Urteil des OVG Rheinland-Pfalz vom 13.04.2011

OVG Koblenz: urlaub, aktiven, pflicht des beamten, altersgrenze, eugh, vergütung, beendigung, dienstzeit, abgeltung, referat

OVG
Koblenz
13.04.2011
2 A 11447/10.OVG
Beamtenrecht
Oberverwaltungsgericht
Rheinland-Pfalz
Urteil
Im Namen des Volkes
In dem Verwaltungsrechtsstreit
…,
- Kläger und Berufungskläger -
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Walter Baldauf Theobald, Eisenbahnstraße 4 - 6,
67227 Frankenthal,
gegen
das Land Rheinland-Pfalz, vertreten durch die Ministerin für Bildung, Wissenschaft, Jugend und Kultur,
Mittlere Bleiche 61, 55116 Mainz,
- Beklagter und Berufungsbeklagter -
wegen Hinausschiebens des Ruhestandes
hat der 2. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der mündlichen
Verhandlung vom 13. April 2011, an der teilgenommen haben
Präsident des Oberverwaltungsgerichts Prof. Dr. Meyer
Richter am Oberverwaltungsgericht Bonikowski
Richter am Oberverwaltungsgericht Steinkühler
ehrenamtliche Richterin pharm.-techn. Assistentin Balthasar-Schäfer
ehrenamtliche Richterin Schönheitspflegerin Stoffel
für Recht erkannt:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom
16. November 2010 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d
Der Kläger wendet sich gegen die Beschränkung des Hinausschiebens seines Ruhestandsbeginns und
begehrt die Abgeltung nicht genommenen Erholungsurlaubs.
Der 1945 geborene Kläger ist Beamter des beklagten Landes. Zuletzt war er im Amt eines Leitenden
Regierungsschuldirektors als Leiter des Referats X bei der Außenstelle der Aufsichts- und
Dienstleistungsdirektion – ADD – tätig. Am 1. August 2009 beantragte er, seinen Ruhestandsbeginn um
ein Jahr hinauszuschieben. Hierzu teilte die ADD dem Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Jugend und
Kultur – MBWJK – mit, an einer Weiterbeschäftigung des Klägers bestehe bis zum 31. Juli 2010 ein dienst-
liches Interesse. Zur Begründung führte sie aus, der Kläger habe im Rahmen der Schulreform die Aufgabe
übernommen, die Verwaltungs- und Arbeitsabläufe zweier vormals getrennter Referate
zusammenzuführen. Sein reguläres Ausscheiden falle in die Anfangsphase der Planung des Schuljahres
2010/2011, weshalb ein Hinausschieben des Ruhestands den reibungslosen Ablauf des Personal-
geschäfts und damit die Unterrichtsversorgung sicherstelle. Auch die – gleichfalls durch die Schulreform
ausgelöste – hohe Zahl von Besetzungsvorgängen erfordere den Erhalt des gesamten Personals bis zum
Schuljahresende. Mit Bescheid vom 28. Dezember 2009 schob daraufhin das MBWJK den Beginn des
Ruhestands des Klägers auf den 1. August 2010 hinaus.
Dieser rügte unter dem 1. Juni 2010, in Anbetracht der hohen Arbeitsbelastung sei die Verlängerung
seiner Dienstzeit um lediglich fünf Monate nicht verständlich. Die „heiße Phase“ der Personalplanung für
das Schuljahr ende im Oktober. Erst danach könne die erforderliche Einarbeitung eines neuen Referenten
und eines neuen Referatsleiters erfolgen. Ein Ausscheiden vor dem 1. März 2011 liege daher nicht im
dienstlichen Interesse. Die zwangsweise Pensionierung mit Erreichen der Altersgrenze bedeute zudem
eine unzulässige Altersdiskriminierung. Das MWBJK wertete das vorgenannte Schreiben als Widerspruch
und wies diesen nach Einholung einer weiteren Stellungnahme der ADD mit Widerspruchsbescheid vom
17. Juni 2010 zurück. Der bisherige stellvertretende Referatsleiter garantiere ein reibungsloses
Funktionieren aller Abläufe auch nach dem Ausscheiden des Klägers. Die Besetzung einer
Referentenstelle stehe unmittelbar bevor. Die Stelle des Referatsleiters werde demnächst
ausgeschrieben. Im Übrigen sei der Großteil der Planungen bis zum Ende des vorhergehenden
Schuljahres abgeschlossen.
Mit seiner am 16. Juli 2010 erhobenen Klage hat der Kläger ergänzend zu seinen vorangegangenen
Ausführungen geltend gemacht, weder seine Nachfolge noch eine Einarbeitung seines Stellvertreters
seien bislang erfolgt. Die verbleibende Zeit reiche hierfür auch nicht aus. Eine frühere Unterweisung sei
wegen des Urlaubs des Stellvertreters und dessen Einbindung in das laufende Geschäft nicht möglich
gewesen. Insbesondere verfüge dieser bislang nicht über die erforderlichen Kenntnisse für die
Anwendung der vom Kläger entwickelten Computerprogramme. Ohne den Kläger sei deshalb eine
ordnungsgemäße Erledigung der anfallenden Arbeiten nicht gewährleistet. Er sei darüber hinaus nicht
mehrfach aufgefordert worden, seinen Urlaub zu nehmen. Vielmehr habe es ihm die – vom Dienstvor-
gesetzten hingenommene – Arbeitsüberlastung im Referat unmöglich gemacht, Urlaub zu nehmen.
