Urteil des OVG Rheinland-Pfalz vom 15.03.2011

OVG Koblenz: wirtschaftliche einheit, satzung, grundstück, anknüpfung, öffentliche bekanntmachung, begriff, anteil, zahl, eigentümer, fahrbahn

OVG
Koblenz
15.03.2011
6 C 10959/10.OVG
Straßenreinigungsgebühren
Oberverwaltungsgericht
Rheinland-Pfalz
Urteil
Im Namen des Volkes
In dem Normenkontrollverfahren
- Antragsteller -
Prozessbevollmächtigter zu 1-3: Rechtsanwalt Axel Ulmer, Richard-Wagner-Straße 70,
67655 Kaiserslautern,
gegen
die Stadt Kaiserslautern, vertreten durch den Oberbürgermeister, Willy-Brandt-Platz 1,
67657 Kaiserslautern,
- Antragsgegnerin -
wegen Straßenreinigungssatzung (Normenkontrolle)
hat der 6. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der mündlichen
Verhandlung vom 15. März 2011, an der teilgenommen haben
Vorsitzender Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Mildner
Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Beuscher
Richter am Oberverwaltungsgericht Kröger
für Recht erkannt:
§ 2 Abs. 1, § 11 Abs. 2 und § 13 Abs. 1 der Satzung der Stadt Kaiserslautern über die Reinigung
öffentlicher Straßen und die Erhebung von Straßenreinigungsgebühren vom 18. Dezember 2009 werden
für unwirksam erklärt. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
Die Antragsteller und die Antragsgegnerin haben die Kosten des Verfahrens jeweils zur Hälfte zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Antragsgegnerin kann die Vollstreckung durch
Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der betreffende
Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Normenkontrollantrag richtet sich gegen mehrere für die Festsetzung von Straßenreinigungsgebühren
relevante Vorschriften der Satzung der Antragsgegnerin über die Reinigung öffentlicher Straßen und die
Erhebung von Straßenreinigungsgebühren (Straßenreinigungssatzung) vom 18. Dezember 2009 (im
Folgenden: SRS).
Die Satzung wurde am 14. Dezember 2009 vom Stadtrat der Antragsgegnerin beschlossen. In derselben
Sitzung beschloss der Rat ‑ im Hinblick auf die am 28. November 2009 in Kraft getretene geänderte
Fassung des § 7 Abs. 2 der Landesverordnung zur Durchführung der Gemeindeordnung ‑ GemODVO ‑
die Änderung der Hauptsatzung (im Folgenden: HS). Nach der geänderten Fassung des § 16 Abs. 1 Sätze
1 und 2 HS ‑ im Folgenden: HS n.F. ‑, die nach Art. 2 der Änderungssatzung am 28. Dezember 2009 in
Kraft trat, erfolgen öffentliche Bekanntmachungen in einer Zeitung, die durch einen Beschluss des
Stadtrats zu bestimmen ist. In Übereinstimmung mit der bereits zuvor in der Hauptsatzung getroffenen
Regelung benannte der Stadtrat die Tageszeitung „Die Rheinpfalz“ ‑ Ausgabe Kaiserslautern ‑ als
maßgebliches Bekanntmachungsorgan. Sowohl die Neufassung der Straßenreinigungssatzung als auch
die Änderung der Hauptsatzung wurden am 23. Dezember 2009 in dieser Zeitung öffentlich bekannt
gemacht.
Die Antragsteller sind Eigentümer von Grundstücken im Gebiet der Antragsgegnerin und wurden auf der
Grundlage der Straßenreinigungssatzung vom 18. Dezember 2009 für das Jahr 2010 zu
Straßenreinigungsgebühren herangezogen.
Zur Begründung ihres am 23. August 2010 gestellten Normenkontrollantrags tragen sie vor:
Da die Änderung der Hauptsatzung spätestens zum 28. Dezember 2009, also vor der Rechtswirksamkeit
der Straßenreinigungssatzung in Kraft getreten sei, hätte diese nach den Vorschriften der geänderten
Hauptsatzung bekannt gemacht werden müssen. Die Straßenreinigungssatzung knüpfe zudem entgegen
§ 17 Abs. 3 des Landesstraßengesetzes ‑ LStrG ‑ an das Flurstück und nicht das Buchgrundstück an. Zu
beanstanden sei darüber hinaus, dass die Antragsgegnerin den Begriff der wirtschaftlichen Einheit aus
ihrer Satzung herausgenommen habe. Der für die Gebührenerhebung festgelegte fiktive
Frontmetermaßstab sei zwar grundsätzlich nicht zu beanstanden. Jedoch werde in der Satzung nicht
definiert, was unter der oder den der zu reinigenden Straße zugekehrten Grundstücksseite bzw. ‑seiten zu
verstehen sei. Das werde ausschließlich durch die Projektionen der Antragsgegnerin deutlich, die aber
nicht mit den Gebührenbescheiden versandt worden seien. Das Projektionsverfahren führe im Übrigen in
zahlreichen Fällen zu nicht nachvollziehbaren Ergebnissen und zu erheblichen Gebührenerhöhungen.
Die normierten Gebührensätze begegneten ebenfalls durchgreifenden Bedenken. So orientiere sich der
Kostenanteil für das öffentliche Interesse an der jeweiligen Reinigungsklasse, der die betreffende Straße
zugeordnet sei, und somit ausschließlich an der Reinigungshäufigkeit. Die K…straße im Bereich des
Antragstellers zu 3) sei willkürlich in die Reinigungsklasse S-2 eingestuft worden, wenn man ihre
Verkehrsbedeutung mit anderen Straßen vergleiche, die zur Reinigungsklasse B-2-1 gehörten. Zudem
habe man bei der Gebührenkalkulation Kosten für die Papierkorbleerung berücksichtigt, obwohl sie nicht
der Straßenreinigung zugeordnet werden könnten. Darüber hinaus seien nicht nachvollziehbare sonstige
Kosten in Höhe von 312.626,00 € und weitere interne Verrechnungen beziehungsweise Umlagen in Höhe
von 316.434,00 € in die Kalkulation einbezogen worden. Die dabei berücksichtigten Projektionsmeter
seien unzutreffend ermittelt worden. Da mittlerweile 400 von ca. 6.000 Bescheiden aufgehoben worden
seien, müsse man davon ausgehen, dass die ursprünglichen Annahmen in der Kalkulation unzutreffend
gewesen seien.
