Urteil des SozG Darmstadt vom 12.10.2010

SozG Darmstadt: wohnung, anteil, vermieter, unterkunftskosten, verordnung, verfügung, ersatzbeschaffung, mietzins, gestaltung, anwendungsbereich

Sozialgericht Darmstadt
Urteil vom 12.10.2010 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Darmstadt S 28 SO 31/10
Hessisches Landessozialgericht L 9 SO 211/10
Der Beklagte wird unter Abänderung der Bescheide vom 28.04.2008 und 18.08.2009 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides vom 28.01.2010 verurteilt, dem Kläger ab dem 01.05.2008 Hilfe zum Lebensunterhalt nach
dem SGB XII ohne Abzug einer Möblierungspauschale zu gewähren.
Der Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob bei Anmietung einer möblierten Wohnung der Abzug einer Möblierungspauschale
erfolgen darf.
Der Kläger erhält seit dem 04.07.2007 Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII. Zum 01.05.2008 ist er in eine
möblierte Wohnung umgezogen, für die er 259,00 EUR Miete nebst 92,00 EUR Nebenkosten monatlich zu zahlen hat.
Mit Bescheid vom 28.04.2008 gewährte der Beklagte dem Kläger ab dem 01.05.2008 Hilfe zum Lebensunterhalt in
Höhe von 647,20 EUR monatlich und nahm bis auf weiteres einen Abzug von 7,15 % (24,81 EUR) vom Regelsatz vor.
Dagegen legte der Kläger mit Schreiben vom 16.05.2008 Widerspruch ein.
Mit Änderungsbescheid vom 18.08.2009 half der Beklagte dem Widerspruch insoweit ab, als der Kläger für den
Zeitraum vom 01.05.2008 bis 01.08.2009 eine Nachzahlung in Höhe von 33,00 EUR erhielt und künftig nur noch ein
Betrag von 23,56 EUR als Möblierungspauschale von der Regelleistung abgezogen wird. Hierbei berücksichtigte der
Beklagte, dass der Kläger Aufwendungen für Ersatzbeschaffungen für ein Bügeleisen in Höhe von 0,56 EUR und
Geschirr in Höhe von 1,50 EUR monatlich aufsparen muss. Im Übrigen wies der Beklagte den Widerspruch des
Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 28.01.2010, zugegangen am 02.02.2010, zurück. Zur Begründung wurde
ausgeführt, die Möblierungspauschale könne über § 82 SGB XII i.V.m. § 2 DVO zu § 82 als Einkommen
berücksichtigt werden. Daraus ergäbe sich, dass Kost, Wohnung und sonstige Sachbezüge Einnahmen im Sinne des
§ 82 SGB XII seien. Bei dem Bereitstellen von Möblierung handele es sich um einen Sachbezug im Sinne dieser
Vorschrift. Es sei zu beachten, dass laut Mietbescheinigung die Möblierung im Mietpreis enthalten sei. Der Mietzins
werde vom Beklagten in voller Höhe übernommen, so dass es zu einer "Doppelleistung" kommen würde, wenn
gegenüber dem Kläger kein Abzug erfolge, da die Instandhaltung und Ersatzbeschaffung von Möbeln im Regelsatz
bereits enthalten sei. Die Einkommensanrechnung orientiere sich nach der in der Regelleistung enthaltenen
entsprechenden Bedarfsposition. Die Rechtslage sei mit der des SGB II nicht zu vergleichen, denn eine dem § 2 Abs.
1 DVO zu § 82 SGB XII entsprechende Regelung sei im SGB II nicht vorgesehen. Auch sei zu beachten, dass nach
§ 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII grundsätzlich die Möglichkeit bestehe, die Bedarfe abweichend festzulegen. Auch hier
sei eine vergleichbare Vorschrift im SGB II nicht zu finden. Mit der am 02.03.2010 erhobenen Klage macht der Kläger
geltend, das Bundessozialgericht habe in der Entscheidung vom 11.12.2007 ausdrücklich festgehalten, dass eine
Absenkung des Regelsatzes nach § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII grundsätzlich in Fällen wie diesem ausscheide. Denn
eine Absenkung des Regelsatzes sei nur dann möglich, wenn der Leistungsempfänger Leistungen von einem anderen
Leistungsträger erhalte, etwa in der Gestalt eines unentgeltlichen Mittagessens. § 82 SGB XII sei gerade nicht
anzuwenden, weil grundsätzlich, wenn eine Bedarfsdeckung vorliege, der Bedarf zu mindern sei, aber eben nur dann,
wenn die Voraussetzungen des § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII auch vorlägen. Das sei hier erkennbar nicht der Fall.