Ein Antrag des Klägers vom 23. Juli 2010, den Beklagten im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu
einer Weiterbeschäftigung über den 31. Juli 2010 hinaus zu verpflichten, blieb ohne Erfolg (vgl. VG
Neustadt an der Weinstraße, Beschluss vom 27. Juli 2010 – 6 L 779/10.NW –; OVG RP, Beschlüsse vom
30. Juli und 25. August 2010 – 2 B 10878/10.OVG –).
Der Kläger hat beantragt,
1. den Beklagten zu verpflichten, ihn zu unveränderten Bedingungen als Leitenden Regierungsdirektor
bis zum 28. Februar 2011 weiter zu beschäftigen,
2. den Bescheid des Beklagten vom 28. Dezember 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 17. Juni 2010 aufzuheben,
hilfsweise
1. festzustellen, dass das Dienstverhältnis zwischen ihm und dem Beklagten erst am 28. Februar 2011
endet,
2. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihn bis zum 28. Februar 2011 auch in Höhe der
bisherigen Dienstbezüge während der aktiven Tätigkeit zu vergüten,
3. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihm 55 Tage Urlaub zu vergüten,
4. festzustellen, dass die Entscheidung des Beklagten vom 28. Dezember 2009, ihn zum 31. Juli 2010 zu
entlassen, europarechtswidrig gewesen ist,
5. festzustellen, dass die Entscheidung des Beklagten vom 28. Dezember 2009 gegen die Richtlinie
2000/78/EG verstößt,
6. festzustellen, dass die Entscheidung des Beklagten vom 28. Dezember 2009 auf Ablehnung der
Dienstzeit bis zum 28. Februar 2011 ihm gegenüber gegen Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG
verstößt.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat vorgetragen, angesichts der personalwirtschaftlichen und organisatorischen Möglichkeiten der ADD
bestehe über den 31. Juli 2010 hinaus kein Bedarf für eine weitere Beschäftigung des Klägers. Dessen
Weg wolle der Beklagte gerade verlassen und künftig eine Abhängigkeit von personengebundenen
Kenntnissen vermeiden. Die Anpassungsschwierigkeiten durch den Weggang des Klägers gingen nicht
über das normale Maß hinaus. Die Vorbereitung des Übergangs habe zudem zu dessen Dienstpflichten
gehört. Der auf eine Urlaubsvergütung gerichtete Hilfsantrag sei unzulässig.
Das Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße hat die Klage mit Urteil vom 16. November 2010
abgewiesen. Ein etwaiger Anspruch auf Weiterbeschäftigung sei mit dem Ablauf des
Verlängerungszeitraums am 31. Juli 2010 entfallen, die hieraufgerichtete Klage daher unzulässig. Das
zwangsweise Ausscheiden aus dem aktiven Dienst mit Erreichen der Altersgrenze stelle keine
Altersdiskriminierung dar. Der auf die Vergütung von Urlaubsansprüchen gerichtete Hilfsantrag sei
mangels Durchführung eines Vorverfahrens sowie wegen des Grundsatzes der Subsidiarität der
Feststellungsklage unzulässig und darüber hinaus auch unbegründet.
Mit seiner vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung führt der Kläger ergänzend zu seinem
bisherigen Vorbringen aus, allein durch das Schaffen von Tatsachen wie den Ruhestandseintritt könne
kein unveränderlicher Rechtszustand geschaffen werden. Die Pensionierung aus Altersgründen verstoße
gegen das Verbot der Altersdiskriminierung. Der Beklagte habe weiterhin nicht dargelegt, wer als Ersatz
für den Kläger eingestellt worden sei und wie sich die (Alters-)Struktur verändert habe. Das fehlende
dienstliche Interesse sei damit nach wie vor nicht belegt. Der Antrag auf Feststellung eines Anspruchs auf
eine Urlaubsabgeltung sei zulässig und auch begründet. Der Kläger hätte gerne Urlaub genommen, er sei
ihm jedoch nicht gewährt worden. Seine Arbeitsüberlastung zeige sich auch daran, dass nunmehr –
verteilt auf vier Bedienstete – 110 Wochenstunden angesetzt seien für die Tätigkeit des Klägers, die dieser
in 40 Stunden erledigt habe. In der Vergangenheit habe er auch während seines Urlaubs arbeiten
müssen. Er sei zudem nicht darauf hingewiesen worden, dass der Urlaub mit der Beendigung des aktiven
Dienstes verfalle.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 16. November
2010 sowie des Bescheides des Beklagten vom 28. Dezember 2009 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 17. Juni 2010 festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet war, den Kläger
bis zum 28. Februar 2011 bei Fortzahlung der Dienstbezüge weiter zu beschäftigen,
sowie
unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 16. November
2010 den Beklagten zu verpflichten, den Kläger für den nicht in Anspruch genommenen Urlaub der Jahre
2009 und 2010 in Höhe von insgesamt 55 Kalendertagen finanziell zu entschädigen und die Beklagte zu
verpflichten, an den Kläger 16.643,25 € als Urlaubsabgeltung zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil und macht geltend, dem Kläger sei beantragter Urlaub jederzeit
gewährt worden. Dieser habe jedoch trotz ausdrücklicher Hinweise wiederholt Urlaubstage verfallen
lassen. Urlaub könne letztlich nur gewährt werden, wenn überhaupt ein Antrag gestellt worden sei. Dies
habe der Kläger jedoch unterlassen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zu den Gerichtsakten gereichten
Schriftsätze der Beteiligten, die beigezogenen Verwaltungsvorgänge (3 Hefte) sowie die Gerichtsakte 6 L
779/10.NW verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe
Die Berufung hat keinen Erfolg.
Der Beklagte war weder verpflichtet, den Kläger bis zum 28. Februar 2011 weiter zu beschäftigen (I.),
noch hat der Kläger einen Anspruch auf Abgeltung seines Urlaubs (II.). Das Verwaltungsgericht hat die
Klage deshalb zu Recht abgewiesen.
I. Der Kläger hatte keinen Anspruch darauf, entsprechend seinem Antrag vom 1. August 2009 bis zum
28. Februar 2011 im aktiven Dienst zu verbleiben. Er ist vielmehr gemäß § 54 Abs. 1, § 55 Abs. 1 Satz 1
Landesbeamtengesetz – LBG – in Verbindung mit § 25 Beamtenstatusgesetz – BeamtStG – mit Ablauf der
im Bescheid vom 28. Dezember 2009 bestimmten Frist am 1. August 2010 in den Ruhestand getreten. Der
danach allein an die Vollendung eines bestimmten Lebensalters geknüpfte Ruhestandsbeginn verstößt
weder gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz – AGG – (1.) noch steht er im Widerspruch zu
europarechtlichen Vorgaben (2.). Auch § 55 LBG begründete keinen Anspruch auf eine weiterreichende
Verlängerung des aktiven Beamtenverhältnisses (3.).