Die Antragsteller beantragen,
§ 2 Abs. 1, §§ 11 bis 13 sowie die Anlage zur Satzung der Antragsgegnerin über die Reinigung
öffentlicher Straßen und Erhebung von Straßenreinigungsgebühren vom 18. Dezember 2009 für
unwirksam zu erklären.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung trägt sie vor:
Sowohl die Änderung der Straßenreinigungssatzung als auch die Änderung der Hauptsatzung seien am
23. Dezember 2009 zu Recht nach den Vorschriften der „alten Hauptsatzung“ bekannt gemacht worden,
da deren Änderung erst am 28. Dezember 2009 in Kraft getreten sei. Die Rechtmäßigkeit des
Projektionsverfahrens habe die Rechtsprechung bislang gebilligt. Die diesbezüglichen Regelungen der
Satzung seien in sich widerspruchsfrei und führten nicht zu willkürlichen Ergebnissen. § 2 Abs. 1 SRS
knüpfe auch zu Recht an das Flurstück als entscheidende Bezugsgröße an. Das vermeide
Schwierigkeiten und Unklarheiten, die beim Abstellen auf das Buchgrundstück entstünden, und führe
auch zu einer erheblichen Reduzierung des Verwaltungsaufwands bei der Gebührenbemessung im
auch zu einer erheblichen Reduzierung des Verwaltungsaufwands bei der Gebührenbemessung im
konkreten Einzelfall. Abweichende Gebührenhöhen ergäben sich lediglich in verhältnismäßig wenigen
Fällen.
Die Straßen seien unter Zuhilfenahme des Qualitätsbemessungssystems “INFA-DSQS“ den
unterschiedlichen Reinigungsklassen zugeordnet worden. Man habe sich unter Abwägung aller Einflüsse
auf eine den Bedürfnissen entsprechende notwendige Anzahl von Reinigungsklassen beschränkt. Die
K...straße habe zunächst der Reinigungsklasse S-3 gehört, sei aufgrund nachträglicher Überprüfungen
jedoch in die Klasse S-2 zurückgestuft worden.
Dem Allgemeininteresse an der Straßenreinigung werde in der Satzung hinreichend Rechnung getragen.
Angesichts der Vielzahl von Reinigungsklassen, bei deren Ausgestaltung auch die Bedeutung des
innerörtlichen und überörtlichen Verkehrs eingeflossen sei, reiche die Staffelung des öffentlichen Anteils
entsprechend diesen Reinigungsklassen aus. Im Übrigen sei Kaiserslautern angesichts seiner Lage und
der in der Umgebung vorhandenen Bundesautobahnen typischerweise eher einem Zielverkehr
ausgesetzt als vergleichbare Städte. Eine weitere Staffelung führe lediglich in einer geringen Zahl von
Fällen zu Gebührenveränderungen.
Die Gebührenmeter seien unter Einsatz eines Datenverarbeitungsprogramms zwischen März und
September 2009 ermittelt worden. Der Einsatz einer überarbeiteten Programmversion habe gezeigt, dass
der ganz überwiegende Teil der Gebührenmeter sachgerecht ermittelt worden sei bzw. nur sehr
geringfügige Abweichungen zu verzeichnen seien. Entgegen der Auffassung der Antragsteller gehörten
auch die Kosten der Papierkorbleerung zur Straßenreinigung. Die übrigen beanstandeten
Kostenpositionen seien ebenfalls zu Recht bei der Gebührenkalkulation berücksichtigt worden.
Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie die
zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Akten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Der Normenkontrollantrag ist zulässig. Er hat in der Sache Erfolg, soweit er sich gegen die § 2 Abs. 1, § 11
Abs. 2 und § 13 Abs. 1 SRS richtet. Im Übrigen ist er unbegründet.
I.
Besitzer der an eine Straße angrenzenden sowie der durch die Straße erschlossenen Grundstücke nach
den Bestimmungen des Kommunalabgabengesetzes ‑ KAG ‑ durch Satzung ganz oder teilweise zu den
ihr durch die Straßenreinigung entstehenden Kosten heranziehen. Bei dieser Verweisung handelt es sich
um eine Rechtsgrundverweisung auf das Kommunalabgabengesetz ‑ insbesondere § 7 Abs. 1 KAG ‑, so
dass die dort normierten Voraussetzungen für die Erhebung von Gebühren vorliegen müssen. Dabei ist zu
beachten, dass § 17 Abs. 3 Satz 3 LStrG eine Inanspruchnahme der Straßenreinigung durch den in Satz 2
genannten Personenkreis fingiert, da sie grundsätzlich gemäß § 17 Abs. 3 Satz 1 LStrG durch die
Gemeinde als ihr obliegende eigene Pflicht durchgeführt wird (OVG RP, Urteil vom 13. Dezember 2001
12 A 11167/01.OVG ‑, AS 29, 245 m.w.N.).
Mit der genannten gesetzlichen Regelung ist es nicht zu vereinbaren, dass die mit dem
Normenkontrollantrag angegriffene Satzung mit ihren Bestimmungen zur Straßenreinigungsgebühr an
das Flurstück statt an das Buchgrundstück anknüpft (II.). Darüber hinaus ist die Festlegung der
Gebührensätze insoweit rechtsfehlerhaft, als sich der auf das öffentliche Interesse entfallende
Kostenanteil ausschließlich an der Zuordnung der betreffenden Straßen zu den unterschiedlichen
Reinigungsklassen orientiert (III.). Entgegen der Auffassung der Antragsteller ist die
Straßenreinigungssatzung jedoch ordnungsgemäß bekanntgemacht worden (IV.). Keine Bedenken
bestehen auch gegen die Regelungen zum fiktiven Frontmetermaßstab in Verbindung mit dem
Projektionsverfahren (V.), die Klassifizierung der von der Antragsgegnerin zu reinigenden Straßen (VI.)
sowie die den Gebührensätzen zugrunde liegende Kalkulation (VII.).
II.
bedeutsame Regelung des § 2 Abs. 1 SRS, wonach „jedes Flurstück gemäß Grundbuch“, also jedes im
Grundbuch aufgeführte Flurstück, als Grundstück im Sinne der Straßenreinigungssatzung anzusehen ist.
Das steht nicht im Einklang mit der gesetzlichen Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 2 LStrG.
1.
Reinigung öffentlicher Straßen ‑ StrReinG NRW ‑ und § 52 des Niedersächsischen Straßengesetzes
NStrG ‑, jeweils wiedergegeben in juris) knüpft erkennbar an den zivilrechtlichen Grundstücksbegriff,
mithin an den Begriff des Buchgrundstücks an (OVG NRW, Urteil vom 26. Februar 2003 ‑ 9 A 2355/00 ‑,
NVwZ-RR 2004, 68; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 6. Februar 2006 ‑ 9 PA 306/05 ‑, NVwZ-RR
2006, 721; Bitterwolf-de Boer, in: Bogner/Bitterwolf-de Boer/Probstfeld, Landesstraßengesetz für
Rheinland-Pfalz (Praxis der Kommunalverwaltung, Band L 12 RhPf), § 17 Anm. 4.4.4.; ders.:
Straßenreinigung und Winterdienst in Rheinland-Pfalz, S. 80; Stemshorn, in: Driehaus,
Kommunalabgabenrecht , § 6 Rn. 425). Darunter ist ein räumlich abgegrenzter, nämlich katastermäßig
vermessener und bezeichneter Teil der Erdoberfläche zu verstehen, der im Grundbuch auf einem
besonderen Grundbuchblatt oder unter einer besonderen Nummer eines gemeinsamen Grundbuchblattes
geführt wird (vgl. OVG RP, Urteile vom 19. September 2006‑ 6 A 10724/06.OVG ‑, AS 33, 327 [329] und
vom 23. November 2010 ‑ 6 A 10765/10.OVG ‑ m.w.N.).
