Urteil des OVG Schleswig-Holstein vom 02.04.2017

OVG Schleswig-Holstein: treu und glauben, gemeinde, aufwand, mehrbelastung, kostenbeteiligung, folgekosten, stadt, öffentlich, herstellungskosten, abwasserbeseitigung

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Gericht:
Oberverwaltungsgericht
für das Land Schleswig-
Holstein 2. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
2 LB 16/10
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 11 Abs 1 S 2 Nr 3 BauGB,
§ 123 Abs 1 BauGB, § 8
KAG SH
Städtebaulicher Vertrag; Erschließungsträger
Leitsatz
Es bleibt offen, ob die Beitragserhebung nach § 8 KAG durch städtebaulichen Vertrag
nach § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BauGB ersetzt werden kann.
Jedenfalls ist es zulässig, dass ein Erschließungsträger vertraglich Aufwendungen für
den notwendigen Ausbau leitungsgebundener Einrichtungen außerhalb des
Erschließungsgebiets übernimmt, wenn der Vertrag die Erhebung von
Anschlussbeiträgen dem Grunde nach unberührt lässt.
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen
Verwaltungsgerichts - 9. Kammer - vom 21. April 2010 geändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 30.405,16 Euro nebst Zinsen in Höhe
von 8 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten wird nachgelassen, die vorläufige Vollstreckung durch
Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages
abzuwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die klagende Stadt Mölln begehrt von der beklagten Grundstücksgesellschaft
Zahlung in Höhe von 30.405,16 Euro auf der Grundlage eines städtebaulichen
Vertrages.
Die Beklagte erwarb in der Vergangenheit mehrfach Grundstücke im Gebiet der
Stadt Mölln und veräußerte sie nach Baureifungmachung und Erschließung weiter.
Mit notariellem Erschließungsvertrag vom 18. Dezember 2000 wurde ihr die
Erschließung für das mit dem Bebauungsplan Nr. ... überplante Gebiet übertragen.
Die Erschließung umfasste danach auch die Herstellung bzw. den Ausbau der
öffentlichen Abwasseranlagen. Daneben schlossen die Parteien am selben Tage
einen „städtebaulichen Vertrag gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Baugesetzbuch
(BauGB) für die Übernahme der Folgekosten zu den Bebauungsplänen Nr. ... der
Stadt Mölln“. Gegenstand dieses Vertrages ist die Finanzierung eines für die
geplante Bebauung des Gebietes Mölln-Nord (Gebiet der Bebauungspläne Nrn. 75,
76, 77, 78 und 80) notwendigen Dükers außerhalb des Baugebietes. Bei diesem
Düker handelt es sich um eine Schmutzwasserdruckleitung von den Baugebieten
durch den Möllner See zur Kläranlage. Von den dafür erforderlichen, auf 400.000,--
DM geschätzten Kosten sollte die Beklagte 15 % übernehmen.
Die Beklagte stellte in der Folgezeit die Erschließungsanlagen im Bereich des
Bebauungsplanes Nr. ... in zwei Bauabschnitten her. Mit Bescheiden vom 15. Juli
2005, 12. Dezember 2005 und 09. Februar 2006 setzte die Klägerin nach Maßgabe
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2005, 12. Dezember 2005 und 09. Februar 2006 setzte die Klägerin nach Maßgabe
ihrer Satzung über die Erhebung von Beiträgen und Gebühren für die
Abwasserbeseitigung der Stadt Mölln (Beitrags- und Gebührensatzung) vom 18.
Dezember 2001 gegen die Beklagte Anschlussbeiträge für deren Grundstücke im
B-Plangebiet Nr. ... in Höhe von insgesamt 111.155,51 Euro fest. In der
Begründung der Bescheide wird jeweils darauf verwiesen, dass entsprechend der in
dem Erschließungsvertrag vom 18. Dezember 2000 getroffenen Regelung (§ 14)
zur Zeit eine Zahlung nicht zu erbringen sei. Die Anschlussbeiträge würden
entsprechend der vertraglichen Regelung mit den von der Beklagten nach
Herstellung der Bauabschnitte nachzuweisenden Herstellungskosten der
Schmutzwasserkanalisation verrechnet werden.
Mit Schreiben vom 18.05.2006 teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass
Schmutzwasserherstellungskosten in Höhe von insgesamt 94.573,13 Euro
anerkannt würden. Dem stünden Anschlussbeiträge in Höhe von 111.155,51 Euro
gegenüber, so dass die Beklagte einen Differenzbetrag in Höhe von 16.582,38
Euro zu leisten habe. Nach weiterer Korrespondenz erkannte die Klägerin höhere
Herstellungskosten an und verlangte mit Schreiben vom 08. November 2006
Zahlung eines Betrages in Höhe von 5.069,25 Euro. Eine Zahlung erfolgte
daraufhin nicht. Mit Schreiben vom 10. Dezember 2007 forderte die Klägerin von
der Beklagten den von ihr nach dem städtebaulichen Vertrag zu übernehmenden
Kostenanteil für den Bau des Dükers an, da dieser zur Zeit gebaut werde. Der
Kostenanteil belaufe sich auf 30.677,-- Euro. Abzüglich der damit in Verbindung
stehenden „Kostenanforderung Schmutzwasser“ in Höhe von 5.069,25 Euro
verbleibe ein - zunächst - zu zahlender Betrag in Höhe von abgerundet 25.600,--
Euro. Die Endabrechnung werde nach Fertigstellung des Dükers erfolgen, dessen
tatsächliche Herstellungskosten sich voraussichtlich auf 220.000,-- Euro belaufen
würden.
Nach einer Mahnung vom 01. April 2008 lehnte die Beklagte die Zahlung mit
Schreiben ihres damaligen Bevollmächtigten vom 02. Mai 2008 ab. Die Regelung
in § 4 des städtebaulichen Vertrages sei unwirksam. Der Düker rechne zu den
Bestandteilen der öffentlichen Abwasseranlage, deren Kosten durch Beiträge
gedeckt würden. Gegenstand von Folgekostenverträgen könnten nach der
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts jedoch nur Aufwendungen sein,
die den Gemeinden jenseits der beitragsfähigen Erschließung als Folge neuer
Ansiedlungen für Anlagen und Einrichtungen des Gemeinbedarfs entstünden.
Am 15. August 2008 hat die Klägerin beim Verwaltungsgericht Klage auf Zahlung
von 25.600,-- Euro erhoben. Sie hat geltend gemacht, dass der Anspruch sich aus
§ 4 des städtebaulichen Vertrages vom 18. Dezember 2000 ergäbe. Es handele
sich um eine wirksame Folgekostenvereinbarung i.S.d. § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3
BauGB. Bei dem Bau des Dükers und der Pumpstation handele es sich um
städtebauliche Maßnahmen im Sinne dieser Vorschrift. Entgegen der Ansicht der
Beklagten könnten auch beitragsfähige Erschließungsanlagen Gegenstand von
Folgekostenverträgen sein. Die frühere Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts, wonach Folgekosten nur Aufwendungen seien, die
jenseits der beitragsfähigen Erschließung als Folge neuer Ansiedlungen für
Anlagen und Einrichtungen des Gemeinbedarfs entstünden, sei zum einen nur auf
Erschließungsanlagen i.S.d. § 127 Abs. 2 BauGB - und damit nicht für
Abwasseranlagen - anwendbar und zum anderen überholt, da sie vor Aufnahme
der Regelungen über städtebauliche Verträge in das BauGB entstanden sei. Sie
lasse sich auf die jetzt maßgebliche Gesetzeslage nicht übertragen.
