Urteil des SozG Bremen vom 21.10.2008

SozG Bremen: aufenthalt im ausland, australien, wartezeit, berechtigung, versicherungspflicht, gerichtsakte, auswanderung, rentenanspruch, staatsangehörigkeit, sozialversicherungsabkommen

Sozialgericht Bremen
Urteil vom 21.10.2008 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Bremen S 8 R 12/08
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Erstattung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) streitig.
Der am 9. Mai 1974 geborene Kläger stellte im Oktober 2007 einen Antrag auf Erstattung seiner Beiträge zur
Rentenversicherung.
Mit Bescheid vom 31. Oktober 2007 lehnte die Beklagte den Antrag ab, weil die Voraussetzungen für eine
Beitragserstattung nicht erfüllt seien. Mit seinem hiergegen am 6. November 2007 eingelegten Widerspruch machte
der Kläger geltend, dass er für immer auswandern wolle in ein Land, in dem es keine Sozialversicherung gäbe, er sich
also selbst versichern müsse.
Mit Widerspruchsbescheid vom 19. Dezember 2007 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück:
Gemäß § 210 Abs. 1 Sozialgesetzbuch – Sechstes Buch (SGB VI) würden auf Antrag Beiträge erstattet 1.
Versicherten, die nicht versicherungspflichtig seien und nicht das Recht zur freiwilligen Versicherung hätten, 2.
Versicherten, die das 65. Lebensjahr vollendet und die allgemeine Wartezeit nicht erfüllt hätten, 3. Witwen, Witwern,
überlebenden Lebenspartnern oder Waisen, wenn wegen nicht erfüllter Wartezeit ein Anspruch auf Rente wegen Todes
nicht bestünde. Nach § 210 Abs. 2 SGB VI würden Beiträge nur erstattet, wenn seit dem Ausscheiden aus der
Versicherungspflicht 24 Kalendermonate abgelaufen seien und nicht erneut Versicherungspflicht bestünde. Diese
Voraussetzungen seien bei dem Kläger nicht erfüllt. Als deutscher Staatsbürger bestünde bei dem Kläger nach § 7
SGB VI das Recht zur freiwilligen Versicherung. Danach könnten Personen, die nicht versicherungspflichtig seien, für
Zeiten von der Vollendung des 16. Lebensjahres an freiwillige Beiträge zahlen. Dies gelte auch für Deutsche, die ihren
gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hätten. Ob von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht werde, spiele keine Rolle,
da es allein auf die Berechtigung ankäme. Sollte der Kläger seine deutsche Staatsbürgerschaft zukünftig aufgeben,
wäre vorab zu klären, ob mit dem Staat, dessen Staatsbürger der Kläger dann sei, ein Sozialversicherungsabkommen
(SV-Abkommen) bestünde. Gegebenenfalls könnten Abkommensvorschriften die Berechtigung zur freiwilligen
Versicherung bewirken, so dass trotz Aufgabe der deutschen Staatsangehörigkeit kein Anspruch auf eine
Beitragserstattung bestünde. Da der Kläger keine Angaben gemacht habe, in welches Land er auswandern wolle, habe
eine weitere Prüfung nicht erfolgen können.
Am 16. Januar 2008 erhob der Kläger Klage, mit der er sein Begehren weiterverfolgt. Er – der Kläger – beabsichtige,
nach Australien auszuwandern. Dort müsse er – der Kläger – sich selbst versichern.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 31. Oktober und 19. Dezember 2007 zu verurteilen, ihm die
Beiträge zur Rentenversicherung zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie beruft sich auf die angefochtenen Bescheide und meint weiter, dass mit Australien ein SV-Abkommen bestünde.
Bei dem Kläger bestünde als deutscher Staatsbürger das Recht zur freiwilligen Versicherung nach § 7 SGB VI. Auch
wenn der Kläger die australische Staatsbürgerschaft annehmen würde, bestünde nach Artikel des 4 des SV-
Abkommens das Recht zur freiwilligen Versicherung. Für den Kläger seien derzeit zur GRV 184 Monate
Beitragszeiten nachgewiesen. Der Kläger hätte somit mit Vollendung des 65. Lebensjahres die
versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Regelaltersrente erfüllt. Die Rente könnte aufgrund des SV-
Abkommens nach Australien gezahlt werden.
Die den Kläger betreffende Verwaltungsakte der Beklagten (Az.: 28 090574 D 009 2022) sowie die Gerichtsakte haben
dem Gericht vorgelegen. Soweit das Urteil darauf beruht, war der Inhalt dieser Akten Gegenstand der mündlichen
Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide verletzen den Kläger nicht in seinen
Rechten.
Zur Vermeidung von Wiederholungen bezieht sich das Gericht auf die zutreffenden Darlegungen im angefochtenen
Widerspruchsbescheid und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe gemäß § 136 Abs.
3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ab. Die folgenden Ausführungen dienen lediglich der Klarstellung und der
Auseinandersetzung mit dem klägerischen Vorbringen im Klageverfahren.
Soweit der Kläger ausgeführt hat, er werde keine 24 Monate auf die Erstattung der eingezahlten Rentenbeiträge
warten, geht dieser Hinweis ins Leere, da die diesbezügliche Vorschrift (§ 210 Abs. 2 SGB VI) in seinem Fall gar nicht
zur Anwendung kommt. Sie ist nur auf Fälle anwendbar, in denen ein Anspruch auf Beitragserstattung besteht. Das
ist bei dem Kläger nicht der Fall, da er die Wartezeit erfüllt und somit einen Anspruch auf Gewährung einer
Regelaltersrente hat. Aufgrund des SV-Abkommens hat er diesen Anspruch auch bei Auswanderung nach Australien.
Auch der klägerische Hinweis, dass möglicherweise bei einem Rentenanspruch in 30 Jahren "dafür kein Geld mehr
da" sei, ist nicht rechtserheblich. Abgesehen davon, dass dies alle Versicherten in der gesetzlichen
Rentenversicherung und nicht den Kläger speziell betrifft, sind allgemeine sozialpolitische Erwägungen nicht geeignet,
einen Anspruch zu begründen. Es kommt allein auf die geltenden gesetzlichen Regelungen an. Danach hat der Kläger
eindeutig keinen Anspruch auf Beitragserstattung.
Die Klage war daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).