Urteil des SozG Altenburg vom 29.09.2008

SozG Altenburg: gemeinde, unterkunftskosten, heizung, deckung, betriebskosten, bewirtschaftung, wertsteigerung, abgabe, stundung, zwangsvollstreckung

Sozialgericht Altenburg
Urteil vom 29.09.2008 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Altenburg S 27 AS 3404/06
Thüringer Landessozialgericht L 7 AS 1082/08
1. Der Bescheid vom 22.05.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.11.2007 wird aufgehoben.
2. Der Bescheid vom 08.06.2006 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 12.09.2006 und 10.11.2006 in Gestalt
des Widerspruchsbescheids vom 15.11.2006 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 22.05.2007 sowie der
Bescheid vom 20.06.2006 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 11.09.2006 und 10.11.2006 in Gestalt des
Widerspruchsbescheids vom 15.11.2006 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 03.04.2007 werden
abgeändert.
3. Die Beklagte wird verurteilt, den Straßenausbaubeitrag aus dem Bescheid der Gemeinde D. vom 12.04.2006 in
Gestalt des Änderungsbescheids vom 06.09.2006 als Kosten der Unterkunft zu übernehmen.
4. Die Beklagte wird darüber hinaus verurteilt, an die Klägerin für die Zeit vom 01.03.2006 bis 31.03.2006 zusätzlich
Leistungen i. H. v. 43,82 EUR, für die Zeit vom 01.04.2006 bis 30.04.2006 zusätzlich Leistungen i. H. v. 205,60 EUR,
für die Zeit vom 01.05.2006 bis 30.06.2006 zusätzlich Leistungen i. H. v. 5,60 EUR monatlich, für die Zeit vom
01.07.2006 bis 31.08.2006 zusätzlich Leistungen i. H. v. 5,83 EUR monatlich, für die Zeit vom 01.09.2006 bis
30.09.2006 zusätzlich Leistungen i. H. v. 17,31 EUR und für die Zeit vom 01.10.2006 bis 31.12.2006 zusätzlich
Leistungen i. H. v. 5,83 EUR monatlich zu zahlen.
5. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu tragen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, wie hoch die Kosten der Unterkunft der Klägerin im Jahr 2006 gewesen waren.
Die Klägerin bewohnt ein Eigenheim in D. Sie bezieht seit dem 01.01.2005 von der Beklagten Leistungen nach dem
Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Das Eigenheim der Klägerin wird hauptsächlich mit Strom beheizt. Einen
getrennten Zähler für Haushalts- bzw. Heizungsstrom gibt es nicht. Für die Zeit vom 01.01.2006 bis 31.05.2006
musste die Klägerin eine Abschlagszahlung i. H. v. 79,00 EUR an den Stromanbieter zahlen, ab dem 01.06.2006 war
ein Stromabschlag i. H. v. 45,00 EUR zu zahlen.
Mit Bescheid vom 22.12.2005 bewilligte die Beklagte Leistungen für die Zeit vom 01.01.2006 bis 31.03.2006 i. H. v.
376,33 EUR und für die Zeit vom 01.04.2006 bis 30.06.2006 i. H. v. 360,33 EUR.
Die Gemeinde D. zog die Klägerin mit Bescheid vom 12.04.2006 zu Straßenausbaubeiträgen heran. Sie verlangte von
der Klägerin die Zahlung von 2.110,15 EUR, fällig einen Monat nach Bekanntgabe. Zum genauen Inhalt des
Bescheids wird auf Bl. 105 ff. der Verwaltungsakte verwiesen.
Mit Änderungsbescheid vom 08.06.2006 setzte die Beklagte die Leistungshöhe für die Zeit vom 01.01.2006 bis
30.06.2006 neu fest. Die Straßenausbaubeiträge wurden hierbei nicht berücksichtigt. Zum genauen Inhalt des
Bescheids wird auf Bl. 118 ff. der Verwaltungsakte verwiesen. Mit Bescheid vom 20.06.2006 bewilligte die Beklagte
für die Zeit vom 01.07.2006 bis 31.12.2006 Leistungen i. H. v. monatlich 377,28 EUR. Gegen die Bescheide vom
08.06.2006 und vom 20.06.2006 legte die Klägerin Widerspruch ein.