Der Vertrag entspreche auch dem Angemessenheitsgebot des § 11 Abs. 2 Satz 1
BauGB. Die Beklagte habe keine substantiierten Einwände gegen die verlangten
und vertraglich fixierten Kosten erhoben. Die Herstellung einer neuen
Abwasserleitung durch die Altstadt von Mölln wäre nach einer
Vergleichsberechnung erheblich teurer geworden.
Der Vertrag sei auch dann wirksam, wenn es sich nicht um einen zulässigen
Folgekostenvertrag nach § 11 BauGB handeln sollte. Ein
Erschließungsunternehmer dürfe sich durch einen öffentlich-rechtlichen
Austauschvertrag immer dazu verpflichten, die Kosten für
Entwässerungseinrichtungen außerhalb des Vertragsgebietes als „Zuschuss“ zu
übernehmen. Darin sei kein unzulässiger Vertrag über Abgaben zu sehen.
Die Forderung aus dem Vertrag sei fällig, nachdem der Auftrag für den Düker
erteilt worden sei. Die Zinsforderung rechtfertige sich aus der sinngemäßen
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erteilt worden sei. Die Zinsforderung rechtfertige sich aus der sinngemäßen
Anwendung der §§ 291 und 288 Abs. 2 BGB.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht hat die Klägerin
erklärt, dass die tatsächlichen Herstellungskosten für den Düker inzwischen
feststünden und sich auf 221.246,81 Euro beliefen. Die Auftragssumme für das
Pumpwerk betrage 15.249,25 Euro. Deshalb werde die Klagforderung nicht mehr
auf die geschätzten, sondern auf die bereits feststehenden Kosten gestützt und
die Klage entsprechend erweitert.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 30.405,16 Euro nebst Zinsen in
Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagzustellung zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat geltend gemacht, dass die Folgekostenvereinbarung in § 4 des
städtebaulichen Vertrages vom 18. Dezember 2000 unwirksam sei.
Folgekostenverträge seien nach der Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts nur statthaft, wenn es um Aufwendungen gehe, die
den Gemeinden jenseits der beitragsfähigen Erschließung als Folge neuer
Ansiedlungen für Anlagen und Einrichtungen des Gemeinbedarfs entstünden. Die
Herstellung eines Dükers als Teil der kommunalen Schmutzwasserkanalisation
stelle jedoch eine beitragsfähige Erschließungsanlage dar. Es sei weder mit dem
Prinzip der strikten Gesetzesbindung noch mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz
vereinbar, einzelne Anlieger über die satzungsmäßig auf der Grundlage des
kommunalen Abgabenrechts festgelegten Beitragsmodalitäten hinaus finanziell zu
belasten.
Unabhängig davon verstoße der Vertrag gegen das Angemessenheitsgebot. Es sei
ungerecht, wenn allein wenige Grundstücke die Maßnahme bezahlen sollten,
davon aber eine nicht unerhebliche Zahl anderer Grundstücke ebenfalls -
kostenlos - profitiere. Das sei hier der Fall, da der Düker nicht nur den
Plangebieten Nrn. 75 bis 78 und 80 diene, sondern einem erheblich größeren
Einzugsgebiet. Insgesamt machten die Grundstücke, die nicht an den Kosten des
Dükers beteiligt worden seien, ihr Schmutzwasser aber gleichwohl darüber
ableiteten, ca. zwei Drittel aller zum Einzugsgebiet des Dükers rechnenden
Grundstücke aus. Auch wenn die von ihr zu zahlenden Kosten in den
Abwasserhaushalt eingestellt würden und deshalb alle Grundstücke geringfügig
entlastet würden, stehe dies in keinem Verhältnis zur Mehrbelastung der
Grundstücke im Bereich der Folgekostenverträge.
Mit dem Einwand der Unwirksamkeit des Vertrages sei sie, die Beklagte, auch nicht
nach dem Grundsatz von Treu und Glauben ausgeschlossen. Dies gelte
insbesondere deshalb, weil die Klägerin ihre Leistung auch ohne Vertrag aufgrund
ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur Erschließung hätte erbringen müssen. Es gehe
auch nicht um einen Erstattungsanspruch, sondern um einen Zahlungsanspruch
der Klägerin. Darüber hinaus habe sie, die Beklagte, schon vor Abschluss des
Vertrages auf Bedenken an dessen Rechtswirksamkeit hingewiesen, ohne dies
allerdings näher geprüft zu haben. Auf die Weitergabe der Kosten an die
Grundstückseigentümer könne es nicht ankommen, weil es die unzulässige
Mehrbelastung lediglich vom Erschließungsträger auf die Enderwerber verlagere.
Gerade diese Verlagerung begründe aber in besonderem Maße Bedenken gegen
die Wirksamkeit abgabenrechtlicher Verträge, da es sich um verdeckte „Verträge
zu Lasten Dritter“ handele. Letztlich sei ihr die Weitergabe der Kosten aufgrund
des schlechten Grundstücksmarktes auch nicht gelungen.
Jedenfalls sei der Anspruch in Höhe von 10.700,80 Euro verjährt. Die
Verjährungsfrist betrage drei Jahre. Zwar stelle § 6 des städtebaulichen Vertrages
dem Wortlaut nach für die Fälligkeit auf die Fertigstellung und Abnahme des
gesamten Baugebietes ab, aus dem Zusammenhang mit dem
Erschließungsvertrag ergebe sich aber, dass ein anteiliger Anspruch schon mit
Fertigstellung und Abnahme des 1. Bauabschnitts am 07. August 2001 entstanden
sei. Dafür spreche die Verzahnung des Anspruchs auf Kostenbeteiligung mit den
Ansprüchen aus dem Erschließungsvertrag durch die Anrechnungsklauseln in den
Verträgen. Daraus lasse sich der Wille der Vertragsparteien entnehmen, die
Fälligkeit auch für den Kostenbeteiligungsanspruch (anteilig) zu dem Zeitpunkt zu
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Fälligkeit auch für den Kostenbeteiligungsanspruch (anteilig) zu dem Zeitpunkt zu
begründen, in dem die sachliche Beitragspflicht für die anderen Abwasseranlagen
entstanden sei. Die anteilige Höhe sei im Wege der ergänzenden
Vertragsauslegung nach dem Verhältnis der Kanalbaubeiträge zu bestimmen, die
sich insgesamt auf 111.155,51 Euro beliefen. Davon entfielen 56.466,71 Euro und
damit 41,8 % auf den 1. Bauabschnitt, so dass der Kostenbeteiligungsanspruch in
Höhe von (41,8 % von 25.600,-- Euro =) 10.700,80 Euro verjährt sei.