1. Der Regelung des § 54 Abs. 1 LBG steht § 7 Abs. 1 AGG nicht entgegen. Danach dürfen Beschäftigte
nicht wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes
– u. a. des Alters – benachteiligt werden. Dies gilt gemäß § 24 Nr. 1 AGG unter Berücksichtigung ihrer
besonderen Rechtsstellung entsprechend für die Beamtinnen und Beamten der Länder. Zwar beinhaltet
§ 54 Abs. 1 LBG eine Ungleichbehandlung wegen des Alters, weil die Betroffenen allein aufgrund des
Erreichens der Altersgrenze vom aktiven Dienst ausgeschlossen werden. Sie ist jedoch durch § 10 AGG
gerechtfertigt, dem zufolge eine solche unterschiedliche Behandlung erfolgen darf, wenn sie objektiv
angemessen sowie durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist und wenn die Mittel zur Erreichung dieses
Ziels angemessen und erforderlich sind. Gemäß § 10 Satz 3 Nr. 5 AGG ist insbesondere eine Vereinba-
rung zulässig, welche die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses ohne Kündigung zu einem
Zeitpunkt vorsieht, zu dem der Beschäftigte eine Rente wegen Alters beantragen kann. In entsprechender
Anwendung auf das Beamtenverhältnis gemäß § 24 Nr. 1 AGG folgt hieraus die Zulässigkeit eines
zwangsweisen Ausscheidens aus dem aktiven Dienst mit Erreichen der Altersgrenze, weil gemäß § 4
Abs. 2 Beamtenversorgungsgesetz mit Beginn des Ruhestands der Anspruch des Beamten auf
Ruhegehalt entsteht.
2. Die Festlegung einer allgemeinen Altersgrenze widerspricht darüber hinaus nicht den Vorgaben der
Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für
die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl EG Nr. L 303 S. 16).
Zwar liegt gemäß Art. 2 Abs. 1, 2 in Verbindung mit Art. 1 RL 2000/78/EG grundsätzlich eine
Diskriminierung vor, wenn – wie durch § 25 BeamtStG in Verbindung mit § 54 Abs. 1 LBG – eine Person
wegen des Alters eine weniger günstige Behandlung erfährt als eine andere Person. Jedoch können die
Mitgliedstaaten nach Art. 6 Abs. 1 RL 2000/78/EG vorsehen, dass Ungleichbehandlungen wegen des
Alters keine Diskriminierung darstellen, wenn sie objektiv und angemessen, im Rahmen des nationalen
Rechts durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt und wenn die Mittel zur Erreichen dieses Ziels angemessen
und erforderlich sind. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt (vgl. OVG RP, Urteil vom 25. Februar
2011 – 2 A 11201/10.OVG –, juris Rn. 26 ff.).
a) Der Gesetzgeber verfolgt mit dem zwangsweisen Ausscheiden des Beamten aus dem aktiven Dienst
bei Erreichen der Altersgrenze ein legitimes Ziel im Sinne des Art. 6 Abs. 1 RL 2000/78/EG.
aa) Insoweit hat er die Fortgeltung der Altersgrenze in § 37 Landesbeamtengesetz vom 20. Oktober 2010
(GVBl. S. 319), der inhaltsgleich mit § 54 Abs. 1 LBG ist und am 1. Juli 2012 in Kraft tritt, noch im
unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem hier umstrittenen Zeitpunkt des Ruhestandsbeginns
bekräftigt und damit begründet, sie diene dem Erhalt und der Förderung der Funktionsfähigkeit der
öffentlichen Verwaltung durch eine ausgewogene Altersstruktur, dem Schutz der Beamten vor einer
übermäßigen Belastung im Alter sowie der Entlastung des Arbeitsmarktes durch Schaffung zusätzlicher
bzw. früherer Einstellungsmöglichkeiten (vgl. LT-Drucks. 15/4465, S. 103).
Diese Gründe für die Einführung und Aufrechterhaltung der allgemeinen Altersgrenze sind ungeachtet
des Umstands zu berücksichtigen, dass sie ihren Niederschlag nicht im Wortlaut des § 25 BeamtStG in
Verbindung mit § 54 Abs. 1 LBG gefunden haben. Art. 6 Abs. 1 RL 2000/78/EG setzt nicht voraus, dass die
nach dem Alter differenzierende Regelung einen ausdrücklichen Hinweis auf das mit ihr verfolgte Ziel
enthält. Ausreichend ist vielmehr, wenn andere – aus dem allgemeinen Kontext der betreffenden
Maßnahme abgeleitete – Anhaltspunkte wie insbesondere die Gesetzgebungsmaterialien die Feststellung
des hinter dieser Maßnahme stehenden Ziels ermöglichen (vgl. EuGH, Urteil vom 16. Oktober 2007
– Rs. C-411/05 – [Palacios de la Villa], NJW 2007, 3339 [3340]; Urteil vom 5. März 2009 – Rs. C-388/07 –
[Age Concern England], NZA 2009, 305 [308]). Der Gesetzgeber war daher auch nicht verpflichtet, die
Voraussetzungen eines ausgeglichenen Altersaufbaus im Gesetz abschließend festzulegen.
bb) Die Schaffung einer ausgewogenen Altersstruktur und die Entlastung des Arbeitsmarktes sind Ziele,
die eine Ungleichbehandlung wegen des Alters rechtfertigen (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom
5. Januar 2011 – 1 BvR 2870/10 –, NJW 2011, 1131 [1132]). Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob
5. Januar 2011 – 1 BvR 2870/10 –, NJW 2011, 1131 [1132]). Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob
auch der Gesichtspunkt des Schutzes älterer Beamter vor Überlastung den Anforderungen des Art. 6
Abs. 1 RL 2000/78/EG genügt.