Zudem komme im SGB XII ebenso wie im SGB II das System der Pauschalierung von Leistungen gleichermaßen
zum Tragen. Die Begründung für eine Herabsetzung der Regelleistungen sei in beiden Gesetzeslagen identisch. Auch
die Regelungen des § 22 SGB II und § 29 SGB XII seien inhaltlich nicht verschieden.
Der Kläger beantragt, den Bescheid des Beklagten vom 28.04.2008 und vom 18.08.2008 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides vom 28.01.2010 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger Hilfe zum
Lebensunterhalt nach dem SGB XII ab 01.05.2008 ohne Abzug einer Möblierungspauschale zu zahlen.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Der Beklagte nimmt auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid Bezug und trägt ergänzend vor, der Ansicht des
Klägers, dass das Bundessozialgericht (BSG) in seiner Entscheidung vom 11.12.2007 eine Anrechnung der
Möblierungspauschale als Einkommen ausschließe, werde entgegengetreten. Das BSG führe lediglich aus, dass die
Anwendung der §§ 82 ff. SGB XII ausscheide, wenn die Voraussetzungen des § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII gegeben
seien. Dies bedeute lediglich, dass § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII lex specialis gegenüber § 82 SGB XII sei. Da im
vorliegenden Fall § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII, mangels Deckung des Bedarfs des Leistungsempfängers durch andere
Sozialleistungen, jedoch gerade nicht zur Anwendung kommen könne, sei der Weg über die Einkommensanrechnung
offen. Der Beklagte ist weiter der Auffassung, dass die Entscheidung des BSG vom 07.05.2009, bei der es um
Leistungen nach dem SGB II ging, nicht auf den vorliegenden Fall übertragbar sei. Ein entscheidender Unterschied
sei, dass im SGB II keine, der dem § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII vergleichbare, Regelung vorhanden sei und somit im
SGB II eine Regelsatzkürzung grundsätzlich, mangels Ermächtigungsgrundlage, nicht möglich sei. Hinzu komme,
dass es im SGB II keine dem § 2 Abs. 1 DVO zu § 82 SGB XII entsprechende Regelung gebe. Insofern habe im SGB
XII aufgrund unterschiedlicher Rechtsgrundlagen eine andere Betrachtungsweise stattzufinden.
Das Gericht hat einen Band Leistungsakten des Beklagten beigezogen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung
war. Wegen des weiteren Sachvortrags der Beteiligten und des Sachverhalts im Einzelnen wird auf den Inhalt der
Leistungs- und Gerichtsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 28.04.2008 und der Änderungsbescheid vom
18.08.2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28.01.2010 sind rechtswidrig, soweit darin eine
Möblierungspauschale von der Grundsicherungsleistung in Abzug gebracht wird, weshalb sie insoweit abzuändern
waren. Der Kläger hat ab 01.05.2008 Anspruch auf Leistungen des Beklagten ohne Abzug einer
Möblierungspauschale.