Diese Auslegung von § 17 Abs. 3 S. 2 LStrG legt bereits der Wortlaut der Vorschrift nahe, der von der
Heranziehung der Eigentümer und Besitzer von „Grundstücken“ zu den Kosten der Straßenreinigung
spricht, ohne diesen Begriff zu definieren. Er deutet darauf hin, dass entsprechend dem beispielsweise im
Beitragsrecht allgemein üblichen Verständnis (vgl. OVG RP, Urteile vom 19. September 2006 und 29.
November 2010, a.a.O.) der Begriff des Buchgrundstücks gemeint ist. Hierfür spricht zudem die
Bezugnahme der gesetzlichen Regelung auf die Vorschriften des Kommunalabgabengesetzes. Danach
besteht nämlich kein Zweifel daran, dass es sich bei der Straßenreinigungsgebühr um eine als öffentliche
Last auf dem Grundstück ruhende grundstücksbezogene Gebühr handelt (§ 7 Abs. 7 KAG, Bitterwolf-de
Boer, Landesstraßengesetz, a.a.O., Anm. 4.4., ders., Straßenreinigung, a.a.O., S. 81). Damit ist ersichtlich
das Grundstück als Ganzes gemeint, nicht lediglich das einzelne Flurstück, das möglicherweise
gemeinsam mit anderen ein Buchgrundstück bildet. Nur dieses Verständnis entspricht im Übrigen der
einhelligen Rechtsprechung zum Kommunalabgabengesetz.
Dieses Regelungsverständnis schließt ist es allerdings bei der Festsetzung einer
Straßenreinigungsgebühr ebenso wenig wie etwa bei der Heranziehung zu einem Erschließungsbeitrag
(vgl. die Nachweise bei Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeitragsrecht, 8. Aufl. 2007, § 17 Rn. 5 ff.)
aus, in eng begrenzten Ausnahmefällen vom Begriff des Buchgrundstücks abzuweichen, wenn es unter
dem Gesichtspunkt der Gebührengerechtigkeit geboten ist (OVG NRW, Urteil vom 31. August 1989, a.a.O.;
Bitterwolf-de Boer, Landesstraßengesetz, a.a.O. Anm. 4.4.4; ders.:, Straßenreinigung, a.a.O., S. 80). Die
angegriffene Satzungsbestimmung sieht jedoch nicht nur hinsichtlich besonders gelagerter
Ausnahmefälle von der Anknüpfung an das Buchgrundstück ab, sondern bestimmt das Flurstück generell
zum maßgeblichen Anknüpfungspunkt für die Straßenreinigungsgebühr.
2.
Flurstücken besteht, auch praktische Auswirkungen auf die nach der Projektionsmethode zu ermittelnden
Gebührenmeter (§ 10 Abs. 1, UAbs. 2 Buchst. a und b, Abs. 2 SRS vgl. unten V.) haben. Grenzen die zu
einem Buchgrundstück gehörenden Flurstücke nicht jeweils an die maßgebliche Straße an, verlaufen ihre
Seitengrenzen nicht jeweils senkrecht zur Straßenmitte, oder ist ihre längste parallel zur Straßenmitte
verlaufende Ausdehnung länger als ihre Grenze zur Straße, kann die Summe der für die einzelnen
Flurstücke gesondert ermittelten Gebührenmeter unter Umständen ein Vielfaches der für das
Buchgrundstück als Ganzes zu ermittelnden Gebührenmeter betragen.
Ebenso kann die Frage, ob das betreffende Grundstück im Sinne des § 17 Abs. 3 LStrG bzw. § 2 Abs. 2
SRS im Sinne des Straßenreinigungsrechts durch eine Straße erschlossen ist, oder ob möglicherweise
sogar eine Mehrfacherschließung durch verschiedene Straßen erfolgt, durchaus unterschiedlich zu
beantworten sein, je nachdem, ob man hierbei auf das Buchgrundstück oder auf das einzelne Flurstück
abstellt.
Es kommt in diesem Zusammenhang auch nicht darauf an, ob die Anknüpfung an das Flurstück nur in
einer verhältnismäßig geringen Zahl von Fällen im Ergebnis zu einer anderen Gebührenfestsetzung führt
als bei der Anknüpfung an das Buchgrundstück. Zwar ist etwa im Beitragsrecht anerkannt, dass eine nicht
hinreichend differenzierende Maßstabsregelung nicht zu beanstanden ist, wenn die zu veranlagenden
Grundstücke mit geringerer Nutzbarkeit nicht mehr als 10 Prozent ausmachen (OVG RP, Urteil vom 10.
Juni 2008 ‑ 6 C 10255/08 ‑, AS 36, 195). Eine solche Pauschalierungsbefugnis kann der Gemeinde
jedoch lediglich im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben zustehen. Durch § 17 Abs. 3 Satz 1 LStrG hat
aber der Gesetzgeber selbst den gemeindlichen Gestaltungsspielraum dahingehend eingeschränkt, dass
die Festsetzung der Straßenreinigungsgebühr grundsätzlich am Buchgrundstück anzuknüpfen hat.
3.
Anknüpfung an das Buchgrundstück.
Besonderen Grundstückszuschnitten, wie etwa im Fall der Zusammenfassung mehrerer nicht aneinander
grenzender Flurstücke zu einem Buchgrundstück, oder dem Bedürfnis nach der Zusammenfassung
mehrerer Grundstücke zu einer wirtschaftlichen Einheit bzw. der gesonderten Veranlagung von
Teilflächen eines Buchgrundstücks kann im Rahmen der im Einzelfall möglichen Ausnahmen Rechnung
getragen werden. Vergleichbare Problemfälle werden im Übrigen auch nicht durch das grundsätzliche
Abstellen auf das Flurstück vermieden. Vielmehr liegt es nahe, dass sich insbesondere die Frage, ob
mehrere Teilflächen ausnahmsweise als wirtschaftliche Einheit zu veranlagen sind, sogar häufiger stellen
wird als bei der Anknüpfung an das Buchgrundstück. Eine solche Handhabung ist im Übrigen auch nach
Wegfall des § 26 Abs. 3 KAG 1986 nach wie vor in Fällen denkbar, in denen es nach Sinn und Zweck des
Gebührenrechts gröblich unangemessen wäre, am grundbuchrechtlichen Grundstücksbegriff festzuhalten
(vgl. Urteil vom 2. Dezember 1997 ‑ 6 A 11951/97.OVG ‑, KStZ 1998, 158).
Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Gebührenfestsetzung für Buchgrundstücke mit einem wesentlich
größeren Aufwand verbunden ist als für Flurstücke. Selbst wenn man gemäß den Darlegungen der
Antragsgegnerin davon ausgeht, dass sie über das Informationssystem PoliGIS ungehindert auf die
flurstücksbezogenen Katasterdaten zugreifen kann, benötigt sie darüber hinaus Informationen aus dem
Grundbuch, um die aktuellen Eigentümer oder möglicherweise heranzuziehende dinglich Berechtigte (vgl.
§ 11 Abs. 7 SRS) ‑ sofern sie gemäß § 17 Abs. 3 S. 2 LStrG Besitzer des Grundstücks sind (Bitterwolf-de
Boer, Landesstraßengesetz, a.a.O., § 17 Anm. 4.3) ‑ zu ermitteln. Dass es mit einem erheblichen
Mehraufwand verbunden sein könnte, zusätzlich nachzuprüfen, welche Flurstücke zu einem
Buchgrundstück verbunden sind, ist nicht nachvollziehbar. Anscheinend verfügt die Antragsgegnerin auch
über die entsprechenden Informationen, da sie vorträgt, lediglich 3,2 Prozent der erfassten 5.871
Buchgrundstücke bestünden aus mehreren Flurstücken. Legt man diese Zahlen zugrunde, kann die
Anknüpfung an das Flurstück schon allein aus diesem Grund allenfalls eine geringfügige Entlastung bei
der Gebührenfestsetzung bewirken.
4.
M... beinhalte ebenfalls eine mit § 2 Abs. 1 SRS vergleichbare Regelung, die im Urteil des
Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 7. März 2006 (a.a.O.) nicht beanstandet worden sei. In
dieser Entscheidung wird das Abstellen auf das Flurstück anstelle des Buchgrundstücks weder
angesprochen noch war diese Frage streitentscheidend. Denn in dem zugrundeliegenden Fall war der
angefochtene Gebührenbescheid bereits deshalb rechtswidrig, weil das betreffende Grundstück von der
Straße, für dessen Reinigung eine Gebühr festgesetzt worden war, nicht erschlossen wurde.
5.
gesetzliche Grundstücksbegriff nach § 17 Abs. 3 Satz 2 LStrG tritt (vgl. Stemshorn, in Driehaus,
Kommunalabgabenrecht, a.a.O., § 6 Rn. 426). Die Definition des Grundstücksbegriffs gehört nämlich nicht
zum notwendigen Inhalt einer Satzung über die Erhebung von Straßenreinigungsgebühren (Bitterwolf-de
Boer, Landesstraßengesetz, a.a.O., § 17 Anm. 4.4.4), sondern kann unmittelbar der gesetzlichen
Regelung entnommen werden. Grundsätzlich ist somit im Rahmen der Straßenreinigungssatzung der
Antragsgegnerin vom Begriff des Buchgrundstücks auszugehen, wobei in Ausnahmefällen mehrere
Buchgrundstücke zu einer wirtschaftlichen Einheit zusammengefasst werden können sowie in bestimmten
Fällen auch nur ein Teil eines Buchgrundstücks als von der betreffenden Straße erschlossen anzusehen
ist (vgl. OVG NRW, Urteil vom 26. Februar 2003, a.a.O).
III.
dabei berücksichtigte auf das öffentliche Interesse entfallende Kostenanteil gemäß § 11 Abs. 2 SRS
ausschließlich an den Reinigungsklassen orientiert, denen die jeweiligen Straßen zugeordnet sind. Beide
Vorschriften können daher keinen Bestand haben.
1.
Februar 2006 ‑ 7 A 11037/05 ‑, AS 33, 99 [107] m.w.N.) muss die Gemeinde von den
Straßenreinigungskosten den Anteil übernehmen, der dem allgemeinen Interesse an der
Straßenreinigung entspricht. Dementsprechend hat der Träger der Straßenreinigung nach § 17 Abs. 3
Satz 4 LStrG einen Anteil für die Verschmutzung durch den Durchgangsverkehr zu übernehmen.
Hinsichtlich der Gewichtung des Allgemeininteresses steht der Gemeinde allerdings ein weiter
Gestaltungsspielraum zu (OVG RP, Urteil vom 9. Februar 2006 ‑ 7 A 11037/05 ‑, AS 33, 99 [108]), wobei
die Bewertung auf sachgerechten Erwägungen beruhen muss (OVG RP, Urteil vom 25. September 1985
10 C 1/85 ‑). Das Interesse des Durchgangsverkehrs an der Reinhaltung der in Anspruch genommenen
Straßen ist jedoch von vornherein geringer zu gewichten als das der Anlieger. Daher ist es selbst bei stark
befahrenen Durchgangsstraßen mit 30 Prozent noch angemessen bewertet (OVG RP, Urteil vom 9.
Februar 2006, a.a.O.). Der Satzungsgeber ist grundsätzlich jedoch nicht verpflichtet, nach der
Verkehrsbedeutung der jeweiligen Straßen zu differenzieren, sondern kann sich darauf beschränken,
selbst einen ausreichend großen Anteil der Gesamtkosten der Straßenreinigung zu tragen (OVG RP, Urteil
vom 26. Januar 1988 ‑ 6 A 86/86 ‑, AS 22, 109).
2.
allgemeine öffentliche Interesse entfällt, die Höhe der Straßenreinigungsgebühr je Gebührenmeter
entsprechend den Reinigungsklassen fest, denen die von der Antragsgegnerin zu reinigenden Straßen
zugeordnet sind. Für die niedrigste Reinigungsklasse B-1 (Reinigung der Fahrbahn einmal wöchentlich)
beläuft er sich auf 5 %, für die höchste Reinigungsklasse S-7-W (Reinigung der Fahrbahn und der
Gehwege je siebenmal wöchentlich zuzüglich Winterdienst auf den Gehwegen) auf 35 %.
