Urteil des OVG Schleswig-Holstein vom 15.03.2017

OVG Schleswig-Holstein: einheimische bevölkerung, täuschung, ankauf, form, verhinderung, bebauungsplan, unterlassen, meinung, abstimmungsfrage, bahn

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Gericht:
Oberverwaltungsgericht
für das Land Schleswig-
Holstein 2. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
2 LB 19/05
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Norm:
§ 16g GemO SH
Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens
Leitsatz
Ein Bürgerbegehren ist wegen mangelhafter Begründung unzulässig, wenn diese als
Täuschung des Bürgerwillens erscheint und nach den Maßstäben zur Beurteilung einer
unzulässigen Wahlbeeinflussung als nicht mehr hinnehmbar anzusehen wäre.
Tenor
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen
Verwaltungsgerichts - 6. Kammer - vom 30. September 2004 wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens ein-schließlich der
außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung vorläufig voll-streckbar. Den Klägern
wird nachgelassen, die vorläufige Voll-streckung durch Sicherheitsleistung in Höhe
der festzusetzen-den Kosten abzuwenden, wenn nicht der Beklagte und die Bei-
geladene zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens.
Am 28. Oktober 2002 beantragten die Kläger bei der Beigeladenen einen
Bürgerentscheid. Zur Begründung verwiesen sie auf ein Bürgerbegehren, das von
210 Personen unterzeichnet wurde und die Kläger als Vertretungsberechtigte
benennt. In dem Bürgerbegehren wurde folgende Frage gestellt:
„Soll der von der Gemeinde ... direkt oder indirekt beabsichtigte Erwerb einer ca.
32.000 qm großen landwirtschaftlichen Fläche nördlich .../westlich ... zum Zwecke
der Errichtung einer Neubausiedlung unterbleiben?“
Dazu wurde folgende Begründung gegeben:
„Eine Neubausiedlung auf einer städtebaulich nicht integrierten Fläche - extreme
Entfernung von der Bahn, Schule und sonstigen Infrastruktureinrichtungen etc. -
verschandelt das Orts- und Landschaftsbild; sie zersiedelt und zersplittert eine B-
Stadt prägende Fläche. Deshalb muss ihr direkter oder indirekter Erwerb durch die
Gemeinde unterbleiben.“
Unter Hinweis auf die Begründung zum Bürgerbegehren beantragten die Kläger,
das Bürgerbegehren für zulässig zu erklären. Die Beigeladene stellte fest, dass
das nach § 16 g Abs. 4 GO erforderliche Quorum erfüllt ist und legte den Antrag
dem Beklagten vor. Begleitend wurde ausgeführt, dass die Gemeinde sich zurzeit
mit der Bauleitplanung für die in dem Bürgerbegehren genannte Fläche befasse.
Ziel der gemeindlichen Planung sei es, jüngeren ... Familien den Erwerb von
Grundeigentum zu ermöglichen, um diese an die Gemeinde zu binden und u.a.
einer drohenden Überalterung der Bevölkerung ... vorzubeugen. Ein
Entwurfsbeschluss liege vor, zur Zeit erfolge die öffentliche Auslegung und die
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Entwurfsbeschluss liege vor, zur Zeit erfolge die öffentliche Auslegung und die
Beteiligung der Träger öffentlicher Belange im Parallelverfahren zur 15. Änderung
des Flächennutzungsplanes und zur Neuaufstellung des Bebauungsplanes Nr. 19
einschließlich Grünordnungsplan. Das Bürgerbegehren sei unzulässig. Es habe
lediglich das Ziel, die Bauleitplanung der Gemeinde zu verhindern.
Mit Bescheid vom 13. Dezember 2002 erklärte der Beklagte das Bürgerbegehren
für unzulässig. Bei der Prüfung über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens sei der
objektive Erklärungsinhalt bezüglich der Fragestellung mit seiner Begründung
festzustellen. In der Formulierung zum Bürgerbegehren in Verbindung mit der
Begründung werde hier ausgeführt, dass jegliche Besiedlung der Fläche
unterbleiben solle. Damit erfolge der direkte Eingriff in die Bauleitplanung. Die
Begründung des Bürgerbegehrens solle für die unterzeichnenden Bürger so
erklären und darstellen, dass die Beteiligten eine Entscheidungsgrundlage an die
Hand bekämen. Das Ziel und die Beweggründe des Bürgerbegehrens müssten
hierbei deutlich zum Ausdruck kommen. Die vorgenommene Begründung stelle
eine Täuschung des Personenkreises der Unterzeichnenden dar, da die
Begründung vermeintliche Tatsachen enthalte, aber den wirklichen Gegebenheiten
und den planerischen Gesichtspunkten widerspreche. So sei nach dem
Gebietsentwicklungsplan Süd-West des Kreises ... in Abstimmung der Gemeinde,
dem Kreis und der Landesplanung gerade diese Fläche als Bauland ausgewiesen,
da der Standort historisch gewachsen sei und auf der Siedlungsachse liege. Unter
landschaftspflegerischen Gesichtspunkten und den Planungen würden wegen der
überaus attraktiven Landschaft mit ihren vielfältigen Elementen kaum geeignete
Erweiterungsflächen als verfügbar erachtet. Die einzigen dafür in Frage
kommenden Flächen befänden sich nach Ansicht der Planer im Ortsteil Querkamp
am ... im östlichen Teil des Gemeindegebietes. Durch die Formulierung der
Begründung werde eine Täuschung des Bürgerwillens herbeigeführt, so dass das
Begehren unzulässig sei.