Nach § 19 Abs. 2 Satz 1 SGB XII ist Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach den besonderen
Voraussetzungen des Vierten Kapitels des SGB XII Personen zu leisten, die die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2
erreicht haben oder das 18. Lebensjahr vollendet haben und dauerhaft voll erwerbsgemindert sind, sofern sie ihren
notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem
Einkommen und Vermögen, beschaffen können. Diese Voraussetzungen sind beim Kläger erfüllt. Dieser ist aufgrund
exzessiven chronischen Alkoholmissbrauchs auf nicht absehbare Zeit außerstande, unter den üblichen Bedingungen
des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (vgl. gutachterliche
Stellungnahme des ärztlichen Dienstes der Agentur für Arbeit B-Stadt, Bl. 2 der Behördenakte) und deshalb dauerhaft
voll erwerbsgemindert im Sinne des § 41 Abs. 3 SGB XII i.V.m. § 43 Abs. 2 SGB VI. Der Kläger ist auch
hilfebedürftig, da er nach Aktenlage kein eigenes monatliches Einkommen hat und auch nicht über Barvermögen
oberhalb des Freibetrages nach § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 a) der Verordnung zur
Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII von 2.600,00 EUR noch über sonstiges Vermögen verfügt; die
Hilfebedürftigkeit ist zwischen den Beteiligten auch nicht im Streit. Nachdem der Kläger zum 01.05.2008 seine neue
Wohnung bezogen hat, gewährte der Beklagte ihm Grundsicherungsleistungen ab diesem Zeitpunkt "bis auf weiteres"
(vgl. Anlage zum Bescheid vom 28.04.2008, Bl. 89 der Behördenakte) unter Abzug einer Möblierungspauschale
zunächst in Höhe von 24,81 EUR (dies entspricht 7,15 % des damaligen Regelsatzes), mit Änderungsbescheid vom
18.08.2008 wurde die in Abzug gebrachte Pauschale geringfügig herabgesetzt, nämlich bis 30.06.2008 auf 22,78
EUR, ab 01.07.2008 "bis auf weiteres" auf 23,04 EUR (vgl. Bl. 179 der Behördenakte) und ab 01.07.2009 auf 23,56
EUR. Die monatliche Auszahlung an den Kläger erfolgte auf dieser Grundlage weiter ohne Erlass neuer Bescheide,
erst unter dem 02.08.2010 erging ein erneuter Änderungsbescheid für die Monate April bis August 2010, in dem die
Möblierungspauschale jedoch unverändert blieb (vgl. Bl. 46 der Gerichtsakte). Vor diesem Hintergrund ist eine
zeitliche Begrenzung des Klagebegehrens nicht ersichtlich.
Der Beklagte brachte die Möblierungspauschale im Bescheid vom 28.04.2008 zunächst vom Regelsatz in Abzug. Im
Widerspruchsbescheid vom 28.01.2010 berücksichtigte er sie dann als anzurechnendes Einkommen. Beide Ansätze
sind rechtlich nicht haltbar.
Gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 SGB XII wird der gesamte Bedarf des notwendigen Lebensunterhalts nach Regelsätzen
erbracht. Zusätzlich sind Leistungen der Unterkunft und Heizung nach § 29 SGB XII in Höhe der tatsächlichen
Aufwendungen zu erbringen, soweit sie angemessen sind.
Ein direkter Abzug der Möblierungspauschale vom Regelsatz kann nicht erfolgen. Zum Bereich der SGB II-Leistungen
hat das Bundessozialgericht (BSG) bereits entschieden, dass Nutzungsentgelte (im entschiedenen Fall für eine
Kücheneinrichtung) zu den Leistungen für Unterkunft und Heizung gehören, die nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II in
Höhe der tatsächlichen Aufwendungen zu erbringen seien, soweit sie angemessen sind. Die Aufwendungen hierfür
seien nicht aus der Regelleistung nach § 20 Abs. 1 SGB II zu bestreiten (BSG, Urteil vom 07.05.2009, Az.: B 14 AS
14/08 R, in juris, Rdn. 19). Dazu wird ausgeführt, der Hilfebedürftige könne in einem Fall, in dem das Nutzungsentgelt
notwendiger Bestandteil des Mietzinses sei, den Aufwendungen regelmäßig nicht ausweichen. Das Nutzungsentgelt
sei auch nicht deswegen von den Leistungen nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II auszunehmen, weil in der Regelleistung
gemäß § 20 SGB II ein Anteil für Möbel, Apparate und Haushalsgeräte enthalten sei. Denn dem Sinn und Zweck der
pauschalierten Regelleistung widerspreche es, sie in ihre einzelnen Bestandteile aufzulösen und deren konkrete
Verwendung zu prüfen. Es sei geradezu das Wesen einer pauschalierten Regelleistung, dass sie dem
Leistungsempfänger in ihrer Gesamtheit zur selbstverantwortlichen Gestaltung seines Lebens zur Verfügung gestellt
werde. Dabei müssten sich die individuellen Ausgaben nicht unbedingt an den abstrakt ermittelten Bedarfen
ausrichten (BSG, Urteil vom 07.05.2009, a.a.O., Rdn. 21, 22).
Im SGB XII ist es zwar – anders als im SGB II – über § 28 Abs. 1 Satz 2 möglich, den Regelsatz an die individuellen
Bedürfnisse anzupassen, der Anwendungsbereich dieser Regelung ist jedoch eng auszulegen. Nach § 28 Abs. 1 Satz
2 SGB XII werden die Bedarfe abweichend festgelegt, wenn im Einzelfall ein Bedarf ganz oder teilweise anderweitig
gedeckt ist oder unabweisbar seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht. Im
vorliegenden Fall kann jedoch nach dieser Vorschrift keine Absenkung des Regelsatzes des Klägers erfolgen, weil der
Anwendungsbereich der Vorschrift nicht gegeben ist.