In § 11 Abs. 2 SRS heißt es zwar, bei der Bemessung der Gebühren sei ein auf das allgemeine öffentliche
Interesse an der Straßenreinigung entfallender Kostenanteil entsprechend der Verkehrsbedeutung
abgesetzt worden. Die insoweit festgesetzten Prozentsätze richten sich jedoch ausschließlich nach den
Reinigungsklassen, die sich ganz überwiegend am Reinigungsbedürfnis und nicht an dem Verhältnis
zwischen dem Allgemein- und dem Anliegerinteresse orientieren. So werden etwa die Bereiche der P…
Straße (Bundesstraße 37), denen nach den vorliegenden Kenndatenblättern die Funktion einer
Hauptverkehrsstraße zukommt, den Reinigungsklassen B-2-1, S-2, S-3 bzw. S-3-W zugeordnet, was
einem Anteil des öffentlichen Interesses von 10 % bzw. 15 % entspricht. Das wird ersichtlich dem hohen
Anteil des Durchfahrtverkehrs am Gesamtverkehrsaufkommen nicht gerecht. Andererseits werden
ausweislich der Kenndatenblätter gerade Bereiche der Fußgängerzone, etwa Teilbereiche der B…straße
oder der Straße „A…f“ der Reinigungsklasse S-7-W zugeordnet und der entsprechende Anteil des
öffentlichen Interesses auf 35 % festgesetzt. Berücksichtigt man aber, dass das Aufsuchen nicht nur von
Wohn-, sondern auch von Geschäftsgrundstücken zum Anliegerverkehr gehört, erscheint die
Berücksichtigung des öffentlichen Interesses mit 35 % bei diesen Straßen unangemessen hoch (vgl. OVG
NRW, Urteil vom 25. April 1986 ‑ 2 A 2806/84 ‑, KStZ 1986, 236). Die Zuordnung der Straßen zu
verschiedenen Reinigungsklassen spiegelt folglich nicht den Anteil des Durchgangsverkehrs an der
Straßenreinigung wider.
3.
nahezu stetige Relation zwischen der Verkehrsbedeutung einer Straße und ihrer Verschmutzung. Das
maßgebliche Verhältnis des öffentlichen Interesses an der Reinigung einer Straße zu dem insoweit
bestehenden privaten Interesse ist nämlich unabhängig davon, wie stark eine Straße verschmutzt wird
und wie häufig eine Straße folglich zu reinigen ist. Dies belegt sehr deutlich der bereits dargelegte
Umstand, dass im Bereich der Antragsgegnerin Durchgangsstraßen deutlich seltener gereinigt werden als
etwa die Bereiche von Fußgängerzonen mit sehr hoher Häufigkeit von Straßenreinigungen.
Ebenso wenig verfängt der Hinweis der Antragsgegnerin, sie sei angesichts ihrer Lage und der sie
umgebenden Bundesautobahnen in höherem Maße einem Ziel- und Quellverkehr ausgesetzt als
vergleichbare Städte, so dass bei einer stärkeren Differenzierung lediglich mit einem geringen Grad von
Gebührenveränderungen zu rechnen sei. Denn die Antragsgegnerin hat sich ‑ was nicht zwingend ist, vgl.
oben ‑ bezüglich des Anteils des öffentlichen Interesses an der Straßenreinigung für eine Differenzierung
zwischen den einzelnen Straßen entschieden. Hierfür gibt aber der Umfang, in dem die Stadt insgesamt
einem Durchgangs- bzw. Quell- und Zielverkehr ausgesetzt ist, nichts her. Auf ihre Typisierungsbefugnis
kann sie sich in diesem Zusammenhang bereits deshalb nicht berufen, weil sie die Festlegung des auf
den Durchgangsverkehr entfallenden Anteils bereits grundsätzlich nicht an dem Verhältnis des
öffentlichen zu dem Anliegerinteresse an der Straßenreinigung, sondern an dem erforderlichen
Reinigungsumfang ausgerichtet hat.
IV.
2009 in der Zeitung „Die Rheinpfalz“ ‑ Ausgabe Kaiserslautern ‑ ordnungsgemäß öffentlich
bekanntgemacht.
Nach § 27 der Gemeindeordnung ‑ GemO ‑ in Verbindung mit § 7 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 der
Landesverordnung zur Durchführung der Gemeindeordnung ‑ GemODVO ‑ können Bekanntmachungen
der Gemeinde vorbehaltlich abweichender gesetzlicher Bestimmungen nur im Amtsblatt der Gemeinde
bzw. der Verbandsgemeinde oder in einer oder mehreren mindestens einmal wöchentlich erscheinenden
Zeitungen erfolgen, wobei die Gemeinde eine der nach Abs. 1 zulässigen Bekanntmachungsformen in der
Hauptsatzung zu bestimmen hat. Nach der bis zum 27. November 2009 geltenden ursprünglichen
Fassung des § 7 Abs. 2 Satz 2 GemODVO vom 21. Februar 1974 (GVBl. S. 98, im Folgenden: a.F.) waren
das Amtsblatt oder die Zeitungen namentlich zu bezeichnen. Aufgrund dieser Vorschriften bestimmte § 16
Abs. 1 der Hauptsatzung der Antragsgegnerin ‑ im Folgenden: HS a.F. ‑ dass die öffentlichen
Bekanntmachungen der Antragsgegnerin in der Tageszeitung „Die Rheinpfalz“ ‑ Ausgabe Kaiserslautern ‑
vorzunehmen waren.
Nach Art. 1 der Landesverordnung zur Änderung kommunalrechtlicher Vorschriften vom 6. November
2009 (GVBl. Nr. 18 vom 27. November 2009, S. 379, im Folgenden: Änderungsverordnung) wurde § 7
Abs. 2 Satz 2 GemODVO a.F. durch § 7 Abs. 2 Sätze 2 und 3 GemODVO (im Folgenden: n.F.) ersetzt.
Danach ist in der Hauptsatzung ‑ nur noch ‑ das Amtsblatt namentlich zu benennen, sofern es als
Bekanntmachungsform bestimmt wird (Satz 2 n.F.). Bestimmt die Hauptsatzung hingegen eine Zeitung
oder mehrere Zeitungen als Bekanntmachungsform, so hat der Gemeinderat durch ‑ einfachen ‑
Beschluss zu entscheiden, in welcher Zeitung oder in welchen Zeitungen die Bekanntmachungen zu
erfolgen haben, wobei der Beschluss seinerseits in der bisherigen Bekanntmachungsform öffentlich
bekannt zu machen ist (Satz 3). Die Änderung trat gemäß Art. 3 der Änderungsverordnung am Tag nach
der Veröffentlichung, somit am 28. November 2009 in Kraft. § 16 Abs. 1 HS a.F. entsprach somit seit dem
28. November 2009 nicht mehr den Vorgaben des § 7 Abs. 2 S. 3 GemODVO n.F., da er die als
Bekanntmachungsorgan vorgeschriebene Zeitung benannt und diese Festlegung nicht einem einfachen
Beschuss des Stadtrates vorbehalten hat. Diese Abweichung hat nach dem Sinn und Zweck des § 7 Abs.
2 Satz 3 GemODVO n.F. jedoch nicht zur Folge, dass § 16 Abs. 1 HS a.F. am 28. November 2009 insoweit
unwirksam wurde. Vielmehr blieb sie wirksam, bis sie durch die am 28. Dezember 2009 in Kraft getretene
Neufassung des § 16 Abs. 1 HS ersetzt wurde.