Durch Urteil vom 21. April 2010 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen.
Die Klage sei zulässig, aber unbegründet. Die in § 4 des Vertrages vom 18.
Dezember 2000 enthaltene Verpflichtung zur Übernahme der anteiligen Kosten für
den Dükerbau sei nichtig gemäß § 126 Abs. 1 LVwG i.V.m. § 134 BGB, da sie
gegen ein gesetzliches Verbot verstoße.
Die Kostenbeteiligung eines Grundstückseigentümers an einer
Erschließungsmaßnahme auf vertraglicher Grundlage entgegen den gesetzlichen
bzw. satzungsrechtlichen Vorschriften verstoße gegen das Gebot, Abgaben nur
nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften zu erheben und dem damit
verbundenen Verbot, von diesen Vorschriften durch vertragliche Vereinbarungen
abzuweichen, es sei denn, dass die einschlägige Regelung oder andere
Rechtsvorschriften eine vertragliche Disposition ausdrücklich zuließen. Dies gelte
nicht nur für das Erschließungsbeitragsrecht, sondern genauso für das in den
Kommunalabgabengesetzen geregelte Beitrags- und Gebührenrecht. Düker und
Pumpwerk seien Teil der öffentlichen Abwasseranlage, deren Herstellung zu den
Erschließungsaufgaben der Gemeinde nach § 123 Abs. 1 BauGB zähle. Der
Aufwand für Druckkanäle, wie den Düker sowie für Pump- und Hebeanlagen gehöre
nach Teil I § 1 Abs. 2 lit. b) der zum Zeitpunkt des Abschlusses der
Folgekostenverträge geltenden Satzung der Klägerin über die Erhebung von
Beiträgen und Gebühren für die Abwasserbeseitigung zu dem Aufwand, der durch
Beiträge gedeckt werde. Es handele sich daher um beitragsfähige Anlagen, deren
Kosten über Anschlussbeiträge nach Maßgabe des § 8 KAG und der
Anschlussbeitragssatzung zu finanzieren seien. Eine Rechtsgrundlage für eine
davon abweichende vertragliche Regelung bestehe nicht.
Entgegen der Ansicht der Klägerin handele es sich bei der Verpflichtung zur
Übernahme der anteiligen Dükerkosten nicht um einen nach § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr.
3 BauGB zulässigen sogenannten Folgekostenvertrag. Die Anwendbarkeit des § 11
Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BauGB auf nach Bundes- oder Landesrecht beitragsfähige
Erschließungsanlagen sei umstritten. Dem Wortlaut der Vorschrift nach könnten
auch Erschließungsanlagen von der Regelung erfasst sein, denn bei
Erschließungsanlagen im weiteren Sinne handele es sich um städtebauliche
Maßnahmen, die Voraussetzung oder Folge des vom Bauwilligen beabsichtigten
Vorhabens seien. Die Entstehungsgeschichte der Vorschrift spreche jedoch gegen
eine solche Auslegung. Folgekostenverträge seien auch vor Einführung des § 11
BauGB bzw. der Vorgängerregelung nach den allgemeinen Vorschriften über
öffentlich-rechtliche Verträge von der Rechtsprechung anerkannt gewesen. Die
vertragliche Übernahme von Kosten für von der Gemeinde hergestellte
beitragsfähige Erschließungsanlagen sei auch im Hinblick auf nach Landesrecht
abzurechnende Anlagen als unzulässig angesehen worden, da dies gegen das
abgabenrechtliche Dispositionsverbot verstoße. Insbesondere die baurechtliche
Literatur gehe davon aus, dass die frühere Rechtsprechung überholt sei und § 11
BauGB nunmehr eine ausdrückliche Dispositionsermächtigung auch für solche
Verträge beinhalte. Gegen diese Auffassung spreche jedoch, dass es Sinn der
Einführung der in § 6 BauGB-MaßnG vorgesehenen Regelung gewesen sei, die
bisherige städtebauliche Praxis und die entsprechende Rechtsprechung zum
Folgekostenvertrag gesetzlich zu verankern; die Rechtslage habe insoweit nicht
verändert werden sollen. Demgegenüber sei die Regelung über den
Erschließungsvertrag in § 124 BauGB ausdrücklich mit der Begründung verändert
worden, die inhaltliche Einengung durch die Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts zur zwingenden Eigenbeteiligung in Höhe von 10 %
solle entfallen. Insoweit sei ausdrücklich „Abschied von der Kongruenz“
genommen worden. Wenn man auch die vertragliche Übernahme der
Erschließungskosten habe ermöglichen wollen, wäre zu erwarten gewesen, dass
auch dies jedenfalls in der Begründung Erwähnung gefunden hätte; dies sei jedoch
nicht der Fall.
Die Entstehungsgeschichte der Vorschrift spreche damit gegen die Einbeziehung
auch beitragsfähiger Maßnahmen. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der
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auch beitragsfähiger Maßnahmen. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der
Anfügung des § 5 a Abs. 2 BayKAG, in dem die vertragliche Übernahme
erschließungsbeitragsfähiger Aufwendungen auch im Rahmen städtebaulicher
Verträge für möglich erklärt werde. Darin sei keine Klarstellung einer bereits nach §
11 BauGB bestehenden Möglichkeit zu sehen, sondern eine besondere
landesrechtliche Zulassung entsprechender Vereinbarungen. Eine solche Regelung
gebe es in Schleswig-Holstein nicht.
Es erscheine im Übrigen auch fraglich, ob der Bundesgesetzgeber die Kompetenz
gehabt hätte, die gemäß Art. 125 a Abs. 1 GG nunmehr insgesamt dem
Landesrecht unterliegenden Regelungen des Beitragsrechtes abzuändern. Der
Bundesgesetzgeber würde damit unmittelbar in Tatbestände eingreifen, die
beitragsrechtlich geregelt seien, nämlich die Herstellung von Erschließungsanlagen
im weiteren Sinne durch die Gemeinden und die Refinanzierung dieser Maßnahme.
Die „Erfindung“ einer neuen Refinanzierungsmöglichkeit für die Herstellung von
Erschließungsanlagen durch die Gemeinden neben dem Beitragsrecht sei von der
Bundeskompetenz für das Erschließungsrecht nicht gedeckt.
Folgekostenverträge über beitragsfähige Maßnahmen seien damit weiterhin
unzulässig. § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BauGB betreffe vielmehr Maßnahmen, die der
Allgemeinheit dienten und für die abgabenrechtlich keine bestimmte
Kostenverteilung oder Kostentragung zwingend vorgeschrieben sei. Von der
Gemeinde hergestellte leitungsgebundene Anlagen seien hinsichtlich der
Refinanzierung dem landesrechtlichen Kommunalabgabenrecht unterworfen. Ein
Vertrag, der die Tragung des von der Gemeinde gebauten Anlageteils durch einen
Grundstückseigentümer regele, hindere das Entstehen der Beitragspflicht nicht; er
sei nichtig.
