Urteil des OVG Schleswig-Holstein vom 14.03.2017

OVG Schleswig-Holstein: treu und glauben, herrschendes grundstück, tierhaltung, schutzwürdiges interesse, rechtliches gehör, bebauungsplan, unterlassungspflicht, kaufvertrag, gemeinde, öffentlich

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Gericht:
Oberverwaltungsgericht
für das Land Schleswig-
Holstein 1. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
1 LA 117/08
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 1018 BGB, § 1019 BGB, §
1090 BGB, § 242 BGB, §
464 Abs 2 BGB
Erteilung einer Negativbescheinigung über Nichtausübung
des Vorkaufsrechts, maßgebliche Sach- und Rechtslage;
Relevanz einer "Dienstbarkeit"
Leitsatz
1. Bei der gerichtlichen Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer Vorkaufsrechtsausübung
ist maßgeblich auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung abzustellen. Die
rechtlichen Voraussetzungen der Vorkaufsrechtsausübung müssen in dem Zeitpunkt
vorliegen, in dem - mit dessen Ausübung durch Verwaltungsakt - die zivilrechtliche
Gestaltungswirkung eintritt (§ 464 Abs. 2 BGB). Das folgt - ergänzend - auch daraus,
dass die Ausübung des Vorkaufsrechts gem. § 28 Abs. 2 S. 1 BauGB im Ermessen der
Gemeinde steht, so dass erst nach der letzten Behördenentscheidung hervortretende
Ermessensgesichtspunkte im Rahmen der gerichtlichen Überprüfung grundsätzlich
nicht mehr zu berücksichtigen sind.
2. Wird in einem Kaufvertrag vereinbart, dass ein (in einem Bebauungsplan zur
Wohnbebauung vorgesehenes) Grundstück "weiterhin als landwirtschaftliche Nutzfläche
zur Tierhaltung" zu nutzen sei und nicht "versiegelt" oder bebaut werden dürfe, kann die
vorkaufsberechtigte Gemeinde das Grundstück der im Bebauungsplan festgesetzten
Nutzung (WA, Straße) gleichwohl zuzuführen: Eine dingliche
"Unterlassungsdienstbarkeit" ist in Ermangelung eines dem Inhaber zuzuordnenden
schutzwürdigen Interesses unwirksam. Eine (nur) schuldrechtliche Vereinbarung ist
wegen unzulässiger Rechtsausübung (§ 242 BGB) nicht durchsetzbar, da der Inhalt des
Bebauungsplans bei Abschluss der Vereinbarung bekannt war.
Tenor
Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Schleswig-
Holsteinischen Verwaltungsgerichts – Einzelrichterin der 2. Kammer – vom 14.
Oktober 2008 wird abgelehnt.
Die Kläger tragen die Kosten des Antragsverfahrens als Gesamtschuldner.
Der Streitwert beträgt 3.750,-- Euro.
Gründe
I.
Die Kläger erwarben durch notariellen Kaufvertrag vom 14.05.2007 das Flurstück
… der Flur …; das 933 qm große Grundstück liegt im Geltungsbereich des
Bebauungsplans Nr. 53.3 der Beklagten. Eine Erklärung des
Vorkaufsrechtsverzichts lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 12.07.2007 ab. Die
Klage mit dem Antrag, die Beklagte unter Aufhebung der entgegenstehenden
Bescheide zu verpflichten, eine Negativbescheinigung über die Nichtausübung des
Vorkaufsrechts zu erteilen, wies das Verwaltungsgericht durch Urteil vom
14.10.2008 ab. Die Kläger erstreben die Zulassung der Berufung unter
Bezugnahme auf die Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 und 5 VwGO.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung kann keinen Erfolg haben. Die geltend
gemachten Zulassungsgründe greifen nicht durch.
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1. Es bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO an
der Richtigkeit des angegriffenen Urteils. Das klagabweisende Urteil des
Verwaltungsgerichts ist nicht zu beanstanden.
1.1 In der Parallelsache 1 LA 116/08 hat der Senat zu den – auch vorliegend
geltend gemachten – Zulassungsgründen ausgeführt:
An diesen Ausführungen ist auch für die vorliegende Entscheidung festzuhalten.
