Urteil des OVG Schleswig-Holstein vom 14.03.2017

OVG Schleswig-Holstein: zustand, betriebsführung, vegetation, erhaltung, link, auszahlung, amt, quelle, zivilprozessrecht, genehmigung

1
2
3
Gericht:
Oberverwaltungsgericht
für das Land Schleswig-
Holstein 2. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
2 LA 21/10
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 2 DirektZahlVerpflG, § 5
DirektZahlVerpflV, § 15b
LNatSchG SH, Art 6 EGV
1782/2003
Landwirtschaftsrecht: Betriebsprämienkürzung wegen
Beseitigung eines Landschaftselements
Leitsatz
Ein Verstoß gegen die Grundanforderungen an die Betriebsführung, der zur Kürzung der
Betriebsprämie führt, liegt auch dann vor, wenn ein mehr als 20 m langer Knick als
geschütztes lineares Landschaftselement nur auf einer Teilstrecke vollständig beseitigt
wird.
Tenor
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des
Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 1. Kammer - vom 07. Dezember
2009 wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Antragsverfahren auf 9.739,57 Euro
festgesetzt.
Gründe
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die
Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1, 3 und 5 VwGO, auf die der Antrag
gestützt wird, liegen nicht vor bzw. sind nicht dargelegt.
Mit seiner Klage wendet sich der Kläger gegen die Kürzung der ihm an sich nach
Maßgabe des Gemeinschaftsrechts und des nationalen Rechts zustehenden
landwirtschaftlichen Betriebsprämie für das Jahr 2006. Mit Änderungsbescheid vom
17. Juli 2007 über die Endzahlung der Betriebsprämie nahm das seinerzeit – als
Rechtsvorgänger des Beklagten – zuständige Amt für ländliche Räume Kiel (ALR)
den vorläufigen Bewilligungsbescheid vom 5. Januar 2007 in Höhe von 3.986,64
Euro zurück. Der vorläufige Bewilligungsbetrag wurde um 9.739,57 Euro mit der
Begründung gekürzt, der Kläger habe lt. Art. 6 VO (EG) Nr. 1782/2003 die
Grundanforderungen an die Betriebsführung oder den guten landwirtschaftlichen
und ökologischen Zustand nicht erfüllt. Der Gesamtbetrag werde gemäß Art. 7 VO
(EG) Nr. 1782/2003 um 18,00 % gekürzt. Unter Anrechnung der vorläufigen
Auszahlung wurde ein Betrag in Höhe von 3.986,64 Euro vom Kläger
zurückgefordert.
Auf den Widerspruch des Klägers erließ das ALR unter dem 8. November 2007
einen Teilwiderspruchsbescheid. In der Sache wurde der Widerspruch mit der
Begründung zurückgewiesen, der Kläger habe ohne naturschutzrechtliche
Genehmigung eine ca. 3 m breite Knickrodung vorgenommen. Dies entspreche
einer Teilbeseitigung von Landschaftselementen und verstoße gegen § 2 Abs. 2
des Gesetzes zur Regelung der Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen durch
Landwirte im Rahmen gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften über Direktzahlungen
(Direktzahlungen-Verpflichtungengesetz - DirektZahlVerpflG) in Verbindung mit § 5
Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung über die Grundsätze der Erhaltung landwirtschaftlicher
Flächen in einem guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand
(Direktzahlungen-Verpflichtungenverordnung - DirektZahlVerpflV). Gemäß Art. 6
Abs. 1 VO (EG) Nr. 1782/2003 sei die Betriebsprämie zu kürzen, wenn der in Art. 5
4
5
6
9
10
11
Abs. 1 VO (EG) Nr. 1782/2003 sei die Betriebsprämie zu kürzen, wenn der in Art. 5
in Verbindung mit Anhang IV der VO (EG) Nr. 1782/2003 festgelegte gute
landwirtschaftliche und ökologische Zustand nicht eingehalten werde.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, der
Beklagte sei nach den genannten Bestimmungen zur Kürzung der Betriebsprämie
dem Grunde und in der geltend gemachten Höhe berechtigt, weil der Kläger im
Jahr 2006 die Vorschriften über die Erhaltung der Flächen in gutem
landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand durch den Knickdurchbruch auf
einer Länge von 3 m (bei einer Gesamtknicklänge von 230 m) nicht eingehalten
habe. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 DirektZahlVerpflV seien Knicks in einer Länge von 20
m Landschaftselemente, die gemäß § 2 Abs. 2 DirektZahlVerpflG nicht beseitigt
werden dürften. Die vom Kläger vorgenommene Teilbeseitigung des in den
Schutzbereich fallenden Knicks sei relevant für die Vorschriften über die Einhaltung
anderweitiger Verpflichtungen (Cross Compliance).