Aus diesen Erwägungen ergebe sich, dass die Vereinbarung über die anteilige
Übernahme der Dükerkosten entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht als
„nicht abgabenrechtlicher Austauschvertrag“ nach § 123 LVwG Bestand haben
könne. Es handele sich eben nicht um einen vom Abgabenrecht zu trennenden
„Zuschuss“ des Erschließungsunternehmers an den Abwasserhaushalt der
Klägerin mit der Gegenleistung der schnelleren Bebaubarkeit von Grundstücken.
Der Sache nach solle die Beklagte vielmehr einen Teil der öffentlichen
Abwasseranlage finanzieren, der nach dem Abwasserkonzept der Klägerin für die
Erschließung der neuen Baugebiete notwendig sei. Dies unterfalle dem sich aus
dem Gebot der Abgabengleichheit und -gerechtigkeit ergebenden
Dispositionsverbot.
Für den Fall der Nichtigkeit des Vertrages ergebe sich entgegen der Auffassung
der Klägerin eine Zahlungspflicht der Beklagten auch nicht aus dem Grundsatz von
Treu und Glauben. Es widerspräche dem „Sanktionsgedanken“ der gesetzlich
vorgesehenen Nichtigkeitsfolge, wenn man bei Verträgen, die gegen ein
gesetzliches Verbot verstoßen, Erfüllungsansprüche bejahte. Ein
Erfüllungsanspruch könne allenfalls dann auf den Grundsatz von Treu und Glauben
gestützt werden, wenn die Nichtigkeit des Vertrages auf einem Formmangel
beruhe und das Scheitern nur aufgrund der Formnichtigkeit als „schlechthin
untragbar“ anzusehen sei, weil eine besonders schwere Treuepflichtverletzung
vorliege und Bereicherungs- und Schadenersatzansprüche nicht ausreichten, um
den in der Nichterfüllung liegenden Treueverstoß auszugleichen. Hier gehe es
weder um einen formnichtigen Vertrag noch sei eine besonders schwere
Treuepflichtverletzung ersichtlich.
Gegen das ihr am 18. Mai 2010 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 01. Juni 2010
die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt und am 01. Juli 2010
begründet.
Die Klägerin hält das Urteil des Verwaltungsgerichts für fehlerhaft und meint, sie
habe gegen die Beklagte aus den schon in erster Instanz vorgetragenen Gründen
den mit der Klage verfolgten Zahlungsanspruch.
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts gehe es hier nicht um die
Erhebung von Abgaben, sondern ausschließlich um eine vertraglich ausdrücklich
zugesicherte und vereinbarte Kostenbeteiligung an gemeindlichen Aufwendungen
für den Neu- und Ausbau von Teilen einer kostenrechnenden Einrichtung der
Abwasserbeseitigung. Dabei handele es sich um einen Folgekostenvertrag, der
auch ohne ausdrückliche gesetzliche Grundlage unter bestimmten
Voraussetzungen und innerhalb eines bestimmten Rahmens zulässig sei. Das
Erfordernis einer gesetzlichen Grundlage bestehe immer nur dann, wenn dem
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Erfordernis einer gesetzlichen Grundlage bestehe immer nur dann, wenn dem
geltenden Recht ein Verbot solcher Verträge entnommen werden könne. Dies sei
hier ersichtlich nicht der Fall. Davon abgesehen sei eine ausdrückliche gesetzliche
Grundlage für städtebauliche Verträge geschaffen worden. Dass es sich bei den
hier vorgenommenen baulichen Maßnahmen um Aufwendungen für den
öffentlichen Gemeinbedarf handele, dürfte nicht in Abrede gestellt werden können.
Aus den landesrechtlichen Vorschriften zum KAG ergebe sich aber, dass diese
Kosten nicht von der Gemeinde selbst zu tragen und demnach aus Steuermitteln
zu finanzieren seien. Vielmehr seien bei einer kostenrechnenden Einrichtung der
Abwasserbeseitigung diese von den Nutzern der Einrichtung zu tragen.
Insbesondere gebe es im KAG aber keine Regelungen für das Verbot von
Verträgen, die eine Entlastung der Einrichtungsnutzer vorsähen. Wenn wegen
eines Zuwendungsvertrages für die Erstellung an sich beitragsfähiger Anlagen
keine Kosten bei der Gemeinde verblieben, dürften diese nicht in den
beitragsfähigen Aufwand eingerechnet werden. Zuschüsse, ob von der öffentlichen
Hand oder von Privaten, die letztlich immer auf einer vertraglichen Grundlage
erfolgten, seien bisher auch im Bereich der kostenrechnenden Einrichtungen und
damit auch der Erschließungsanlagen, die nicht nach BauGB, sondern nur nach
den landesrechtlichen Bestimmungen abgerechnet werden könnten, keinen
rechtlichen Zweifeln ausgesetzt gewesen, solange dabei Zuschussgeber und
Zuschussnehmer nicht gegen ausdrückliche oder gesetzlich festgeschriebene
Verbote verstießen.
Im vorliegenden Falle handele es sich um eine Kostenübernahme durch einen
städtebaulichen Vertrag, der nicht durch § 11 Abs. 1 Nr. 3 BauGB beschränkt sei.
Ein solcher Aufwendungsersatzvertrag sei auch im Rahmen des KAG ohne
ausdrückliche gesetzliche Regelung möglich und wie die gesetzliche Rechtslage in
Bayern zeige, bei Einhaltung der Kausalität, der Angemessenheit und der
verbotenen Koppelung auch für Erschließungsanlagen außerhalb des eigentlichen
Baugebietes im Bereich des landesrechtlichen KAG möglich. Die
beitragsrechtlichen Bestimmungen seien immer dann nicht als zwingende
Rechtsvorschriften i.S.v. § 121 LVwG anzusehen, wenn ein Vertrag mit der
Zielrichtung abgeschlossen werde, den Städtebau zu fördern, wenn also
Vereinbarungen im Rahmen und Zusammenhang mit der Baulandausweisung
abgeschlossen würden. Dabei stehe im Vordergrund, dass Gemeinden möglichst
vollständig von den finanziellen Risiken der Durchführung von
Erschließungsmaßnahmen entlastet werden sollten und damit die
Erschließungsunternehmer schnell in die Lage versetzt würden, ihre Grundstücke
als Bauland zu verwerten. Die Möglichkeit des städtebaulichen Vertrages bestehe
daher, ohne grundsätzlich gegen ein gesetzliches Verbot zu verstoßen,
gleichberechtigt neben dem bundes- und landesrechtlichen
Erschließungsbeitragsrecht. Insbesondere mit den Regelungen in § 11 Abs. 1 Satz
2 Nr. 3 BauGB sei ein „Auffangtatbestand“ geschaffen worden, der die Übernahme
aller ursächlichen Kosten erlaube.
