Urteil des SozG Berlin vom 30.06.2010

SozG Berlin: umzug, betriebskosten, haushalt, grenzwert, zusicherung, wohnfläche, ausstattung, produkt, klagefrist, enkel

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Gericht:
SG Berlin 174.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
S 174 AS 21949/07
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 22 Abs 1 S 1 SGB 2, § 22 Abs
1 S 3 SGB 2, § 22 Abs 2 SGB 2,
§ 7 Abs 1 S 1 SGB 2, § 7 Abs 2 S
1 SGB 2
Arbeitslosengeld II - Individualansprüche der Mitglieder einer
Bedarfsgemeinschaft - Meistbegünstigungsgrundsatz -
angemessene Unterkunfts- und Heizkosten - Erhöhung durch
Umzug ohne vorherige Zusicherung - Ermittlung der
Angemessenheitsgrenzen für einen Drei- bzw Vier-
Personenhaushalt in Berlin - Zumutbarkeit eines
Wohnungswechsels
Leitsatz
1. Zwar hat das Bundessozialgericht (BSG) in seinem Urteil vom 07.11.2006 (B 7b AS 8/06 R)
entschieden, dass im Hinblick auf die rechtlichen Besonderheiten einer Bedarfsgemeinschaft
im Sinne des § 7 SGB 2 und wegen der besonderen rechtlichen und tatsächlichen
Schwierigkeiten und daraus resultierenden Zweifel hinsichtlich der Bedarfsgemeinschaft die
Leistungsanträge in Erweiterung der üblichen Auslegungskriterien danach zu beurteilen sind,
wie die an einer Bedarfsgemeinschaft beteiligten Personen Leistungen beantragen müssen,
um die für die Bedarfsgemeinschaft insgesamt gewünschten Leistungen zu erhalten; die die
erweiternde Auslegung gilt allerdings nur für eine Übergangszeit bis zum 30.06.2007 (Tag der
Antragstellung) . Für eine (am 07.09.2007) erhobene Klage kommt eine erweiternde
Auslegung danach nicht mehr in Betracht.
2. Zu den angemessenen Unterkunfts- und Heizkosten nach § 22 Abs 1 S 1 SGB 2 in Berlin
im Jahr 2006:
Grundsätzlich ist für drei Personen eine Wohnung mit einer Gesamtfläche bis höchstens
80qm mit einer Bruttokaltmiete von 476,00 € und für vier Personen eine Wohnung mit einer
Gesamtwohnfläche bis höchstens 90qm mit einer Bruttokaltmiete von 535,50€ sowohl
abstrakt als auch konkret angemessen.
Bei der Ermittlung der angemessenen Heizkosten ist von einem Grenzwert von 100,00 € für
den Monat Juni 2006 und von 112,00 € für den Monat November 2006 auszugehen.
3. Allein der typischerweise mit einem Wohnungswechsel verbundene Verlust von
Annehmlichkeiten der bislang bewohnten Wohnanlage macht einen Umzug nicht unzumutbar.
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin unter Abänderung des Bescheides vom
31.05.2006 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 01.12.2006 in Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 07.08.2007 Leistungen für Unterkunft und Heizung für den
Zeitraum vom 01.06.2006 bis 31.10.2006 in Höhe von monatlich 182,44 € und für den
Zeitraum vom 01.11.2006 bis 30.11.2006 in Höhe von 150,46 € zu gewähren.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander Kosten nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe der Kosten der Unterkunft und Heizung im
Zeitraum vom 01.06.2006 bis 30.11.2006.
Die 61jährige Klägerin bezieht seit dem 01.01.2005 laufende Leistungen nach dem
Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Sie bewohnte bis zum 31.03.2006 mit ihren
beiden Enkeln, L R K (11 Jahre) und L D S K (12 Jahre), deren Vormund sie ist, eine
Einliegerwohnung im Haus der Familie H, im F….weg …, …. B zu einer Bruttowarmmiete
von 720,87 €, von der nach Abzug der Warmwasserpauschalen monatlich 704,07 €
durch die Beklagte anerkannt wurden. Anfang Februar 2006 schloss die Klägerin ohne
Zusicherung der Beklagten einen neuen Mietvertrag zum 01.04.2006 für die derzeitig
bewohnte Wohnung. Die Wohnung befindet sich in einer Wohnanlage für
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bewohnte Wohnung. Die Wohnung befindet sich in einer Wohnanlage für
familienorientiertes und altersgerechtes Wohnen in der O….str. .., …. B . In der
Wohnanlage können verschiedene Generationen unter einem Dach leben und neben
ihrer eigenen Wohnung die beheizbaren Eingangshallen, Hobby- und
Gemeinschaftsräume sowie Dachterrassen für nachbarschaftliche Aktivitäten nutzen.
Die Miete für die neue Wohnung betrug im streitigen Zeitraum 716,76 € und setzte sich
aus einer Grundmiete in Höhe von 436,76 €, Betriebskosten in Höhe von 188,05 €, Heiz-
/Warmwasserkosten in Höhe von 85 € sowie einem Zuschlag in Höhe von 6,95 €
zusammen. Die Wohnung wird mit Gas beheizt und die beheizte Gebäudefläche beträgt
insgesamt 1.355,36 m².
Mit Bescheid vom 31.05.2006 bewilligte die Beklagte der Klägerin sowie ihren beiden
Enkeln - die von der Beklagten als Bedarfsgemeinschaft geführt wurden - Leistungen für
den Zeitraum vom 01.06.2006 bis 30.11.2006 in Höhe von monatlich 687,76 €, wobei
Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von insgesamt 525,20 € anerkannt wurden.
Der Klägerin wurden anteilig 175,06 € Kosten der Unterkunft und Heizung gewährt.
Mit Widerspruch vom 20.06.2006 wandte sich die Klägerin gegen den Bescheid vom
31.05.2006 mit der Begründung, dass die Kosten der Unterkunft und Heizung in
tatsächlicher Höhe zu übernehmen seien, weil der Umzug erforderlich gewesen sei.
Denn die Beklagte habe die Klägerin zum einen bereits auf die Unangemessenheit der
zuvor bewohnten Wohnung hingewiesen und zum anderen habe der Vermieter dieser
Einliegerwohnung Eigenbedarf angemeldet. Des Weiteren habe die Beklagte
unberücksichtigt gelassen, dass die Klägerin nach dem Tod ihrer Tochter ihre beiden
Enkel aufgenommen habe, damit diese nicht in einem Kinderheim untergebracht werden
müssen, wodurch die Entstehung weitaus höherer Kosten für den kommunalen Träger
vermieden worden seien.
Mit Änderungsbescheid vom 01.12.2006 bewilligte die Beklagte, aufgrund der Aufnahme
des 24jährigen Sohnes der Klägerin, R K - der zuvor eine eigene Wohnung bewohnt hatte
- in die Bedarfsgemeinschaft der Klägerin, Leistungen zur Sicherung des
Lebensunterhaltes einschließlich Kosten der Unterkunft und Heizung für den Zeitraum
vom 01.11.2006 bis 30.11.2006 in Höhe von 737,26 €, wobei Kosten der Unterkunft und
Heizung in Höhe von 598,30 € anerkannt wurden. Der Klägerin wurden anteilig 149,56 €
Kosten der Unterkunft und Heizung gewährt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 07.08.2007 wies die Beklagte den Widerspruch mit der
Begründung zurück, dass die Höhe der bewilligten Kosten der Unterkunft und Heizung
nicht zu beanstanden seien, weil keine Zusicherung zum Umzug erteilt worden sei, so
dass nur die angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung für einen 3-Personen-
Haushalt in Höhe von 542,00 € abzüglich Warmwasserpauschalen
berücksichtigungsfähig gewesen seien.