Insbesondere war keine (nochmalige) Auseinandersetzung mit dem von den
Klägern geltend gemachten Interesse an der Fortsetzung ihrer „Schafzucht“
erforderlich. Diese ist nach den – aus Angaben der Kläger selbst
hervorgegangenen - Feststellungen im Verfahren 1 KN 16/07 (S. 12-13 der Urt.-
Gründe) „nicht auf die Erzielung von Einnahmen (i. S. v. Gewinnerzielung)“
angelegt. Die „Schafzucht“ ist „mit einer Hobby-Tierhaltung vergleichbar“; ihre
Einordnung als „Landwirtschaft“ i. S. d. § 201 BauGB ist nach den bis heute
gegebenen Umständen nicht begründet. Der Hinweis im Zulassungsantrag (S. 3)
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gegebenen Umständen nicht begründet. Der Hinweis im Zulassungsantrag (S. 3)
auf Sammelanträge beim Amt für ländliche Räume in Husum ist für das Vorliegen
eines nachhaltigen landwirtschaftlichen Betriebs ebenso unergiebig wie die
„betriebliche“ Entwicklung ab 2007 bis heute (Flächenerweiterung um 0,09 ha,
Tierbestandszunahme um 4 Tiere auf 31 Schafe); das Gesamtbild einer Hobby-
Tierhaltung wird dadurch nicht entkräftet.
Die auf Treu und Glauben bzw. eine „Zusicherung“ der Beklagten gestützten
Argumente gegen die Ausübung des Vorkaufsrechts hat das Verwaltungsgericht
zur Kenntnis genommen (s. S. 7 u. des Urt.-Abdr.); der in der Antragsbegründung
(S. 4) insoweit gerügte Verfahrensfehler i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO ist nicht
gegeben.
1.2 Die im Zulassungsantrag mehrfach vorgetragene Ansicht, für die Entscheidung
sei die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung
maßgeblich, ist unzutreffend.
1.2.1 Auch wenn man – der Ansicht der Kläger folgend und dem
Verwaltungsgericht (S. 6 d. Urt.-Abdr.) widersprechend – vorliegend eine
Verpflichtungsklage für statthaft hält, ist bei der Beurteilung, ob die
Voraussetzungen der Ausübung des Vorkaufsrechts vorliegen, auf den Zeitpunkt
der letzten Behördenentscheidung abzustellen.
Die Kläger legen in ihrer Antragsbegründung zutreffend dar, dass der für die
gerichtliche Überprüfung maßgebliche Zeitpunkt nach dem materiellen (Fach-
)Recht zu bestimmen ist (BVerwG, Urt. v. 31.03.2004, 8 C 5.03, BVerwGE 120, 246
ff. [bei Juris Tz. 35]); dieses fordert, dass die rechtlichen Voraussetzungen der
Vorkaufsrechtsausübung in dem Zeitpunkt vorliegen müssen, in dem – mit dessen
Ausübung durch Verwaltungsakt – die zivilrechtliche Gestaltungswirkung eintritt (§
464 Abs. 2 BGB). Das folgt – ergänzend – auch daraus, dass die Ausübung des
Vorkaufsrechts gem. § 28 Abs. 2 S. 1 BauGB im Ermessen der Gemeinde steht, so
dass erst nach der letzten Behördenentscheidung hervortretende
Ermessensgesichtspunkte im Rahmen der gerichtlichen Überprüfung grundsätzlich
nicht mehr zu berücksichtigen sind. Dem entsprechend sind Änderungen der
Sach- oder Rechtslage, die später, also erst nach Erlass des nach § 79 Abs. 1 Nr. 1
VwGO (mit) einzubeziehenden Widerspruchsbescheides eintreten, für die
Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ausübung des Vorkaufsrechts nicht mehr
relevant. Anders ausgedrückt: Eine nach der Sach- und Rechtslage zur Zeit des
Vorkaufsrechts-Ausübungsbescheides in der Fassung des Widerspruchsbescheides
eingetretene (zivilrechtliche) Gestaltungswirkung geht durch spätere rechtliche
oder tatsächliche Veränderungen nicht mehr „unter“ oder verloren;
entsprechendes gilt für nachträglich begründete Ermessensgesichtspunkte
(ebenso OVG Schleswig, Urt. v. 24.10.2007, 1 LB 11/07, zu 3 c der Gründe).
1.2.2 Nach den vorstehenden Ausführungen ist es nicht zu beanstanden, dass das
Verwaltungsgericht die – erst im Laufe des Klageverfahrens – auf dem
Vorkaufsgrundstück errichtete Holzhütte (s. Schriftsatz der Kläger vom 29.08.2008
mit Anlage 1) nicht als entscheidungserheblich angesehen hat (S. 7 des Urt.-
Abdr.). Die Anforderung nach § 24 Abs. 1 Nr. 6 BauGB, wonach das Grundstück im
maßgeblichen Zeitpunkt unbebaut gewesen sein muss, war zum Zeitpunkt der
letzten Behördenentscheidung erfüllt, wie die am 05.06.2008 durchgeführte
Ortsbesichtigung (Bl. 54 d. A.) bestätigt hat.
