Urteil des OVG Saarland vom 02.03.2011

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OVG Saarlouis Beschluß vom 2.3.2011, 2 A 190/10
Bauaufsichtliches Einschreiten und Bestandsschutz - Bedeutung eines etwaigen
nachbarlichen Einverständnisses mit einer Grenzbebauung
Leitsätze
a) Für die Beurteilung der baurechtlichen Zulässigkeit einer Anlage sind Baubestand und
Nutzung prinzipiell als Einheit zu betrachten.
b) Die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG vermittelt einem Baubestand allenfalls
dann Bestandsschutz im Sinne eines Schutzes gegenüber ihm nachteiligen späteren
Änderungen der Rechtslage, wenn dieser Baubestand formell und materiell legal ist (im
Anschluss an BVerwG, Beschluss vom 18.7.1997 - 4 B 116.97 - BRS 59 Nr. 96).
c) Grenzabstands- und Bauwichbestimmungen trugen öffentlichen Belangen Rechnung und
standen nicht zur nachbarlichen Disposition. Einem etwaigen nachbarlichen Einverständnis
(mit einer Grenzbebauung) kam allenfalls Bedeutung unter dem Gesichtspunkt der bei der
Entscheidung über eine Befreiung zu würdigenden nachbarlichen Interessen zu.
d) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats bezieht sich eine nachbarliche
Zustimmung zu einer Grenzbebauung stets nur auf das konkrete Vorhaben, zu dem sie
erteilt wird, und kann nicht generell als (Blanko-) Zustimmung zu jeglicher beliebigen
Grenzbebauung verstanden werden.
e) Nach der Rechtsprechung des Senats unterliegen behördliche Beseitigungsbefugnisse
nicht der Verwirkung.
Tenor
Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung
vom 28. April 2010 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes – 5 K
598/09 – wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird für das Berufungszulassungsverfahren auf 2.000,- Euro festgesetzt.
Gründe
Mit Urteil vom 28.4.2010 hat das Verwaltungsgericht die Anfechtungsklage der Klägerin
gegen den Bescheid vom 20.11.2008 in der Gestalt des auf die mündliche Verhandlung
vom 7.5.2009 ergangenen Widerspruchsbescheides zurückgewiesen, mit dem ihr die
Beklagte unter Fristsetzung sowie Androhung und aufschiebend bedingter Festsetzung
eines Zwangsgeldes für den Fall der Nichtbefolgung aufgegeben hat, das „illegal errichtete
Ersatzteillager“ sowie die offene Überdachung auf dem Anwesen Hstraße in A-Stadt
(Grundstück Gemarkung A-Stadt, Flur , Parzelle Nr. 8) zu beseitigen.
Dem Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil kann nicht
entsprochen werden. Für die Beurteilung ist zunächst festzuhalten, dass die gerichtliche
Nachprüfung im vorliegenden Berufungszulassungsverfahren ausgehend von § 124 a Abs.
4 Satz 4 VwGO durch die vom Antragsteller innerhalb der Antragsbegründungsfrist von
zwei Monaten nach Zustellung des erstinstanzlichen Urteils dargelegten
Berufungszulassungsgründe begrenzt wird. Es ist insoweit allein Sache des Antragstellers,
mindestens einen der in § 124 Abs. 2 VwGO abschließend aufgeführten
Berufungszulassungsgründe geltend zu machen und die Umstände darzulegen, aus denen
er diesen Tatbestand beziehungsweise - wenn er mehrere Berufungszulassungsgründe
anführt - diese Tatbestände für erfüllt hält. Hingegen ist es nicht Aufgabe des
Oberverwaltungsgerichts, von Amts wegen zu prüfen, ob einer der
Berufungszulassungsgründe des § 124 Abs. 2 VwGO vorliegt. Daher kommt es
beispielsweise für die Beurteilung im Rahmen von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht darauf
an, ob aus anderen als den vom Antragsteller angeführten Gründen ernstliche Zweifel an
der (Ergebnis-)Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung bestehen
vgl. hierzu zum Beispiel Bader u.a., VwGO, 5. Auflage 2011, § 124 a
Rdnr. 78 f.