Am 07.09.2007 hat die Klägerin beim Sozialgericht Berlin Klage erhoben. In der
Klageschrift, die im Briefkopf nur Name und Adresse der Klägerin enthielt, teilte die
Klägerin mit, dass sie mit der Entscheidung der Beklagten vom 07.08.2007 nicht
einverstanden sei und hiermit Klage erhebe. Sie ist der Ansicht, dass der Umzug
erforderlich gewesen sei, weil es zu persönlichen Konflikten mit dem Vermieter
gekommen sei und dieser zudem Eigenbedarf angemeldet habe. Des Weiteren lägen die
für die neue Unterkunft anfallenden Kosten weit unter den Kosten für die zuvor bewohnte
Unterkunft. Die Beklagte habe darüber hinaus zum einen unberücksichtigt gelassen,
dass die Enkel der Klägerin, nach dem Tod ihrer Mutter, bei ihrer fast 60jährigen
Großmutter lebten und zum anderen, dass die Enkel der Klägerin nicht noch weiter aus
ihrem sozialen Umfeld herausgerissen werden sollten, so dass die Anmietung einer
Wohnung im gewohnten Umfeld erforderlich gewesen sei. Aufgrund der besonderen
Umstände liege ein Härtefall vor, den die Beklagte im Rahmen des ihr eingeräumten
Ermessens nicht berücksichtigt habe. Die angemietete Wohnung ermögliche der
Klägerin sowohl ein altersgerechtes Wohnen als auch sich um das Wohl ihrer Enkel zu
sorgen.
Der Vorsitzende hat in der mündlichen Verhandlung vom 30.06.2010 darauf
hingewiesen, dass die Klage nur durch die Klägerin erhoben wurde, so dass nur deren
Ansprüche streitgegenständlich sein dürften. Daraufhin gab der Klägerbevollmächtigte
zu Bedenken, dass die Klägerin die Klage in der Rechtsantragsstelle des Sozialgerichts
Berlin erhoben habe und der Klageantrag von einem Mitarbeiter der Rechtsantragsstelle
des Sozialgerichts Berlin aufgenommen worden sei.
Die Klägerin beantragt:
Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin unter Abänderung des Bescheides vom
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Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin unter Abänderung des Bescheides vom
31.05.2006 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 01.12.2006 in Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 07.08.2007 Leistungen für Unterkunft und Heizung im
Zeitraum vom 01.06.2006 bis 30.11.2006 in Höhe von monatlich 716,76 € zu gewähren.
Die Beklagte beantragt:
Die Klage wird abgewiesen.
Sie ist der Ansicht, dass der Umzug nicht erforderlich gewesen sei, da eine Aufforderung
zum Umzug seitens der Beklagten nicht erfolgt sei und die vorgetragene Anmeldung
eines Eigenbedarfes durch den früheren Vermieter der Klägerin nicht nachgewiesen sei.
Des Weiteren käme auch im Falle der Erforderlichkeit des Umzuges nur die Übernahme
der angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung in Betracht. Eine
Härtefallregelung sehe weder das SGB II noch die Ausführungsvorschriften zur Ermittlung
angemessener Kosten nach § 22 SGB II (AV-Wohnen) vor.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I. Gegenstand des Rechtsstreites ist der Bescheid vom 31.05.2006 in der Fassung des
Änderungsbescheides vom 01.12.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
07.08.2007.
Nach § 86 Sozialgerichtsgesetz (SGG) wird ein neuer Verwaltungsakt Gegenstand des
Vorverfahrens, wenn er den mit Widerspruch angefochtenen Verwaltungsakt ändert. Dies
ist im Hinblick auf den Zeitraum vom 01.11.2006 bis 30.11.2006 durch Erlass des
Änderungsbescheides vom 01.12.2006 der Fall. Der Einbeziehung steht auch nicht
entgegen, dass die Beklagte im Widerspruchsbescheid vom 07.08.2007 lediglich die
Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 31.05.2006 geprüft hat. Die Kammer folgt insoweit
hier nicht der Auffassung, wonach bei Nichtberücksichtigung des neuen
Verwaltungsaktes der Widerspruchsbescheid fehlerhaft und die Klage damit (teilweise)
mangels Durchführung eines Vorverfahrens unzulässig ist, so dass das Klageverfahren
zunächst ausgesetzt werden muss, um das Widerspruchsverfahren nachzuholen (vgl.
Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 86, Rn. 5). Denn die Klägerin
hat hier beantragt, auch über den Änderungsbescheid vom 01.12.2006 mit zu
entscheiden und die Beklagte hat dem nicht widersprochen, so dass der im
Widerspruchsverfahren verbliebene Teil in das Klageverfahren mit einbezogen werden
kann [vgl. Bundessozialgericht (BSG) SozR 2200, § 313a, Nr. 6 für die Einbeziehung
eines im ersten Rechtszug verbliebenen Teils in das Berufungsverfahren]. Die Beklagte
hat in der mündlichen Verhandlung zudem zum Ausdruck gebracht, dass sie auch den
Änderungsbescheid vom 01.12.2006 für rechtmäßig hält. Ausgehend vom Sinn und
Zweck der Durchführung eines Vorverfahrens - Selbstkontrolle der Verwaltung,
zusätzliche Rechtsschutzmöglichkeit sowie Entlastung der Gerichte – ist ein Aussetzen
des Rechtsstreits bis zur Nachholung des Widerspruchsverfahrens nach Überzeugung
der Kammer nicht sachdienlich.
Streitgegenständlich ist zudem nur die Höhe der Kosten der Unterkunft und Heizung.
Die Klägerin hat den Streitgegenstand insoweit zulässig beschränkt. Bei den Kosten der
Unterkunft und Heizung handelt es sich um eine gesondert anfechtbare abtrennbare
Verfügung (vgl. hierzu im Einzelnen BSG: Urteil vom 07.11.2006, B 7b AS 8/06 R, BSGE
97, 217 = SozR 4-4200, § 22, Nr. 1; BSG, Urteil vom 02.07.2009, B 14 AS 36/08 R; Urteil
vom 19.02.2009, B 4 AS 48/08 R).
Gegenstand des Rechtsstreites sind zudem allein Ansprüche der Klägerin. Zwar
bewilligte der Bescheid vom 31.05.2006 auch den Enkeln der Klägerin und der
Änderungsbescheid vom 01.12.2006 weiterhin auch dem Sohn der Klägerin Leistungen
zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II. Ausweislich der Klageschrift vom
07.09.2007 hat die Klägerin die Klage aber nur im eigenen Namen erhoben. Der
Klageantrag vom 07.09.2007 war nach Überzeugung der Kammer auch nicht unter
Berücksichtigung des so genannten "Meistbegünstigungsprinzips" (vgl. hierzu nur: BSG,
Urteil vom 02.07.2009, B 14 AS 75/08 R) zugleich als Klage der Enkelkinder und des
Sohnes der Klägerin auszulegen.