Zur Begründung ihres Widerspruchs vom 06. Januar 2003 führten die Kläger aus,
Gegenstand des Bürgerbegehrens sei ein Plebiszit zu der Frage, ob der von der
Gemeinde ... direkt oder indirekt beabsichtigte Erwerb einer Fläche unterbleiben
solle. Der Ankauf eines Grundstückes sei eine wichtige Selbstverwaltungsaufgabe
der Gemeinde, über die ein Bürgerentscheid stattfinden könne. Das gelte auch
dann, wenn eine Gemeinde zugleich einen Bauleitplan für dieses Grundstück
aufstellen wolle. Hier sei das Bürgerbegehren zulässig, weil es den Erwerb
verhindern solle, nicht aber die Bauleitplanung.
Der Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 23. Juni 2003
als unbegründet zurück. Das Bürgerbegehren richte sich zwar nicht in direkter
Form gegen die Bauleitplanung, sondern ziele inhaltlich auf die Korrektur der
Planung ab. Aus dieser Rechtsfolge sei die Unzulässigkeit zu begründen. Weitere
Zweifel an der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens könnten sich aus der
Begründung dazu ergeben. Es würden Gründe genannt, die den tatsächlichen
Gegebenheiten nicht entsprächen.
Am 24. Juli 2003 haben die Kläger Klage zum Verwaltungsgericht erhoben. Zur
Begründung haben sie geltend gemacht, dass keiner der Tatbestände vorliege,
über die ein Bürgerentscheid nach § 16 g Abs. 2 GO nicht stattfinde. Insbesondere
finde kein Bürgerbegehren statt über die Aufstellung, Änderung und Aufhebung
von Bauleitplänen. Das Bürgerbegehren ziele allein darauf ab, ob der beabsichtigte
Erwerb der Fläche unterbleiben solle. Die Begründung beschreibe lediglich die für
das Unterbleiben des Erwerbes tragenden Gründe. Da eine Neubausiedlung auf
der bisher landwirtschaftlich genutzten Fläche das Orts- und Landschaftsbild
verschandele und die Gemeinde diese Fläche zum Zwecke der Bebauung
erwerben wolle, werde eine die Gemeinde prägende Fläche zersiedelt und
zersplittert. Aus diesem Grunde sei es der Sinn des Bürgerbegehrens, den Ankauf
des Grundstückes zu verhindern. Die Bürger würden allein über den Erwerb der
Fläche durch die Gemeinde entscheiden. Dadurch werde die Bebauung der Fläche
weder angesprochen noch in irgendeiner Form in Frage gestellt. Ebenso wenig
werde die Aufstellung eines Bebauungsplanes verhindert.
Die Kläger haben beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung der Bescheide vom 13. Dezember 2002 und vom
23. Juni 2003 zu verpflichten, das Bürgerbegehren für zulässig zu erklären und die
Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu
erklären.
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Der Beklagte und die Beigeladene haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Durch Urteil vom 30. September 2004 hat das Verwaltungsgericht die Klage
abgewiesen. Der Beklagte gehe zu Recht davon aus, dass der beantragte
Bürgerentscheid gemäß § 16 g Abs. 2 Nr. 6 GO nicht statthaft sei, denn er betreffe
den Beschluss der Beigeladenen über die Aufstellung des Bebauungsplanes Nr.
19. Maßgebend für das mit einem Bürgerbegehren verfolgte Anliegen sei der
objektive Erklärungsgehalt, wie er in der Formulierung und Begründung des
Antrages zum Ausdruck gebracht werde und von den Unterzeichnenden habe
verstanden werden dürfen. Aus der Frage des Bürgerbegehrens im
Zusammenhang mit der Begründung ergebe sich, dass es den Klägern nicht um
die Frage des Erwerbes des Grundstückes durch die Beigeladene gehe, sondern
um die Verhinderung einer Neubausiedlung und dass insofern das Bürgerbegehren
die Bauleitplanung der Beigeladenen betreffe. Bereits in der Frage werde nicht
lediglich formuliert, ob der Erwerb der fraglichen Fläche unterbleiben solle, sondern
schon hier werde der Zusammenhang zwischen Erwerb der Fläche im
Zusammenhang mit dem Zweck der Errichtung der Neubausiedlung deutlich.
Letzte Zweifel würden durch die Begründung des Bürgerbegehrens beseitigt.
Daraus werde deutlich, dass es allein um die Verhinderung einer Neubausiedlung
gehe und dass allein aus diesem Grunde der direkte oder indirekte Erwerb durch
die Gemeinde unterbleiben solle. Abgestellt auf den objektiven Empfängerhorizont
bedeute dies für den Leser, dass er darüber abstimme, ob er eine Neubausiedlung
verhindern möchte oder nicht. Ein verständiger Bürger spreche sich mit seiner
Unterschrift somit nicht gegen den Erwerb des Grundstücks durch die Gemeinde
aus, sondern gegen die Errichtung einer Neubausiedlung. Dies solle aber nach
dem Willen des Gesetzgebers, wie er in § 16 g Abs. 2 Nr. 6 GO Ausdruck gefunden
habe, nicht statthaft sein.