Gegen diese Entscheidung wendet sich der Kläger mit seinem Antrag auf
Zulassung der Berufung.
Die Begründung des Zulassungsantrages geht weitgehend an der Sache vorbei.
Sie orientiert sich an der Begründung des Antrages auf Zulassung der Berufung in
einem Parallelverfahren des Klägers, in dem er sich gegen die Kürzung der
Direktzahlungen für das Jahr 2005 wendet. In jenem Jahr hatte der Kläger die
Vegetation verschiedener Knicks seines Betriebes senkrecht vom Knickfuß
ausgehend zurückgeschnitten und dies wurde sowohl vom Beklagten als auch vom
Verwaltungsgericht (ebenfalls) als Teilbeseitigung von Landschaftselementen
angesehen. In jenem Verfahren hat der Senat die Berufung wegen grundsätzlicher
Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
Hier aber geht es um die vollständige Beseitigung eines Landschaftselements in
dem betroffenen Teilstück. Dass damit die Grundanforderungen an die
Betriebsführung im Sinne von Art. 6 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1782/2003 nicht erfüllt
werden und der Kläger ein Landschaftselement im Sinne von § 2 Abs. 2
DirektZahlVerpflG in Verbindung mit § 5 Abs. 1 Nr. 1 DirektZahlVerpflV beseitigt
hat, unterliegt keinem Zweifel. Auch der Kläger räumt – in Abgrenzung zum
Rückschnitt der Zweige – ein, dass der Knick (nur) dann nicht entsprechend dem
guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand erhalten wird, wenn er
beseitigt wird. Nicht zu folgen ist jedoch seiner Auffassung, dass ein zur Kürzung
der Betriebsprämie führender Verstoß gegen die Grundanforderungen erst dann
vorliegt, wenn ein Knick, der eine Mindestlänge von 20 m aufweist, insgesamt
beseitigt wird.
Lineare Strukturelemente wie Hecken und Knicks sind gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1
DirektZahlVerpflV nur dann relevant im Sinne von Art. 6 Abs. 1 VO (EG) Nr.
1782/2003, wenn sie die dort genannte Mindestlänge aufweisen. Dies dürfte auf
der Überlegung beruhen, dass Knicks erst ab einer gewissen Länge beachtliche
Wirkungen für den Naturhaushalt haben und damit – prämienrechtlich - als
Landschaftselemente eingestuft werden. Daraus kann aber nicht geschlossen
werden, dass erst die vollständige Beseitigung eines Knicks auf 20 m Länge oder
gar die Beseitigung eines Knicks auf gesamter Länge zur Kürzung der
Betriebsprämie führt. Die vom Verwaltungsgericht auch in diesem Verfahren in
den Vordergrund gestellte Frage, ob die mit § 15 b Abs. 1
Landesnaturschutzgesetz – LNatSchG – a. F. unvereinbare Beeinträchtigung eines
Knicks durch stärkeres Zurückschneiden der Vegetation als Beseitigung im Sinne
der Bestimmungen über die landwirtschaftlichen Betriebsprämien anzusehen ist,
stellt sich nicht bei einer – hier gegebenen - vollständigen Beseitigung eines
linearen Strukturelementes auf einer Teilstrecke.
Die in diesem Fall jedenfalls teilweise unerheblichen Ausführungen zur Einstufung
naturschutzrechtlich unzulässiger erheblicher und nachhaltiger Beeinträchtigungen
von Knicks als (Teil)Beseitigung im Sinne des Betriebsprämienrechts ändern aber
nichts an der Richtigkeit des im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO allein
maßgeblichen Ergebnisses der angefochtenen Entscheidung.
Ebenso hat dieser Rechtsstreit keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von §
124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, weil die entscheidungserhebliche Frage ohne weiteres im
oben genannten Sinne zu beantworten ist.
Dass ein Verfahrensmangel im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO vorliege, weil
das Verwaltungsgericht die Entscheidung dem Europäischen Gerichtshof zur
12
13
14
15
das Verwaltungsgericht die Entscheidung dem Europäischen Gerichtshof zur
Beurteilung hätte vorlegen müssen, wird schlicht behauptet, ohne dies darzulegen.
Insoweit ist der Antrag bereits unzulässig.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 52 Abs. 3 GKG. Zwar lässt der
Widerspruchsbescheid die Höhe der Prämienkürzung noch offen, doch ist in
diesem Falle auf die durch den Ausgangsbescheid bewirkte Beschwer abzustellen.
Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 S. 5, 66 Abs.
3 S. 3 GKG).