Urteil des SozG Berlin vom 15.03.2017

SozG Berlin: wohnung, sozialhilfe, unterkunftskosten, angemessenheit, ausstellung, behinderung, link, sammlung, quelle, deckung

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Gericht:
SG Berlin 38.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
S 38 SO 713/06 ER
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 29 Abs 1 S 1 SGB 12, § 29 Abs
1 S 8 SGB 12, § 9 Abs 2 SGB 12,
§ 10 Abs 1 SGB 12
Sozialhilfe - Unterkunftskosten - pauschale
Mietübernahmeerklärung - Bestimmtheit
Leitsatz
Zwar kann ein Hilfesuchender grundsätzlich eine sogenannte Mietübernahmeerklärung des
Trägers der Sozialhilfe als persönliche Hilfe im Sinne des § 10 Abs 1 SGB 12 beanspruchen;
es besteht jedoch kein Anspruch auf die Ausstellung einer pauschalen
Mietübernahmeerklärung.
Tenor
Die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und auf Bewilligung von
Prozesskostenhilfe werden abgelehnt.
Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Der Antrag des Antragstellers vom 14. März 2006,
den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, eine über den
Richtwert von 360 Euro warm hinausgehende Kostenübernahme zu erteilen,
hat keinen Erfolg. Unabhängig von den gegen die hinreichende Bestimmtheit des
Antrages und damit gegen seine Zulässigkeit sprechenden Bedenken (vgl. hierzu etwa
BSG, Urteil vom 14. November 1984 – 1/4 RJ 57/84 – SozR 1200 § 53 Nr. 6) ist der
Antrag jedenfalls unbegründet.
Der Antragsteller hat das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs nicht mit der hohen
Wahrscheinlichkeit glaubhaft gemacht, die eine Vorwegnahme der Hauptsache
rechtfertigen würde (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO).
Gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 SGB XII werden Leistungen für Unterkunft in Höhe der
tatsächlichen Aufwendungen erbracht. Zur Anmietung einer neuen Unterkunft soll nach
§ 29 Abs. 1 Satz 8 SGB XII eine Zustimmung erteilt werden, wenn der Umzug durch den
Träger der Sozialhilfe veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn
ohne die Zustimmung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht
gefunden werden kann.
Nach § 10 Abs. 1 SGB XII werden Leistungen der Sozialhilfe als Dienstleistung,
Geldleistung oder Sachleistung erbracht. Gemäß § 9 Abs. 2 SGB XII soll Wünschen der
Leistungsberechtigten, die sich auf die Gestaltung der Leistung richten, entsprochen
werden, soweit sie angemessen sind.
Ausgehend hiervon hat der Antragsteller keinen Anspruch auf die Ausstellung einer
pauschalen Mietkostenübernahmeerklärung.
Nach der ständigen sozialhilferechtlichen Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte, der
sich die Kammer anschließt, kann ein Hilfesuchender, der zur Deckung seines
notwendigen Unterkunftsbedarfs eine Wohnung anmieten möchte, grundsätzlich eine
sogenannte Mietübernahmeerklärung des Trägers der Sozialhilfe als persönliche Hilfe im
Sinne des § 10 Abs. 1 SGB XII beanspruchen. In diesem Rahmen kann jedoch nicht
verlangt werden, dass der Träger der Sozialhilfe eine pauschale
Mietübernahmeerklärung ausstellt. Der Hilfesuchende muss vielmehr die ihm nach § 9
Abs. 2 SGB XII zustehende Gestaltungsfreiheit aus eigenen Kräften wahrnehmen (st.
Rspr.; vgl. zu den inhaltsgleichen Normen der §§ 8 Abs. 1 und 3 Abs. 2 BSHG etwa OVG
Hamburg, Beschluss vom 16. Januar 1990, FEVS 39, 356).
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Der Antragsteller begehrt im vorliegenden Verfahren jedoch lediglich eine pauschale
Mietübernahmeerklärung für einen nicht genau bezifferten Betrag (Antrag: "über 360
Euro", Begründung: "mindestens 500 Euro"). Nach obigen Ausführungen besteht auf
eine solche Erklärung kein Rechtsanspruch (vgl. OVG Hamburg, Beschluss vom 16.
Januar 1990, a.a.O.). Der Antragsteller ist vielmehr gehalten, eine bestimmte Wohnung
in Aussicht zu nehmen, sich gegebenenfalls ein Wohnungsangebot erstellen zu lassen
und dieses zur Prüfung beim Träger der Sozialhilfe vorzulegen. Sinn und Zweck dieser
Verfahrensweise ist es insbesondere, den Träger der Sozialhilfe bereits vor der
Anmietung der Wohnung in die Lage zu versetzen, die sozialhilferechtliche
Angemessenheit der Wohnung zu prüfen. Hiermit soll dem Hilfebedürftigen insofern
geholfen werden, als er von dem Risiko der Anmietung sozialhilferechtlich
unangemessenen Wohnraums und der hieraus gegebenenfalls folgenden nicht
vollständigen Übernahme der Unterkunftskosten entlastet werden soll.
Dem Antragsteller ist daher anzuraten, sich erneut – wie bereits im Januar 2006 im
Hinblick auf die damals in Aussicht genommene Wohnung Sonnenallee 149 geschehen –
um eine Wohnung konkret zu bemühen und hierfür beim Antragsgegner um eine
Zustimmung nachzusuchen. Nur am Rande sei insofern noch notiert, dass die vom
Antragsgegner zur Prüfung der Angemessenheit genannten Werte (360 Euro
Bruttowarmmiete zuzüglich 10 vom Hundert Überschreitung wegen Behinderung)
ausweislich der Ausführungsvorschriften zur Ermittlung angemessener Kosten der
Wohnung gemäß § 22 SGB II vom 7. Juni 2005, die gemäß Nr. 1 Abs. 3 des
Rundschreibens I Nr. 24/2005 vom 8. Dezember 2005 (Ermittlung angemessener Kosten
für Wohnungen gemäß § 29 SGB XII) auch für den Personenkreis der Leistungsbezieher
nach dem SGB XII Anwendung finden und die auch die Kammer in ständiger
Rechtsprechung für die Wiedergabe eines geeigneten Maßstabes zur Bestimmung der
sozialhilferechtlichen Angemessenheit von Unterkunftskosten hält, zutreffen dürften und
sich der Antragsteller bei seiner Wohnungssuche daher auf das nämliche Marktsegment
zu konzentrieren haben wird.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe war abzulehnen, da die
Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hatte, § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG
i.V.m. § 114 ZPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG. Gerichtskosten werden
nicht erhoben (§ 183 SGG).
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