Auf Antrag der Kläger hat der Senat die Berufung durch Beschluss vom 01. März
2005 zugelassen. Nach Verlängerung der Begründungsfrist haben die Kläger am
15. April 2005 die Berufungsbegründung vorgelegt.
Die Kläger meinen, das Verwaltungsgericht habe den Ausschlusstatbestand des §
16 g Abs. 2 Nr. 6 GO falsch ausgelegt. Grundstücksbeschaffung und
Bauleitplanung seien zwei zu trennende Regelungsbereiche, die nicht gleichgesetzt
werden könnten. Das Bürgerbegehren betreffe nach seiner Formulierung und
Begründung allein die Frage, ob die Gemeinde ... die streitgegenständliche Fläche
erwerben solle. § 16 g Abs. 2 Nr. 6 GO könne nicht dahingehend ausgelegt werden,
dass ein Bürgerentscheid über eine wichtige Selbstverwaltungsaufgabe, die - wie
die Baulandbeschaffung - zwar in Verbindung mit der Bauleitplanung stehe, selbst
aber keinen rechtlichen Bezug zu dieser aufweise, unzulässig sei. Nur die
Bauleitplanung selbst, also der Satzungsbeschluss und die unselbständigen Teile
des Bauleitplanverfahrens seien von der Bürgerentscheidsfähigkeit
ausgenommen.
Das Verwaltungsgericht habe auch das Bürgerbegehren rechtsfehlerhaft
ausgelegt. Für den objektiven Empfänger sei klar, dass sich das Bürgerbegehren
nicht gegen die Bauleitplanung, sondern gegen den Erwerb einer
landwirtschaftlichen Fläche richte. Sowohl die Fragestellung als auch die
Begründung des Bürgerbegehrens seien auf die Grundstücksbeschaffung, nicht
auf die Bauleitplanung bezogen. So sei es auch von allen angesprochenen Bürgern
verstanden worden.
Das Bürgerbegehren sei auch dann zulässig, wenn man mit dem
Verwaltungsgericht davon ausgehe, dass Gegenstand des Bürgerbegehrens die
Errichtung einer Neubausiedlung sei. Auch das falle nicht unter den
Ausschlusstatbestand von § 16 g Abs. 2 Nr. 6 GO, da es sich nicht um eine
Maßnahme der Bauleitplanung handele. Die Errichtung einer Neubausiedlung habe
faktischen Charakter, es gehe dabei um einen Realakt.
Das Bürgerbegehren sei auch nicht unabhängig von § 16 g Abs. 2 Nr. 6 GO auf
Grund einer fehlerhaften Begründung unzulässig. Die Formulierung von Frage und
Begründung des beantragten Bürgerentscheides entspreche den gesetzlichen
Anforderungen. Insbesondere würden die zur Entscheidung berufenen
Gemeindebürger durch die Formulierung des Themas nicht getäuscht. Mit der
Begründung werde nicht behauptet, dass durch das Bürgerbegehren die
Bauleitplanung für die bezeichnete Fläche verhindert werde. Auch die hinsichtlich
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Bauleitplanung für die bezeichnete Fläche verhindert werde. Auch die hinsichtlich
der Belegenheit des Grundstücks gemachten Aussagen enthielten keine falschen
Angaben. Ob eine Neubausiedlung das bestehende Orts- und Landschaftsbild
zersiedele und eine die Gemeinde ... prägende Fläche zersplittere, sei naturgemäß
ebenso Ansichtssache wie die Frage, ob die Entfernung der Fläche von Bahn,
Schule oder sonstigen Infrastruktureinrichtungen extrem sei. Bei der Begründung
eines Bürgerbegehrens handele es sich nicht um Tatsachenbehauptungen,
sondern um eine Meinung. Sie sei Stellungnahme im Meinungskampf um die
Mehrheit bei der Abstimmung. Diese Meinung sei durch Art. 5 Abs. 1 GG
geschützt. Aber selbst wenn man die kritisierten Begründungselemente als
Tatsachenbehauptungen ansähe, führte das nicht zur Unzulässigkeit des
Bürgerbegehrens, denn die Behauptungen träfen zu.
Schließlich meinen die Kläger, dass das Bürgerbegehren selbst dann nicht
unzulässig sei, wenn man - mit dem Beklagten - unterstelle, dass die Begründung
fehlerhaft sei. In diesem Falle sei es Aufgabe des Beklagten, die Formulierung
unter Mitwirkung der Kläger in eine fehlerfreie Formulierung abzuändern und den
Bürgerentscheid dann zuzulassen. An die Formulierung eines Bürgerbegehrens
dürften keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden. Die Aufgabe einer
endgültigen und „wasserdichten“ Formulierung liege im Falle eines
Bürgerbegehrens bei der Kommunalaufsichtsbehörde. Jedenfalls sei die Versagung
auf Grund einer missverständlichen Begründung unverhältnismäßig.
Die Kläger beantragen,
das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 6. Kammer vom 30.