Das Verwaltungsgericht habe mit der Infragestellung der Bundeskompetenz für
das Erschließungsbeitragsrecht den Unterschied zwischen der Erschließung im
weiteren Sinne (§§ 123 bis 126 BauGB) und der Erhebung von
Erschließungsbeiträgen für die Erschließung im engeren Sinne
(Erschließungsbeitragserhebung nach §§ 127 ff. BauGB unter ausdrücklicher
Ausklammerung der Anlagen nach § 127 Abs. 4 BauGB) verkannt. Dem
Landesrecht unterliege nach Art. 125 a Abs. 1 GG nur das Beitragsrecht, aber
nicht das Erschließungsrecht im weiteren Sinne und damit die generelle
Zulässigkeit von Folgekosten- und Folgelastenverträgen. Insbesondere sei damit
auch nicht die „Erfindung“ einer neuen Refinanzierungsmöglichkeit für die
Herstellung von Erschließungsanlagen verbunden. Das Verwaltungsgericht habe
übersehen, dass bei einer entsprechenden vertraglichen Verpflichtung die
eingehenden Zahlungen auf den entsprechenden beitragsfähigen Aufwand
angerechnet werden müssten („anderweitige Deckung“) und damit alle
Einrichtungsnutzer einschließlich des Erschließungsunternehmers bzw. auch seine
Grundstückskäufer begünstigt würden. Die Begünstigung der Gemeinde, die einen
gesetzlichen Verstoß gegen abgabenrechtliche Grundsätze beinhalten könne,
käme dabei nicht in Betracht.
Im Hinblick auf das Vorbringen der Beklagten zur Unangemessenheit der
Kostenbeteiligung macht die Klägerin unter Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches
Vorbringen ferner geltend, dass neben den in den städtebaulichen
Folgelastenverträgen genannten Neubaugebieten heute und in absehbarer
Zukunft keine weiteren Neubaugebiete zum Einzugsgebiet des Dükers gehörten.
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Zukunft keine weiteren Neubaugebiete zum Einzugsgebiet des Dükers gehörten.
An das Pumpwerk und den Düker seien nur noch zusätzlich „Althausgebiete“
angeschlossen worden, deren Entwässerung zuvor über das Kanalsystem in der
Altstadt zum städtischen Klärwerk sichergestellt und geleitet worden sei. Die
Entwässerung dieser Gebiete wäre ohne den Dükerbau, der zwingend nur für die in
den Verträgen genannten Bauflächen erforderlich geworden sei, weiterhin durch
die Altstadt geführt worden. Das „Althausgebiet“ erfasse eine Fläche von 17,57 ha
mit rund 220 WE und ein Kleingartengelände von ca. 2,2 ha.
Die Ausführungen der Beklagten zur Verjährung der Forderung könnten nicht
nachvollzogen werden. § 6 des städtebaulichen Vertrages stelle schon nach
seinem Wortlaut nicht auf Teilabnahmen der Schmutzwasserkanalisation ab. Der
eingeklagte Betrag sei danach erst und ausschließlich fällig nach Fertigstellung und
Abnahme der Schmutzwasserkanalisation im B-Plangebiet Nr. ....
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 21. April
2010 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 30.405,16 Euro
nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit
Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte ist nicht mehr anwaltlich vertreten und kann daher im
Berufungsverfahren keinen Antrag stellen.
Die Verwaltungsvorgänge der Klägerin, die auch die vorstehend benannten
Verträge beinhalten, haben vorgelegen. Auf sie und die gewechselten Schriftsätze
der Beteiligten wird wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Klägerin ist begründet. Die Klägerin hat einen Zahlungsanspruch
gegen die Beklagte in der mit der Klage geltend gemachten Höhe. Daher ist das
Urteil des Verwaltungsgerichts zu ändern und die Beklagte antragsgemäß zu
verurteilen.
Hinsichtlich der Zulässigkeit der Leistungsklage bestehen keine Bedenken. Der
Verwaltungsrechtsweg ist gemäß § 40 Abs. 1 VwGO gegeben, weil das
Klagebegehren aus einem öffentlich-rechtlichen Vertrag hergeleitet wird.
Rechtsgrundlage des Zahlungsanspruchs in Höhe von 30.405,16 Euro ist § 4 des
zwischen den Beteiligten am 18. Dezember 2000 geschlossenen
Folgelastenvertrages. Es handelt sich dabei um einen städtebaulichen Vertrag
i.S.v. § 11 Abs. 1 Satz 1 BauGB, der - wie auch das Verwaltungsgericht
angenommen hat - in formell wirksamer Weise geschlossen worden ist. Gegen die
Wirksamkeit des Vertrages bestehen entgegen der Auffassung des
Verwaltungsgerichts auch in materiell-rechtlicher Hinsicht keine Bedenken. Er ist
nicht etwa gemäß § 126 Abs. 1 LVwG i.V.m. § 134 BGB wegen Verstoßes gegen ein
gesetzliches Verbot nichtig.
Der herkömmliche Anwendungsbereich des Folgelastenvertrages ist auf
Aufwendungen begrenzt, die der Gemeinde jenseits der beitragsfähigen
Erschließung als Folge neuer Ansiedlungen entstehen (BVerwG, Urt. v. 06.07.1973
- IV C 22.72 -, E 42, 331, 336 m.w.N.). Der Ausschluss der Erschließungsanlagen
i.S.v. § 127 BauGB aus dem Anwendungsbereich der - im Gesetz zunächst nicht
ausdrücklich geregelten - Folge-lastenverträge ist mit der in § 127 Abs. 1 BauGB
normierten Beitragserhebungspflicht begründet worden. Für das
Erschließungsbeitragsrecht hat das Bundesverwaltungsgericht aus § 127 Abs. 1
BauGB i.V.m. § 132 BauGB hergeleitet, dass die Gemeinden zur Erhebung von
Erschließungsbeiträgen verpflichtet sind. Es hat darüber hinaus diesen Vorschriften
entnommen, dass die Gemeinden Erschließungskosten nicht durch vertragliche
Vereinbarungen mit den Anliegern auf diese abwälzen dürfen, sondern dass sie
gehalten sind, die Kosten durch Beiträge aufgrund einer Ortssatzung abzudecken
(BVerwG, Urt. v. 27.01.1982 - 8 C 24.81 -, E 64, 361, 363 m.w.N.).
Bei Vertragsschluss waren die Gegenstände städtebaulicher Verträge jedoch
ausdrücklich in § 11 BauGB geregelt, darunter auch als Folgelastenverträge i.S.v. §
11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BauGB. Zulässiger Gegenstand eines solchen Vertrages ist
danach die Übernahme von Kosten oder sonstigen Aufwendungen, die der
Gemeinde für städtebauliche Maßnahmen entstehen oder entstanden sind und die
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Gemeinde für städtebauliche Maßnahmen entstehen oder entstanden sind und die
Voraussetzung oder Folge des geplanten Vorhabens sind. Soweit es um
Aufwendungen für die Erstellung von Erschließungsanlagen i.S.v. § 127 BauGB
geht, wird vertreten, dass sich am Ausschluss dieser Aufwendungen vom
Anwendungsbereich des städtebaulichen Vertrages mit der Aufnahme des § 11 in
das Baugesetzbuch nichts geändert habe, weil § 127 Abs. 1 BauGB unverändert
geblieben sei und - mangels einer entsprechenden Gesetzgebungskompetenz -
vom Bundesgesetzgebers auch nicht habe geändert werden können (Driehaus,
Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Aufl., § 6 Rdnr. 9). In eine ähnliche Richtung
geht wohl die Ansicht, dass § 124 BauGB als „spezieller“ städtebaulicher Vertrag §
11 BauGB vorgehe und damit in seinem Anwendungsbereich ausschließe, auf die
in § 11 BauGB genannten Verträge auszuweichen (Quaas, Erschließungskosten in
der Bauland- und Projektentwicklung, BauR 1999, 1113, 1124).