Anzumerken bleibt, dass die Errichtung der Holzhütte – unbeschadet ihrer
Genehmigungsbedürftigkeit (§ 68 Abs. 1, § 69 Abs. 1 Nr. 1, 22 LBO, wobei
„landwirtschaftliches“ Gebäude vorliegt, s. o.) – auch aus materiell-baurechtlichen
Gründen nicht entscheidungsrelevant ist. Ob es zutrifft, dass die Hütte nach einem
Brand wieder errichtet worden ist (Schriftsatz vom 29.08.2008), mag dahinstehen,
weil § 35 Abs. 4 Nr. 3 BauGB nach Inkrafttreten des Bebauungsplans nicht mehr
anwendbar ist. Die Holzhütte widerspricht den Festsetzungen des Bebauungsplans
Nr. 53.3. Die Kläger bezeichnen sie in der Antragsbegründung (S. 5) als „Stallung“,
die „Tieren als Unterstand dienen“ soll. Ein solches Gebäude ist in einem
Allgemeinen Wohngebiet (§ 4 BauNVO) auch als Nebenanlage i. S. d. § 14 Abs. 1
BauNVO unzulässig (vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 2002, § 4 Rn. 15.1, 16.6, 16.8).
Eine materiell-rechtswidrige Bebauung, die – wie hier – in Kenntnis eines
entgegenstehenden Bebauungsplans errichtet wird, kann nach dem
Rechtsgedanken des § 162 Abs. 2 BGB der Vorkaufrechtsausübung nicht
entgegengesetzt werden.
1.3 Die Kläger führen an, die Ausübung des Vorkaufsrechts entspreche nicht dem
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1.3 Die Kläger führen an, die Ausübung des Vorkaufsrechts entspreche nicht dem
Wohl der Allgemeinheit (§ 24 Abs. 3 S. 1 BauGB), weil wegen der in § 2 des
Kaufvertrages vereinbarten Auflage das Grundstück „weiterhin als
landwirtschaftliche Nutzfläche zur Tierhaltung“ zu nutzen sei und nicht „versiegelt“
oder bebaut werden dürfe. Die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung wird
dadurch nicht in Frage gestellt.
Zwar bewirkt (auch) das öffentlich-rechtliche Vorkaufsrecht nach § 28 Abs. 2 S. 2
BauGB i. V. m. § 464 Abs. 2 BGB, dass der Kaufvertrag zwischen der Beklagten
und den Verkäufern „unter den Bestimmungen“ zustande kommt, wie er zuvor
zwischen Klägern und Verkäufern vereinbart worden war, doch ist daraus entgegen
der Ansicht der Kläger nicht abzuleiten, dass die Beklagte wegen § 2 des
Kaufvertrages das Grundstück der im Bebauungsplan festgesetzten Nutzung (WA,
Straße) nicht (mehr) zuzuführen kann.
1.3.1 Eine dingliche „Unterlassungsdienstbarkeit“ vermag die mit der
Vorkaufsrechtsausübung verfolgten Ziele nicht zu vereiteln.
Wäre sie nach § 1018 BGB zu beurteilen, müsste ein „herrschendes“ Grundstück
der Verkäufer gegeben sein (§ 1018 [2. Alt.] BGB); ein solches Grundstück der in
… bzw. … ansässigen Verkäufer ist in der Vertragsurkunde nicht angegeben. Es ist
auch nicht ersichtlich, dass und ggf. welcher Vorteil des „herrschenden“
Grundstücks durch eine (ggf. einzutragende) Grunddienstbarkeit gesichert werden
soll (§ 1019 BGB). Fehlt ein solcher Vorteil, ist der dingliche Bestellungsakt nichtig,
fällt der Vorteil nachträglich weg, erlischt die Dienstbarkeit und der belastete
Grundstückseigentümer kann deren Löschung beanspruchen (Palandt-Bassenge,
BGB, 2008, § 1019 Rn. 1).