Die danach durch das fristgerechte Antragsvorbringen der Klägerin begrenzte Überprüfung
im vorliegenden Berufungszulassungsverfahren ergibt zunächst, dass diese keinen nach
näherer Maßgabe von § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO beachtlichen Verfahrensmangel aufgezeigt
hat.
Die Klägerin macht unter Berufung auf § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO geltend, ausgehend von
ihrem Vorbringen, Anfang der siebziger Jahre sei bereits eine Beseitigungsanordnung
gegenüber dem umstrittenen Baubestand ergangen, die über Jahrzehnte nicht vollzogen
worden sei und deren Existenz die Beklagte auch nie bestritten habe, hätte das Gericht sie
auf ein entsprechendes Beweisangebot hinweisen beziehungsweise die entsprechenden
Unterlagen bei der Beklagten anfordern müssen. In diesem Falle wäre das Gericht
sicherlich zu einer anderen Entscheidung gekommen, zumal dann festgestanden hätte,
dass das beanstandete Bauwerk vor Geltung des Bebauungsplanes Nr. ... „Auf dem
Haspel“, als Satzung beschlossen am 21.2.1979, errichtet worden sei und damit der zuvor
gültige Bebauungsplan zur Frage der Rechtmäßigkeit des Bauvorhabens hätte
herangezogen werden müssen. Der hierin liegende Einwand, das Verwaltungsgericht habe
verfahrensfehlerhaft gehandelt, indem es die Fragen der Existenz einer früheren
Beseitigungsanordnung und des Errichtungszeitpunktes der beanstandeten Anlage nicht
weiter geklärt habe, greift nicht durch. Zunächst entspricht es der ständigen
Rechtsprechung der saarländischen Verwaltungsgerichte, dass ein – wie die Klägerin – im
erstinstanzlichen Verfahren anwaltlich vertretener Beteiligter prinzipiell nicht mit Erfolg
unter dem Gesichtspunkt von § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO das Unterbleiben einer seiner
Ansicht nach gebotenen Sachaufklärung rügen kann, wenn er selbst die vermisste weitere
Ermittlung nicht förmlich (§ 86 Abs. 2 VwGO) beantragt hat. Anlass, mittels eines
förmlichen Beweisantrages auf die Beiziehung der behaupteten Beseitigungsanordnung
beziehungsweise der betreffenden Verwaltungsvorgänge hinzuwirken, hatte die Klägerin
vorliegend um so mehr, als sie selbst sich offenbar außer Stande sah, diese
Beseitigungsanordnung vorzulegen, sie weder in den Gerichts- noch in den beigezogenen
Verwaltungsakten vorhanden war und das Verwaltungsgericht weder anlässlich noch im
Anschluss an die durchgeführte Ortsbesichtigung noch in der mündlichen Verhandlung
irgendwelche Bestrebungen erkennen ließ, der Frage der Existenz dieser
Beseitigungsanordnung weiter nachzugehen. Dem Verwaltungsgericht mussten sich von
seinem insoweit maßgeblichen
vgl. zum Beispiel Beschluss des Senats vom 2.6.1999 – 2 Q 25/99 –
materiell-rechtlichen Ansatz her weitere dahingehende Ermittlungen auch nicht aufdrängen.