Mit Änderungsbescheid vom 11.09.2006 (Bl. 168 ff. der Verwaltungsakte) und vom 12.09.2006 (Bl. 177 ff. der
Verwaltungsakte) wurde die Leistungshöhe für die Zeit vom 01.01.2006 bis 31.12.2006 neu festgesetzt.
Die Gemeinde D. reduzierte mit Änderungsbescheid vom 06.09.2006 die Beitragsforderung auf 1.638,87 EUR.
Durch Änderungsbescheide vom 10.11.2006 (Bl. 207 ff. der Verwaltungsakte) setzte die Beklagte die Leistungshöhe
für die Zeit vom 01.01.2006 bis 31.12.2006 neu fest.
Die Beklagte wies die Widersprüche durch zwei Widerspruchsbescheide vom 15.11.2006 zurück. Hierin führt sie aus,
dass bei der Berechnung der Heizkosten von der Stromabschlagszahlung der Betrag abzuziehen sei, der bereits in
der Regelleistung für Haushaltsstrom enthalten sei. Der Anteil betrage 7,7%. Weiterhin ging die Beklagte davon aus,
dass der Sohn der Klägerin bis zum 01.03.2006 im Haus gewohnt habe, weswegen für Januar und Februar 2006
lediglich die hälftigen Unterkunftskosten berücksichtigt werden könnten. Zum genauen Inhalt der
Widerspruchsbescheide wird auf Bl. 212 ff. der Verwaltungsakte verwiesen.
Gegen die Bescheide erhob die Klägerin am 12.12.2006 beim Sozialgericht Altenburg Klage. Die Verfahren werden
unter dem Az. S 27 AS 3404/06 und S 27 AS 3405/06 geführt.
Mit Änderungsbescheid vom 03.04.2007 bewilligte die Beklagte vorläufig für die Zeit vom 01.09.2006 bis 30.09.2006
Leistungen i. H. v. 2.050,24 EUR. Die Beklagte erkannte für diese Zeit die Straßenausbaubeiträge als Kosten der
Unterkunft an und setzte insoweit einen Beschluss des Sozialgerichts Altenburg vom 14.03.2007 um (S 27 AS
3273/06 ER).
Nachdem der Beklagten bekannt geworden war, dass der Sohn der Klägerin erst zum 01.04.2006 ausgezogen ist, hob
sie nach vorheriger Anhörung ihre Bewilligung für die Zeit vom 01.03.2006 bis 31.03.2006 mit Bescheid vom
22.05.2007 i. H. v. 49,04 EUR auf und forderte den gezahlten Betrag von der Klägerin zurück. Der hiergegen
eingelegte Widerspruch vom 19.06.2007 wurde mit Widerspruchsbescheid vom 27.11.2007 zurückgewiesen. Zur
genauen Begründung des Widerspruchsbescheids wird auf Bl. 285 ff. der Verwaltungsakte verwiesen.
Die hiergegen am 18.12.2007 beim Sozialgericht Altenburg erhobene Klage wird unter dem Az. S 27 AS 3689/07
geführt.
Das Gericht hat mit Beschluss vom 29.09.2008 die Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung
miteinander verbunden. Führend ist das Verfahren S 27 AS 3404/06.
Die Klägerin ist der Meinung, dass die Straßenausbaubeiträge als Kosten der Unterkunft zu erstatten seien. Darüber
hinaus sei im Dezember eine Zaunreparatur erforderlich gewesen, für die Kosten i. H. v. 11,48 EUR angefallen seien.
Weiterhin habe die Klägerin im März 2006 und April 2006 je 200,00 EUR für Brennholz ausgegeben. Letztlich sei der
von der Beklagten durchgeführte Abzug von den Stromkosten nicht in der Höhe gerechtfertigt.
Die Klägerin beantragt,
1. den Bescheid vom 22.05.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.11.2007 aufzuheben.