Die in § 2 Abs. 3 des Vertrages als „beschränkt persönlich“ bezeichnete
Dienstbarkeit deutet auf § 1090 BGB hin. In diesem Fall wäre § 1019 BGB nicht
anwendbar (Palandt, a.a.O., § 1090 BGB Rn. 49). Allerdings muss auch dem
Inhaber einer solchen Dienstbarkeit ein eigenes oder ein fremdes, zu förderndes
Interesse zur Seite stehen, das schutzwürdig ist (BGH, Urt. v. 11.03.1964, V ZR
78/62, BGHZ 41, 209 [Ls. 2]). Ein solches Interesse der ist vorliegend
weder dem Vorbringen der Kläger zu entnehmen noch aus den Gesamtumständen
des Falles auch nur ansatzweise ersichtlich. Selbst wenn angenommen wird, dass
die Verkäufer aus ideellen Gründen die Grundstücksnutzung zur Tierhaltung
sichern wollten, wäre dieses ideelle Interesse nicht schutzwürdig, zumal es den den
Vertragsparteien bekannten Planinhalten widerspricht. Dies führt, wie im Fall des §
1018 BGB, zur Unwirksamkeit des dinglichen Rechts bzw. zu dessen Erlöschen
(Palandt, a.a.O., § 1090 Rn. 8 mit Hinweis auf § 1018, Rn. 35)
1.3.2 Ist – danach – nicht von einer wirksamen dinglichen Sicherung der
Unterlassungspflicht auszugehen, vermag allein eine schuldrechtliche
Vereinbarung den Planvollzug nicht zu verhindern. Dabei kann offen bleiben, ob
nicht schon ein fehlender Vorteil bzw. ein fehlendes schutzwürdiges Interesse im o.
a. Sinne auf die Wirksamkeit der schuldrechtlichen Unterlassungspflicht
durchschlägt. Der Durchsetzung der schuldrechtlichen Unterlassungspflicht durch
die Verkäufer stünde – jedenfalls – der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung
(§ 242 BGB) entgegen (vgl. zu dieser Fallgruppe: Palandt-Heinrichs, BGB, 2008, §
242 Rn. 50, § 226 Rn. 1), denn ein schutzwürdiges Eigeninteresse der Verkäufer an
einer solchen Rechtsdurchsetzung ist nicht ansatzweise zu erkennen.
Eine landwirtschaftliche Nutzung des Grundstücks (als „Weidefläche“ mit
Unterstand) ist ab (rückwirkendem) Inkrafttreten des Bebauungsplans Nr. 53.3
öffentlich-rechtlich unzulässig. Die Geltung dieser Rechtsnorm wird durch die
privatrechtliche Vereinbarung in § 2 des Kaufvertrages nicht in Frage gestellt; der
Inhalt des Bebauungsplans war bekannt. Mit dem rückwirkenden Inkrafttreten des
„geheilten“ Bebauungsplans musste zur Zeit des Vertragsschlusses gerechnet
werden (s. Beschl. des Senats v. 22.01.2009, 1 LA 116/08, zu II.1.1 der Gründe);
sie war nach den Umständen des Falles naheliegend.
Soweit Grundstücksflächen der Herstellung der öffentlichen Erschließungsanlagen
dienen, wie es bei den Verkehrsflächen der Fall ist (§ 123 Abs. 1 BauGB), kann
nach Ausübung des Vorkaufsrechts die Unterlassung der Grundstücksnutzung i. S.
d. § 2 des Kaufvertrages von den Verkäufern nicht mehr beansprucht werden. Dies
gilt umso mehr, als öffentlich-rechtliche Belastungen (z. B. Erschließungsbeiträge)
nach Maßgabe der in § 3 Abs. 7 und 8 des Vertrages getroffenen Regelungen nicht
die Verkäufer, sondern die Beklagte (als Käuferin nach Ausübung des
Vorkaufsrechts) treffen werden.
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Ein anzuerkennendes Eigeninteresse der Verkäufer an einer Durchsetzung der
schuldrechtlichen Unterlassungspflicht gem. § 2 des Kaufvertrages ist auch in
Bezug auf die außerhalb der Erschließungsstraße liegende Teilfläche des
Grundstücks nicht gegeben. Nach Ausübung des Vorkaufsrechts wird die beklagte
Stadt auf dem Grundstück keine „landwirtschaftliche“ Nutzung bzw. Schafhaltung
mehr ausüben, so dass die „Auflage“ in § 2 Abs. 1 S. 1 des Kaufvertrages dann
leer läuft. Die Regelungen in § 2 des Kaufvertrages sind im Hinblick auf die derzeit
bestehende „Schafzucht“ der Kläger vereinbart worden; Gesichtspunkte, die nach
einem Übergang des Grundstücks an die Beklagte ein Interesse der
daran, dass dort weiterhin „Tierhaltung“ stattfindet, markieren könnten, fehlen. Es
kommt hinzu, dass eine Nutzung des Grundstücks zur Tierhaltung wohngebiets-
unverträglich (vgl. OVG Koblenz, Beschl. v. 02.10.2006, 8 B 11048/06, Juris) und –
insbesondere nach der plankonformen Bebauung der Nachbargrundstücke mit
Wohngebäuden – rücksichtslos i. S. d. § 15 Abs. 1 S. 1 BauNVO ist (vgl. OVG
Greifswald, Beschl. v. 01.03.2007, 3 M 14/07, Juris, s. auch oben zu 1.2.2).
