Urteil des SozG Bremen vom 25.01.2008

SozG Bremen: beendigung der erwerbstätigkeit, direktversicherung, kapitalleistung, kapitalzahlung, versicherungsnehmer, firma, rückkaufswert, invalidität, alter, lebensversicherungsvertrag

Sozialgericht Bremen
Urteil vom 25.01.2008 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Bremen S 4 KR 185/06
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen L 1 KR 51/08
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger aus der Kapitalzahlung einer Lebensversicherung Beiträge zur
gesetzlichen Krankenversicherung zu zahlen hat.
Der 1946 geborene Kläger ist seit 1972 bei der Beklagten krankenversichert. Er unterliegt als Arbeitnehmer der
Versicherungspflicht.
Die Firma TT. schloss als damalige Arbeitgeberin des Klägers zu dessen Gunsten bei der X- Lebensversicherung AG
eine Kapitallebensversicherung mit Versicherungsbeginn 01. Dezember 1988 ab. Nach Ausscheiden des Klägers aus
dem Betrieb der Firma TT. erstattete der Kläger seiner früheren Arbeitgeberin den vollen Rückkaufswert der
Lebensversicherung. Er wurde ab 01. September 1993 selbst als Versicherungsnehmer der Lebensversicherung
geführt und zahlte die fälligen Beiträge aus eigenen Mitteln.
Zum Fälligkeitszeitpunkt am 01. Juni 2006 wurde dem Kläger aus der Lebensversicherung ein Betrag von 32.801,91
EUR ausgezahlt. Hierüber unterrichtete die X- Lebensversicherung AG die Beklagte im Juni 2006.
Mit Bescheid vom 02. August 2006 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass 1/120 der Kapitalleistung von 32.801,91
EUR = 239,50 EUR als monatlicher beitragspflichtiger Versorgungsbezug gelte; sie setzte den ab 01. Juni 2006 zu
zahlenden Krankenversicherungsbeitrag bei einem Beitragssatz von 0,9 % mit 35,21 EUR fest.
Im Widerspruchsverfahren machte der Kläger geltend, dass es sich bei der Kapitalleistung nicht um
Versorgungsbezüge handele, da er die Lebensversicherung vollständig selbst aus seinem versteuerten
Nettoeinkommen bezahlt habe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11. Oktober 2006 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück und
führte aus, die Kapitalzahlung stehe in Bezug zu einer früheren Erwerbstätigkeit des Klägers und sei eine Leistung
aus einer Direktversicherung, die der betrieblichen Altersversorgung zuzuordnen sei. Auch wenn der Kläger nach
seinem Ausscheiden aus dem Betrieb die Versicherungsbeiträge selbst gezahlt habe, unterliege der gesamte
Versorgungsbezug der Beitragspflicht.
Dagegen richtet sich die am 26. Oktober 2006 erhobene Klage, mit welcher der Kläger die Aufhebung des
angefochtenen Bescheides begehrt. Er ist der Ansicht, dass die Lebensversicherung bzw. die aus ihr geflossene
Kapitalleistung nicht in irgendeinem Betriebsbezug stehe, da er infolge der Erstattung des vollen Rückkaufswertes an
die frühere Arbeitgeberin und die nachfolgende Zahlung der Beiträge wirtschaftlich allein die Last der Versicherung
getragen habe. Mithin handele es sich nicht um eine betriebliche Altersversorgung, und eine Beitragspflicht bestehe
nicht.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 02. August 2006 i. d. F. des Widerspruchsbescheides vom 11. Oktober 2006 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Bescheid für zutreffend.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf die Prozessakte und die Verwaltungsakten
der Beklagten. Diese Unterlagen haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Die Festsetzung der Krankenversicherungsbeiträge in dem Bescheid vom
02. August 2006 i. d. F. des Widerspruchsbescheides vom 11. Oktober 2006 ist rechtmäßig. Die Beklagte war
berechtigt, gemäß § 229 Abs. 1 Satz 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) i. V. m. § 248 Satz 1 SGB V von
dem in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversicherten Kläger Beiträge auch aus der einmaligen
Kapitalzahlung aus der Lebensversicherung, die eine Zahlung der betrieblichen Altersversorgung war, ab 01. Juni 2006
zu verlangen.