2. den Bescheid vom 08.06.2006 in Fassung des Änderungsbescheids vom 12.09.2006 und 10.11.2006 in Gestalt des
Widerspruchsbescheids vom 15.11.2006 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 22.05.2007 sowie den
Bescheid vom 20.06.2006 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 11.09.2006 und 10.11.2006 in Gestalt des
Widerspruchsbescheids vom 15.11.2006 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 03.04.2007 abzuändern und
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für die Zeit vom 01.01.2006 bis 31.12.2006 höhere Leistungen zur
Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Meinung, dass die Straßenausbaubeiträge nicht zu den öffentlichen Abgaben gehören, die von den
Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nach § 7 der Verordnung zu § 82 des Zwölften Buches
Sozialgesetzbuch (SGB XII) abgesetzt werden und damit im Rahmen der Unterkunftskosten übernommen werden
können. Bewohne der Hilfebedürftige ein geschütztes Eigenheim, gelten für ihn bezüglich der Unterkunftskosten die
gleichen Bedingungen wie für einen Mieter. Zu den Kosten der Unterkunft zählen grundsätzlich neben der Kaltmiete
alle Kosten, die nach § 27 der Zweiten Berechnungsverordnung vom Vermieter auf den Mieter umgelegt werden
können, darunter auch laufende öffentliche Lasten des Grundstücks, namentlich die Grundsteuer. Treten Kosten - wie
der Straßenausbaubeitrag - dagegen nur einmalig oder durch eine besondere Belastung in einer Ausnahmesituation
auf, handele es sich nicht um Betriebskosten. Es entfalle die Umlagemöglichkeit auf den Mieter. Allgemein lasse sich
sagen, dass Betriebskosten dann entstehen, wenn es objektbezogene Kosten seien und wenn es Kosten der
ordentlichen Bewirtschaftung seien. Der Eigenheimbesitzer müsse insofern die gleichen Bedingungen gegen sich
gelten lassen wie der Mieter.
Straßenausbaubeiträge seien auch keine Instandsetzungskosten, die dem Eigentümer eines geschützten
Eigenheimes im Rahmen der Unterkunftskosten zu gewähren seien. Zum einen fehle es schon an der
Objektbezogenheit, zum anderen führe ein Straßenausbau naturgemäß zu einer Verbesserung der Infrastruktur, was
bei der betreffenden Immobilie zu einer Wertsteigerung führe. Dieser Umstand solle aber gerade im Rahmen der
Transferleistungen nicht mit finanziert werden. Letztlich habe zu keinem Zeitpunkt eine Verpflichtung zur Zahlung von
1.638,87 EUR bestanden, da die Gemeinde D. einer Stundung zugestimmt habe.
Weiterhin macht die Beklagte geltend, dass die Kosten der Zaunreparatur nicht zu übernehmen seien, da es sich
hierbei um keine erstattungsfähigen Erhaltungsaufwendungen handeln würde. Bei der Prüfung von
Instandhaltungsmaßnahmen seien nur die existenziell notwendigen Bedarfe, die der Wiederherstellung- bzw. dem
Erhalt der Funktions- und Gebrauchsfähigkeit der Immobilie als Wohnung dienen, sicherzustellen. Eine Zaunreparatur
gehöre nicht zu dem existenziell notwendigen Bedarf.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist bezüglich des Bescheides vom 22.05.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.11.2007 als
Anfechtungsklage gem. § 54 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) und im Übrigen als kombinierte Anfechtungs-
und Leistungsklage gem. § 54 Abs. 4 SGG zulässig und begründet.
Die Beklagte hat für den streitgegenständlichen Zeitraum vom 01.01.2006 bis 31.12.2006 zu wenig Kosten für
Unterkunft und Heizung übernommen.
Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen
Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Ziel der Vorschrift ist es, die existenziell notwendigen
Bedarfe der Unterkunft und Heizung sicherzustellen. Dabei setzt sich der Unterkunftsbedarf aus mehreren Bausteinen
zusammen. In erster Linie kommen insoweit die Kosten im Zusammenhang mit der Unterkunft selbst in Betracht (vgl.
Lang in Eicher/Spellbrink, SGB II, § 22 Rn. 15).