September 2004 zu ändern und den Beklagten unter Aufhebung der Bescheide
vom 13. Dezember 2002 und vom 23. Juni 2003 zu verpflichten, den Antrag auf
einen Bürgerentscheid der Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde ... über die
Frage „Soll der von der Gemeinde direkt oder indirekt beabsichtigte Erwerb einer
ca. 32.000 qm großen landwirtschaftlichen Fläche nördlich .../westlich ... zum
Zwecke der Errichtung einer Neubausiedlung unterbleiben?“ für zulässig zu
erklären,
hilfsweise,
den Beklagten unter Aufhebung der Bescheide vom 13. Dezember 2002 und vom
23. Juni 2003 zu verpflichten, den Antrag auf einen Bürgerentscheid der
Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde ... über die Frage „Soll der von der
Gemeinde direkt oder indirekt beabsichtigte Erwerb einer ca. 32.000 qm großen
landwirtschaftlichen Fläche nördliche .../westlich ... zum Zwecke der Errichtung
einer Neubausiedlung unterbleiben?“ unter Beachtung der Rechtsauffassung des
Gerichts neu zu bescheiden.
Der Beklagte und die Beigeladene beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte ist der Auffassung, dass auch die Bauleitplanung der Beigeladenen
berührt werde, indem das Bürgerbegehren die Verhinderung der Neubausiedlung
anstrebe. Maßgebend sei, welche Konsequenzen aus einer Annahme des
Bürgerbegehrens zu ziehen wären. Bestehe die rechtlich einzige mögliche
Konsequenz, den Bürgerentscheid umzusetzen, für die Gemeinde darin,
Maßnahmen der Bauleitplanung zu ergreifen oder zu unterlassen, so seien
Bürgerbegehren und Bürgerbescheid unzulässig. Allein darum gehe es den
Klägern. Im Übrigen sei das Bürgerbegehren auch deswegen unzulässig, weil die
Begründung dazu eine Täuschung des Bürgerwillens darstelle.
Die Beigeladene teilt diese Einschätzung. Wer das Bürgerbegehren lese, denke im
Rahmen der gestellten Frage ausschließlich an den Erwerb einer Fläche und nur
sekundär an den Zweck der Errichtung einer Neubausiedlung. Die Begründung
demgegenüber stelle ausschließlich auf die Neubausiedlung ab, in der Folge dann
weiter gerade auf die Verhinderung einer solchen Neubausiedlung. Das wiederum
tangiere unmittelbar die Bauleitplanung. Weiter meint die Beigeladene, dass die
fehlerhafte Begründung des Bürgerbegehrens auch zur Unzulässigkeit führe. Die
kommunale Aufsichtsbehörde sei keineswegs verpflichtet, auf eine andere
Formulierung hinzuwirken. Im Übrigen sei die zur Abstimmung gestellte Frage zu
unbestimmt, weil unklar sei, was ein indirekter Erwerb der Fläche durch die
Gemeinde bedeuten solle.
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Die Verwaltungsvorgänge des Beklagten haben vorgelegen; auf sie und die
Schriftsätze der Beteiligten wird wegen der weiteren Einzelheiten Bezug
genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Kläger ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage im
Ergebnis zu Recht abgewiesen.
Die Kläger haben im Berufungsverfahren erklärt, dass ihre Klage gegen den
Landrat des Kreises Herzogtum Lauenburg gerichtet sein soll. Das entspricht den
Anforderungen des § 78 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 6 Satz 2 AG VwGO, weil der
Landrat die Aufgabe der Kommunalaufsicht über die kreisangehörigen Gemeinden
und Ämter gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über die Errichtung allgemeiner
unterer Landesbehörden als untere Landesbehörde wahrnimmt. Es handelt sich
um eine Klarstellung der ursprünglich gegen den Kreis gerichteten Klage. Sofern
darin eine Klageänderung zu sehen sein sollte, wäre diese sachdienlich i.S.v. § 91
VwGO.
Mit dieser Klarstellung ist die Klage als Verpflichtungsklage zulässig. Die im
eigenen Namen handelnden Kläger sind beteiligungsfähig (§ 61 Nr. 1 VwGO) und
als Mitunterzeichner des Bürgerbegehrens und Adressaten des Bescheides vom
13. Dezember 2002 klagebefugt (vgl. VGH Kassel, Beschl. v. 16.07.1996 - 6 TG
2264/96 -, NVwZ 1997, 310; Urt. v. 28.10.1999 - 8 UE 3683/97 -, NVwZ-RR 2000,
451; Schliesky, Aktuelle Rechtsprobleme bei Bürgerbegehren und
Bürgerentscheid, DVBl. 1998, 169 ff). Da die Kläger eine für sie positive
Entscheidung des Beklagten nach § 16 g Abs. 5 Satz 1 GO über die Zulässigkeit
des Bürgerbegehrens anstreben, ist die Verpflichtungsklage die richtige Klageart
(vgl. OVG Greifswald, Beschl. v. 24.07.1996 - 1 M 43/96 -, NVwZ 1997, 306, 307).
Die Klage ist jedoch nach Haupt- und Hilfsantrag unbegründet.