Die Auslegung eines Antrags nach dem Meistbegünstigungsprinzip hat sich
grundsätzlich danach zu richten, was als Leistung möglich ist, wenn jeder verständige
Antragsteller mutmaßlich seinen Antrag bei entsprechender Beratung angepasst hätte
und keine Gründe für ein anderes Verhalten vorliegen (vgl. BSG a.a.O.). Der Antrag ist
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und keine Gründe für ein anderes Verhalten vorliegen (vgl. BSG a.a.O.). Der Antrag ist
dabei so auszulegen, dass das Begehren des Antragstellers möglichst weitgehend zum
Tragen kommt. Der Meistbegünstigungsgrundsatz gilt insoweit grundsätzlich jedoch nur
hinsichtlich der inhaltlichen Ausgestaltung eines Antrages. In Erweiterung des
Grundsatzes hat das BSG in seinem Urteil vom 07.11.2006 (B 7b AS 8/06 R)
entschieden, dass im Hinblick auf die rechtlichen Besonderheiten einer
Bedarfsgemeinschaft im Sinne des § 7 SGB II und wegen der besonderen rechtlichen
und tatsächlichen Schwierigkeiten und daraus resultierenden Zweifel hinsichtlich der
Bedarfsgemeinschaft die Leistungsanträge in Erweiterung der üblichen
Auslegungskriterien danach zu beurteilen sind, wie die an einer Bedarfsgemeinschaft
beteiligten Personen Leistungen beantragen müssen, um die für die
Bedarfsgemeinschaft insgesamt gewünschten Leistungen zu erhalten. Das BSG hat
insoweit aber auch entschieden, dass die erweiternde Auslegung nur für eine
Übergangsfrist bis zum 30.06.2007 (Tag der Antragstellung) gilt. Nachdem durch die
Klägerin hier am 07.09.2007 Klage erhoben wurde, kommt eine erweiternde Auslegung
danach nicht mehr in Betracht. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem
klägerischen Vortrag in der mündlichen Verhandlung vom 30.06.2010, die Klägerin habe
ihre Klage in der Rechtsantragsstelle des Sozialgerichts Berlin verfassen lassen. Denn
die Mitarbeiter der Rechtsantragstelle trifft keine Verpflichtung, auf vollständige und
sachdienliche Anträge hinzuwirken. Denn bei der Rechtsantragstelle handelt es sich nicht
um eine Rechtsberatungsstelle. Eine entsprechende Aufklärungspflicht im gerichtlichen
Verfahren sieht nur § 106 Abs. 1 SGG vor. Danach hat der Vorsitzende u.a. darauf
hinzuwirken, dass sachdienliche Anträge gestellt werden. Nachdem hier die Klagefrist
nach §§ 87 Abs. 1 S. 1 SGG, 37 Abs. 2 S. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) am
10.09.2007 ablief, die Klage jedoch erst am 07.09.2007, mithin 3 Tage vor Ablauf der
Klagefrist, erhoben wurde, hätte auch bei einem unverzüglich erteilten richterlichen
Hinweis - unter Beachtung der allgemeinen Postlaufzeiten - eine Klageerweiterung
innerhalb der Klagefrist nicht mehr erfolgen können.
Eine subjektive Klageerweiterung in der mündlichen Verhandlung vom 30.06.2010 wäre
im Übrigen - zumal nicht ausdrücklich beantragt - unzulässig gewesen, da für eine
Klageänderung nach § 99 SGG die Prozessvoraussetzungen, insbesondere die
Einhaltung der Klagefrist, vorliegen müssen (vgl. Leitherer in Meyer-
Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 99, Rn. 13a m.w.N.). Die Klagefrist war zum
Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung bereits abgelaufen. Schlussendlich hat der
Klägerbevollmächtigte - nach entsprechenden Hinweis des Vorsitzenden in der
mündlichen Verhandlung zur Unzulässigkeit einer subjektiven Klageänderung - zuletzt
beantragt, die Beklagte zur Gewährung von Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe
von 716,76 € (allein) an die Klägerin zu verurteilen.
II. Die als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach §§ 54 Abs. 1 S. 1 1. Alt.
und abs. 4 SGG statthafte und auch im Übrigen zulässige Klage hat im tenorierten
Umfang Erfolg. Im Übrigen ist die Klage jedoch unbegründet.
Der angefochtene Bescheid vom 31.05.2006 in der Fassung des Änderungsbescheides
vom 01.12.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.08.2007 ist teilweise
rechtswidrig und verletzt die Klägerin insoweit in ihren Rechten.
Die Klägerin hat einen Anspruch auf Kosten der Unterkunft und Heizung im Zeitraum
vom 01.06.2006 bis 31.10.2006 in Höhe von monatlich 182,44 € und im Zeitraum vom
01.11.2006 bis 30.11.2006 in Höhe von 150,46 €.
Nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der
tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Gemäß § 22 Abs.
2 SGB II soll der erwerbsfähige Hilfebedürftige vor Abschluss eines Vertrages über eine
neue Unterkunft die Zusicherung des für die Leistungserbringung bisher örtlich
zuständigen kommunalen Trägers zu den Aufwendungen für die neue Unterkunft
einholen. Der kommunale Träger ist nur zur Zusicherung verpflichtet, wenn der Umzug
erforderlich ist und die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.
Vorliegend kann die Kammer die zwischen den Beteiligten streitige Frage der
Erforderlichkeit des Umzuges offen lassen, weil nach der eindeutigen gesetzlichen
Regelung - soweit keine Zusicherung vorliegt - auch bei Erforderlichkeit des Umzuges
nur die angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung zu gewähren sind. Das
Zusicherungserfordernis des § 22 Abs. 2 SGB II hat allein Aufklärungs- und Warnfunktion.
Es zielt darauf ab, vor dem Vertragsschluss und einem Umzug dem erwerbsfähigen
Hilfebedürftigen Klarheit über die Angemessenheit der Aufwendungen zu verschaffen.
Voraussetzung für die Übernahme von Kosten der Unterkunft und Heizung ist sie
hingegen nicht. Rechtsfolge der unterbliebenen Einholung einer Zusicherung ist allein
der Wegfall des befristeten Bestandsschutzes nach § 22 Abs. 1 S. 3 SGB II. Ohne
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der Wegfall des befristeten Bestandsschutzes nach § 22 Abs. 1 S. 3 SGB II. Ohne
Zusicherung kommt eine Übernahme der tatsächlichen Kosten der Unterkunft und
Heizung nur in Betracht, wenn der Umzug erforderlich war und die neuen Kosten der
Unterkunft und Heizung angemessen sind (vgl. Berlit in LPK-SGB II, SGB II, 3. Aufl., § 22,
Rn. 79 m.w.N.).