Bei der Berücksichtigung der Abschlagszahlung für den Bezug von Haushalts- und Heizungsstrom ist die Beklagte zu
Recht davon ausgegangen, dass der Betrag abzuziehen ist, der bereits in der Regelleistung für Haushaltsstrom (§ 20
Abs. 1 SGB II) enthalten ist. Dies sind jedoch nicht 7,7 % (bei einer Regelleistung von 345 EUR entspricht dies 26,56
EUR), sondern, wie das Bundessozialgericht (BSG) in seinem Urteil vom 27.02.2008 (B 14/11b AS 15/07 R)
klargestellt hat, 20,74 EUR bei einer Regelleistung von 345 EUR. Der Betrag ist bei der im streitigen Zeitraum
geltenden unterschiedlichen Höhe der Regelleistung entsprechend anzupassen. Darüber hinaus ist zu
berücksichtigen, dass in der Zeit vom 01.01.2006 bis 31.03.2006 noch der Sohn der Klägerin im Hauhalt gewohnt hat.
Es sind daher bei der Klägerin nur die Hälfte der Stromkosten anzusetzen. Soweit die Beklagte einen zu hohen Anteil
abgezogen hat, sind die entsprechenden Fehlbeträge zu erstatten.
Im Zeitraum 01.09.2006 bis 30.09.2006 sind weiterhin die Kosten für die Zaunreparatur zu berücksichtigen. Es handelt
sich hierbei um Aufwendungen im Zusammenhang mit der Unterkunft, die lediglich der Erhaltung und nicht der
Wertsteigerung dienen, und auch von einem Nichthilfebedürftigen getätigt worden wären.
In den Monaten März und April 2006 sind außerdem noch die Kosten für das bezogene Brennholz zu übernehmen, im
März nur in Höhe von 100 EUR, da zu diesem Zeitpunkt noch der Sohn der Klägerin im Haushalt wohnte. Im April ist
die komplette Rechnung von 200 EUR zu berücksichtigen.
Aufgrund des zu hohen Abzuges bei der Stromabschlagszahlung und der Kosten für den Bezug von Brennholz ergibt
sich für März 2003 anstatt einer Überzahlung ein noch ausstehender Betrag in Höhe von 43,82 EUR. Der Bescheid
vom 22.05.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.11.2007 ist folglich aufzuheben. Die im Übrigen im
Tenor genannten Beträge ergeben sich unter Berücksichtigung des zu hohen Stromabschlags, der Kosten für
Brennholz im April 2006 und der Kosten für die Zaunreparatur im September 2006.
Entgegen der Auffassung der Beklagten sind auch die Straßenausbaubeiträge aus dem Bescheid der Gemeinde D.
vom 12.04.2006 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 06.09.2006 als Kosten der Unterkunft zu übernehmen.
Hierbei kann die Kammer offen lassen, ob die Kosten im September 2006 oder schon im April bzw. Mai 2006 zu
berücksichtigen waren, weil das ganze Jahr 2006 hier streitgegenständlich ist.
Bei selbstgenutzten Eigenheimen zählen zu den Kosten der Unterkunft alle mit dem Eigentum verbundenen
notwendigen Ausgaben. Im Grundsatz sind die Beträge, die bei der Berechnung der Einkünfte aus Vermietung und
Verpachtung gem. § 7 Abs. 2 der VO zu § 82 SGB XII abzusetzen sind, als Aufwendungen für die Unterkunft
anzusetzen (vgl. Eicher/Spellbrink, § 22 SGB II Rn. 26; Hauck/Noftz, § 22 SGB II Rn. 14). Zu den Ausgaben gehören
1. Schuldzinsen und dauernde Lasten,
2. Steuern vom Grundbesitz, sonstige öffentliche Abgaben und Versicherungsbeiträge,
3. Leistungen auf die Hypothekengewinnabgabe und die Kreditgewinnabgabe, soweit es sich um Zinsen nach § 211
Abs. 1 Nr. 2 des Lastenausgleichsgesetzes handelt,
4. der Erhaltungsaufwand,
5. sonstige Aufwendungen zur Bewirtschaftung des Haus- und Grundbesitzes, ohne besonderen Nachweis der
Aufwendungen in Höhe von 1 vom Hundert der Jahres- roheinnahmen.
Zum Erhaltungsaufwand im Sinne des Satzes 1 Nr. 4 gehören die Ausgaben für Instandsetzung und Instandhaltung,
nicht jedoch die Ausgaben für Verbesserungen.