Nach anderer Auffassung ist § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BauGB mehr als eine
Wiederholung und Darstellung des Standes der früheren Rechtsprechung. Das
zeige sich zum einen daran, dass die Infrastrukturmaßnahmen auch außerhalb
des jeweiligen Baugebietes liegen, Grundstücke bereitgestellt werden könnten und
mit der strengen Kausalitätsregelung („Voraussetzung oder Folge“), sowie der
ausdrücklichen Benennung von (schon entstandenen) Aufwendungen der enge
zeitliche Zusammenhang zwischen Realisierung des Bauvorhabens oder
Baugebietes und der hierfür notwendigen Infrastrukturmaßnahmen gerade nicht
gefordert sei (Birk, Städtebauliche Verträge, 4. Aufl., Rdnr. 510). Damit sei „dem
Grunde nach“ jede Folgelastenvereinbarung zulässig, die sich auf gemeindliche
Infrastruktureinrichtungen (Anlagen und Einrichtungen) bezögen, die der
Allgemeinheit dienten (Birk, a.a.O., Rdnr. 511). Das Erschließungsbeitragsrecht
„sperre“ aber die Anwendung der Folgelastenregelungen, sobald die sachliche
Beitragspflicht für eine Erschließungsanlage entstanden sei, diese also bei
Bestehen einer gültigen Erschließungsbeitragssatzung endgültig hergestellt sei, §
133 Abs. 2 BauGB. Noch deutlicher werde die Fragestellung bei
leitungsgebundenen Anlagen, die zum Teil innerhalb, zum Teil außerhalb des
Erschließungsvertragsgebietes technische Einrichtungen aufwiesen und die -
daraus folgend - zu einer gebietsübergreifenden Beitragskalkulation führten. Baue
die Gemeinde einen Anlageteil, so sei sie hinsichtlich der Refinanzierung damit
dem (landesrechtlichen) Kommunalabgabenrecht unterworfen; der Beitrag
entstehe mit den gesetzlichen und satzungsmäßigen Voraussetzungen, ohne
dass es auf die konkrete Baumaßnahme ankäme. Ein Vertrag, der die Tragung des
von der Gemeinde gebauten Anlageteils durch einen Grundstückseigentümer
regele, hindere das Entstehen der Beitragspflicht nicht; er sei nichtig (Birk, a.a.O.,
Rdnr. 211).
In eine andere Richtung geht die Meinung, dass der städtebauliche Vertrag eine
neue Form des Interessenausgleichs zwischen Gemeinde und Privaten darstelle,
die das Beitragsrecht nicht ändere oder ersetze, sondern neben es trete. Die
Möglichkeit des städtebaulichen Vertrags bestehe grundsätzlich gleichberechtigt
neben dem Erschließungsbeitragsrecht (Löhr in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB,
11. Aufl., § 11 Rdnr. 20). Für die grundsätzliche Zulässigkeit einer Anwendung des
§ 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 auch bei Erschließungsmaßnahmen i.S.d. § 127 BauGB
spreche insgesamt, dass es sich hierbei um eine umfassende Regelung der
vertraglichen Übernahme von Kosten der Gemeinde bei städtebaulichen
Maßnahmen handele. Der Vertrag im Sinne des Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 sei so gesehen
über den klassischen Folgekosten- bzw. Folgelastenvertrag hinaus zu verstehen
und erlaube die Übernahme aller ursächlichen Kosten, also auch die der
Erschließung. Angemessenheit und Verteilungsgerechtigkeit seien auch bei
Anwendung des § 11 uneingeschränkt möglich und rechtlich geboten. So gesehen
sei § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BauGB auch als ein „Auffangtatbestand“ für weitere
(also über das nach dem Erschließungsbeitragsrecht Vorgesehene)
Kostenregelungen zu sehen (Krautzberger in:
Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 11 Rdnr. 160 m.w.N.). Sofern
sich der Vorhabenträger in einem städtebaulichen Vertrag nach § 11 Abs. 1 Satz 2
Nr. 3 BauGB verpflichtet habe, die der Gemeinde als Folge des Vorhabens
entstehenden Erschließungskosten auch für nach Bundes- und Landesrecht
beitragsfähige Erschließungsanlagen ganz zu übernehmen, komme das
Beitragsrecht nicht zur Anwendung. Insoweit handele es sich um eine zulässige
„Regimeentscheidung“ der Gemeinde, die Refinanzierung der ihr entstandenen
Erschließungskosten nicht mehr durch Erhebung von Erschließungsbeiträgen nach
§§ 127 ff. BauGB vorzunehmen, sondern durch Abschluss eines städtebaulichen
Vertrages. In solchen Fallgestaltungen sei der Erschließungsaufwand wie beim
Erschließungsvertrag „anderweitig gedeckt“ i.S.v. § 127 Abs. 1 und § 129 Abs. 1
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Erschließungsvertrag „anderweitig gedeckt“ i.S.v. § 127 Abs. 1 und § 129 Abs. 1
Satz 1 BauGB (Burmeister, Der städtebauliche Vertrag als rechtliches Instrument
der Kooperation mit Privaten bei der Baulandentwicklung und -erschließung, S. 210
m.w.N.).
Vorliegend kann die Frage der Anwendbarkeit eines Vertrages i.S.v. § 11 Abs. 1
Satz 2 Nr. 3 BauGB auf Erschließungsanlagen i.S.v. § 127 BauGB offenbleiben, weil
die geltend gemachte Forderung und der ihr zugrundeliegende Vertrag sich auf
eine sonstige Erschließungsanlage beziehen, für die grundsätzlich Beiträge nach §
8 KAG zu erheben sind. Es kann aber auch offenbleiben, ob die Beitragserhebung
nach § 8 KAG durch einen Vertrag nach § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BauGB - wie nach
dem oben Ausgeführten vertreten wird - ersetzt werden kann, denn die Erhebung
von Anschlussbeiträgen blieb von den vertraglichen Vereinbarungen dem Grunde
nach unberührt und ist gemäß dem Satzungsrecht der Klägerin für die
anzuschließenden (bevorteilten) Grundstücke erfolgt. Die Forderung der Klägerin
bezieht sich hier auf die Finanzierung des Teils einer leitungsgebundenen
Einrichtung, für die Beiträge festgesetzt worden sind. Die Klägerin hat zunächst
entsprechend § 14 Abs. 3 des Erschließungsvertrags vom 18. Dezember 2000 die
zuvor festgesetzten Anschlussbeiträge mit dem nachgewiesenen
Herstellungsaufwand für die Schmutzwasserkanalisation im Bereich des B-Plans
Nr. ... saldiert. Den von der Beklagten danach zu zahlenden Restbetrag von
5.069,25 Euro hat die Klägerin sodann auf die auf § 4 des städtebaulichen
Vertrages vom 18. Dezember 2000 gestützte Forderung entsprechend der
Bestimmung des § 5 dieses Vertrages angerechnet. Es geht also in diesem
Verfahren allein um die Frage, ob die Beteiligten mit dem städtebaulichen Vertrag
wirksam vereinbaren konnten, dass die Beklagte neben den Anschlussbeiträgen
für ihre Grundstücke im Bereich des B-Planes Nr. ... auch noch einen Teil des
Aufwandes für eine unter dem Möllner See verlegte Leitung, die Teil der
Einrichtung zur Schmutzwasserbeseitigung ist, zu übernehmen hat. Dies ist zu
bejahen.
