an eine Bewilligung eine neue
Verordnung ausgestellt wurde. Vielmehr wurde die Förderung im Falle des Klägers für einen Zeitraum von mehr als 2
Jahren eingestellt, so dass sich die Beklagte nicht ohne weiteres auf das Argument, die Förderung sei Hilfe zur
Selbsthilfe, berufen kann. Denn dies hätte zur Konsequenz, dass nach einmaliger Bewilligung eine erneute
Verordnung dauerhaft ausgeschlossen wäre, weil das Eigenübungsprogramm bereits einmal vermittelt worden ist.
Zu berücksichtigen ist darüber hinaus, dass der Gesetzgeber gerade den Rehabilitationssport in Gruppen als
ergänzende Leistung zur Verfügung stellen wollte. Es erscheint durchaus nachvollziehbar, dass der Kläger, trotz
seiner sicherlich bereits vorhandenen Kenntnisse, bei der Ausübung des Rollstuhlsports weiterhin auf die regelmäßige
Anleitung und ggf. auch auf medizinische Betreuung angewiesen ist, zumal die Verletzungsgefahr bei der Ausübung
dieses Gruppensports nicht unerheblich ist und der Kläger aufgrund seiner individuellen krankheitsbedingten Situation
auch weiterhin individuelle Anleitung benötigt, auf welche Art und Weise er die sportliche Betätigung unter
Einbeziehung der Beeinträchtigungen durchführen kann.
Fest steht für die Kammer im übrigen auch, dass durch die sportliche Betätigung in der Gruppe der
Gesundheitszustand des Klägers günstig beeinflusst wird. Bedenkt man, dass der Kläger durchgehend
Krankengymnastik erhält und bereits vor dem Hintergrund der bestehenden Beeinträchtigungen ein dauerhafter
Anspruch auf Gewährung von physiotherapeutischen Maßnahmen in Betracht kommt, so stellt sich der zusätzlich
verordnete Rehabilitationssport auch als ergänzende Leistung im Rahmen der Physiotherapie dar (vgl. Bayrisches
Landessozialgericht L 4 KR 156/08, Urteil vom 12.11.2009).
Ferner sieht sich die Kammer bestätigt durch die Presseerklärung des BSG im Terminbericht Nr. 59/10 zum Verfahren
mit dem Aktenzeichen B 1 KR 8/10 R. Die Revision des dortigen Klägers, der als Querschnittsgelähmter mit einer
Lizenz zum Fachübungsleiter im Bereich des Rehabilitationssports sicherlich mit der nötigen Motivation die sportliche
Betätigung durchführt und nicht unter einer psychischen Beeinträchtigung leidet, die sich motivationshemmend für die
Durchführung von sportlicher Betätigung auswirkt, war erfolgreich. Eine Verweisung auf die eigenfinanzierte Teilnahme
am Rehabilitationssport war nicht möglich, da gerade "das Gemeinschaftserlebnis, mit anderen vergleichbar
Betroffenen Sportliches leisten zu können, in besonderer Weise rehabilitativ wirkt" (Pressebericht des
Bundessozialgerichts vom 02.11.2010, Terminbericht Nr. 59/10).
Zu weiteren Ermittlungen sah sich die Kammer nicht veranlasst. Die Notwendigkeit des Rehabilitationssports wurde
von Herrn T – wenn auch knapp – ausreichend und nachvollziehbar dargelegt. Die kurze Äußerung des MDK im
Verwaltungsverfahren zur Frage der Erforderlichkeit ist demgegenüber nicht aussagekräftig und berücksichtigt nicht
die persönliche, individuelle Situation des Klägers. Der pauschale Verweis auf die fehlende Notwendigkeit genügt nach
Auffassung der Kammer in diesem Zusammenhang nicht. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens konnte
vor diesem Hintergrund unterbleiben.
Vor diesem Hintergrund hat die Beklagte die Kosten für die bereits durchgeführten Übungseinheiten zu übernehmen.
Von den verordneten 120 Übungseinheiten hat der Kläger nach seinen glaubhaften Angaben im Zeitraum von April
2009 bis November 2010 insgesamt 65 Einheiten absolviert. Da sich die Höhe des Beitrags aus den auf Bundesebene
vereinbarten Vergütungssätzen, die auf Landesebene umgesetzt worden sind (Internetauftritt des
Behindertensportverbandes Niedersachsen, www.bsn-ev.de), ergibt, hatte die Kammer von bereits entstandenen
Kosten in Höhe von 5,00 Euro pro Übungseinheit, insgesamt also von 325,00 Euro auszugehen. Für die Zukunft hat
die Beklagte auf der Grundlage der Verordnung vom 13.10.2008 die noch verbleibenden Übungseinheiten als
Sachleistung zur Verfügung zu stellen und unmittelbar mit dem Behindertensportverein die Vergütung abzurechnen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Kammer hat die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG
zugelassen, da einerseits die Entscheidungsgründe des BSG zum Urteil vom 02.11.2010 noch nicht veröffentlicht
sind und der Umfang der von Amts wegen vorzunehmenden Ermittlungen ungeklärt ist.