Urteil des SozG Bremen vom 27.01.2009

SozG Bremen: besondere härte, erlass, verwertung, darlehen, zertifizierung, verbrauch, inhaber, kündigung, herbst, unverzüglich

Sozialgericht Bremen
Beschluss vom 27.01.2009 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Bremen S 9 AS 111/09 ER
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen L 9 AS 165/09 B ER
1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anord-nung wird abgelehnt. 2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu
erstatten.
Gründe:
I.
Streitig ist zwischen den Beteiligten ein Anspruch der Antragstellerin auf Leistungen zur Si-cherung des
Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch 2 (SGB II) gegen die Antrags-gegnerin.
Die am 17. März 1946 geborene Antragstellerin bezog bis zum 04. November 2008 ein-schließlich Arbeitslosengeld in
Höhe von 36,80 Euro täglich von der Bundesagentur für Arbeit.
Bereits am 24. Oktober 2008 stellte sie mit Wirkung zum 05. November 2008 bei der Antrags-gegnerin einen Antrag
auf Arbeitslosengeld II (Alg II).
Im Feststellungsbogen zu ihren Vermögensverhältnissen führte die Antragstellerin insgesamt acht
Vermögenspositionen auf, die in der Addition einen (abgerundeten) Wert in Höhe von 39.513,00 Euro haben. Enthalten
war darin auch ein Rentenversicherungsvertrag, in den die Antragstellerin offenbar im Herbst 2000 einmalig 7.158,09
Euro eingezahlt hatte.
Den gestellten Antrag lehnte die Antragsgegnerin durch Bescheid vom 04. Dezember 2008 mit der Begründung ab, die
Antragstellerin verfüge über Vermögen in Höhe von insgesamt 39.513,00 Euro. Durch Freibeträge von der
Vermögensverwertung ausgenommen seien je-doch nur 32.990,00 Euro. Somit sei die Antragstellerin nicht
hilfebedürftig im Sinne des SGB II und habe daher keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung ihres
Lebensunterhaltes.
Gegen diesen Bescheid legte die Antragstellerin am 09. Dezember 2008 bei der Antragsgeg-nerin Widerspruch ein,
den Sie damit begründete, dass ihr Vermögen aus dem privaten Ren-tenversicherungsvertrag in Höhe von 7.158,09
geschützt sei.
Den eingelegten Rechtsbehelf wies die Antragsgegnerin durch Widerspruchsbescheid vom 17. Dezember 2008 als
unbegründet zurück, wogegen die Antragstellerin am 05. Januar 2009 vor dem Sozialgericht (SG) Klage erhob.
Ferner hat die Antragstellerin am 22. Januar 2009 einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beim SG
gestellt, mit dem die Antragsgegnerin verpflichtet werden soll, ihr unver-züglich Alg II in gesetzlicher Höhe zu
gewähren. Zur Begründung ihres Antrages hat die An-tragstellerin sich auf ihr bisheriges Vorbringen im Klageverfahren
zum Aktenzeichen S 9 AS 12/09 bezogen. Sie macht ferner geltend, der Erlass einer einstweiligen Anordnung sei
drin-gend erforderlich, da sie nicht in der Lage sei, ihre anfallenden Mietkosten sowie Nebenkos-ten aufzubringen. Ihr
drohe eine Kündigung bzw. eine Stromsperre.
Die Antragstellerin beantragt nach Lage der Akten,
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr unverzüglich Alg II in gesetzlicher Höhe
zu gewähren.
Die Antragsgegnerin beantragt nach Lage der Akten,
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückzuweisen.
Sie hält das Vermögen der Antragstellerin für gesetzlich nicht geschützt. Dies gelte insbeson-dere für das Vermögen
aus dem bestehenden privaten Rentenversicherungsvertrag in Höhe von 7.158,09 Euro. Auf § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3
SGB II könne die Antragstellerin sich insoweit nicht berufen. Denn es liege kein vertraglich vereinbarter
unwiderruflicher Verwertungsaus-schluss vor. Nach Auffassung der Antragsgegnerin ist die Antragsstellerin somit
aufgrund ih-res Vermögens ohne weiteres in der Lage, die anfallenden Kosten aufzubringen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf den Inhalt der Ge-richtsakte verwiesen. Die
Verwaltungsakte der Antragsgegnerin zur BG-Nr. 0096151 hat bei der Entscheidung ebenso vorgelegen, wie die
Gerichtsakte des SG zum Aktenzeichen S 9 AS 12/09. Auf deren Inhalt wird ergänzend Bezug genommen.
II.
Die Voraussetzungen für den Erlass der hier begehrten einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2
Sozialgerichtsgesetz (SGG; so genannte Regelungsanordnung) liegen nicht vor. Insoweit kann dahin stehen bleiben,
ob der Antragstellerin tatsächlich ein Anordnungs-grund zur Seite steht.
Jedenfalls fehlt es dem gestellten Antrag auf Erlass einer so genannten Regelungsanordnung aber an dem stets auch
zu fordernden Anordnungsanspruch.
Die Antragstellerin kann sich nicht auf den Schutz ihres Vermögens aus dem abgeschlosse-nen
Rentenversicherungsvertrag in Höhe von mindestens 7.158,09 Euro nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGG II berufen.
Nach dieser Norm sind geldwerte Ansprüche (bis zu einer be-stimmten Höchstgrenze) vom Vermögen abzusetzen, die
der Altersvorsorge dienen, soweit der Inhaber sie vor dem Eintritt in den Ruhestand aufgrund einer vertraglichen
Vereinbarung nicht verwerten kann. Die Antragstellerin hatte zum Zeitpunkt der Beantragung von Leistun-gen nach
dem SGB II keinen entsprechenden Verwertungsausschluss im Sinne von § 168 Abs. 3 Versicherungsvertragsgesetz
(VVG; vor dem 01. Januar 2008: § 165 Abs. 3 VVG) ver-traglich vereinbart. Nach den von ihr vorgelegten Unterlagen
ist dies auch aktuell nicht der Fall. Ohne die vertragliche Vereinbarung eines entsprechenden
Verwertungsausschlusses ist das im Rentenversicherungsvertrag der Antragstellerin angelegte Vermögen nicht vom
sonsti-gen zu berücksichtigenden Vermögen abzusetzen.
Insoweit handelt es sich auch nicht um nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB II privilegiertes Altersvorsorgevermögen.
Denn der privaten Rentenversicherung der Klägerin liegt kein nach § 5 des Gesetzes über die Zertifizierung von
Altersvorsorge- und Basisrentenverträgen durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht zertifizierter
Altersvorsorgevertrag zugrun-de.
Die Antragstellerin hat schließlich auch keinen Anspruch auf Erbringung der begehrten Leis-tungen nach dem SGB II
als Darlehen nach § 23 Abs. 5 SGB II. Nach Satz 1 dieser Norm sind Leistungen als Darlehen zu erbringen, soweit
Hilfebedürftigen der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht
möglich ist oder für sie eine besondere Härte bedeuten würde. Diese Voraussetzungen sind im Fall der Antragstelle-rin
jedoch nicht erfüllt. Sie verfügt u.a. über Sparvermögen, auf das sie jederzeit Zugriff neh-men kann. Die sofortige
Verwertung dieser Vermögensteile würde für sie auch keine besonde-re Härte im Sinne von § 23 Abs. 5 Satz 1 SGB II
darstellen.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vermochte somit keinen Erfolg zu haben.
Die getroffene Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 Abs. 1 SGG.