Da Sachleistungen auch Einkommen sind (§ 82 i.v.m. § 2 Abs. 1 der Verordnung zur Durchführung des § 82 SGB XII)
ist eine abweichende Regelsatzfestlegung von der Einkommensanrechnung abzugrenzen. Diese Abgrenzung ist nach
der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 11.12.2007, Az.: B 8/9b SO 21/06 R, in juris) unter
systematischen Gesichtspunkten vorzunehmen. Maßgeblicher Aspekt sei, dass § 82 Abs. 1 SGB XII
Sozialhilfeleistungen nicht als Einkommen qualifiziere. Daher greife § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII nur ein, wenn der
Bedarf des Leistungsempfängers durch andere Sozialhilfeleistungen ganz oder teilweise abgedeckt werde und der
Leistungsempfänger das Angebot wahrnehme. Die Regelung solle damit nur verhindern, dass Träger der Sozialhilfe im
Rahmen der Sozialhilfeleistungen gegenüber dem Leistungsempfänger Doppelleistungen erbringen. Eine solche
anderweitige Sozialhilfeleistung stellt z. B. Eingliederungshilfe mit einem kostenfreien Mittagessen in einer Werkstätte
für behinderte Menschen dar. Nach dieser relativ engen Auslegung kommt bei Bedarfsdeckung durch andere
Leistungen als Sozialhilfe – unerheblich von deren Regelmäßigkeit und Umfang – immer nur eine
Einkommensanrechnung in Betracht (so auch Schmidt in Oestreicher Kommentar zum SGB II/SGB XII, Stand: Juni
2010, § 28 Rdn. 19).
Von dieser einschränkenden Auslegung geht auch der Beklagte im Widerspruchsbescheid vom 28.01.2010 aus, in
dem er unter Bezugnahme auf die Entscheidung des BSG vom 11.12.2007 ausführt, die Möblierungspauschale könne
nicht auf § 28 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 SGB XII gestützt werden, da diese Vorschrift restriktiv so auszulegen sei, dass
diese Regelung nur eingreifen könne, wenn der Bedarf durch andere Sozialhilfeleistungen abgedeckt werde, was
vorliegend nicht der Fall sei.
Entgegen der Auffassung des Beklagten, kann die Möblierungspauschale jedoch auch nicht über § 82 SGB XII i.V.m.
§ 2 DVO zu § 82 als Einkommen berücksichtigt werden. Gemäß § 82 Abs. 1 Satz 1 SGB XII gehören zum
Einkommen alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert. Gemäß § 2 Abs. 1 der Verordnung zur Durchführung des § 82
SGB XII sind für die Bewertung von Einnahmen, die nicht in Geld bestehen (Kost, Wohnung und sonstige
Sachbezüge), die auf Grund des § 17 Abs. 2 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch zuletzt festgesetzten Werte der
Sachbezüge maßgebend; soweit der Wert der Sachbezüge nicht festgesetzt ist, sind der Bewertung die üblichen
Mittelpreise des Verbrauchsortes zu Grunde zu legen. Der Beklagte hat den Einkommensabzug jedoch nicht nach
diesen Vorgaben vorgenommen, sondern unter Herausrechnung eines bestimmten Anteils aus dem Regelsatz. Es
kann zwar davon ausgegangen werden, dass der so erfolgte Abzug niedriger als nach strikter Anwendung des § 2
Abs. 1 der Durchführungsverordnung zu § 82 SGB XII ist, dennoch kann so nicht vorgegangen werden.
Zum einen ist schon der Abzug eines Teilbetrages vom Regelsatz problematisch, zum anderen sind Kosten der
Unterkunft in der tatsächlichen Höhe zu erbringen (§ 29 Abs. 1 Satz 1 SGB XII), soweit sie angemessen sind und
dürfen nicht faktisch durch Einkommensanrechnung gekürzt werden.
Es ist bereits schwierig festzustellen, inwiefern überhaupt eine Identität mit den bei der Bemessung der Regelleistung
berücksichtigten Aufwendungen für Möbel und Haushaltsgeräte hinsichtlich der beim Kläger tatsächlich vorhandenen
Möblierung besteht.