Eine Kollision des zwischen den Beteiligten geschlossenen städtebaulichen
Vertrages mit dem Beitragsrecht des § 8 KAG besteht nicht. Die Kostenbeteiligung
des § 4 dient allein der Erweiterung der vorhandenen öffentlichen Einrichtung, die
für sich genommen nicht beitragsfähig ist. Sie ist vergleichbar mit der in § 14 des
Erschließungsvertrages getroffenen Regelung über die Kostentragung. Danach
hatte die Beklagte die Schmutzwasserkanalisation auf eigene Kosten herzustellen.
Die ihr entstandenen Kosten waren auf den Beitragsanspruch der Klägerin für die
Grundstücke der Beklagten im Erschließungsgebiet anzurechnen. Ein Anspruch der
Beklagten auf Erstattung höherer Erschließungskosten bestand nach § 14 Abs. 3
Unterabs. 3 des Erschließungsvertrages nicht. Gegebenenfalls wäre der
Einrichtung damit ein höherer Anlagewert zugeflossen als die Klägerin für die neu
erschlossenen Grundstücke an Beiträgen hätte verlangen können. Das ist bei
leitungsgebundenen Einrichtungen nicht ungewöhnlich, weil die Beiträge für jeweils
neu anzuschließende Grundstücke nicht den Aufwand abdecken, der gerade für
diese Erweiterung der Einrichtung entsteht, sondern Beiträge für die Einrichtung
insgesamt unter Einbeziehung aller Anlagenteile, zu der zum Beispiel auch die
zentrale Kläranlage gehört, zu kalkulieren und für jede Maßstabseinheit im
Satzungsgebiet gleich hoch sind.
Die Übernahme der Kosten der Leitungsverlegung im Erschließungsgebiet durch
den Erschließungsunternehmer führt nicht dazu, dass für die Herstellung der
abzurechnenden Einrichtung kein Aufwand entstanden ist und demzufolge für die
Grundstücke des Vertragsgebietes Anschlussbeiträge nicht entstehen (Senatsurt.
v. 18.12.2002
- 2 L 246/01 -, NordÖR 2003, 206). Die Kostenübernahme hat lediglich eine
Senkung des für das gesamte Gemeindegebiet geltenden Beitragssatzes zur
Folge. Eine Herausnahme der Grundstücke des Vertragsgebietes aus der
Gesamtkalkulation kommt aus systematischen Gründen nicht in Betracht und
wäre auch nicht gerechtfertigt. Im Anschlussbeitragsrecht gilt nicht das
Veranlassungsprinzip, sondern das Solidarprinzip. Das heißt, jeder
Grundstückseigentümer hat sich an den Kosten der Einrichtung in dem Umfang zu
beteiligen, in dem sein Grundstück Vorteile von der Einrichtung hat. Unerheblich
ist, welche Kosten konkret für die Schaffung der Anschlussmöglichkeit seines
Grundstücks entstanden sind. Dies gilt auch dann, wenn er freiwillig zur Senkung
der Gesamtkosten beiträgt (Habermann in: Dewenter u.a. KAG, § 8 Rdnr.30).
Selbst wenn der Erschließungsunternehmer neben den im Vertragsgebiet
entstehenden Kosten der Entwässerungseinrichtung Mehrkosten übernimmt, die
durch die Erschließung der Grundstücke des Erschließungsgebietes außerhalb des
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durch die Erschließung der Grundstücke des Erschließungsgebietes außerhalb des
Vertragsgebietes entstehen, vermag dies zu keinem anderen Ergebnis zu führen.
Wegen des Funktionszusammenhangs des Leitungsnetzes und der Zugehörigkeit
zur Einrichtung haben die übrigen Grundstückseigentümer auch einen Anspruch
auf anteilige Beteiligung der Grundstücke des Erschließungsgebietes an den
Kosten des gesamten Leitungsnetzes, wenn Mehrkosten außerhalb des
Erschließungsgebietes nicht entstehen. Die Übernahme der Leitungskosten
innerhalb des Vertragsgebietes ist hierfür nicht immer ein angemessener
Ausgleich. So können zum Beispiel wegen der Geländeverhältnisse die
Verlegungskosten im Erschließungsgebiet im Vergleich zum Ortskern relativ gering
sein. Eine Mehrbelastung der Grundstücke außerhalb des Erschließungsgebietes
infolge des Abschlusses eines Erschließungsvertrages statt einer Erschließung
durch die Gemeinde ist mit dem Grundsatz der Abgabengleichheit nicht zu
vereinbaren, während eine Mehrbelastung der Grundstücke innerhalb des
Erschließungsgebietes auf dem freien Entschluss des Erschließungsunternehmers
sowie der Erwerber der Grundstücke beruht und deshalb hinzunehmen ist. Der
Gleichheitssatz erfordert nicht, dass die von dem Unternehmer freiwillig vertraglich
übernommene Verpflichtung der gesetzlichen Abgabenpflicht entspricht
(Habermann, ebenda).
Mit den Regelungen der §§ 4 und 5 des städtebaulichen Vertrages wird der
Erschließungsvertrag ergänzt. Es wird dem Umstand Rechnung getragen, dass die
Erschließung der Neubaugebiete nicht nur Aufwendungen für das Leitungsnetz
innerhalb der Baugebiete verursacht, sondern auch eine aufwendige Anbindung an
das schon vorhandene Leitungsnetz erfordert. § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BauGB
bietet dafür eine gesetzliche Grundlage, dass sich die Beklagte als
Erschließungsträger an dem Aufwand beteiligt. Sie ist nicht als Beitragspflichtige
Vertragspartnerin, sondern in ihrer Eigenschaft einer an der Erschließung
interessierten Bauwilligen. Ebenso wie sie nicht gehindert ist, im Rahmen des
Erschließungsvertrages eine Mehrbelastung der von ihr zu erschließenden
Grundstücke hinzunehmen, indem über die Summe der Beiträge hinausgehender
Erschließungsaufwand nicht erstattet wird, kann sie sich nach § 11 Abs. 1 Satz 2
Nr. 3 BauGB wirksam zur Übernahme weiterer Lasten verpflichten, die
Voraussetzung oder Folge des geplanten Vorhabens sind. Dabei kann es sich nicht
nur um Kindergärten, Schulen, Krankenhäuser oder Freizeitflächen handeln (vgl.
dazu Stüer/König, Städtebauliche Verträge - Strikter Gesetzesvollzug oder
grenzenlose Vertragsfreiheit? -, ZfBR 2000, 528, 529), sondern die Verpflichtung
sich auch auf Anlagen beziehen, die nach ihrer Fertigstellung Teil einer
kostenrechnenden Einrichtung werden.