§ 7 Abs. 2 S. 3 GemODVO n.F. ist zwar nach seinem Sinn und Zweck unter anderem darauf ausgerichtet,
im Hinblick auf die Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12.
Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (ABl. L 376, 36, im Folgenden:
Dienstleistungsrichtlinie) zu verhindern, dass die für öffentliche Bekanntmachungen vorgesehenen
Zeitungen weiterhin normativ durch gemeindliche Satzungen bestimmt werden. Gegen die Annahme, § 16
Abs. 1 HS sei mit dem Inkrafttreten von § 7 Abs. 2 S. 3 GemODVO n.F. unwirksam geworden, spricht
jedoch der Umstand, dass die Änderungsverordnung den Gemeinden keine Frist zur Anpassung ihrer
Hauptsatzung an die geänderte Fassung des § 7 Abs. 2 Sätze 2 und 3 GemODVO eingeräumt hat. Eine
Gemeinde, die wie die Antragsgegnern bislang in ihrer Hauptsatzung eine oder mehrere Zeitungen als
Bekanntmachungsorgane benannt hatte, hätte im Fall der Unwirksamkeit dieser Festlegung ab dem 28.
November 2009 nach § 7 Abs. 2 S. 3, 2. HS GemODVO nur noch den Beschluss des Gemeinderates über
die Festlegung der maßgeblichen Zeitung bzw. maßgeblichen Zeitungen öffentlich bekanntmachen
können. Erst danach wäre es ihr möglich gewesen, ihre Hauptsatzung an die geänderten Vorschriften
anzupassen und gegebenenfalls ein Amtsblatt zum Bekanntmachungsorgan zu bestimmen. Denn die
öffentliche Bekanntmachung der Hauptsatzung hat ebenfalls in der nach § 7 Abs. 2 GemODVO
bestimmten Form zu erfolgen (§ 7 Abs. 3 GemODVO). Ein so umständliches Verfahren entspricht
ersichtlich nicht der Regelungsintention der Änderungsverordnung.
Der Sinn und Zweck der geänderten Verordnungsbestimmungen erfordert es ebenfalls nicht, § 16 Abs. 1
HS a.F. vom 28. November 2009 an als unwirksam zu betrachten. Denn § 7 Abs. 2 S. 2 GemODVO n.F.
bezweckt nicht eine größere Rechtssicherheit im Interesse möglicher Adressaten gemeindlicher
Rechtsakte, sondern verfolgt allein das Ziel, Dienstleistern, die ebenfalls die Veröffentlichung amtlicher
Bekanntmachungen in Zeitungen anbieten, den Marktzugang zu erleichtern. Dazu ist es aber nicht
erforderlich, bestehende abweichende Satzungsvorschriften mit der Neuregelung des § 7 Abs. 2 Satz 3
GemODVO als unwirksam anzusehen. Vielmehr genügt die Möglichkeit, die betroffenen Gemeinden
erforderlichenfalls im Wege der Kommunalaufsicht zur Anpassung ihrer Hauptsatzungen an die aktuelle
Fassung der Verordnung anzuhalten.
Nach alledem galt § 16 Abs. 1 HS a.F. also bis zum Inkrafttreten seiner Neufassung am 28. Dezember
2009 weiter, so dass die mit den Normenkontrollanträgen angegriffene Straßenreinigungssatzung am
23. Dezember 2009 durch Bekanntgabe in der Zeitung „Die Rheinpfalz“ ‑ Ausgabe Kaiserslautern ‑
ordnungsgemäß öffentlich bekanntgemacht wurde.
V.
keine durchgreifenden Bedenken. Danach bemisst sich die Straßenreinigungsgebühr nach den
Gebührenmetern, der Zahl der wöchentlichen Reinigungen sowie dem sachlichen Umfang der
Straßenreinigung. Die Gebührenmeterlänge entspricht bei angrenzenden Grundstücken
(Anliegergrundstücken) der Länge der gemeinsamen Grenze von Grundstück und Straße. Bei
Grundstücken mit besonderem Zuschnitt, etwa mit nicht senkrecht zur Straßenmittellinie verlaufenden
Seitengrenzen, sowie bei Hinterliegergrundstücken gilt als Gebührenmeterlänge grundsätzlich die Länge
der Straßengrenze zwischen zwei Senkrechten, die von den äußeren Punkten der Grundstücksseite oder -
seiten, die der zu reinigenden Straße zugekehrt sind, auf der Straßenmittellinie errichtet werden.
1.
Projektionsverfahren ist rechtlich unbedenklich (vgl. bereits OVG RP, Urteil vom 14. April 1981 ‑ 6 A
44/80 ‑, AS 18, 359, Urteil vom 13. Dezember 2001 ‑ 12 A 11167/01 ‑, AS 29, 245; Urteil vom 29.
September 2009 ‑ 6 A 10556/09.OVG ‑; BVerwG, Beschluss vom 15. März 2002 ‑ 9 B 16.02 ‑ NVwZ-RR
2002, 599). Er trägt insbesondere dem Bedürfnis Rechnung, auch Hinterliegergrundstücke angemessen
an den Kosten der Straßenreinigung zu beteiligen. Da die Antragsteller die Zulässigkeit dieses
Gebührenmaßstabs im Grundsatz nicht infrage stellen, wird insoweit von weitergehenden Ausführungen
abgesehen.
2.
Satzung auch nicht zu unbestimmt. Zwar wird nicht ausdrücklich geregelt, was unter den der zu
reinigenden Straße zugekehrten Grundstücksseiten zu verstehen ist. Das ergibt sich jedoch ohne weiteres
aus den Vorgaben der Satzung für die Durchführung des Projektionsverfahrens. Der Straße zugewandt
sind danach grundsätzlich alle Grundstücksseiten, die von einer auf der Straßenmittellinie zu errichtenden
Senkrechten erfasst werden, ohne dass diese Strecke zuvor einen Teil des betreffenden Grundstück
schneidet (vgl. auch die Abbildungen bei Bitterwolf-de Boer, Straßenreinigung, a.a.O., S. 89 ff.).
Im Hinblick auf das Bestimmtheitserfordernis ist ebenfalls nicht zu beanstanden, dass bei gebogenen
Straßenverläufen die Errichtung einer Senkrechten auf der ‑ zwangsläufig ebenfalls gebogenen ‑
Straßenmittellinie nicht möglich ist. Insoweit ist die Satzungsregelung nach ihrem erkennbaren Sinn und
Zweck dahingehend auszulegen, dass bei solchen Straßenverläufen Senkrechten von den äußeren
Punkten der zugewandten Grundstücksseiten auf Tangenten zur Straßenmittellinie zu errichten sind.