(1) Bei der Entscheidung, welches konkrete Ziel von mehreren im Bereich der Arbeits- und Sozialpolitik
sie verfolgen wollen, haben die Mitgliedstaaten einen weiten Ermessensspielraum. Hierbei sind sie nicht
an die in Art. 6 Abs. 1 RL 2000/78/EG genannten Ziele gebunden. Diese haben vielmehr nur einen
Hinweischarakter mit der Folge, dass der nationale Gesetzgeber auch andere Ziele verfolgen kann, sofern
sie im Sinne der vorgenannten Vorschrift legitim und die Ungleichbehandlung zu ihrer Erreichung
angemessen und erforderlich ist. Maßgeblich ist insoweit allein, dass es sich um sozialpolitische Ziele wie
solche aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt oder berufliche Bildung handelt (vgl. EuGH,
Urteil vom 16. Oktober 2007 – Rs. C-411/05 – [Palacios de la Villa], NJW 2007, 3339 [3341]; Urteil vom
5. März 2009 – Rs. C-388/07 – [Age Concern England], NZA 2009, 305 [308]; Urteil vom 28. April 2010 –
Rs. C-45/09 – [Rosenbladt], NJW 2010, 3767 [3768, Rn. 40]).
(2) Das Ziel, freie Stellen für die Aufnahme Arbeitssuchender oder für den beruflichen Aufstieg jüngerer
Beamter zu schaffen, unterfällt den Bereichen der Beschäftigungspolitik und des Arbeitsmarktes im Sinne
des Art. 6 Abs.1 RL 2000/78/EG. Hierbei kommt es nicht darauf an, dass jede einzelne Stelle tatsächlich
mit jüngeren Bewerbern besetzt wird, solange der Gesetzgeber – wie vorliegend – insgesamt
beabsichtigt, den fortlaufenden Ein- und Aufstieg von Berufsanfängern zu gewährleisten. Andernfalls wäre
es beispielsweise unmöglich, Pensionierungen zum Anlass für Stelleneinsparungen oder für eine
Umstrukturierung zu nehmen.
Aber auch bei der Sicherstellung eines geordneten Altersaufbaus in der Verwaltung handelt es sich um
ein legitimes Ziel im Sinne des Art. 6 Abs. 1 RL 2000/78/EG. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die
automatische Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Erreichen des Eintrittsalters der staatlichen Alters-
versorgung in vielen EU-Mitgliedstaaten üblich ist. Derartige Regelungen beruhen auf einem Ausgleich
politischer, wirtschaftlicher, sozialer, demografischer und haushaltsbezogener Erwägungen durch den
nationalen Gesetzgeber und sind Ausdruck eines langjährigen gesellschaftlichen Konsenses. Daher
rechtfertigt nicht nur die Einstellung jüngerer Arbeitnehmer, sondern auch die Ermöglichung eines in der
Altersstruktur ausgewogenen Personalaufbaus grundsätzlich die mit der Einführung einer Altersgrenze
einhergehende Ungleichbehandlung (vgl. EuGH, Urteil vom 28. April 2010 – Rs. C-45/09 – [Rosenbladt],
NJW 2010, 3767 [3769 f., Rn. 44 f., 66 ff.]).
cc) Dem steht nicht entgegen, dass der Gesetzgeber in § 55 LBG ein Hinausschieben des Eintritts in den
Ruhestand ermöglicht und diesen in § 6b Landesbesoldungsgesetz mit finanziellen Anreizen versehen
hat. Hiermit soll allein dem Umstand Rechnung getragen werden, dass in Ausnahmefällen ein dienst-
liches Interesse an der vorübergehenden Weiterbeschäftigung eines Beamten bestehen kann.
Überlegungen in der Vergangenheit, die Altersgrenze hinauszuschieben, sind nicht Gesetz geworden und
daher unbeachtlich.
b) Die Einführung und Aufrechterhaltung einer Altersgrenze ist zur Erreichung der vorgenannten Ziele
angemessen und erforderlich.
Die Mitgliedstaaten verfügen bei der Entscheidung, welche Maßnahmen sie zum Erreichen eines
legitimen Zieles ergreifen, und insbesondere hinsichtlich der Festlegung eines Zeitpunkts für den
Ruhestandseintritt der Beschäftigten über einen weiten Ermessensspielraum. Zwar darf dieser nicht zu
einer Aushöhlung des Verbots der Altersdiskriminierung führen. Die gerichtliche Überprüfung beschränkt
sich jedoch darauf, ob die Maßnahmen kohärent bzw. die verfolgten Ziele nicht widersprüchlich sind und
damit als nicht unvernünftig erscheinen (vgl. EuGH, Urteil vom 16. Oktober 2007 – Rs. C-411/05 –
[Palacios de la Villa], NJW 2007, 3339 [3341]; Urteil vom 5. März 2009 – Rs. C-388/07 – [Age Concern
England], NZA 2009, 305 [308]; Urteil vom 18. Juni 2009 – Rs. C-88/08 – [Hütter], NVwZ 2009, 1089
[1091]).
Danach begegnet die zwangsweise Beendigung des aktiven Dienstverhältnisses mit Vollendung des
65. Lebensjahres keinen rechtlichen Bedenken. Sie ist Ergebnis eines Ausgleichs divergierender
rechtmäßiger Interessen, der sich in einen vielschichtigen Zusammenhang von Beziehungen des Arbeits-
lebens einfügt und eng mit politischen Entscheidungen im Bereich Ruhestand und Beschäftigung ver-
knüpft ist. Sie bietet den Beamten einen langfristig vorhersehbaren Eintritt in den Ruhestand und
ermöglicht gleichzeitig dem Dienstherrn eine gewisse Flexibilität in seiner Personalplanung (vgl. EuGH,
Urteil vom 28. April 2010 – Rs. C-45/09 – [Rosenbladt], NJW 2010, 3767 [3770, Rn. 68 f.]).