Das Verwaltungsgericht hat sich mit dem Vorbringen der Klägerin, das umstrittene
Bauwerk sei Ende der sechziger Jahre errichtet worden und Mitte der siebziger Jahre
Gegenstand einer von der Beklagten erlassenen, aber nie vollstreckten
Beseitigungsanordnung gewesen, auseinandergesetzt (siehe Seiten 9 unten und 10 des
Urteilsabdrucks). Der Klägerin ist zwar zuzugeben, dass die von ihm in diesem
Zusammenhang angestellten Erwägungen zur Frage der Identität des mit der
angegriffenen Beseitigungsanordnung aufgegriffenen Baubestandes mit der früher
vorhanden gewesenen Anlage allenfalls durch Indizien gestützt und weitgehend spekulativ
sind und dass auch der Umstand, dass weder Klägerin noch Beklagte (von sich aus) die
angeblich existierende frühere Beseitigungsanordnung vorgelegt haben, es nicht schon für
sich allein rechtfertigt, zu Lasten der Klägerin von der Nichterweislichkeit der Tatsache
auszugehen. Das Verwaltungsgericht hat es hierbei freilich nicht bewenden lassen, sondern
im weiteren Gang seiner Erwägungen ausgeführt, die Beklagte habe bei Erlass der
angefochtenen Beseitigungsverfügung von der Existenz der früheren nichts gewusst und
auch damit zu erkennen gegeben, dass sie von der Altverfügung, sollte sie das nunmehr
aufgegriffene Objekt tatsächlich in vollem Umfange erfassen, vollstreckungsrechtlich keinen
Gebrauch mehr machen wolle; möglicherweise habe sich die Altverfügung „- ihre Existenz
unterstellt –„ auch erledigt. Diese Erwägungen zeigen, dass das Verwaltungsgericht von
seiner Rechtsauffassung her die Frage der Existenz einer früheren Beseitigungsanordnung
nicht für abschließend klärungsbedürftig hielt. Darauf, ob dieser Rechtsauffassung zu folgen
ist, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an.
Da für die Beurteilung der Frage, ob dem Verwaltungsgericht eine Verletzung seiner
Sachaufklärungspflicht vorgeworfen werden kann, dessen materiell-rechtlicher Ansatz
maßgeblich ist, begründet eine unter Umständen fehlerhafte materiell-rechtliche
Beurteilung, die das Verwaltungsgericht veranlasst, von weiteren Ermittlungen abzusehen,
keinen Verfahrensfehler im Verständnis von § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO.
Ebenso wenig wie danach unter dem Gesichtspunkt von § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO ist die
erstrebte Berufung auf der Grundlage des gleichfalls angeführten
Berufungszulassungstatbestandes des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen.
Soweit die Klägerin unter Berufung auf den letztgenannten Zulassungstatbestand geltend
macht, bei dem beanstandeten Baubestand handele es sich nicht – wie vom
Verwaltungsgericht angenommen – um ein Ersatzteillager mit angebauter Überdachung
(des auf dem Gelände ansässigen Kraftfahrzeugreparaturbetriebes), sondern um ein
Garagengebäude mit offener Überdachung, zeigt sie keinen Umstand auf, der es
rechtfertigen könnte, die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung in Zweifel zu
ziehen. Es mag sein, dass das beanstandete Bauwerk Bauteile aufweist, die sich so auch
bei Garagengebäuden finden (zum Beispiel ein Schwingtor), oder sogar vom äußeren
Erscheinungsbild einer Garage entspricht. Dadurch wird es jedoch baurechtlich noch nicht
zu einer Garage. Denn für die Beurteilung der baurechtlichen Zulässigkeit sind der
vorhandene Baubestand und seine Nutzung prinzipiell als Einheit zu betrachten, wobei es in
aller Regel Sache des Bauherrn ist, die Nutzung seiner Anlage zu bestimmen
vgl. zum Beispiel Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 15.11.1974
– IV C 32.71 – BRS 28 Nr. 34; OVG des Saarlandes, Beschluss vom
27.3.1985 – 2 W 1252/85 -; Urteile vom 30.6.1998 – 2 R 2/97 –
und vom 24.3.1992 – 2 R 7/90 -.
