Urteil des SozG Aachen vom 19.08.2009

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Sozialgericht Aachen, S 19 SO 21/09
Datum:
19.08.2009
Gericht:
Sozialgericht Aachen
Spruchkörper:
19. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
S 19 SO 21/09
Nachinstanz:
Landessozialgericht NRW, L 20 SO 58/09
Sachgebiet:
Sozialhilfe
Rechtskraft:
nicht rechtskräftig
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Berufung
wird zugelassen.
Tatbestand:
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Der Kläger begehrt die Übernahme von Kosten für die Anschaffung eines Arzneimittels
aus Sozialhilfemitteln.
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Der am 00.00.00 geborene Kläger ist Rentner und als solcher bei der D BKK W
gesetzlich krankenversichert. Unterstützend erhält er Leistungen der Grundsicherung im
Alter und bei Erwerbsminderung. Seinen Antrag auf Übernahme von 20.- Euro für die
"Aufzahlung Festbetrag" bei der Anschaffung des Medikaments "N" lehnte der Beklagte
mit Bescheid vom 27.10.2008 ab und führte zur Begründung aus, einen Anspruch auf
Hilfe zur Gesundheit nach den Vorschriften des Sozialgesetzbuchs - Zwölftes Buch -
Sozialhilfe - (SGB XII) habe der Kläger wegen der bestehenden gesetzlichen
Krankenversicherung nicht. Im Übrigen sei der Leistungsumfang bei der Krankenhilfe
mit dem der gesetzlichen Krankenversicherung identisch. Den mit Schreiben vom
30.10.2008 erhobenen und nicht näher begründeten Widerspruch wies der Beklagte mit
Bescheid vom 03.02.2009 (zugestellt am 06.02.2009) unter Hinweis auf das Urteil des
SG Aachen vom 15.10.2008, S 19 (20) SO 23/08, zurück.
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Hiergegen richtet sich die am 06.03.2009 erhobene Klage.
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Der Kläger führt aus, der Beklagte habe im Widerspruchsbescheid sein Ermessen nicht
ordnungsgemäß ausgeübt. Im Übrigen habe auch das BSG in seinem Urteil vom
22.04.2008, B 1 KR 10/07 R, "höhere Zuzahlungen und/oder Aufzahlungen als
Unterschreitung des Existenzminimums bezeichnet".
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Der Kläger beantragt,
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den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 27.10.2008 in der Fassung des
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Widerspruchsbescheides vom 03.02.2009 zu verurteilen, an ihn 20.- Euro zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er bleibt bei seiner Auffassung.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die
gewechselten Schriftsätze und die übrige Gerichtsakte sowie die beigezogene
Verwaltungsakte, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung
gewesen ist, verwiesen.
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Entscheidungsgründe:
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Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger ist durch die angegriffenen
Entscheidungen nicht beschwert i.S.d. § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Er hat keinen Anspruch auf Erstattung von Zuzahlungen für Medikamente.
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Einen Anspruch auf Hilfe zur Gesundheit hat der Kläger wegen der bestehenden
Krankenversicherung nicht, § 2 Abs. 1 SGB XII. Außerdem ist - wie der Beklagte völlig
zutreffend ausführt - der Leistungsumfang im Rahmen der Krankenhilfe identisch mit
dem der Gesetzlichen Krankenversicherung. Mit dieser Angleichung wollte der
Gesetzgeber gezielt eine Besserstellung von Sozialhilfeempfängern gegenüber
Pflichtversicherten verhindern. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird im Übrigen
auf das gegenüber denselben Beteiligten ergangene Urteil der Kammer vom
15.10.2008, S 19 (20) SO 23/08, verwiesen.
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Darüber hinaus dringt der Kläger auch mit dem Vortrag nicht durch, mangels
vollständiger Kostenübernahme durch den Träger der Krankenversicherung könne es
zu einer Unterdeckung seines verfassungsrechtlich garantierten Existenzminimums
kommen. Ungeachtet dessen, ob eine solche Unterschreitung nach dem Umständen
des vorliegenden Falles überhaupt in Betracht kommt, wäre es nach Auffassung der
Kammer in einem solchen Fall Sache des Krankenversicherungsrechts, diesem
Notstand - ggf. in verfassungskonformer Auslegung der einschlägigen
leistungsrechtlichen Vorschriften - abzuhelfen. Ordnet das Gesetz den Hilfebedürftigen
jedoch der Gesetzlichen Krankenversicherung zu, so ist diese für dessen Absicherung
im Krankheitsfall zuständig. Eine subsidäre Einstandspflicht des Sozialhilfeträgers für
nicht von der Krankenversicherung übernommenen Leistungen scheidet aus.
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Ein Anspruch nach § 73 SGB XII scheidet ebenfalls aus, da weder dargetan noch
ersichtlich ist, dass der Kläger die Kosten nicht aus dem Regelsatz zu tragen vermag
(vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22.06.2007, L 1 B 70/07 AS ER).
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, die Entscheidung über die Zulassung
der Berufung auf denselben Erwägungen wie im Verfahren S 19 (20) SO 23/08.
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