Aufgrund der notwendigen Befugnis des Gesetzgebers zur Generalisierung ist er hierbei nicht gehalten,
Altersgrenzen individuell für einzelne Beamtengruppen einzuführen oder auszugestalten. Vielmehr kann
er statt dessen Sonderfällen durch eine ausnahmsweise Verlängerung der aktiven Dienstzeit – wie in § 55
Abs. 1 LBG vorgesehen – Rechnung tragen. Auch muss er nicht erst eine schwierige Arbeitsmarktsituation
abwarten, sondern kann bereits deren Entstehung entgegenwirken. Zudem erscheint es jedenfalls nicht
unvernünftig, mit der Einführung einer Regelaltersgrenze einer Überalterung entgegenzuwirken, innovati-
ves Handeln zu fördern und die Zukunftschancen Jüngerer zu berücksichtigen (vgl. hierzu VGH RP,
Beschluss vom 2. November 2006 – VGH B 27/06 und VGH A 28/06 –, AS 34, 38 [45]; zum Bedürfnis nach
Innovation: OVG RP, Beschluss vom 23. November 2006 – 2 B 11281/06.OVG –, AS 34, 70 [72]).
Die hiervon Betroffenen wiederum werden durch die zwangsweise Versetzung in den Ruhestand nicht
übermäßig beeinträchtigt, weil § 54 Abs. 1 LBG nicht nur auf ein bestimmtes Alter abstellt, sondern
gleichermaßen den Umstand berücksichtigt, dass die Beamten ab diesem Zeitpunkt Anspruch auf
Versorgungsbezüge in Höhe von bis zu 71,75 v.H. ihrer ruhegehaltfähigen Dienstbezüge haben; zudem
werden die Betroffenen durch das automatische Ausscheiden nicht gehindert, sich eine neue
Beschäftigung zu suchen (vgl. EuGH, Urteil vom 16. Oktober 2007 – Rs.
C-411/05 – [Palacios de la Villa], NJW 2007, 3339 [3341]; Urteil vom 28. April 2010 – Rs. C-45/09 –
[Rosenbladt], NJW 2010, 3767 [3771, Rn. 75]; Urteil vom 18. November 2010 – Rs. C-250/09 – [Georgiev],
NJW 2011, 42 [45]).
c) Ist demnach die Vereinbarkeit der allgemeinen Altersgrenze mit europarechtlichen Vorgaben unter
Berücksichtigung der bisherigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs offenkundig, so
scheidet eine diesbezügliche Vorlage dorthin aus (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 5. Januar 2011 –
1 BvR 2870/10 –, NJW 2011, 1131 [1132]).
3. Der Kläger hatte schließlich keinen Anspruch auf eine Verlängerung seiner aktiven Dienstzeit bis zum
28. Februar 2011. Der Bescheid vom 28. Dezember 2009 und der Widerspruchsbescheid vom 17. Juni
2010 waren deshalb rechtmäßig und verletzten den Kläger nicht in eigenen Rechten (vgl. § 113 Abs. 5
Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO –).
a) Gemäß § 55 Abs. 1 LBG kann die oberste Dienstbehörde auf Antrag des Beamten bis zur Vollendung
dessen 68. Lebensjahres den Eintritt in den Ruhestand um eine bestimmte Frist, die jeweils ein Jahr nicht
übersteigen darf, hinausschieben, wenn dies im dienstlichen Interesse liegt. Ob das der Fall ist, unterliegt
zwar grundsätzlich der vollen gerichtlichen Überprüfung. Die Entscheidung des Dienstherrn über einen
derartigen Verlängerungsantrag wird jedoch maßgebend durch verwaltungspolitische Entscheidungen
(vor-)geprägt, die ihrerseits gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar sind. Es ist in erster Linie Sache des
Dienstherrn, in Ausübung der ihm zugewiesenen Personal- und Organisationsgewalt zur Umsetzung
gesetzlicher und politischer Ziele die Aufgaben der Verwaltung festzulegen, ihre Prioritäten zu bestimmen,
sie auf die einzelnen Organisationseinheiten zu verteilen und ihre Erfüllung durch den bestmöglichen
Einsatz von Personal sowie der zur Verfügung stehenden Sachmittel sicherzustellen. Angesichts der ihm
insoweit zukommenden Einschätzungsprärogative und Gestaltungsfreiheit ist die gerichtliche Kontrolle
dieser Entscheidungen auf die Prüfung beschränkt, ob die gesetzlichen Grenzen des
Organisationsermessens überschritten sind oder von diesem gegenüber dem Beamten in unsachlicher
Weise Gebrauch gemacht worden ist (OVG RP, Urteil vom 25. Februar 2011 – 2 A 11201/10.OVG –, juris
Rn. 40).
b) Dies zugrunde gelegt, begegnet die teilweise Ablehnung des Antrags des Klägers keinen rechtlichen
Bedenken. Der Beklagte hat ein dienstliches Interesse mit dem Hinweis auf ausreichende Kapazitäten im
Referat ab dem 1. August 2010 verneint. Die hiergegen gerichteten Einwände des Klägers laufen letztlich
darauf hinaus, einerseits sei sein früherer Stellvertreter, Herr Leitender Regierungsschuldirektor Y, nicht in
der Lage, die Aufgaben des Referats ebenso gut zu erledigen wie er, und andererseits erfordere auch der
Arbeitsanfall im zweiten Halbjahr 2010 seinen weiteren Einsatz. Hieraus folgt jedoch keine
Ermessensfehlerhaftigkeit der angefochtenen Entscheidung.
Der Beamte kann von vornherein nicht geltend machen, er verfüge über ein besseres Konzept als der
Dienstherr. Davon, dass sich dessen Erwartungen in Bezug auf die (künftige) Durchführung des
Dienstbetriebes tatsächlich realisieren, hängt das Vorliegen eines dienstlichen Interesses nicht ab.
Vielmehr unterfällt diese Einschätzung – und damit auch die Möglichkeit, dass sie sich nicht bewahrheitet
– dem Kernbereich des Organisationsermessens des Dienstherrn.