So hat der Beklagte zunächst im Ausgangsbescheid vom 28.04.2008 den kompletten Anteil des Regelsatzes für
Möbel, Haushaltsgeräte und deren Instandhaltung in Höhe von 7,15 % als Möblierungspauschale in Abzug gebracht.
Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens versuchte der Beklagte dann eine genauere Betrachtung unter
Berücksichtigung der beim Kläger konkret vorhandenen Gegenstände und zog für die Ersatzbeschaffung eines
Bügeleisens 0,56 EUR ab sowie für die Ersatzbeschaffung von Geschirr 1,50 EUR, da diese Dinge nicht in der
Wohnung des Klägers vorhanden waren.
Die Neuberechnung des Beklagten zeigt zwar das (durchaus anzuerkennende) Bemühen den vorgenommenen Abzug
vom Regelsatz den konkreten Verhältnissen anzupassen, dies ist jedoch so nicht möglich, da es sich bei den
Regelsatzleistungen um pauschalierte Leistungen handelt, bei denen nicht einfach ein Abzug vorgenommen werden
kann. Dem Sinn und Zweck der pauschalierten Regelleistung widerspricht es, sie in ihre einzelnen Bestandteile
aufzulösen und deren konkrete Verwendung zu prüfen. Denn es ist geradezu das Wesen einer pauschalierten
Regelleistung, dass sie dem Leistungsempfänger in ihrer Gesamtheit zur selbstverantwortlichen Gestaltung seines
Lebens zur Verfügung gestellt wird. Dabei müssen sich die individuellen Ausgaben nicht unbedingt an den abstrakt
ermittelten Bedarfen ausrichten. Eine Aufspaltung der Regelleistung in Einzelbedarfe widerspricht dieser Konzeption
des Gesetzgebers. Stellt der Gesetzgeber unter Verzicht auf eine individuelle Bedarfsbestimmung einen
pauschalierten Betrag zur Gewährung des Existenzminimums zur Verfügung, würde ein Wertungswiderspruch
entstehen, wenn im Einzelfall ein Bedarf ganz oder teilweise aus der Regelleistung "herausgerechnet" würde. So die
Ausführungen im Urteil des Bundessozialgerichts vom 07.05.2009 (Az.: B 14 AS 14/08 R, in juris, Rdn. 22) in seiner
Entscheidung zum SGB II. Für das hier maßgebliche SGB XII gelten diese Prinzipien jedoch entsprechend, denn
auch hier wird der gesamte Bedarf des notwendigen Lebensunterhalts nach Regelsätzen erbracht.
Dies wird im vorliegenden Fall vor allem dadurch deutlich, dass nur eine Teilidentität mit den bei der Bemessung der
Regelleistung berücksichtigten Aufwendungen für Möbel und Haushaltsgeräte besteht. Die Aufzählung zu dem im
Regelsatz für Möbel und Haushaltsgeräte enthaltenen Anteil ist sehr offen gehalten und kann auch nur als beispielhaft
– und nicht abschließend – angesehen werden (vgl. Auflistung, Bl. 154 der Behördenakte). Werden Möbel und andere
Einrichtungsgegenstände vom Vermieter gestellt, handelt es sich um eine Einzelfallkonstellation, die einer
Typisierung – wie etwa bei den Kosten der Warmwasserbereitung – nicht zugänglich ist. Vom Regelsatzanteil werden
sämtliche für eine Innenausstattung erforderlichen Güter, von Bodenbelägen, über Haushaltsgeräte bis hin zu Geschirr
umfasst. Nach den Feststellungen des Beklagten werden dem Kläger zumindest ein Bügeleisen und Geschirr nicht
vom Vermieter gestellt, weshalb er dafür Beträge in Abzug gebracht hat. Die aufgeführten Untergruppen zeigen
jedoch, dass gerade keine eindeutige betragsmäßige Zuordnung möglich ist. Der Beklagte bestimmt, dass für ein
Bügeleisen 0,56 EUR in Abzug zu bringen ist und für Geschirr 1,00 EUR, wie er auf genau diese Beträge kommt,
erläutert er nicht. Nicht nachvollziehbar ist auch, weshalb etwa der Betrag von 3,60 EUR für Verbrauchsgüter nicht
auch in Abzug gebracht wird. Verbrauchsgüter (wie z.B. Birnen für Lampen) werden sicher nicht vollumfänglich vom
Vermieter gestellt. Aus dem Mietvertrag des Klägers (Bl. 147 der Behördenakte) ist auch nicht ersichtlich, dass etwa
Werkzeug in der Wohnung vorhanden ist, das in der Auflistung zum Regelsatzanteil aber ebenfalls enthalten ist. Dies
zeigt, dass eine Aufsplittung des Regelsatzes nicht nur der Intension des Gesetzgebers widerspricht, sondern auch
praktisch kaum möglich ist, weshalb eine Einkommensanrechnung nicht in Form eines pauschalierten Abzugs von der
Regelleistung erfolgen kann. Letztendlich steht dem darüber hinaus auch entgegen, dass dadurch faktisch eine
Kürzung der Kosten für die Unterkunft erfolgt, die so nicht zulässig ist.
Gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 SGB XII sind Leistungen für die Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen zu
erbringen. Die Möblierung der Wohnung ist mit dieser untrennbar verbunden. Zur Mietsache im Sinne des § 535 Abs. 1
Satz 1 BGB gehören alle Bestandteile der Mietsache, vorliegend also auch die Wohnungseinrichtung. Der Kläger hat
dem Vermieter vollumfänglich die Miete zu zahlen. Eine Anmietung der Wohnung ohne Möblierung ist nicht möglich,
weshalb eine untrennbare Verknüpfung besteht. In einem solchen Fall sind die Aufwendungen als Leistungen für die
Unterkunft vollumfänglich zu erbringen (vgl. BSG, Urteil vom 07.05.2009, Az.: B 14 AS 14/08 R, in juris, Rdn. 21;
ebenso LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.04.2008, Az.: L 7 SO 5988/07, in juris, Rdn. 29). Begrenzt wird die
Leistungspflicht des Grundsicherungsträgers nur durch das Tatbestandsmerkmal der Angemessenheit.
Im vorliegenden Fall sind die Unterkunftskosten des Klägers insgesamt als angemessen anzusehen. Er bewohnt eine
20 qm große Wohnung für die er monatlich 259,00 EUR Miete zzgl. 92 EUR Nebenkosten zu entrichten hat. Die
angemessene Höhe der Unterkunftskosten ist als Produkt aus der für den Leistungsempfänger abstrakt
angemessenen Wohnungsgröße und dem nach den örtlichen Verhältnissen angemessenen Mietzins pro qm zu
ermitteln ("Produkttheorie"). Im vorliegenden Fall ist zwar der qm-Preis für die angemietete Wohnung mit 12,95 EUR
sehr hoch, dadurch dass der Kläger jedoch mit 20 qm eine recht kleine Wohnung bewohnt, ist der Mietzins nach der
Produkttheorie als angemessen anzusehen und liegt mit 259,00 EUR auch unterhalb des sich für eine Person in A-
Stadt aus den Richtlinien des Beklagten ergebenden Betrages von 288,90 EUR. Dementsprechend erkannte auch der
Beklagte die Unterkunftskosten der neuen Wohnung des Klägers an und stimmt dem Umzug mit Schreiben vom
18.04.2008 zu (Bl. 78 der Behördenakte).
Der Kläger wird auch nicht gegenüber anderen Leistungsempfängern bessergestellt. Eine Doppelleistung – wie der
Beklagte meint – liegt nicht vor. Hätte der Kläger eine gänzlich unmöblierte Wohnung bezogen, hätte er Anspruch auf
Leistungen für eine Erstausstattung gehabt (§ 31 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII). Diese wären zusätzlich zu der Regelleistung
und den Kosten der Unterkunft vom Beklagten zu erbringen gewesen. Vor diesem Hintergrund ist es gerechtfertigt, bei
Anmietung einer möblierten Wohnung (wenn dadurch die Angemessenheit der Unterkunftskosten in ihrer Gesamtheit
gewahrt bleibt), weder einen Abzug für eine Möblierungspauschale vom Regelsatz vorzunehmen noch einen
entsprechenden Anteil als Einkommen bedarfsmindernd zu berücksichtigen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die Berufung ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zuzulassen. Die
Frage, ob bei Leistungsempfängern nach dem SGB XII eine Möblierungspauschale in Abzug gebracht werden kann,
betrifft eine Rechtsfrage grundsätzlicher Art, die bislang für den Bereich des SGB XII nicht höchstrichterlich geklärt
ist, aber im Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Rechtsprechung und Fortentwicklung des Rechts einer
solchen Klärung bedarf.