Das beantragte Bürgerbegehren erfüllt die Voraussetzungen des § 16 g GO. Der
Beklagte hat nach § 16 g Abs. 5 Satz 1 GO über die Zulässigkeit des
Bürgerbegehrens zu entscheiden. Die Kläger haben als Mitunterzeichner eines
Bürgerbegehrens einen formwirksamen Antrag nach § 16 g Abs. 3 Satz 1 GO bei
der Beigeladenen gestellt. Dieser Antrag ist fristgerecht. Zwar ist das
Bürgerbegehren auf ein Unterlassen gerichtet, doch richtet es sich nicht gegen
einen Beschluss der Gemeindevertretung. Die Beigeladene hat dem Beklagten am
09. November 2002 - also nach Antragstellung - mitgeteilt, ein förmlicher
Beschluss der Gemeindevertretung, das Grundstück zu Zwecken der Errichtung
einer Neubausiedlung zu erwerben, existiere bisher nicht. Die Entscheidung dieser
Frage hinge noch von mehreren nicht endgültig geklärten Faktoren ab. Die Frist
des § 16 g Abs. 3 Satz 3 GO greift daher nicht. Auch das Quorum des § 16 g Abs. 4
GO ist erfüllt.
Die zur Entscheidung gestellte Frage, ob der von der Gemeinde ... direkt oder
indirekt beabsichtigte Erwerb einer ca. 32.000 qm großen landwirtschaftlichen
Fläche nördlich .../westlich ... zum Zwecke der Errichtung einer Neubausiedlung
unterbleiben soll, entspricht § 7 Abs. 1 Satz 1 DVO-GO in der seit dem 01. April
2003 geltenden Fassung (GVOBl. 2003, S. 52). Danach ist die mit dem
Bürgerbegehren nach § 16 Abs. 3 GO einzubringende Frage so zu formulieren,
dass sie das Ziel des Begehrens hinreichend klar und eindeutig zum Ausdruck
bringt. Entgegen der Auffassung der Beigeladenen ergeben sich keine
Zulässigkeitsbedenken durch die Einbeziehung auch eines "indirekten“ Erwerbs
durch die Gemeinde. Es liegt nahe, dass damit der Erwerb durch eine andere
Rechtsperson gemeint ist, auf die die Beigeladene rechtlich begründeten Einfluss
hat, etwa der Erwerb durch eine Gesellschaft, an der die Gemeinde maßgeblich
beteiligt ist.
Die Frage betrifft eine wichtige Selbstverwaltungsaufgabe der Gemeinde. Es geht
dabei nicht nur um eine politische Willensäußerung. Wenn auch nicht eines der in §
16 g Abs. 1 Satz 2 GO aufgeführten Beispiele erfüllt ist, so ist dennoch der Erwerb
einer Fläche in dieser Größe, die zur Bebauung ansteht, eine
Selbstverwaltungsaufgabe mit erheblicher Bedeutung für die Gemeinde (vgl. zur
Abgrenzung der wichtigen Angelegenheit OVG Greifswald, a.a.O., S. 307; Schliesky,
Kommunalverfassungsrecht SH, GO, § 16 g Rdnr. 13 ff). Anders als in anderen
Bundesländern (vgl. etwa OVG Koblenz, Urt. v. 25.11.1997 - 7 A 12417/96 -, NVwZ
1998, 425) ist der Katalog des § 16 g Abs. 1 Satz 2 GO nicht abschließend (vgl.
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1998, 425) ist der Katalog des § 16 g Abs. 1 Satz 2 GO nicht abschließend (vgl.
Schliesky, GO, a.a.O., § 16 g Rdnr. 13), wie durch das Wort „insbesondere“ deutlich
gemacht wird.
Das Bürgerbegehren ist entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht
gemäß § 16 Abs. 2 Nr. 6 GO unstatthaft. Richtig ist, dass die Regelungen des § 16
g Abs. 2 GO nicht nur Bürgerentscheide zu bestimmten Angelegenheiten
ausschließen, sondern bereits bei der Prüfung der Zulässigkeit eines
Bürgerbegehrens entscheidungserheblich sind (vgl. Schliesky, GO, a.a.O., § 16 g
Rdnr. 144). Das Bürgerbegehren ist nach § 16 g Abs. 3 Satz 1 GO ein Antrag auf
einen Bürgerentscheid und muss - um zulässig zu sein - den gesetzlichen
Vorschriften entsprechen (§ 7 Abs. 5 Satz 3 DVO-GO). Dazugehört auch die
Vereinbarkeit mit den Regelungen des § 16 g Abs. 2 GO. Nach der Begründung
des Gesetzentwurfs zu dieser Vorschrift sollen Aufgaben, bei denen eine
bürgerschaftliche Entscheidung nicht möglich oder unzweckmäßig ist oder die
Gefahr einer unsachlichen Entscheidung bestehen kann, von vornherein