Bei dem Straßenbaubeitrag handelt es sich um eine sonstige öffentliche Abgabe im Sinne von § 7 Abs. 2 Nr. 2 der
VO zu § 82 SGB XII. Öffentliche Abgaben sind hoheitlich geltend gemachte öffentlich-rechtliche Geldforderungen, die
von allen erhoben werden, die einen normativen Tatbestand erfüllen, und zur Deckung des Finanzbedarfs des
Hoheitsträgers für die Erfüllung seiner öffentlichen Aufgaben dienen. Zu den öffentlichen Abgaben gehören neben den
Steuern auch Beiträge und Gebühren. Beiträge sind Geldleistungen, die zur vollen und teilweisen Deckung des
Aufwandes einer öffentlichen Einrichtung von denjenigen erhoben werden, denen die Herstellung oder der Bestand der
Einrichtung besondere Vorteile gewährt. Dabei genügt es, dass der Pflichtige die Möglichkeit hat, diese Vorteile in
Anspruch zu nehmen (siehe zum Beitragsbegriff Jarass/Pieroth, Art. 105 GG Rn. 15).
Bei dem konkreten Straßenbaubeitrag handelt es sich um einen Beitrag in diesem Sinne, denn der Ausbau der
entsprechenden Straße gewährt den Anliegern zumindest die Möglichkeit eines besonderen Vorteils.
Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, dass wertsteigernde Erneuerungsaufwendungen nicht durch den
Leistungsträger übernommen werden können. In § 7 der VO zu § 82 SGB XII wird in Abs. 2 Satz 2 nach
Instandsetzung/Instandhaltung und Verbesserung unterschieden. Allerdings bezieht sich diese Unterscheidung nur auf
Nr. 4. Nur im Rahmen des Erhaltungsaufwandes ist zwischen werterhaltend und wertsteigernd zu trennen. Für die hier
einschlägige Nr. 2 wird diese Unterscheidung gerade nicht vorgenommen. Dies ist vor dem Hintergrund, dass
Abgabenschuldner nicht nur nicht die Wahl, sondern sogar keinerlei Einfluss darauf haben, ob die jeweilige Maßnahme
durchgeführt wird, auch sachgerecht. Eine andere Sichtweise hätte die Konsequenz, dass die Klägerin wegen der
Beitragsforderung die Zwangsvollstreckung in ihr Grundstück dulden muss. Dies widerspricht der in § 12 Abs. 3 Nr. 4
SGB II vollzogenen Wertung, wonach bei Arbeitslosengeld II-Empfängern ein selbstgenutztes Hausgrundstück von
angemessener Größe als Vermögen unberücksichtigt bleiben soll. Das Gericht folgt diesbezüglich der
Rechtsauffassung des SG Dresden (Gerichtsbescheid v. 10.07.2006, Az. S 34 AS 293/05).
Dieser Einschätzung steht auch nicht entgegen, dass die Kosten für einen Straßenausbaubeitrag nicht auf einen
Mieter umgelegt werden können. Zum einen ändert dies nichts an der Qualifizierung als öffentliche Abgabe, § 7 Abs. 2
Nr. 2 der VO zu § 82 SGB XII nimmt eine solche Differenzierung, wie sie die Beklagte vorschlägt, gerade nicht vor.
Zum anderen besteht für den Vermieter die Möglichkeit, seine Miete so zu kalkulieren, das hierin ein Betrag für
mögliche Straßenausbaubeiträge enthalten ist, er kann also die Kosten doch an die Mieter weiterreichen.
Der Pflicht zur Übernahme der Straßenausbaubeiträge steht auch nicht entgegen, dass der Betrag teilweise gestundet
war. Dies folgt zum einen daraus, dass die Klägerin nur deswegen eine Stundungsvereinbarung schloss, weil sich die
Beklagte weigerte, die Kosten zu übernehmen. Sie wollte eine Zwangsvollsteckung vermeiden. Dieses durch die
Beklagte veranlasste Verhalten darf der Klägerin nicht zum Nachteil gereichen. Darüber hinaus bedeutet die Stundung
einer Forderung ja nicht, dass sie nicht vollständig bezahlt werden kann. Es droht nur keine Zwangsvollstreckung,
solange die Raten gezahlt werden. Die Schuld bestand aber weiterhin in voller Höhe und musste von der Klägerin
bezahlt werden. Sie gehört damit zum Bedarf.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.