Zu den Renten der betrieblichen Altersversorgung i. S. von § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V gehören auch Renten,
die aus einer vom Arbeitgeber für den Arbeitnehmer abgeschlossenen Direktversicherung i. S. d. § 1 Abs. 2 des
Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung vom 19. Dezember 1974 (BGBl I 3610 - BetrAVG)
gezahlt werden (vgl. Bundessozialgericht – BSG -, Urteil vom 26. März 1996, 12 RK 21/95, SozR 3-2500 § 229 Nr. 13
S 66 ff, m. w. N. und Urteile vom 13. September 2006, B 12 KR 17/06 R, ErsK 2006, 400 f, B 12 KR 1/06 R, SGb
2006, 659 f, sowie B 12 KR 5/06 R, KrV 2006, 289). Um eine solche Direktversicherung handelt es sich, wenn für die
betriebliche Altersversorgung eine Lebensversicherung auf das Leben des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber
abgeschlossen wird und der Arbeitnehmer oder seine Hinterbliebenen hinsichtlich der Leistung des Versicherers ganz
oder teilweise bezugsberechtigt sind. Sie ist dann der betrieblichen Altersversorgung zuzurechnen, wenn sie die
Versorgung des Arbeitnehmers oder seiner Hinterbliebenen im Alter, bei Invalidität oder Tod bezweckt, also der
Sicherung des Lebensstandards nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Erwerbsleben dienen soll.
Dieser Versorgungszweck kann sich auch aus der vereinbarten Laufzeit ergeben. Unerheblich ist, ob der Abschluss
nach Auffassung der Beteiligten allein zur Ausnutzung der steuerrechtlich anerkannten und begünstigten
Gestaltungsmöglichkeiten der betrieblichen Altersversorgung erfolgt. Der hinreichende Zusammenhang zwischen dem
Erwerb der Leistungen aus der Lebensversicherung und der Berufstätigkeit des Arbeitnehmers für die Qualifizierung
als beitragspflichtige Einnahme der betrieblichen Altersversorgung ist bei einer solchen für die betriebliche
Altersversorgung typischen Versicherungsart der Direktversicherung gegeben (vgl. BSG, Urteile vom 26. März 1996,
12 RK 21/95, SozR 3-2500 § 229 Nr 13 S 66 ff, und vom 13. September 2006, B 12 KR 17/06 R, ErsK 2006, 400 f, B
12 KR 1/06 R, SGb 2006, 659 f, sowie B 12 KR 5/06 R, KrV 2006, 289).
Leistungen aus einer Direktversicherung verlieren ihren Charakter als Versorgungsbezug auch nicht deshalb, weil sie
zum Teil oder ganz auf Leistungen des Arbeitnehmers bzw. des Bezugsberechtigten beruhen, wie das BSG ebenfalls
mehrfach entschieden hat. Sie bleiben auch dann im vollen Umfang Leistungen der betrieblichen Altersversorgung,
wenn nach Beendigung der Erwerbstätigkeit die Beiträge allein vom Arbeitnehmer als Versicherungsnehmer gezahlt
werden (vgl. BSG Urteile vom 6. Februar 1992, 12 RK 37/91, BSGE 70, 105, 108 f = SozR 3-2500 § 229 Nr 1 S 4 ff,
vom 26. März 1996, 12 RK 21/95, SozR 3-2500 § 229 Nr 13 S 69 f, m.w.N., vom 13. September 2006, B 12 KR 17/06
R, ErsK 2006, 400 f, B 12 KR 1/06 R, SGb 2006, 659 f, sowie B 12 KR 5/06 R, KrV 2006, 289, und B 12 KR 25/05 R
vom 25.04.2007).
Bei den Einnahmen des Klägers aus dem mit der X- Lebensversicherung AG abgeschlossenen
Lebensversicherungsvertrag handelt es sich um einen einmalig gezahlten Versorgungsbezug aus der betrieblichen
Altersversorgung. Der Vertrag war von der ehemaligen Arbeitgeberin mit der X- Lebensversicherung AG zu Gunsten
des Klägers und damit als Direktversicherung abgeschlossen worden. Unerheblich für die Einordnung als betriebliche
Altersversorgung ist deshalb, ob später der Rückkaufswert an die frühere Arbeitgeberin erstattet wurde und die
Beiträge allein durch den Kläger finanziert wurden. Sie dienten wegen der Fälligkeit im Juni 2006, dem Jahr, in dem
der Kläger das 60. Lebensjahr vollendete, seiner Altersversorgung.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).