Die Rüge der Antragsteller, die der Straße zugewandten Grundstücksseiten würden ausschließlich durch
die Projektion der Antragsgegnerin deutlich, die aber nicht einmal mit den Gebührenbescheiden versandt
worden seien, betrifft nicht die Bestimmtheit der Satzung, sondern lediglich die Frage, in welchem Umfang
die Ermittlung der Gebührenmeterlänge in den jeweiligen Gebührenbescheiden darzulegen ist.
3.
wird auch nicht dadurch infrage gestellt, dass es ‑ wie die Antragsteller nachvollziehbar erläutert haben ‑
bei der Umsetzung der Neufassung der Straßenreinigungssatzung im Vergleich zu den
Gebührenfestsetzungen in früheren Jahren bei bestimmten Gebührenschuldnern zu erheblichen
Gebührenerhöhungen gekommen ist. Die Rechtmäßigkeit einer Gebührensatzung bemisst sich nämlich
grundsätzlich nicht danach, welche diesbezüglichen Satzungsvorschriften in der Vergangenheit
bestanden und wie diese umgesetzt wurden. Vielmehr ist sie allein daran zu messen, inwieweit sie
höherrangigen Rechtsvorschriften bzw. allgemeinen Rechtsgrundsätzen genügt. Für die Annahme, die
Antragsgegnerin sei möglicherweise aus Gründen des Vertrauensschutzes gehindert gewesen, die
Vorschriften zur Bemessung der Straßenreinigungsgebühr zu ändern, sind keine Anhaltspunkte
ersichtlich.
Im Übrigen ist die gerügte Gebührensteigerung nicht auf das Projektionsverfahren als solches
zurückzuführen, da dieses bereits in § 14 der Erschließungsbeitragssatzung der Antragsgegnerin vom 17.
Dezember 1996 (im Folgenden SRS a.F.) vorgesehen war. Einen wesentlichen Einfluss auf die
Gebührenhöhe hat vielmehr der gegenüber der Vorgängerregelung geänderte Grundstücksbegriff. Nach
§ 2 Ziff. 1 SRS a.F. wurde ein Grundstück nämlich definiert als jeder zusammenhängende Grundbesitz
ohne Rücksicht auf die Grundbuchbezeichnung, der eine selbständige wirtschaftliche Einheit bildet,
insbesondere wenn eine besondere Hausnummer zugeteilt ist. Demgegenüber knüpft § 2 Abs. 1 SRS
nunmehr an das jeweilige Flurstück an, was in manchen Fällen zu einer Vervielfachung der Zahl der
Veranlagungsobjekte geführt hat (vgl. hierzu oben, II.).
4.
Grundstücks zu einem unbilligen Ergebnis führt, ist dem erforderlichenfalls durch einen teilweisen Erlass
der Gebühr Rechnung zu tragen (OVG RP, Urteil vom 29. September 2009 ‑ 6 A 10556/09.OVG ‑;
BVerwG, Beschluss vom 15. März 2002 ‑ 9 B 16/02 ‑ NVwZ-RR 2002, 599). Die Rechtmäßigkeit der
diesbezüglichen Satzungsvorschriften wird hierdurch aber nicht infrage gestellt.
Das gilt insbesondere für den Fall, dass ein Grundstück allein deshalb unbillig belastet wird, weil es
wegen seiner großen Entfernung zu einer nicht geradlinig verlaufenden Straße auf einen
unverhältnismäßig langen Straßenabschnitt zu projizieren ist. Beispielhaft sei in diesem Zusammenhang
auf das Grundstück der Antragstellerin zu 1) mit der Flurstücknummer 3646/21 hingewiesen. Dessen der
Straße „O…kreisel“ zugewandte Seiten haben ausweislich der vorliegenden Pläne eine Gesamtlänge von
ca. 75 Metern. Aufgrund der Biegung der Straße und der Entfernung des Grundstücks zu dieser ergibt die
Projektion jedoch eine Gebührenmeterlänge von 193 Metern. Daraus resultiert eine unverhältnismäßig
hohe Gebührenbelastung, für die ein sachlicher Grund nicht erkennbar ist. Der fiktive Frontmetermaßstab
verfolgt in Kombination mit dem Projektionsverfahren nämlich lediglich das Ziel, Eigentümer oder Besitzer
von Grundstücken unabhängig davon, inwieweit sie unmittelbar an die Straße angrenzen, angemessen
an den Straßenreinigungskosten zu beteiligen. Eine mit der Entfernung zunehmende Mehrbelastung von
Hinterliegergrundstücken gegenüber unmittelbar angrenzenden Grundstücken ist hingegen nicht
beabsichtigt.
Der Vollständigkeit halber sei in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass in Fällen der
vorgenannten Art bei der Umsetzung der Satzungsregelungen auch der Frage nachzugehen ist, ob ein
öffentlicher oder privater Stichweg, an den ein Grundstück grenzt, als selbständige Erschließungsanlage
im Sinne des Straßenreinigungsrechts anzusehen ist, so dass die Heranziehung zu einer
Straßenreinigungsgebühr für die weiter entfernt liegende übergeordnete Straße möglicherweise bereits
aus diesem Grunde ausscheidet (vgl. OVG RP, Urteil vom 7. März 2006, ‑ 7 A 11436/05.OVG ‑, AS 33,
121; OVG NRW, Beschluss vom 20. Januar 2011 ‑ 9 A 2634/09 ‑ juris).
VI.
Satzung sowie ihre Berücksichtigung im Rahmen der Gebührenbemessung (§§ 11 Abs. 2, 13 SRS) keine
grundsätzlichen substantiierten Einwände erhoben. Die diesbezüglichen umfangreichen Unterlagen des
INFA ‑ Institut für Abfall, Abwasser und Infrastruktur‑Management GmbH, Ahlen ‑ lassen auch keine
Anhaltspunkte für solche grundsätzlichen Zweifel erkennen. Sie lassen vielmehr auf eine in sich
folgerichtige Bildung verschiedener Reinigungsklassen schließen, die auf gesicherten und
nachvollziehbaren tatsächlichen Erkenntnissen beruht.
Gegen die von den Antragstellern kritisierte Einstufung der K...straße in die Reinigungsklasse S-2
(Fahrbahn- und Gehwegreinigung durch die Antragsgegnerin je zweimal wöchentlich) bestehen ebenfalls
keine Bedenken. Die Antragsgegnerin hat diese Zuordnung im Einklang mit den für diese Straße
ermittelten und auf dem sie betreffenden Datenblatt festgehaltenen Kenndaten nachvollziehbar dargelegt.