Darüber hinaus kann die Klägerin nur die Gewährung von 1/3 (Zeitraum 01.06.2006 bis
31.10.2006) bzw. 1/4 (Zeitraum 01.11.2006 bis 30.11.2006) der angemessenen
Gesamtkosten der Unterkunft und Heizung beanspruchen, weil es sich bei den
Leistungen nach dem SGB II um Individualansprüche handelt. Einen Anspruch der
Bedarfsgemeinschaft kennt das SGB II hingegen nicht (vgl. BSG, Urteil vom 07.11.2006,
B 7b AS 8/06 R). Nutzen Hilfebedürftige eine Unterkunft gemeinsam mit anderen
Personen, so sind die Kosten der Unterkunft und Heizung im Regelfall unabhängig von
Alter oder Nutzungsintensität anteilig pro Kopf aufzuteilen. Dies gilt grundsätzlich
unabhängig davon, ob die Personen Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft sind (stRspr,
BSG, Urteil vom 15.04.2008, B 14/7b AS 58/06 R). Die gemeinsame Nutzung einer
Wohnung durch mehrere Familienmitglieder lässt in aller Regel eine an der
unterschiedlichen Intensität der Nutzung ausgerichtete Aufteilung der Aufwendungen für
diese Wohnung nicht zu (vgl. dazu BSG, Urteil vom 27.01.2009, B 14/7b AS 8/07 R).
Die anfallenden Kosten der Unterkunft und Heizung sind unangemessen.
Ob die Aufwendungen für die Wohnung angemessen sind, ist nicht anhand der AV-
Wohnen zu bestimmen [vgl. Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg, Beschluss
vom 24.08.2008, L 28 B 1389/07 AS ER].
Bei der Angemessenheit handelt es sich um ein Tatbestandsmerkmal; Ermessen der
Beklagten besteht daher - entgegen der Ansicht der Klägerin – nicht, weil ein solches nur
auf der Rechtsfolgenseite eingeräumt werden kann. Auf Leistungen zur Sicherung des
Lebensunterhaltes besteht jedoch - bei Vorliegen der jeweiligen
Tatbestandsvoraussetzungen - ein Rechtsanspruch.
Die Angemessenheitsprüfung setzt eine Einzelfallprüfung voraus und hat für die
Unterkunftskosten und für die Heizkosten getrennt zu erfolgen (vgl. BSG, Urteile vom
07.11.2006, B 7b AS 18/06 R, sowie vom 02.07.2009, B 14 AS 36/08 R).
Nach Überzeugung der Kammer ist im vorliegenden Fall für einen 3-Personen-Haushalt
eine Bruttokaltmiete von 476,00 € und für einen 4-Personen-Haushalt eine
Bruttokaltmiete von 535,50 € sowohl abstrakt als auch konkret angemessen (dazu unter
1.).
Des Weiteren sind die tatsächlichen Heizkosten in Höhe von 71,32 € für einen 3-
Personen-Haushalt bzw. 66,34 € für einen 4-Personen-Haushalt als angemessen
anzuerkennen (dazu unter 2).
Dies ermittelt sich wie folgt:
1.
Nach der Rechtsprechung des BSG im Urteil vom 07.11.2006 (B 7b AS 18/06 R) - von
der abzuweichen die Kammer keinen Anlass sieht - ist zur Bestimmung der abstrakten
Angemessenheit einer Wohnung das Produkt aus angemessener Wohnfläche [dazu
unter a)] und der Summe von angemessener Kaltmiete je Quadratmeter [dazu unter b)]
und angemessenen kalten Betriebskosten [dazu unter c)] zu ermitteln. Letztlich kommt
es darauf an, dass das Produkt aus Wohnfläche und Wohnstandard, das sich in der
Wohnungsmiete niederschlägt, der Angemessenheit entspricht (sog. Produkttheorie, vgl.
BSG a.a.O.).
a)
Im ersten Schritt ist zunächst die maßgebliche Größe der Unterkunft zu bestimmen, und
zwar typisierend (mit der Möglichkeit von Ausnahmen) anhand der landesrechtlichen
Ausführungsbestimmungen über die Förderung des Sozialen Wohnungsbaus. In Berlin
existieren hierzu drei Bestimmungen:
- die Mitteilung Nr. 8/2004 der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung zum
Wohnberechtigungsschein vom 15.12.2004,
- die Richtlinie über die Förderung von eigen genutztem Wohneigentum -
Eigentumsförderungssätze 1999 - vom 25.05.1999 (im Folgenden EFS) sowie
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- die Richtlinien für den öffentlich geförderten sozialen Wohnungsbau in Berlin
(Wohnbauförderbestimmungen 1990 vom 16.07.1990 i. d. F. der Verwaltungsvorschriften
zur Änderung der Richtlinien für den öffentlichen geförderten sozialen Wohnungsbau in
Berlin vom 13.12.1992 (im Folgenden WFB).
Letztere unterscheiden hinsichtlich der Wohnungsgrößen zwischen Miet- und
Eigentumswohnungen und geben hierzu jeweils geringfügig voneinander abweichende
Werte vor. So ist die für Mietwohnungen geltende Ziff. II 1 a) WFB seit 1992 für 1- und 3-
Personen-Haushalte um 5 m² ungünstiger als die für Eigentumswohnungen geltende
Ziff. II 1 c) WFB bzw. die maßgebliche Bestimmung in Abschnitt II Ziff. 4 Abs. 3 EFS.
Die Kammer hält es für sachgerecht, ihrer Entscheidung die inhaltsgleichen
Größenmaße der letztgenannten für den Erwerb von Wohnungen geltenden
Bestimmungen der EFS und WFB zugrunde zu legen. Denn die Berliner Regelungen zur
Vergabe des Wohnberechtigungsscheins (Mitteilung Nr. 8/2004) sind zur Bestimmung
der angemessenen Wohnfläche ungeeignet, da sie die förderfähige Wohnfläche nicht
nach Quadratmetern, sondern lediglich nach Zimmeranzahl ausweisen. Gleiches gilt für
die auf Mietwohnungen bezogene Ziff. II 1 a) der WFB. Die Berücksichtigung der für
Eigentumswohnungen geltenden Werte der EFS und WFB führen auch nicht zu einer
Verzerrung des Angemessenheitsmaßstabs, sondern bilden die unterschiedlichen
Segmente des Berliner Wohnungsmarkts in besonders realistischer Weise ab. Dies folgt
zum einen daraus, dass die genannten Werte noch bis zum Jahr 1992 weitestgehend
identisch mit den Werten der WFB für Mietwohnungen waren und das örtliche
Wohnungsangebot mithin zu einem großen Teil aus Unterkünften besteht, die nach
diesen Größenbestimmungen errichtet wurden. Dieser große Teil des
Angebotssegments muss Hilfebedürftigen in 1- und 3-Personen-Haushalten daher auch
vollumfänglich abstrakt zur Verfügung stehen. Zum andern sind bei der
Berücksichtigung der angemessenen Wohnungsgröße auch diejenigen Hilfebedürftigen
mit einzubeziehen, die in vermieteten oder selbst erworbenen Eigentumswohnungen
leben. Schließlich entsprechen die von der Kammer für höchstens angemessen
gehaltenen Werte im Wesentlichen dem bundesdeutschen Durchschnitt. Die in der
höchstrichterlichen Rechtsprechung teilweise geäußerten Bedenken, dass durch eine
Anknüpfung an die landesspezifischen Bestimmungen zur Wohnraumförderung die
Anwendung der bundesrechtlich einheitlich zu handhabenden Regelung des § 22 Abs. 1
SGB II mittelbar beeinflusst werden könnte (BSG, Urteil vom 19.02.2009, B 4 AS 30/08 R,
Rdnr. 16), dürften damit zumindest für das Land Berlin ausgeräumt sein.