Hiervon ausgehend ist vorliegend festzuhalten, dass das beanstandete Gebäude bis in die
Gegenwart
vgl. Schriftsatz der Beklagten vom 29.7.2010 mit beigefügten Fotos
als Reifenlager des auf dem Grundstücks ansässigen Kfz-Reparaturbetriebes genutzt wird
und mit dieser Zweckbestimmung zunächst auch mit Bauantrag vom 24.5.2008 zur
Genehmigung gestellt worden war. Offenbar als Reaktion auf Nachbareinwendungen
wurde dann die Nutzungsangabe im Bauantrag in „Ersatzteillager“ umgeändert. Von einer
Nutzung des Gebäudes als Garage, sofern sie in Anbetracht der ausweislich des
Lageplanes sehr beengten Zufahrts- und Rangiermöglichkeiten überhaupt sinnvoll in
Betracht kommen sollte, war bislang offenbar nie die Rede. Sollte die Klägerin eine solche
Nutzung nunmehr – etwa als milderes Mittel gegenüber der Befolgung des
Beseitigungsverlangens – anstreben, so ist darauf hinzuweisen, dass diese Nutzung
außerhalb der im Bebauungsplan „Auf dem Haspel“ in der am 21.2.1979 als Satzung
beschlossenen Fassung (4. Änderung) festgesetzten überbaubaren Grundstücksflächen
stattfände und wohl der Zulassung einer Abweichung von den planerischen Festsetzungen
gemäß den § 63 Abs. 3 Satz 4, 68 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 3 LBO bedürfte, da nach Nr. 9
der textlichen Festsetzungen des betreffenden Bebauungsplanes überdachte Stellplätze
und Garagen nur innerhalb der überbaubaren Grundstücksflächen zugelassen sind.
Der weitere und wohl den Kern ihres Vorbringens ausmachende Einwand der Klägerin, der
beanstandete Baubestand hätte nicht an den Festsetzungen des Bebauungsplanes „Auf
dem Haspel“ in der Fassung seiner am 21.2.1979 als Satzung beschlossenen 4. Änderung
gemessen werden dürfen, weil er bereits Ende der sechziger Jahre, Anfang der siebziger
Jahre des vorigen Jahrhunderts ausgeführt worden sei, vermag die erstrebte
Rechtsmittelzulassung ebenfalls nicht zu rechtfertigen. Es entspricht nämlich der
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass die Eigentumsgarantie des Art. 14
Abs. 1 GG einem Baubestand allenfalls dann Bestandsschutz im Sinne eines Schutzes
gegenüber ihm nachteiligen späteren Änderungen der Rechtslage vermittelt, wenn dieser
Baubestand formell und materiell rechtmäßig ist
Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 18.7.1997 – 4 B 116.97
– BRS 59 Nr. 96.
Dass das für Lagerzwecke genutzte Gebäude, das ersichtlich nicht zu den genehmigungs-
und anzeigefreien (§ 89 LBO 1965) oder zu den „bloß“ anzeigebedürftigen (§ 88 LBO
1965) gehörenden Bauvorhaben zählte, sondern gemäß § 87 LBO 1965
genehmigungsbedürftig war, seinerzeit bauaufsichtlich genehmigt und damit formell
legalisiert worden wäre, behauptet die Klägerin selbst nicht. Zudem spricht nichts dafür,
dass der umstrittene Baubestand als Grenzbebauung mit den seinerzeit und in der
Folgezeit maßgeblichen Grenzabstands- (§ 7 LBO 1965) beziehungsweise
Bauwichbestimmungen (§ 7 LBO 1974) im Einklang gestanden haben könnte. Ergänzend
ist in diesem Zusammenhang zu bemerken, dass auch ein etwaiges damaliges
nachbarliches Einverständnis mit der Grenzbebauung der Anlage keine materiell-rechtliche
Legalität vermittelt hätte. Die Grenzabstands- und Bauwichbestimmungen tragen
öffentlichen Belangen Rechnung und stehen nicht zur nachbarlichen Disposition. Einem
etwaigen nachbarlichen Einverständnis kam allenfalls Bedeutung unter dem Gesichtspunkt
der im Rahmen des Befreiungstatbestandes des § 95 Abs. 1 Nr. 1 LBO 1965/1974 unter
anderem zu würdigenden nachbarlichen Belange zu. Im Übrigen bezieht sich eine
nachbarliche Zustimmung zu einer Grenzbebauung nach der ständigen Rechtsprechung
des Senats stets nur auf das konkrete Bauvorhaben, zu dem sie erteilt wird und kann nicht
generell als (Blanko-)Zustimmung zu einer weitergehenden beliebigen Grenzbebauung
verstanden werden. Von daher kann die Klägerin aus dem Umstand, dass die früheren
rechtsseitigen Nachbarn im Jahre 1965 dem ursprünglichen Tankstellengebäude
zugestimmt haben, keine Zustimmung zu einer späteren Erweiterung der Grenzbebauung
um den nunmehr umstrittenen Baubestand herleiten. Nicht zuletzt würde auch die von der
Klägerin behauptete frühere Beseitigungsanordnung, ihre Existenz unterstellt, auf die
damalige formelle und materielle Illegalität des Baubestandes hinweisen.