ausgeschlossen werden. § 16 g Abs. 2 Nr. 6 GO lässt einen Bürgerentscheid nicht
zu über die Aufstellung, Änderung und Aufhebung von Bauleitplänen. Nach der
Begründung des Gesetzentwurfs können hier vorrangig am Gemeindewohl
orientierte Entscheidungen der Gemeindevertretung den Belangen der Gemeinde
am ehesten gerecht werden (LT-Drs. 12/592, S. 49). Vergleichbare Vorschriften in
Gesetzen anderer Länder werden damit begründet, dass u.a. in den Verfahren zur
Aufstellung von Bebauungsplänen eine Bürgerbeteiligung in formalisierter Form
vorgesehen ist, die einer Erweiterung durch andere Partizipationsformen nicht
zugänglich sein soll (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 17.12.2004 - 10 LA 84/04 -,
NVwZ-RR 2005, 349, 350 zu § 22 b Abs. 3 Satz 2 Nr. 6 NdsGO). Entscheidungen,
die in einem Verwaltungsverfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung zu treffen sind,
seien vom Einflussbereich plebiszitärer Entscheidungen auszunehmen, weil diese
die Berücksichtigung und Abwägung einer Vielzahl öffentlicher und privater
Interessen erforderten, die sich nicht in das Schema einer Abstimmung mit „Ja“
oder „Nein“ pressen ließen (OVG Münster, Urt. v. 23.04.2002 - 15 A 5594/00 -,
NVwZ-RR 2002, 766, 767). Es kann dahinstehen, ob die Kritik an der Begründung
von Ausnahmetatbeständen dieser Art berechtigt ist (vgl. dazu Ritgen, Zu den
thematischen Grenzen von Bürgerbegehren und Bürgerentscheid, NVwZ 2000,
129, 133) oder ob der Ausschlusstatbestand des § 16 g Abs. 2 Nr. 6 GO
rechtspolitisch verfehlt ist, da er Angelegenheiten ausnimmt, die für die
Gemeindebürger regelmäßig von großem Interesse sein werden (so Schliesky, GO,
a.a.O., § 16 g Rdnr. 57), denn jedenfalls bestehen keine Bedenken gegen die
Wirksamkeit dieser Bestimmung. Sie erfasst aber nicht das hier zur Überprüfung
gestellte Bürgerbegehren.
Nach § 7 Abs. 9 Satz 2 DVO-GO ist ein Bürgerbegehren auch dann gegen den
Beschluss einer Gemeindevertretung gerichtet, wenn es den Beschluss nicht
ausdrücklich erwähnt, sondern in positiver Formulierung ein anderes Vorhaben
anstelle des beschlossenen Vorhabens anstrebt. Diese Bestimmung steht zwar in
Zusammenhang mit der Einhaltung der Frist des § 16 g Abs. 3 Satz 3 GO, ist
jedoch auch für die Beurteilung der Frage heranzuziehen, ob der Tatbestand es §
16 g Abs. 2 Nr. 6 GO erfüllt ist, denn die dort genannten Vorgänge erfordern
entsprechende Beschlüsse der Gemeindevertretung. So wird auch die Auffassung
vertreten, dass es nicht darauf ankomme, ob sich ein Bürgerbegehren
ausdrücklich gegen einen Beschluss der Gemeindevertretung über die Aufstellung
eines Bebauungsplans richtet. Entscheidend sei allein, ob das Bürgerbegehren den
Gegenstand "Aufstellung eines Bebauungsplanes" betreffe (so zu einer
vergleichbaren Vorschrift der niedersächsischen Gemeindeordnung OVG
Lüneburg, a.a.O.). Die vorstehend zitierte Entscheidung betraf ein
Bürgerbegehren, das die Erhaltung einer Fläche als Parkanlage und
Erholungsfläche für die Bürgerinnen und Bürger anstrebte und mit dem durch
einen Bebauungsplan verfolgten Planungsziel, die planungsrechtlichen
Voraussetzungen zur Errichtung eines Einkaufs- und Dienstleistungszentrums zu
schaffen, als unvereinbar angesehen wurde. So liegt es hier nicht. Während ein
Bürgerbegehren, das die Erhaltung einer Fläche in seinem gegenwärtigen Zustand
anstrebt, und ein Bebauungsplan zur Errichtung baulicher Anlagen sich
gegenseitig ausschließen, trifft das für ein Bürgerbegehren, das lediglich den
Erwerb der Fläche durch die Gemeinde verhindern soll, nicht zu. Auch wenn zu
vermuten ist, dass es den Initiatoren des Begehrens darum geht, die Fläche von
einer Bebauung freizuhalten, bleibt es der Gemeinde unbenommen, ihre
Bauleitplanung durchzuführen.