Danach ist in Berlin grundsätzlich für 3 Personen eine Wohnung mit einer
Gesamtwohnfläche bis höchstens 80 m² und für 4 Personen eine Wohnung mit einer
Gesamtwohnfläche bis höchstens 90 m² angemessen.
b)
In einem zweiten Schritt ist der Wohnstandard festzustellen, wobei dem Hilfebedürftigen
lediglich ein einfacher und im unteren Segment liegender Ausstattungsgrad der
Wohnung zusteht. Als Vergleichsmaßstab ist regelmäßig die Miete am Wohnort
heranzuziehen.
Zur Bestimmung des angemessenen Mietzinses stützt sich die Kammer auf den
örtlichen, gemäß den §§ 558c und 558d Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) qualifizierten
Mietspiegel des Landes Berlin vom 11.07.2007 (Amtsblatt für Berlin 2007, Seite 1797).
Nach Auffassung der Kammer ist auch nicht der Mietspiegel 2005 heranzuziehen,
obwohl allein dieser im streitigen Zeitraum veröffentlicht war (so aber LSG Berlin-
Brandenburg, Urteil vom 26.11.2009, L 26 AS 407/07). Zwar ist dem LSG Berlin-
Brandenburg (a.a.O.) zuzustimmen, dass die Heranziehung des zum streitigen Zeitraum
veröffentlichten Mietspiegel praktikabel erscheint, weil ansonsten bei Veröffentlichung
eines neuen Mietspiegels für die Vorjahre eine umfassende Überprüfung der für die
Kosten der Unterkunft erbrachten Leistungen erfolgen müsste. Allerdings gibt der
Mietspiegel für das Jahr 2007 einen Überblick über die zum 01.10.2006 gezahlten
Mieten, so dass allein dieser die tatsächlichen Verhältnisse auf dem Berliner
Wohnungsmarkt im streitigen Zeitraum wiedergibt. Maßgeblicher Zeitpunkt für die
Beurteilung der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage ist zudem die Sach- und
Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (vgl. Krasney/Udsching,
Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 5. Aufl., VII, Rn. 98). Zu diesem Zeitpunkt
lag der Kammer aber der Mietspiegel für das Jahr 2007 vor. Dass zum Zeitpunkt der
letzten behördlichen Entscheidung der Mietspiegel 2007 noch nicht vorlag, kann nach
Auffassung der Kammer im Rahmen der Kostenentscheidung berücksichtigt werden,
wenn die Beklagte zukünftig - in Abkehr von der AV-Wohnen und der höchstrichterlichen
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wenn die Beklagte zukünftig - in Abkehr von der AV-Wohnen und der höchstrichterlichen
Rechtsprechung folgend - die Angemessenheit nach der Produkttheorie ermittelt.
Der Bestimmung der tatsächlichen, im vorliegenden Fall angemessenen Kaltmiete sind
nach Überzeugung der Kammer gewichtete Mietspiegelwerte zugrunde zu legen. Diese
ermitteln sich wie folgt:
Zunächst vertritt die Kammer die Ansicht, dass Hilfebedürftige nicht auf Wohnungen
verwiesen werden können, welche entweder nicht über ein Bad oder nicht über eine
Sammelheizung verfügen. Ausweislich des Mietspiegels vom 11.07.2007 (a.a.O., S. 6) ist
unter einem Bad ein gesonderter Raum innerhalb der Wohnung zu verstehen, der mit
einer Badewanne oder Dusche und einem Badeofen oder Durchlauferhitzer oder einem
ausreichend großen Warmwasserspeicher ausgestattet ist. Die Versorgung mit
Warmwasser kann auch durch eine zentrale Anlage (auch Fernwarmwasser) geschehen.
Unter einer Sammelheizung sind alle Heizungsarten zu verstehen, bei denen die Wärme
und Energieerzeugung von einer zentralen Stelle aus geschieht. Eine Etagenheizung
oder Wohnungsheizung (Gas-, Öl-, Elektroheizung), die sämtliche Wohnräume
angemessen erwärmt, ist einer Sammelheizung gleichzusetzen. Nach Überzeugung der
Kammer müssen beide Voraussetzungen erfüllt sein, damit es sich bei der Wohnung um
eine im Sinne des § 22 Abs. 1 SGB II angemessene Wohnung handelt. Aus diesem Grund
berücksichtigt die Kammer die Werte der Spalten 1 und 3 des Mietspiegels sowie die in
den Fußnoten zur Mietspiegeltabelle ausgewiesenen Abschläge auf die Spalten 1, 3, 5
und 6 für weit unterdurchschnittliche Ausstattungen nicht.
Die Gewichtung der einzelnen Mietspiegelwerte nimmt die Kammer anhand der Anzahl
der auf die einzelnen Spalten und Zeilen des Berliner Mietspiegels entfallenden
Wohnungen vor. Diese ergeben sich aus den Grundlagendaten zum Mietspiegel, welche
im Auftrag der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung durch die GEWOS Institut für
Stadt-, Regional- und Wohnforschung GmbH ermittelt wurden (siehe „Grundlagendaten
für den empirischen Mietspiegel“ unter http://edith.senstadt.verwalt-
berlin.de/wohnen/mietspiegel2007). Dabei wird zur Gewichtung die Summe der auf die
einzelnen Kaltmietwerte entfallenden Wohnungen jeweils pro Zeile ins Verhältnis zur
Summe der insgesamt pro Zeile berücksichtigten Wohnungen gesetzt.
Danach entsprechen die Kaltmietwerte bei Wohnungen von 60 bis unter 90 m² folgenden
prozentualen Anteilen am berücksichtigten Gesamtbestand: 29,63 % (Spalte 2), 13,20
% (Spalte 4), 3,52 % (Spalte 5), 8,36 % (Spalte 6), 3,52 % (Spalte 7), 0,81 % (Spalte 8),
1,79 % (Spalte 9), 33,49 % (Spalte 10) und 5,71 % (Spalte 11).
Bei Multiplikation der so ermittelten prozentualen Anteile mit den zugehörigen, in den
einzelnen Mietspiegelzellen angegebenen Kaltmietwerten sowie Addition der Produkte je
Zeile ergibt sich für Wohnungen von 60 bis unter 90 m² ein durchschnittlicher,
gewichteter Kaltmietwert von monatlich 4,51 €/m².
Bei der Bemessung der abstrakt angemessenen Kaltmietwerte für 4-Personen-
Haushalte (bis 90 m² Wohnungsgröße) hält es die Kammer für sachgerecht, zugunsten
des Hilfebedürftigen nicht die durchschnittlichen, gewichteten Kaltmietwerte des
Wohnungsbestandes zugrunde zu legen, in welchen der Grenzwert fällt, sondern die
durchschnittlichen, gewichteten Kaltmietwerte des jeweils umfassten
Wohnungsbestandes der Berechnung zugrunde zu legen. Für Wohnungen bis
einschließlich 90 m² wurde somit der Wert der Wohnungen mit 60 m² bis kleiner 90 m²
angesetzt.