Ein Baubestand aber, der nicht formell und materiell legal ist, genießt keinen unmittelbar
aus Art. 14 Abs. 1 GG abzuleitenden Schutz gegen spätere Rechtsänderungen.
Soweit die Klägerin schließlich in ihrem späteren, am 23.8.2010 nach Ablauf der
Antragsbegründungsfrist des § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO eingegangenen Schriftsatz den
Aspekt schützenswerten Vertrauens auf die Hinnahme des umstrittenen Baubestandes
anspricht, ist – auch wenn dieses Vorbringen als Geltendmachung eines neuen Einwandes
verspätet und daher rechtlich unbeachtlich ist – darauf hinzuweisen, dass nach der
Rechtsprechung des Senats Beseitigungsbefugnisse, die keine „subjektiven“ öffentlichen
Rechte der Behörden sind, nicht der Verwirkung unterliegen
vgl. zum Beispiel OVG des Saarlandes, Beschlüsse vom 14.7.2000 –
2 R 6/00 – und vom 8.11.2002 – 2 Q 9/02 -.
Die Behörde ist demnach prinzipiell befugt, auch noch Jahre nach seiner Errichtung gegen
einen rechtswidrigen Baubestand vorzugehen. Auch vermag bloße Untätigkeit der Behörde
für sich allein kein schützenswertes Vertrauen des Bauherrn dahin begründen, illegale
bauliche Anlagen würden von ihr auf Dauer hingenommen. Der Umstand, dass vorliegend
nach dem Vortrag der Klägerin bereits Anfang der siebziger Jahre des vorigen Jahrhunderts
eine Beseitigungsanordnung ergangen sein soll, erlaubt keine andere Beurteilung. Sollte
dies zutreffend sein, so wäre zunächst einmal durch den Erlass dieser Anordnung einem
etwaigen Vertrauen der Klägerin, die beanstandeten Anlagen würden von der Behörde
akzeptiert, die Grundlage entzogen. Dass die Beseitigungsanordnung dann – wenn auch
über rund 30 Jahre – nicht durchgesetzt wurde, erlaubt wiederum als bloßes Untätigbleiben
nicht die Interpretation, die Behörde habe sich mit dem Baubestand – trotz der
angeordneten Beseitigung – abgefunden. Eine solche bloße Untätigkeit kann nämlich viele –
hier näher liegende – Ursachen haben, wie etwa organisatorische Defizite bei der Behörde,
bloßes Vergessen oder schlichte Nachlässigkeit
vgl. in diesem Zusammenhang auch OVG des Saarlandes, Beschluss
vom 8.11.2002 – 2 Q 9/02 -.
Jedenfalls enthält diese bloße Untätigkeit keinen objektiven Anknüpfungspunkt für
schützenswertes Vertrauen dahin, die Behörde habe sich mit dem Baubestand endgültig
abgefunden. Geht es wie hier um behördliche Untätigkeit, kann der Betroffene Klarheit
letztlich nur dadurch gewinnen, dass er – soweit Genehmigungspflicht besteht – das
vorgeschriebene Genehmigungsverfahren durchführt
vgl. OVG des Saarlandes, Urteil vom 29.8.2000 – 2 R 7/99 -.
Im Übrigen hat die Beklagte vorliegend nicht einfach von der in den siebziger Jahren des
vergangenen Jahrhunderts ergangenen Beseitigungsanordnung Gebrauch gemacht,
sondern auf der Grundlage einer erneuten rechtlichen Überprüfung des Vorhabens eine
neue Beseitigungsanordnung erlassen, mit der sie der Klägerin den Weg zu einer
gerichtlichen Kontrolle ihres Verwaltungshandelns erneut eröffnet hat.
Für die erstrebte Rechtsmittelzulassung ist danach kein Raum.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 47, 52 Abs. 1, 63 Abs. 2 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.