Darüber hinaus ist der Umstand, dass sich Nachfolger des Klägers unter Umständen in einzelne
Aufgaben einarbeiten müssen, mit jedem Ausscheiden aus dem Dienst und der damit einhergehenden
Notwendigkeit einer Aufgabenübertragung verbunden. Dies kann ein dienstliches Interesse an einer Wei-
terbeschäftigung ebenso wenig begründen wie seine subjektive Bewertung der Qualität seiner und der
Leistungen anderer Kollegen. Soweit der Kläger geltend macht, der stellvertretende Referatsleiter sei
nicht hinreichend eingearbeitet, muss er sich zudem entgegen halten lassen, dass die Gewährleistung
einer ordnungsgemäßen Aufgabenerledigung auch im Fall seiner Abwesenheit oder seines Aus-
scheidens zu seinen Dienstpflichten als Referatsleiter gehörte. Sie oblag ihm nicht erst am Ende seiner
aktiven Dienstzeit, das ihm zudem seit dem Beginn des Jahres 2010 bekannt war. Sein Einwand,
aufgrund eines Urlaubs des Stellvertreters sei eine Einarbeitung unmöglich gewesen, ist deshalb
unbeachtlich. Des Weiteren bestehen angesichts des Umstands, dass LRSD Y das gleiche Amt wie der
Kläger bekleidet und zuvor Leiter eines der beiden unter dem Kläger zusammengelegten Referate war,
keine Zweifel an der Einschätzung des Beklagten, die Aufgabenerledigung im Referat sei nach dem
Weggang des Klägers gewährleistet. Dessen Behauptung, nur er könne die von ihm entwickelten
Computerprogramme bedienen, ist der Beklagte mit dem Hinweis entgegen getreten, von dieser Art einer
isolierten – und damit personengebundenen – Wissensansammlung gerade abgehen zu wollen. Darüber
hinaus vermögen die Angriffe des Klägers auch deshalb keinen Ermessensfehler zu begründen, weil er
hiermit zum einen lediglich seine Einschätzung an diejenige des Beklagten setzt und es zum anderen an-
sonsten der Beamte selbst in der Hand hätte, ein dienstliches Bedürfnis für seine Weiterbeschäftigung
herbeizuführen.
Schließlich verstößt die teilweise Ablehnung des Verlängerungsgesuchs des Klägers nicht gegen das
Verbot der Altersdiskriminierung. Sie ist nicht auf das Alter, sondern auf ein fehlendes dienstliches
Bedürfnis gestützt. Insoweit kommt dem Alter keine eigenständige, über die – europarechtskonforme –
allgemeine Altersgrenze hinausgehende Bedeutung zu. Der Beklagte war deshalb nicht verpflichtet
darzulegen, warum es zur Gewährleistung einer angemessenen Altersstruktur sowie zur
Nachwuchsförderung erforderlich war, eine weitere Verlängerung des Ruhestandsbeginns gerade des
Klägers abzulehnen.
II. Die Berufung bleibt auch insoweit ohne Erfolg, als der Kläger die Feststellung seines Anspruchs auf
eine finanzielle Abgeltung des nicht in Anspruch genommenen Erholungsurlaubs begehrt. Dabei kann die
Zulässigkeit des Antrags dahingestellt bleiben. Er ist jedenfalls unbegründet.
1. Weder Bundes- noch Landesrecht sehen für Beamte eine Abfindung für nicht genommenen
Erholungsurlaub vor.
a) Gemäß § 44 BeamtStG, § 101 Abs. 1 LBG steht den Beamtinnen und Beamten jährlicher
Erholungsurlaub unter Fortgewährung der Dienstbezüge zu. Eine Regelung für eine Vergütung von
Urlaubsansprüchen ist darin ebenso wenig enthalten wie in der Urlaubsverordnung vom 17. März 1971
(GVBl. S. 125) in der Fassung der Verordnung vom 29. Januar 2008 (GVBl. S. 45) – UrlVO –. Die Vorschrift
des § 11 Abs. 1 UrlVO bestimmt lediglich, Urlaub solle im Urlaubsjahr verbraucht werden und verfalle,
wenn er nicht bis zum 30. September des Folgejahres abgewickelt werde.
b) Einer analogen Anwendung des unmittelbar nur für Arbeitnehmer geltenden § 7 Abs. 4
Bundesurlaubsgesetz – BUrlG –, dem zufolge Urlaub abzugelten ist, soweit er wegen Beendigung des
Arbeitsverhältnisses nicht mehr gewährt werden kann, stehen die strukturellen Unterschiede des
Beamten- und des Arbeitnehmerverhältnisses entgegen.
Sowohl der Status als auch die Vergütungssysteme von Beamten und Arbeitnehmern unterscheiden sich
grundlegend, weshalb es an einer Vergleichbarkeit der Sachverhalte fehlt. Ihr stehen insbesondere das
Alimentationsprinzip sowie die das Beamtenverhältnis prägende Pflicht des Beamten entgegen, seine
ganze Persönlichkeit für den Dienstherrn einzusetzen und diesem – grundsätzlich auf Lebenszeit – seine
volle Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen. Infolge dessen knüpft der Besoldungsanspruch des Beamten
nicht an die konkrete Dienstleistung an und unterscheidet sich damit wesentlich von dem privatrechtlichen
Arbeitsverhältnis des Angestellten, welches auf einen wirtschaftlichen Austausch von Leistung und
Gegenleistung ausgerichtet ist.
In Letzterem besteht ein Entgeltanspruch grundsätzlich nur für tatsächlich erbrachte Leistungen (vgl.