Die Nichtberücksichtigung der unterdurchschnittlichen Ausstattung sowie derjenigen
Wohnungen, für die keine Mietspiegeldaten vorliegen, führt dazu, dass lediglich 9,34 %
der vom Mietspiegel erfassten Wohnungen in dem von der Kammer gewichteten und
bereinigten Mietspiegel nicht miterfasst wurden. Die verwendeten Durchschnittswerte
basieren daher auf einer ausreichend großen und repräsentativ ermittelten Datenbasis.
c)
In einem letzten Schritt sind in das Produkt die kalten Betriebskosten einzubeziehen.
Die Kammer legt hierzu die ebenfalls im Auftrag der Senatsverwaltung für
Stadtentwicklung durch die GEWOS GmbH ermittelten Betriebskostenwerte für das Land
Berlin zugrunde (siehe „Grundlagendaten für den empirischen Mietspiegel“, a.a.O.).
Diese Daten enthalten Durchschnittswerte für die in den einzelnen Spalten
angegebenen Wohnungen, jedoch keine gesonderten Angaben zu Betriebskosten von
Wohnungen der einfachen Wohnlage oder mit unterdurchschnittlicher Ausstattung.
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Die Kammer hat daher zur Abbildung eines Durchschnittswertes die Betriebskostenwerte
der Spalten 2 sowie 4 bis 11 des Berliner Mietspiegels berücksichtigt. Dabei hat die
Kammer – wie bei der Ermittlung der Nettokaltmiete – die Betriebskosten für Wohnungen
mit weit unterdurchschnittlicher Ausstattung (Spalten vor 1, vor 3 und vor 5) sowie mit
unterdurchschnittlicher Ausstattung (Spalten 1 und 3) unberücksichtigt gelassen.
Danach fallen durchschnittliche kalte Betriebskosten für die in den Spalten 2 sowie 4 bis
11 angegebenen Wohnungen von monatlich 1,23 €, 1,47 €, 1,54 €, 1,56 €, 1,50 €, 1,82
€, 1,70 €, 1,46 € und 1,53 € je m² an. Diese Werte wurden wiederum im Verhältnis der
Anzahl der Wohnungen je Spalte des Mietspiegels zur Summe der berücksichtigten
Wohnungen insgesamt gewichtet. Die Anzahl der Wohnungen in den Spalten 2 sowie 4
bis 11 des Mietspiegels entspricht jeweils einem prozentualen Anteil von 27,56 %, 15,13
%, 7,62 %, 14,58 %, 6,42 %, 1,88 %, 1,26 %, 19,99 %, 5,56 % der dort erfassten
Wohnungen. Entsprechend dieser Gewichtung nach prozentualen Anteilen, wie
vorstehend für die Kaltmiete dargestellt, ergeben sich durchschnittliche kalte
Betriebskosten für diese im Mietspiegel erfassten Berliner Wohnungen von monatlich
1,44 €/m².
Wenn alternativ zur Abbildung eines allgemeinen Durchschnittswertes der
Betriebskosten die Angaben in den Spalten 1 bis 11 einschließlich der Spalten vor 1, vor
3, und vor 5 berücksichtigt werden, ergibt sich kein anderer Wert. Die Anzahl der
Wohnungen in diesen Spalten des Mietspiegels entspricht jeweils einem prozentualen
Anteil von 3,06 %, 6,86 %, 23,46 %, 1,07 %, 2,17 %, 12,87 %, 1,74 %, 6,48 %, 12,41 %,
5,47 %, 1,60 %, 1,07 %, 17,01 %, 4,73 % der dort insgesamt erfassten Wohnungen.
Entsprechend dieser Gewichtung ergeben sich ebenfalls gewichtete, durchschnittliche
kalte Betriebskosten von monatlich 1,44 €/m².
Die Kammer hat davon abgesehen, ihrer Entscheidung eine ungewichtete Addition aller
abstrakt möglichen Betriebskostenpositionen zugrunde zu legen (vgl.
Betriebskostenübersicht im Anhang I zum Berliner Mietspiegel 2007, S. 18). Da nicht für
jede Wohnung sämtliche Betriebskostenpositionen anfallen, würde deren Addition zu
einem überhöhten, nicht mehr angemessenen Wert führen.
d)
Wie eingangs dargestellt, ergibt sich der hier maßgebliche Wert der abstrakt
angemessenen Bruttokaltmiete aus dem Produkt von angemessener Wohnfläche und
der Summe aus angemessener Kaltmiete und angemessenen kalten Betriebskosten je
Quadratmeter. Dies ergibt eine abstrakt angemessene Bruttokaltmiete pro Monat für 3
Personen von 80 m² x 5,95 € (4,51 € + 1,44 € =) 476,00 € und für 4 Personen von 90 m²
x 5,95 € (4,51 € + 1,44 € =) 535,50 € (vgl. auch: Schifferdecker, Irgang, Silbermann,
Einheitliche Kosten der Unterkunft in Berlin. Ein Projekt von Richterinnen und Richtern
des Sozialgerichts Berlin., Archiv für Wissenschaft und Praxis der sozialen Arbeit, 1/2010,
S. 28 ff.).
e)
Die Kammer ist insoweit auch der Überzeugung, dass die als abstrakt angemessen
erachteten Unterkunftskosten auch im konkreten Fall angemessen sind. Denn Gründe
für eine Abweichung von den abstrakt als angemessen erachteten Aufwendungen für die
Unterkunft liegen nach Auffassung der Kammer hier nicht vor. Aufgrund des
Bedarfsdeckungsgrundsatzes ist ein besonderer Bedarf bisher in der Rechtsprechung bei
Behinderung oder Pflegebedürftigkeit (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom
21.04.2006, L 6 AS 248/06 ER), bei zusätzlichen Raumbedarf für ein Kind, das nicht nur
vorübergehend auswärts untergebracht ist, sich aber regelmäßig bei den Eltern aufhält
[Sozialgericht (SG) Berlin, Beschluss vom 03.08.2007, S 37 AS 19604/07 ER] und für die
regelmäßig, nicht nur kurzzeitige Wahrnehmung des Umgangsrechts (SG Leipzig, Urteil
vom 11.05.2007, S 7 AS 445/06) anerkannt worden. Den Entscheidungen ist insoweit
gemein, dass aufgrund des konkreten Einzelfalles entweder ein erhöhter Raumbedarf
oder eine besondere Ausstattung des Wohnraumes erforderlich war. Eine derartige - ggf.