Angesichts dieser Situation wäre eine Durchsetzung der schuldrechtlichen
Vertragsinhalte des § 2 des Kaufvertrages vom 14.05.2007 durch die Verkäuferin
eine unzulässige Rechtsausübung. Das gilt auch, soweit es um die Abwehr einer
„Versiegelung“ oder Bebauung des Grundstücks geht. Abgesehen davon, dass
dingliche Ansprüche gegenüber weiteren Erwerbern des Grundstücks nicht
bestehen (s. o.), ist auch insoweit ein anzuerkennendes Interesse der an
der Abwehr der Grundstücksnutzung nicht festzustellen. Ein lediglich ideelles
Interesse wäre nicht schutzwürdig: Öffentliche Interessen stehen dann der
Ausübung privater Rechte entgegen; gerade zur Erfassung dieser Fälle greift der
Einwand unzulässiger Rechtsausübung (vgl. Roth, in: Münchner Kommentar, BGB,
2. Aufl., § 242 Rn. 234 sowie Rn. 415, 416). Die Beklagte kann nach Ausübung des
Vorkaufsrechts für eine plankonforme Nutzung des Grundstücks sorgen, was nicht
nur dem allgemeinen Interesse des Planvollzugs, sondern auch dem Interesse der
anderen Grundstückseigentümer im Plangebiet, die ihre Grundstücke zu
Wohnzwecken nutzen wollen, dient. Dies genügt unter den speziellen Umständen
des vorliegenden Falles, um die Ausübung des Vorkaufsrechts als dem Wohl der
Allgemeinheit entsprechend anzuerkennen.
1.4 Die von den Klägern angegriffene (S. 7 der Antragsbegründung) These des
Verwaltungsgerichts, dass sie sich auf § 2 des Kaufvertrages nicht berufen dürfen,
weil damit die Ausübung des Vorkaufsrechts „vereitelt“ werden solle (s. S. 8 u. des
Urt.-Abdr.), bedarf keiner weiteren Erörterung. Es kann dahinstehen, ob in Bezug
auf § 2 des Kaufvertrages der Unwirksamkeitsgrund des § 465 BGB oder ein
anderer Nichtigkeitsgrund eingreift, weil die Beklagte nach den Ausführungen zu
1.3 hinreichende Gründe dafür anführen kann, dass die Ausübung des
Vorkaufsrechts dem Wohl der Allgemeinheit entspricht.
2. Die angeführten Verfahrensmängel liegen nicht vor.
Die Interessen des Klägers hat das Verwaltungsgericht bei seiner Entscheidung,
der am 05.06.2008 ein Ortstermin vorausgegangen ist, berücksichtigt, wie sich –
hinreichend deutlich – aus dem Urteilstatbestand und den Entscheidungsgründen
(S. 9 d. Urt.-Abdr.) ergibt. Die – (auch) erstinstanzlich anwaltlich vertretenen –
Kläger sind i. ü. darauf zu verweisen, dass sie sich in zumutbarer Weise rechtliches
Gehör verschaffen konnten.
Die Bezugnahme auf das Normenkontrollurteil des Senats vom 25.08.2008 (a.a.O)
im erstinstanzlichen Urteil (S. 7 d. Urt.-Abdr.) ist weder im Hinblick auf die
Gewährung rechtlichen Gehörs noch auf die Wahrung des gesetzlichen Richters zu
beanstanden. Der Umstand, dass dieses Urteil noch nicht rechtskräftig ist, schließt
die Bezugnahme darauf nicht aus, zumal die Beteiligten in jenem Verfahren
identisch mit denen des vorliegenden Verfahrens sind.
Die Ansicht der Kläger, der Bebauungsplan sei – entgegen dem
Normenkontrollurteil des Senats vom 25.08.2008 (a.a.O.) – unwirksam, begründet
keine Verfahrensmängel.
3. Der Zulassungsantrag ist nach alledem abzulehnen. Das Urteil des
Verwaltungsgerichts wird zugleich rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; die Streitwertfestsetzung
beruht auf § 52 Abs. 1 GKG.
35 Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 S. 5, 66 Abs.
3 S. 3 GKG).