Leinemann/Linck, Urlaubsrecht, 2. Aufl., § 1 BUrlG Rn. 29). Mit der Vergütungspflicht während des Urlaubs
wird daher ein zusätzlicher, dem darauf entfallenden Zeitraum konkret zuordenbarer Vermögensvorteil
des Arbeitnehmers begründet, dessen Erhalt § 17 Abs. 4 BUrlG bezweckt. Im Beamtenverhältnis hingegen
erhält der Beamte, solange er nicht unentschuldigt dem Dienst fernbleibt, aufgrund des
verfassungsrechtlich in Art. 33 Abs. 5 Grundgesetz – GG – verankerten Alimentationsprinzips seine
Besoldung unabhängig von seiner Arbeitsleistung und damit auch während seiner urlaubsbedingten Ab-
wesenheit. Die Vorschriften der § 44 BeamtStG, § 101 Abs. 1 LBG begründen daher, soweit darin die
Fortgewährung der Dienstbezüge angeordnet wird, für ihn keinen eigenständigen Vermögensvorteil (vgl.
OVG RP, Urteil vom 26. Mai 1982 – 2 A 126/81 –, NVwZ 1984, 52 [53]), sondern befreien ihn lediglich von
der Arbeitspflicht. Zugleich folgt aus dem Alimentationsgrundsatz, dass die Besoldung nicht im Sinne
eines Austauschverhältnisses von Leistung und Gegenleistung einzelnen Tagen zugeordnet werden
kann. Eine analoge Anwendung des § 17 Abs. 4 BUrlG widerspräche damit den das Beamtenrecht
prägenden Grundsätzen (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1962 – VI C 110.61 –, Buchh 232 § 89
BBG Nr. 1; Beschluss vom 31. Juli 1997 – 2 B 138.96 –, juris Rn. 8; HessVGH, Urteil vom 19. Juni 1996 –
1 UE 1395/93 –, juris Rn. 32). Sie verstieße darüber hinaus gegen den für die Besoldung der Beamten
geltenden Gesetzesvorbehalt gemäß § 2 Abs. 1 BBesG i.V.m. Art. 125a Abs. 1 GG (vgl. OVG RP, Urteil
vom 30. März 2010 – 2 A 11321/09.OVG –, LKRZ 2010, 271).
c) Ein Anspruch auf die finanzielle Vergütung von Urlaubsansprüchen kann demnach auch nicht auf den
Rechtsgedanken der ungerechtfertigten Bereicherung gestützt werden. Insbesondere wurde der Beklagte
dadurch, dass der Kläger seinen Urlaub nicht angetreten, weder von seiner Zahlungspflicht befreit noch
kommt dem Erholungsurlaub ein Vermögenswert zu, den er zum Nachteil des Klägers erlangt hätte (vgl.
OVG RP, Urteil vom 30. März 2010 – 2 A 11321/09.OVG –, LKRZ 2010, 271).
d) Gegen den Ausschluss eines Abgeltungsanspruchs für nicht genommenen Urlaub bestehen keine
verfassungsrechtlichen Bedenken. Hierin liegt zunächst kein Verstoß gegen den
Gleichbehandlungsgrundsatz der Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 17 Abs. 1 und 2 Verfassung für Rheinland-Pfalz.
Die vorstehend aufgezeigten strukturellen Unterschiede rechtfertigen auch in verfassungsrechtlicher
Hinsicht die unterschiedliche Behandlung von Arbeitnehmern und Beamten. Des Weiteren kann sich der
Kläger nicht auf die durch Art. 33 Abs. 5 GG garantierte Fürsorgepflicht des Beklagten berufen. Hieraus
können grundsätzlich keine Ansprüche hergeleitet werden, die über diejenigen hinausgehen, die
einfachrechtlich in Konkretisierung der Fürsorgepflicht – wie auf dem Gebiet der Urlaubsregelung (vgl.
BVerwG, Beschluss vom 27. Oktober 1982 – 2 B 95.81 –, juris Rn. 3) – speziell und abschließend geregelt
sind. Auf die Fürsorgepflicht kann allenfalls dann zurückgegriffen werden, wenn diese andernfalls in ihrem
Wesenskern verletzt wäre (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. November 1994 – 10 B 1.94 –, Buchh 262 § 1
TGV Nr. 2).
Anhaltspunkte hierfür sind vorliegend nicht ersichtlich. Insbesondere war der Beklagte nicht verpflichtet, in
stärkerem Maße auf einen Urlaubsantrag des Klägers hinzuwirken oder ihn gesondert über den
drohenden Verfall zu belehren. Die Fürsorgepflicht gebietet grundsätzlich nicht, dass der Dienstherr seine
Beamten von sich aus auf die Möglichkeit oder Notwendigkeit einer Antragstellung hinweist. Etwas
anderes gilt grundsätzlich nur dann, wenn der Beamte den Dienstherrn um entsprechende Auskünfte
bittet, er sich offenkundig in einem bedeutsamen Punkt irrt oder bei Bestehen einer allgemeinen Praxis,
die Beamten über einschlägige Rechtsvorschriften zu belehren (vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. März
2002 – 2 B 3.02 –, Buchh 232 § 79 BBG Nr. 120). Dass Urlaub nur auf Antrag gewährt wird und bei nicht
rechtzeitigem Antritt verfällt, musste dem Kläger jedoch aufgrund seiner langjährigen Tätigkeit sowie
angesichts bereits in der Vergangenheit verfallener Urlaubsansprüche auch ohne gesonderten Hinweis
des Beklagten bekannt sein.
2. Die Regelung des Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG, der zufolge der bezahlte Mindestjahresurlaub außer bei
Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht durch eine finanzielle Vergütung ersetzt werden darf,
begründet auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Beamte
keinen Anspruch auf eine Abgeltung krankheitsbedingt nicht genommenen Urlaubs (vgl. OVG RP, Urteil
vom 30. März 2010 – 2 A 11321/09.OVG –, LKRZ 2010, 271).