Der Einwand der Antragsteller, die Einstufung erscheine willkürlich, wenn man die Verkehrsbedeutung
der K...straße mit einem Teil der Straßen vergleiche, für die die Reinigungsklasse B-2-1
(Fahrbahnreinigung zweimal wöchentlich durch die Antragsgegnerin, Gehwegreinigung einmal
wöchentlich durch die Anlieger) festgesetzt worden sei, greift nicht durch. Denn die Verkehrsbedeutung
einer Straße war, wie aus den Kenndatenblättern des INFA hervorgeht, nur eines unter einer Vielzahl von
Kriterien, die für die Festlegung der Reinigungshäufigkeit, des Reinigungsumfangs sowie der Verteilung
auf die Antragsgegnerin bzw. die Anlieger ausschlaggebend waren. Somit erscheint es keineswegs
sachwidrig, Straßen vergleichbarer Verkehrsbedeutung unterschiedlichen Reinigungsklassen
zuzuordnen.
VII.
Blatt 19 der Gerichtsakte) vermögen die Antragsteller gleichfalls nicht durchzudringen.
1.
Höhe von 125.000,00 € berücksichtigt. Es ist nämlich nicht geboten, den von § 17 Abs. 3 LStrG
verwendeten Begriff der Straßenreinigung lediglich im Sinne von „Reinigung der Straßenoberfläche“ zu
verstehen (anders OVG NRW, Urteil vom 15. Dezember 1994 ‑ 9 A 2251/93 ‑ m.w.N., NVwZ 1995, 345;
Wichmann, Straßenreinigung und Winterdienst in der kommunalen Praxis, 6. Aufl. 2009, S. 66 ff.;
Bitterwolf-de Boer, Straßenreinigung, a.a.O., S. 25 f.). Denn nach § 1 Abs. 3 Nr. 3 LStrG gehört der
Luftraum über dem Straßenkörper ebenfalls zur öffentlichen Straße. Darüber hinaus ist es auch
sachgerecht, die Leerung von Straßenpapierkörben der Straßenreinigung zuzuordnen, da Abfall, der
seinen Weg in solche Papierkörbe findet, ansonsten zumindest zu einem erheblichen Teil auf den
Gehweg oder die Straßenfahrbahn geworfen würde. Zudem wäre es wenig sachgerecht, zwischen
Abfällen in Papierkörben und solchen, die ‑ wie häufig zu beobachten ‑ aus Unachtsamkeit oder bewusst
im Umfeld von Straßenpapierkörben auf den Gehweg oder die Fahrbahn geworfen werden und
unzweifelhaft der Straßenreinigungspflicht unterfallen, zu unterscheiden. Der rheinland-pfälzische
Landesgesetzgeber hat bislang auch keine Veranlassung gesehen, entsprechend § 53 Abs. 1 Buchst. d)
des Niedersächsischen Straßengesetzes die Bereitstellung und Leerung von Abfallbehältern zu einem
Element der Straßenreinigung zu erklären bzw., wie in § 5 Abs. 2, 4. Spiegelstrich des Abfallgesetzes für
das Land Nordrhein-Westfalen (wiedergegeben in juris) geschehen, der Entsorgungspflicht des öffentlich-
rechtlichen Abfallentsorgungsträgers zuzuordnen (vgl. zur bis dahin geltenden nordrhein-westfälischen
Rechtslage einerseits OVG NRW, Urteil vom 15. Dezember 1994, a.a.O., andererseits OVG NRW, Urteil
vom 16. Juni 1994 ‑ 9 A 4246/92 ‑, juris [Leitsatz]). Eine solche explizite gesetzliche Regelung ist auch
nicht notwendig.
2.
(312.626,00 €) einschließlich Kfz-Kosten und eines Verwaltungs- und Betriebskostenbeitrags sowie der
„weiteren internen Verrechnungen/Umlagen“ (316.434,00 €) in Zweifel gezogen haben, hat die
Antragsgegnerin diese Kostenpositionen mit Schriftsatz vom 29. Dezember 2010 nachvollziehbar erläutert
und erklärt, die Antragsteller hätten nach wie vor die Möglichkeit, sämtliche Unterlagen einzusehen. Da
sie den Darlegungen der Antragsgegnerin dennoch nicht mit substantiierten Einwänden
entgegengetreten sind, besteht keine Veranlassung für eine diesbezügliche weitergehende Überprüfung
der Kalkulation.
3.
begegnen ebenfalls keinen Bedenken.
a)
gesondert ausgewiesenen „Projektionsmeter“ über das zu tolerierende Maß hinaus Messfehler aufweisen
könnten. Die Antragsgegnerin hat glaubhaft dargelegt, die Ermittlung der Gebührenmeter habe unter
Einsatz eines EDV-Programms eine hohe Genauigkeit aufgewiesen und der Einsatz einer verbesserten
Programmversion bei der Umsetzung der Straßenreinigungssatzung habe lediglich zu geringfügigen
Korrekturen geführt.
Nicht zu beanstanden ist auch, dass die Antragsgegnerin im Rahmen ihrer Befugnis zur Pauschalierung
davon abgesehen hat, die Kosten für die Fahrbahn‑ und die Gehwegreinigung gesondert zu ermitteln,
sondern letztere berücksichtigt hat, indem sie bei den Reinigungsklassen, welche die Gehwegreinigung
umfassen („S“-Klassen), rechnerisch eine doppelte Reinigungshäufigkeit zugrunde gelegt hat.
b)
die Buchgrundstücke die Zahl der Gebührenmeter nicht zutreffend ermittelt worden ist. Da nach dem
Vorbringen der Antragsgegnerin, für dessen Unrichtigkeit keine Anhaltspunkte ersichtlich sind, jedoch
lediglich 3,2 % der Buchgrundstücke aus mehreren Parzellen bestehen, ist davon auszugehen, dass die
maßgeblichen Gebührenmeter lediglich geringfügig zu hoch ermittelt wurden. Das wirkt sich im Übrigen
zunächst zu Gunsten der Gebührenschuldner aus, da sich der auf jeden Gebührenmeter entfallende
Betrag verringert, und kann nach Maßgabe des § 8 Abs. 1 S. 5 KAG zukünftig ausgeglichen werden.
Entsprechendes gilt auch für den Umstand, dass eine größere Zahl der für das Jahr 2010 ergangenen
Gebührenbescheide ‑ nach den Angaben der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung 400 von ca.
6.000 und damit weniger als 7 Prozent ‑ in den betreffenden Widerspruchsverfahren keinen Bestand hatte.
Zudem ist zu berücksichtigen, dass nach dem unbestrittenen Vorbringen der Antragsgegnerin die
Aufhebung der Bescheide sich in 240 Fällen nicht auf das Gebührenaufkommen ausgewirkt hat, da die
Gebühren insoweit vom Straßenbaulastträger angefordert wurden.
VIII.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708
Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision wird nicht zugelassen, da Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Art nicht vorliegen.
Rechtsmittelbelehrung
gez. Dr. Mildner
gez. Dr. Beuscher
gez. Kröger
Beschluss
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 15.000 € festgesetzt (§ 52 Abs. 2 GKG i.V.m. § 5 ZPO analog).
gez. Dr. Mildner
gez. Dr. Beuscher
gez. Kröger