Eine andere rechtliche Beurteilung ist hier nicht schon deswegen gerechtfertigt,
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Eine andere rechtliche Beurteilung ist hier nicht schon deswegen gerechtfertigt,
weil es nach der Fragestellung um den Erwerb der Fläche zum Zwecke der
Errichtung einer Neubausiedlung gehen soll und dadurch auch städtebauliche
Belange berührt sein können. Der gemeindliche Zwischenerwerb von
Grundstücken im Vorfeld der Bauleitplanung mit der Absicht, das künftige Bauland
anschließend an die einheimische Bevölkerung weiter zu verkaufen, ist ungeachtet
seiner Einordnung in das bürgerliche Recht (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.02.1993 - IV C
18.91 -, NJW 1993, 2695) ein städtebaulicher Vertrag. Der Gesetzgeber billigt das
Junktim von Bauleitplanung und Projekten zur Schaffung von Wohnraum für
Einheimische in § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BauGB ausdrücklich (Roithmaier, Der
gemeindliche Zwischenerwerb als Aufgabenerfüllungsvertrag - ..., NVwZ 2005, 56,
57). Ein städtebaulicher Vertrag in diesem Sinne liegt nicht nur dann vor, wenn der
Grundstückserwerb schon im Vorfeld der Bauleitplanung erfolgt, sondern dieser
Rechtscharakter kann auch dann noch gegeben sein, wenn die Baureifmachung
der Grundstücke bereits vorher erfolgt war (VGH München, Urt. v. 22.12.1998 - 1 B
94.3288 -, NVwZ 1999, 1008, 1011). Städtebauliche Verträge dieser Art werden
aber durch die Regelung des § 16 g Abs. 2 Nr. 6 GO nicht erfasst. Es werden
dadurch nicht Bürgerentscheide über städtebauliche Angelegenheiten jeder Art
ausgeschlossen, sondern nur solche, die die Aufstellung, Änderung und Aufhebung
von Bauleitplänen zum Gegenstand haben. Wenn dies auch nicht - wie ausgeführt
- ausdrücklich so formuliert sein muss, genügt eine tatsächliche Beziehung des
Bürgerbegehrens zur Bauleitplanung dafür nicht.
Das Bürgerbegehren ist aber wegen der Begründung unzulässig. Das in § 16 g
Abs. 3 Satz 4 GO normierte Erfordernis einer Begründung ist nicht schon dann
erfüllt, wenn überhaupt eine Begründung abgegeben wird. Die vorgeschriebene
Begründung soll einerseits die Bürgerschaft zu einer sachlichen inhaltlichen
Auseinandersetzung veranlassen, andererseits der Gemeindevertretung das
begehrte Anliegen zweifelsfrei deutlich machen (LT-Drs. 12/592 S. 50). Dieser
Zweck kann nur erfüllt werden, wenn die Begründung zum einen die für sie
tragenden Tatsachen im Wesentlichen richtig wiedergibt (vgl. OVG Münster, Urt. v.
23.04.2002 - 15 A 5594/00 -, NVwZ-RR 2002, 766, 767) und zum anderen das Ziel
und die Beweggründe des Bürgerbegehrens deutlich zum Ausdruck kommen (vgl.
Schliesky, GO, a.a.O., § 16 g Rdnr. 116). Wenn auch gewisse Überzeichnungen und
ein besonderes Herausstellen der Begründungselemente, die die Auffassung des
Bürgerbegehrens stützen, hinzunehmen sind, ist das Bürgerbegehren wegen
mangelhafter Begründung dann unzulässig, wenn diese als Täuschung des
Bürgerwillens erscheint und nach den Maßstäben zur Beurteilung einer
unzulässigen Wahlbeeinflussung als nicht mehr hinnehmbar anzusehen wäre (vgl.
Schliesky, ebenda, m.w.N.). Das ist u.a. dann der Fall, wenn die zur Begründung
angeführten Argumente zwar die eigentlichen Motive des Begehrens aufzeigen,
aber mit der zur Entscheidung gestellten Frage nichts gemein haben und sie
dadurch verfälschen. So liegt es hier.
Nach der Fragestellung wird mit dem Bürgerbegehren die Entscheidung erstrebt,
den Erwerb eines bestimmten Grundstücks zum Zwecke der Errichtung einer
Neubausiedlung zu unterlassen. Eine Begründung könnte dafür z. B. sein, dass die
für den Ankauf erforderlichen finanziellen Mittel der Gemeinde anders verwendet
werden sollten. Auch wäre das Argument denkbar, dass die angestrebte
Besiedelung des Grundstücks durch private Unternehmen effektiver durchgeführt
werden könnte. Gründe dieser Art beträfen den Eigentumserwerb und eine von der
Gemeinde nach § 4 WoFG wahrzunehmende Aufgabe und stünden in erkennbarem
Zusammenhang mit der Abstimmungsfrage. Im Gegensatz dazu werden hier
jedoch zur Begründung ausschließlich abwägungsrelevante Belange im Sinne von
§ 1 Abs. 6 BauGB herangezogen. Der Erwerb soll nicht aus wirtschaftlichen
Gründen unterbleiben, sondern wegen der besonderen Lage des Grundstücks. Die
zur Begründung genannten Erwägungen wie Entfernung zu
Infrastruktureinrichtungen, Verschandelung des Orts- und Landschaftsbildes und
Zersiedelung und Zersplitterung einer die Gemeinde prägende Fläche sind
losgelöst von der Eigentumslage zu beurteilen, und zwar ausschließlich im
Bauleitplanverfahren. Nicht der Erwerb durch die Beigeladene könnte diese Folgen
haben, sondern die Umsetzung des von ihr beschlossenen Bebauungsplans. Der
Beklagte hat deswegen im Widerspruchsbescheid zutreffend ausgeführt, dass das
Bürgerbegehren sich zwar nicht in direkter Form gegen die Bauleitplanung richte,
aber inhaltlich auf die Korrektur der Planung abziele. Das ergibt sich zwar nicht aus
der Fragestellung, wohl aber aus der Begründung. Wer der gegebenen Begründung
folgt, wendet sich nicht eigentlich gegen den beabsichtigten Grundstückserwerb,
sondern gegen den die Errichtung der Neubausiedlung ermöglichenden
Bebauungsplan. Damit ist das Bürgerbegehren - wie ausgeführt - nicht nach § 16 g
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Bebauungsplan. Damit ist das Bürgerbegehren - wie ausgeführt - nicht nach § 16 g
Abs. 2 Nr. 6 GO ausgeschlossen, aber wegen Verfälschung der Abstimmungsfrage
unzulässig.
