Urteil des SozG Detmold vom 12.10.2010

SozG Detmold (stationäre behandlung, aufnahme, klinik, behandlung, sgg, antrag, zahlung, krankengeld, kenntnis, aufenthalt)

Sozialgericht Detmold, S 5 KR 446/10 ER
Datum:
12.10.2010
Gericht:
Sozialgericht Detmold
Spruchkörper:
5. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
S 5 KR 446/10 ER
Sachgebiet:
Krankenversicherung
Rechtskraft:
rechtskräftig
Tenor:
Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes wird
abgelehnt. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
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Der Antrag ist zwar zulässig aber nicht begründet.
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Nach § 86b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sind einstweilige Anordnungen auch zur
Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis
zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig ist.
Der Erlass einer solchen einstweiligen Anordnung setzt gem. § 86b Abs. 2 S. 4 SGG
i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 Zivilprozessordnung (ZPO) die Glaubhaftmachung eines
Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrundes voraus.
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Unabhängig vom Bestehen eines Anordnungsanspruchs ist die Gewährung vorläufigen
Rechtsschutzes vorliegend deshalb nicht erforderlich, weil eine besondere
Eilbedüftigkeit nicht erkennbar und damit ein Anordnungsgrund nicht gegeben ist.
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Die Beteiligten streiten über Krankengeldansprüche für die Zeit vom 12.08.2010 bis zum
14.09.2010 aufgrund einer seit dem 10.08.2009 bestehenden Arbeitsunfähigkeit wegen
einer mittelgradigen, rezidivierenden depressiven Störung. Nach Einschaltung des
medizinischen Dienstes war geplant, eine stationäre Behandlung in der C-Klinik, einem
Fachkrankenhaus für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik, einzuleiten. Die
Antragsgegnerin hatte sich um einen Aufnahmetermin bereits zum 12.08.2010 bemüht,
den die Antragstellerin jedoch nicht wahrgenommen hatte. Daraufhin verschob sich die
stationäre Aufnahme und die Antragstellerin konnte sich erst zum 15.09.2010 dort
behandeln lassen. Bereits im Vorfeld hatte die Antragstellerin in einem Telefongespräch
am 16.07.2010 gegenüber der Antragsgegnerin die Unzufriedenheit über den frühen
Aufnahmetermin zur stationären Behandlung geäußert.
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Mit Schreiben vom 12.08.2010 hörte die Antragsgegnerin zur beabsichtigten Versagung
des Krankengeldes wegen fehlender Mitwirkung an und stellte mit Bescheid vom
19.08.2010 die Zahlung des Krankengeldes für die Zeit bis zur Nachholung der
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Mitwirkung, d. h. bis zur tatsächlichen stationären Aufnahme ein.
Die Antragstellerin legte hiergegen Widerspruch ein und führte zur Begründung aus,
eine Ladung zum stationären Aufenthalt ab dem 11.08.2010 habe sie nie erhalten. Erst
mit der Mitteilung der Stornierung vom 04.08.2010 habe sie von dem beabsichtigten
Aufenthalt Kenntnis erlangt. Mit weiterem Bescheid vom 08.09.2010 bewilligte die
Antragsgegnerin die Zahlung von 50% des der Antragstellerin zustehenden
Krankengeldes bis zur Aufnahme in der C-Klinik.
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Am 15.09.2010 hat die Antragstellerin die stationäre Behandlung begonnen. Seitdem
erhält die Antragstellerin das ihr zustehende Krankengeld in voller Höhe. Die Differenz
für den Zeitraum vom 12.08.2010 bis zum 14.09.2010 beläuft sich auf 332,97 Euro.
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Unabhängig von dem Umstand, ob die Antragsgegnerin die Krankengeldzahlungen
anteilig einstellen durfte, was angesichts der Regelung in § 66 Abs. 3 Sozialgesetzbuch,
1. Buch (SGB I) fraglich sein könnte, da in dem Anhörungsschreiben der
Antragsgegnerin vom 12.08.2010 eine Fristsetzung zur Nachholung der fehlenden
Mitwirkungshandlungen nicht bezeichnet worden ist und eine solche Aufforderung auch
angesichts der organisatorischen Belange der aufnehmenden Klinik auch nur
schwerlich auszusprechen sein dürfte, ist eine besondere Eilbedürftigkeit, die die
Annahme eines Anordnungsgrundes rechtfertigt, nicht ersichtlich.
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Die Antragstellerin, die seit Aufnahme der stationären Behandlung in der C-Klinik
uneingeschränkt das ihr zustehende Krankengeld erhält, muss keine schwerwiegenden
oder unzumutbaren Nachteile hinnehmen, wenn nicht unmittelbar über die Frage der
Rechtmäßigkeit der teilweisen Versagung des Krankengeldes entschieden wird. Das
Argument, die Antragstellerin könne ihren Verpflichtungen aus dem Mietverhältnis nicht
nachkommen, kann sich allenfalls auf einen Kalendermonat beziehen. Dass sich aus
dieser Situation unmittelbar eine drohende Obdachlosigkeit ergibt, ist für das Gericht
nicht ersichtlich. Der laufende Lebensunterhalt ist durch die vollständige
Krankengeldzahlung zumindest seit dem 15.09.2010 gesichert. Da der Antrag auf
Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes am 16.09.2010 erst gestellt worden ist,
beziehen sich die hiermit begehrten Leistungen auf einen zurückliegenden Zeitraum,
die im Rahmen dieses Eilverfahrens ohnehin nicht zur Verfügung gestellt werden
können.
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Entgegen der Auffassung der Antragstellerin vermag das Gericht auch keine
offensichtliche Rechtswidrigkeit des zu Grunde liegenden Bescheides erkennen,
woraus sich geringere Anforderungen an das Bestehen eines Anordnungsgrundes
ergeben könnten. Vielmehr ist die bereits skizzierte Frage, ob der Versicherungsträger
nach § 66 Abs. 1 SGB I eine Leistungen auch dann versagen darf, wenn der Berechtigte
keinen Einfluss auf den Zeitpunkt der Nachholung der Mitwirkungshandlung hat, nicht
ohne Weiteres im Sinne der Antragstellerin zu beantworten. Ebenso muss es dem
Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben, ob die Antragstellerin Kenntnis von dem
Aufnahmetermin am 11.08.2010 hatte. Hierfür dürfte sprechen, dass sie sich gegenüber
der Antragsgegnerin bereits kritisch geäußert hat, als sie von der früher geplanten
Aufnahme erfahren hat.
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Diese Entscheidung ist angesichts des Hauptsachestreitwertes von unter 750,00 Euro
gem. § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG unanfechtbar.
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