auch vergleichbare - Situation liegt hier nicht vor. Allein der Umstand, dass sich die
Klägerin um ihre Enkel kümmert, führt nach Auffassung der Kammer nicht dazu, die
Übernahme der tatsächlichen Kosten der Unterkunft bzw. eine Überschreitung der
dargestellten Grenzwerte zu rechtfertigen. Insoweit ist nicht erkennbar, inwieweit
dadurch ein zusätzlicher Raumbedarf bzw. eine besondere Ausstattung – wie etwa bei
Behinderungen – erforderlich sein soll. Auch ist weder substantiiert dargelegt noch
nachgewiesen, vor welchem Hintergrund die erwerbsfähige Klägerin zum Zeitpunkt des
Umzuges auf altersgerechtes Wohnen angewiesen sein sollte. Im Rahmen der als
abstrakt angemessen erachteten Kosten der Unterkunft war es der Klägerin und den
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abstrakt angemessen erachteten Kosten der Unterkunft war es der Klägerin und den
ihrem Haushalt angehörenden Enkelkindern nebst Sohn nach Überzeugung der Kammer
möglich, Wohnraum anzumieten, der auch den individuellen Bedürfnissen der
Haushaltsgemeinschaft der Klägerin gerecht wird. Dies insbesondere auch im bisherigen
sozialen Umfeld. Insoweit verkennt die Kammer nicht, dass die bewohnte Wohnanlage
für die Klägerin besondere Annehmlichkeiten bietet. Nachdem die Klägerin jedoch auf
staatliche Transferleistungen angewiesen ist, war es ihr und den ihrem Haushalt
angehörenden Personen zuzumuten, darauf zu verzichten. Die Klägerin hat
diesbezüglich auch weder dargelegt noch nachgewiesen, dass Wohnraum zu den von der
Kammer als abstrakt angemessen erachteten Aufwendungen für die Unterkunft zum
Zeitpunkt des Umzuges nicht anmietbar war.
Soweit die AV-Wohnen bei über 60jährigen, allein erziehenden oder von Obdachlosigkeit
bedrohten erwerbsfähigen Hilfebedürftigen die Möglichkeit der Überschreitung der
Richtwerte der AV-Wohnen um 10% ermöglicht, bindet dies das Gericht nicht. Denn zum
einen handelt es sich bei der AV-Wohnen um eine bloße Verwaltungsvorschrift ohne
Außenwirkung. Zum anderen sieht auch die AV-Wohnen eine Überschreitung der
Richtwerte im Hinblick auf über 60jährige bzw. allein erziehende erwerbsfähige
Hilfebedürftige nur bei bestehendem Wohnraum und im Übrigen auch nur in solchen
Fällen vor, in denen die tatsächlichen Unterkunftskosten durch einen Aufschlag von
höchstens 10% im Ergebnis gedeckt werden können. Denn die Anerkennung eines
Unterkunftsbedarfs, der über den Richtwerten liegt, dient lediglich dem Zweck, dem
Hilfesuchenden den bestehenden Wohnraum trotz der Überschreitung des
angemessenen Betrages ausnahmsweise zu erhalten. Bei einer fortdauernden
Unterdeckung des Bedarfes könnte dieser Zweck jedoch nicht erreicht werden, da der
Verlust des Wohnraumes dennoch unausweichlich wäre (vgl. LSG Berlin-Brandenburg,
Beschluss vom 17.09.2008, L 34 B 1650/08 AS ER).
Folgt man dem insoweit nicht, ergibt sich im Übrigen eine Verpflichtung der Beklagten -
entgegen der Auffassung der Klägerin - auch nicht aus einer Selbstbindung der
Beklagten aufgrund der AV-Wohnen. Denn Verwaltungsvorschriften führen nur zu einer
internen Bindung der durch sie angewiesenen nachgeordneten Behörden. Sie können
hingegen keine anspruchsbegründende Außenwirkung im Verhältnis der Verwaltung zum
Bürger entfalten [vgl. beispielsweise Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom
19.03.1996, 1 C 34/93]. Als Ausgangspunkt einer zu einem Anspruch des Bürgers
führenden Selbstbindung der Verwaltung kommen Verwaltungsvorschriften nur dort in
Betracht, wo die Verwaltung nach der objektiven Rechtsordnung Entscheidungsfreiheit
für den Einzelfall hat. Dies ist dann der Fall, wenn ihr durch das objektive Recht die
Ermächtigung eingeräumt wird, bei Vorliegen bestimmter Tatbestandsmerkmale
letztverbindlich nach ihrem Ermessen zu entscheiden. In diesem Bereich dienen
Verwaltungsvorschriften unter anderem dem Zweck, bei gleich liegenden Sachverhalten
eine gleichmäßige Anwendung des Ermessens sicher zu stellen. Dabei beruht die
Selbstbindung der Verwaltung nicht auf einer normativen Allgemeinverbindlichkeit der
Verwaltungsvorschriften, die ihnen im Gegensatz zu Gesetz und Rechtsverordnung als
Quellen des objektiven Rechts nicht zukommt, sondern auf dem Gleichheitssatz des
Artikel 3 Grundgesetz (GG) als sog. Umschaltnorm. Dieser verlangt, dass die Verwaltung
ihr Ermessen gleichmäßig ausübt. Daraus folgt letztlich auch ein Anspruch des Bürgers,
in seinem Fall nicht ohne sachlichen Grund von der üblichen Ermessenshandhabung
abzuweichen.
Leistungen für Unterkunft und Heizung sind - wie bereits dargelegt - keine Ermessens-,
sondern Anspruchsleistungen, d. h. sie werden gewährt, wenn die gesetzlichen
Voraussetzungen vorliegen. Das Rundschreiben der Senatsverwaltung enthält damit
lediglich rechtsauslegende oder norminterpretierende Verwaltungsvorschriften, die als
Grundlage für eine mit Außenwirkung versehene Selbstbindung der Verwaltung nicht in
Betracht kommen. Da die Befugnis zur letztverbindlichen Auslegung des objektiven
Rechts anders als die gerade der Verwaltung eingeräumte Befugnis zur
Ermessensausübung den Gerichten übertragen ist, steht auch die in
Verwaltungsvorschriften enthaltene Rechtsauslegung unter dem Vorbehalt, dass sie die
Billigung durch die Rechtsprechung findet. Die Wirkung norminterpretierender
Verwaltungsvorschriften bleibt daher auf den internen Bereich der Verwaltung
beschränkt mit der Folge, dass ihre Beachtung oder Nichtbeachtung auf die
Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit eines in ihrer Anwendung ergangenen
Verwaltungsaktes keinen Einfluss hat (so das BVerwG, Urteil vom 10.12.1969, VIII C
104.69). Dieser ist nur dann rechtmäßig, wenn er in Übereinstimmung mit dem
objektiven Recht ergeht. Ob er den rechtauslegenden oder norminterpretierenden
Verwaltungsvorschriften entspricht, ist hingegen bedeutungslos, denn im Streitfall ist der
von den Gerichten anzulegende verbindliche Beurteilungsmaßstab allein aus dem
objektiven Recht zu entnehmen (vgl. BVerwG a.a.O.; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss
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objektiven Recht zu entnehmen (vgl. BVerwG a.a.O.; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss
vom 11.04.2008, L 19 B 27/08 AS NZB).
2.
Nach der Entscheidung des BSG im Urteil vom 02.07.2009, B 14 AS 36/08 R, – von der
abzuweichen die Kammer ebenfalls keinen Anlass sieht – können die Heizkosten nicht –
wie die angemessene Bruttokaltmiete – durch einen Rückgriff auf örtliche,
durchschnittliche, für „einfache“ Wohnungen anfallende Heizkosten bestimmt werden
(BSG, a.a.O.). Die Angemessenheit der Heizkosten ist gesondert zu ermitteln.