Dies ist für Kindertageseinrichtungen, für die Kostenbeiträge nach § 90 SGB VIII
erhoben werden, durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts
anerkannt (BVerwG, Urt. v. 29.01.2009 - 4 C 15.07 -, E 133, 85, 97 f.). Die
Auffassung, aus § 90 SGB VIII ergebe sich kein gesetzliches Verbot für die
Finanzierung einer Kindertageseinrichtung durch Bauwillige, wird damit begründet,
dass die Regelung nur die Inanspruchnahme der genannten Angebote betreffe, ihr
normativer Anspruch sich jedoch nicht auf städtebauliche Verträge über die
Schaffung der baulichen Infrastruktureinrichtungen für derartige Einrichtungen
erstrecke. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass die in § 90 SGB VIII
genannten Kostenbeiträge nicht der Finanzierung des Aufwandes für die
Herstellung einer Einrichtung dienen, mithin nicht den Beiträgen i.S.v. § 8 KAG
vergleichbar sind, sondern - soweit sie in öffentlich-rechtlicher Form erhoben
werden - den Benutzungsgebühren i.S.v. § 6 KAG ähneln. § 6 KAG steht der hier in
Rede stehenden Vereinbarung ebenfalls nicht entgegen, bei der Bemessung der
Gebühren ist lediglich zu berücksichtigen, dass der aus Beiträgen und Zuschüssen
aufgebrachte Kapitalanteil bei der Verzinsung unberücksichtigt bleibt. Aber auch
aus § 8 KAG ist - wie ausgeführt - ein gesetzliches Verbot für die Vereinbarung
nicht herzuleiten, weil die Beitragserhebung davon unberührt bleibt.
Der Wirksamkeit des zwischen den Beteiligten geschlossenen städtebaulichen
Vertrages steht ferner nicht entgegen, dass es etwa an der kausalen Verknüpfung
fehlte. Der Kosten- bzw. Kostenübernahmevertrag muss sich gemäß § 11 Abs. 1
Satz 2 Nr. 3 auf das beschränken, was von einem bestimmten Vorhaben an
Folgen ausgelöst wird oder Voraussetzung für seine Verwirklichung ist. Ein bloß
allgemeiner Bezug zu den gemeindlichen Aufgaben reicht nicht aus. Die
gesetzliche Regelung sieht hingegen keine Beschränkung der Folgekosten
auslösenden Maßnahmen auf ein bestimmtes Bebauungsplangebiet vor. Ein
Folgekostenvertrag ist auch dann mit § 11 BauGB vereinbar, wenn der Bedarf für
eine städtebauliche Maßnahme durch die Überplanung und Bebauung mehrerer
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eine städtebauliche Maßnahme durch die Überplanung und Bebauung mehrerer
Bebauungsplangebiete verursacht wird. Auch dann kann die Maßnahme als Folge
des geplanten Vorhabens anzusehen sein (BVerwG, Urt. v. 29.01.2009, a.a.O., S.
94). Hier hat die Klägerin in ausreichender Weise belegt, dass der Neubau des
Dükers, an dessen Finanzierung sich die Beklagte vertragsgemäß zu beteiligen
hat, durch die Erschließung mehrerer Neubaugebiete im Bereich Mölln-Nord, zu
dem auch der Bebauungsplan Nr. ... gehört, erforderlich wurde. Dass die neue
Leitung anschließend auch genutzt wurde, um ältere Baugebiete, deren Abwässer
sonst weiterhin durch die Altstadt geführt worden wären, mit zu entsorgen, ändert
daran nichts.
Zweifel an der Höhe des für den Bau des Dükers entstandenen Aufwandes sind
nicht ersichtlich. Die vertraglich vereinbarten Leistungen sind auch gemäß § 11
Abs. 2 Satz 1 BauGB den gesamten Umständen nach angemessen. Angemessen
ist eine Gegenleistung, wenn sie dem Übermaßverbot, und zwar dem Grundsatz
der Verhältnismäßigkeit, entspricht (Krautzberger, a.a.O., § 11 Rdnr. 167 m.w.N.).
Maßgebend ist nicht die subjektive Einschätzung der Vertragsbeteiligten, sondern
eine nach den Gegebenheiten des Einzelfalles festzustellende Ausgewogenheit.
Dabei sind alle in einem städtebaulichen Vertrag enthaltenen Verpflichtungen des
Grundstückseigentümers im Zusammenhang und damit in ihrer wirtschaftlichen
Gesamtwirkung zu würdigen (BVerwG, Urt. v. 29.01.2009, a.a.O., S. 97). In dem
Zusammenhang stellt die durch die gemeindliche Planung bedingte Werterhöhung
der dem Vertragspartner gehörenden Grundstücke ein wesentliches Kriterium dar
(Krautzberger, a.a.O., Rdnr. 167 f. m.w.N.). Auch wenn damit keine
Wertabschöpfung verbunden sein darf (vgl. Krautzberger, ebenda), kommt diesem
Aspekt maßgebliches Gewicht für die rechtliche Beurteilung der Angemessenheit
der gestellten Forderung zu. Hier zeigt schon das Verhältnis der im Plangebiet
entstandenen Anschlussbeiträge (111.155,51 Euro) zu der von der Klägerin
erhobenen Forderung, dass eine Verletzung des Übermaßverbotes nicht
festzustellen ist.
Schließlich ist entgegen dem Vorbringen der Beklagten in erster Instanz auch nicht
ein Teil der Forderung verjährt. Die Klägerin führt zutreffend aus, dass § 6 des
städtebaulichen Vertrages nicht auf Teilabnahmen der Schmutzwasserkanalisation
abstellt, sondern der eingeklagte Betrag erst und ausschließlich nach
Fertigstellung und Abnahme der gesamten Schmutzwasserkanalisation im B-
Plangebiet Nr. ... fällig war.
Der Anspruch der Klägerin ist gemäß § 291 i.V.m. § 288 Abs. 2 BGB seit
Rechtshängigkeit mit 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz für das Jahr zu
verzinsen. Nach ständiger Rechtsprechung ist § 291 Satz 1 BGB im öffentlichen
Recht entsprechend anwendbar, wenn das einschlägige Fachgesetz keine
gegenteilige Regelung enthält (Senatsurt. v. 05.01.2005 - 2 LB 58/04 -, NordÖR
2005, 280 m.w.N.).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Nebenentscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf § 167
VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe i.S.d. § 132 Abs. 2 VwGO
nicht vorliegen.
Beschluss
30.405,16
Euro