Diese Schlussfolgerung kann ohne die von den Klägern beantragte
Beweiserhebung gezogen werden. Auf die Frage, ob die Bebauung die
behaupteten negativen - ausschließlich städtebaulichen - Folgen haben wird,
kommt es - wie ausgeführt - in diesem Verfahren nicht an. Insoweit bedurfte es
weder einer Ortsbesichtigung noch der Einholung eines
Sachverständigengutachtens. Ferner brauchten die von den Klägern als Zeugen
benannten Mitunterzeichner des Bürgerbegehrens nicht zu der Behauptung gehört
zu werden, dass sie das Begehren als Abstimmung über den Ankauf des in Rede
stehenden Grundstücks verstanden hätten. Es kommt für die Beurteilung der
Zulässigkeit des Bürgerbegehrens nicht auf die Vorstellung einzelner Personen an,
sondern abzustellen ist dabei - wie bereits das Verwaltungsgericht ausgeführt hat -
auf den „objektiven Empfängerhorizont“, d. h., wie konnte ein verständiger Leser
die Fragestellung mit der gegebenen Begründung verstehen.
Ist nach alledem der Hauptantrag unbegründet, kommt auch die hilfsweise
beantragte Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung nicht in Betracht. Ein
sog. Bescheidungsurteil wäre hier nur unter den Voraussetzungen des § 113 Abs.
5 Satz 2 VwGO denkbar. Danach dürfte die Sache noch nicht spruchreif sein, dabei
aber feststehen, das die Ablehnung des beantragten Verwaltungsakts rechtswidrig
ist und die Kläger in ihren Rechten verletzt. Bedeutung erlangt eine solche
Bescheidungsklage insbesondere dort, wo der Verwaltung in Bezug auf einen
begünstigenden Verwaltungsakt ein Ermessens- und/oder Beurteilungsspielraum
eingeräumt ist (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl., § 42 Rdnr. 8). Bei der
Entscheidung über die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens handelt es sich aber
grundsätzlich um eine rechtlich gebundene Entscheidung (vgl. Schliesky, GO,
a.a.O., § 16 g Rdnr. 144), die in vollem Umfang gerichtlich überprüfbar ist. Das
Gericht hat daher generell ggf. die Spruchreife herbeizuführen. Ein
Ermessensfehler mit der Folge einer Neubescheidung wäre etwa denkbar
gewesen, wenn der Beklagte im Falle der Nichterreichung des Quorums nach § 16
g Abs. GO von der Ermächtigung des § 7 Abs. 6 Satz 2 DVO-GO keinen Gebrauch
gemacht und keine Nachfrist gesetzt hätte. Darum geht es hier jedoch nicht. Es
handelt sich auch nicht um die notwendige Aufklärung eines komplexen
Sachverhaltes, bei dem in Ausnahmefällen die Zurückverweisung an die
Verwaltung für zulässig gehalten wird. Gegenstand des Verfahren ist allein die
rechtliche Prüfung des von den Vertretungsberechtigten des Bürgerbegehrens bei
der Verwaltung gestellten Antrags. Wenn man der Auffassung folgt, dass eine für
einen Bürgerentscheid geeignete Fragestellung für das Bürgerbegehren noch nicht
erforderlich sei, sondern im Laufe des Verfahrens erarbeitet oder von der
Kommunalaufsichtsbehörde festgelegt werden könne (vgl. Schliesky, GO, a.a.O., §
16 g Rdnr. 104), betrifft dies die Anforderungen an die Zulässigkeit des
Bürgerbegehrens (vgl. dazu OVG Koblenz, Urt. v. 06.02.1996 - 7 A 12861/95 -,
NVwZ-RR 1997, 241), aber nicht die von den Klägern hilfsweise beanspruchte
Mitwirkung des Beklagten bei der Formulierung von Fragestellung und Begründung,
um erst die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens herbeizuführen. Im Übrigen tragen
die Kläger selbst vor, dass es durch die zu leistende Hilfestellung nicht zu einer
Verfälschung des Anliegens kommen dürfe. Dies setzte voraus, dass mit
Fragestellung und Begründung inhaltlich dasselbe Ziel angestrebt werden würde
(vgl. OVG Koblenz, a.a.O.). Hier gehen aber Fragestellung und Begründung - wie
ausgeführt - inhaltlich völlig auseinander. Daher bleibt es allein die Aufgabe der
Initiatoren des Bürgerbegehrens, ein nach § 16 g GO zulässiges Anliegen deutlich
zu machen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Da die
Beigeladene sich durch die Stellung eines eigenen Sachantrages am Prozessrisiko
beteiligt, entspricht es der Billigkeit, ihre außergerichtlichen Kosten den Klägern
aufzuerlegen. Die Nebenentscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit haben
ihre Rechtsgrundlage in § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe i.S.v. § 132 Abs. 2 VwGO nicht
vorliegen.