Zur Bestimmung der Angemessenheit der Heizkosten sind die tatsächlichen Kosten für
die Heizung [dazu unter a)] mit einen Grenzwert abzugleichen, der kostspieliges oder
unwirtschaftliches Heizen indiziert [dazu unter b)]. Soweit die tatsächlich anfallenden
Heizkosten diesen Grenzwert nicht überschreiten, sind sie als angemessen anzusehen
und vom Sozialleistungsträger zu übernehmen (vgl. BSG, Urteil vom 02.07.2009, B 14
AS 36/08 R).
a)
Im vorliegenden Fall fielen monatliche Heiz- und Warmwasserkosten von 85,00 € an.
Nachdem die Heizkosten auch die Kosten der Warmwasserbereitung enthalten, sind sie
um den hierfür in der Regelleistung enthaltenen Betrag zu reduzieren (vgl. BSG, Urteile
vom 27.02.2008, B 14/11b AS 15/07 R und vom 02.07.2009, B 14 AS 36/08 R, Rn. 17).
Denn ein Anspruch auf Übernahme der Heizkosten besteht nur, sofern der Bedarf nicht
bereits anderweitig gedeckt ist. Die Kosten der Warmwasseraufbereitung sind aber
bereits von der Regelleistung nach § 20 SGB II erfasst. Dies ergibt sich aus § 20 Abs. 1 S.
1 SGB II, wonach die Regelleistung auch die auf die Haushaltsenergie ohne die auf die
Heizung entfallenden Anteile umfasst Sofern keine konkrete Erfassung der
Warmwasserbereitung möglich ist, darf (nur) der tatsächlich von der Regelleistung
umfasste Betrag von den Kosten der Unterkunft herausgerechnet und in Abzug
gebracht werden, um eine Doppelgewährung zu vermeiden (vgl. BSG, Urteil vom
27.02.2008, B 14/11b AS 15/07).
Danach waren hier im Zeitraum vom 01.06.2006 bis 31.10.2006 (6,22 € + 3,73 € + 3,73
€ =) 13,68 € - und nicht die von der Beklagten berücksichtigten 16,80 € - sowie für den
Zeitraum vom 01.11.2006 bis 30.11.2006 (6,22 € + 3,73 € + 3,73 € + 4,98 € =) 18,66 €
- und nicht die von der Beklagten berücksichtigen 20,70 € - abzuziehen (vgl. BSG, Urteil
vom 27.02.2008, B 14/11b AS 15/07), so dass Heizkosten in Höhe von 71,32 €
(Zeitraum 01.06.2006 bis 31.06.2006) bzw. 66,34 € (Zeitraum 01.11.2006 bis
30.11.2006) anfielen.
b)
Die so bestimmten tatsächlichen Heizkosten sind mit einem Grenzwert abzugleichen,
der kostspieliges oder unwirtschaftliches Heizverhalten und damit unangemessene
Heizkosten indiziert.
Der Grenzwert ist anhand des für die jeweilige Heizungsart und Wohnanlagengröße
geltenden höchsten Kostenwerts des lokalen bzw. – solange in Berlin ein solcher nicht
existiert – „Bundesweiten Heizspiegels“ zu ermitteln (vgl. http://www.heizspiegel.de; für
vergangene Jahre vgl. die Datenbank unter http://www.mieterbund.de). Das BSG zieht in
seinem Urteil vom 02.07.2009 hierzu die Vergleichswerte für öl-, erdgas- und
fernwärmebeheizte Wohnungen, gestaffelt nach der von der jeweiligen Heizungsanlage
zu beheizenden Wohnfläche heran, die hinsichtlich des Heizenergieverbrauchs zwischen
"optimal", "durchschnittlich", "erhöht" und "extrem hoch“ unterscheiden. Der Grenzwert,
den das BSG der Angemessenheitsprüfung zu Grunde legt, ist das Produkt aus dem
Wert für "extrem hohe“ Heizkosten bezogen auf den jeweiligen Energieträger und die
Größe der Wohnanlage und dem Wert, der sich für den Haushalt des Hilfebedürftigen als
abstrakt angemessene Wohnfläche ergibt. Insofern wird der Wert für extrem hohe
Heizkosten nur bezogen auf die angemessene Quadratmeterzahl zu Grunde gelegt, was
bereits ein Korrektiv hinsichtlich der Höhe der Heizkosten darstellt, zugleich aber auch
die Vergleichbarkeit der Heizkosten mit denen einer typischerweise angemessenen
Wohnung ermöglicht.
Im vorliegenden Fall wird die Wohnung mit Erdgas beheizt. Die Heizungsanlage beheizt
eine Gebäudefläche von insgesamt mehr als 1.000 m². Der nach dem „Bundesweiten
Heizspiegel“ für das Jahr 2007 – auf Basis der Vergleichswerte aus 2006 – maßgebliche
Faktor für extrem hohe Heizkosten beträgt somit 1,250 € je m² und Monat. Multipliziert
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Faktor für extrem hohe Heizkosten beträgt somit 1,250 € je m² und Monat. Multipliziert
mit der angemessenen Wohnungsgröße für 3 Personen von höchstens 80 m² bzw. 4
Personen von höchstens 90 m² ergibt sich ein Grenzwert für angemessene Heizkosten
von 100,00 € im Monat (Zeitraum 01.06.2006 bis 31.06.2006) bzw. 112,00 € im Monat
(Zeitraum 01.11.2006 bis 30.11.2006). Die angefallenen Heizkosten überschreiten hier
die Grenzwerte nicht, so dass die tatsächlichen Heizkosten berücksichtigungsfähig sind.
Nach alledem betragen die angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung für einen
3- Personen-Haushalt [80 m² x 5,95 € (4,51 € + 1,44 €) + 71,32 €] = 547,32 €. Der
Individualanspruch der Klägerin beträgt danach im Zeitraum vom 01.06.2006 bis
31.10.2006 (1/3) 182,44 € monatlich und nicht - wie von der Beklagten bewilligt - 175,06
€.
Der Anspruch für einen 4-Personen-Haushalt beträgt [90 m² x 5,95 € (4,51 € + 1,44 €) +
66,34 € =] 601,84 €, so dass sich ein Individualanspruch der Klägerin (1/4) auf 150,46 €
anstatt der von der Beklagten bewilligten 149,56 € ergibt.
Die Beklagte war danach zur verurteilen, der Klägerin die angemessenen Kosten der
Unterkunft und Heizung zu gewähren. Daraus ergibt sich ein Anspruch auf weitere
Leistungen für Unterkunft und Heizung im Zeitraum vom 01.06.2006 bis 31.10.2006 in
Höhe von monatlich 7,38 € und im Zeitraum vom 01.11.2006 bis 30.11.2006 in Höhe
von 0,90 €, mithin in Höhe von insgesamt 37,80 €.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Danach liegt die Kostenentscheidung im
Ermessen des Gerichts, wobei alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind (vgl.
LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 06.12.2007, L 13 B 296/07 SB). Die
Obsiegensquote der Klägerin entspricht hier (Begehren: weitere 1.076,26 € ó Anspruch
auf weitere: 37,80 € =) 1/25 (4 %) und fällt damit nicht wesentlich ins Gewicht
[Rechtsgedanke des § 92 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO)], so dass nach Überzeugung
der Kammer, die Beklagte nicht zu einer teilweisen Erstattung der außergerichtlichen
Kosten der Klägerin zu verpflichten war.
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