Allerdings gilt die Richtlinie gemäß Art. 1 Abs. 3 RL 2003/88/EG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 RL 89/391/EWG des
Rates vom 12. Juni 1989 (ABl EG Nr. L 183 S. 1) grundsätzlich auch im Beamtenverhältnis. Danach findet
sie Anwendung auf alle öffentlichen Tätigkeitsbereiche. Aus der Vorschrift des Art. 2 Abs. 2 RL
89/391/EWG, die einzelne Funktionen im öffentlichen Dienst wie beispielsweise bei der Polizei aus dem
Geltungsbereich herausnimmt, folgt im Umkehrschluss, dass von ihr grundsätzlich auch Beamte erfasst
werden. Dennoch begründet Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG keinen Zahlungsanspruch des Klägers.
a) Die Vorschrift steht einer Regelung, die für die Ausübung des Urlaubsanspruchs Modalitäten oder den
Verlust dieses Anspruchs am Ende eines Bezugs- oder Übertragungszeitraums vorsieht, nicht entgegen,
sofern der Arbeitnehmer die Möglichkeit hatte, Urlaub zu nehmen. Nur wenn dies nicht der Fall war ist die
Norm dahin auszulegen, dass sie einzelstaatlichen Rechtsvorschriften entgegensteht, nach denen für
nicht genommenen Jahresurlaub am Ende des Arbeitsverhältnisses keine finanzielle Vergütung gezahlt
wird (vgl. EuGH, Urteil vom 20. Januar 2009 – Rs. C-350/06 u.a. – [Schultz-Hoff u.a.], NJW 2009, 495
[497]).
Von einer derartigen Unmöglichkeit der Inanspruchnahme des Erholungsurlaubs kann jedoch in Fällen, in
denen sie – anders als beispielsweise bei fortdauernder Dienstunfähigkeit – nicht offensichtlich ist, nur
ausgegangen werden, wenn der Beamte gemäß § 4 UrlVO einen Urlaubsantrag gestellt hat und dieser
vom Dienstherrn abgelehnt wurde. Gemäß §§ 4, 5 Abs. 1 Satz 1 UrlVO wird Urlaub nur auf Antrag und
unter Berücksichtigung der Wünsche des Beamten gewährt. Dessen Mitwirkung ist somit unabdingbare
Voraussetzung hierfür. Der Dienstherr kann das Urlaubsgesuch wiederum gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 UrlVO
nur ablehnen, soweit dienstliche Belange entgegenstehen. Diese Befugnis erfasst zudem nur die
Einteilung, nicht jedoch die – gemäß § 11 Abs. 1 UrlVO grundsätzlich kalenderjährliche – Gewährung des
Urlaubs als solche. Die Unmöglichkeit der Inanspruchnahme von Erholungsurlaub ist damit – die Fälle
krankheitsbedingter Fehlzeiten ausgenommen – grundsätzlich schon von Rechts wegen ausgeschlossen.
Einen Urlaubsantrag hat der Kläger hinsichtlich der verbliebenen 55 Urlaubstage vor seinem
Ausscheiden aus dem aktiven Dienst am 31. Juli 2010 nicht gestellt. Sein Antrag datiert vielmehr vom
14. Oktober 2010. Nach der Pensionierung ist eine Urlaubsgewährung jedoch ausgeschlossen.
Der Einwand, der Arbeitsanfall im Referat habe einen Urlaub nicht zugelassen, vermag hingegen ohne
rechtzeitige Stellung eines Urlaubsantrags keinen Abgeltungsanspruch zu begründen. Insofern
unterstreichen die widerstreitenden Einschätzungen der Beteiligten des vorliegenden Verfahrens gerade
die Notwendigkeit einer förmlichen Befassung des Dienstherrn mit dem Urlaubsgesuch, weil nur so mit
der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden kann, ob dem Beamten die Inanspruchnahme seines
Urlaubs möglich war. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, inwiefern die geltend gemachte
Unabkömmlichkeit im Referat auf dem Beklagten zuzurechnenden Umständen oder auf der Arbeitsweise
des Klägers – insbesondere die Verwendung selbst entwickelter, vorgeblich nur von ihm zu bedienender
Programme – beruhte.
b) Darüber hinaus kann sich der Kläger auch deshalb nicht auf Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG berufen, weil
dem Urlaubsanspruch des Beamten – wie vorstehend dargelegt – kein Vermögenswert zukommt. Der
Abfindungsanspruch nach Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG soll, vergleichbar § 7 Abs. 4 BUrlG, einen
etwaigen Vermögenswert erhalten. Die Norm setzt ihn daher voraus, ohne ihn zu begründen. Auch aus
Art. 7 Abs. 1 RL 2003/88/EG folgt keine Verpflichtung des nationalen Gesetzgebers, die Entgeltfortzahlung
während des Urlaubs derart auszugestalten, dass sie diesem Zeitraum konkret zugeordnet werden kann.
Art. 7 Abs. 1 RL 2003/88/EG legt den Mitgliedstaaten lediglich hinsichtlich des zu erreichenden Ziels – die
Weitergewährung des Arbeitsentgelts während des Urlaubs – Verpflichtungen auf, überlässt ihnen jedoch
die Art und Weise der Durchführung des bezahlten Jahresurlaubs (vgl. EuGH, Urteil vom 26. Juni 2001 –
Rs. C-173/99 – [BECTU], EuZW 2001, 605 [606 ff.]). Gewährleistet sein muss lediglich, dass der
Arbeitnehmer in diesem Zeitraum in Bezug auf seinen Lohn in eine Lage versetzt wird, die mit den Zeiten
geleisteter Arbeit vergleichbar ist, und er über eine tatsächliche Ruhezeit verfügen kann, damit ein
wirksamer Schutz seiner Sicherheit und Gesundheit sichergestellt ist (vgl. EuGH, Urteil vom 16. März 2006
– Rs. C-131/04 u.a. – [Robinson-Steele u.a.], EuZW 2006, 244 [246). Diesen Anforderungen genügt die
Alimentation der Beamten.
III. Die Berufung ist daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO abzuweisen. Der Ausspruch zur
vorläufigen Vollstreckbarkeit wegen der Kosten beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO in Verbindung mit §§ 708 ff.
Zivilprozessordnung.
Die Revision ist nicht zuzulassen. Zulassungsgründe im Sinne der §§ 127 Beamtenrechtsrahmengesetz,
132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
Rechtsmittelbelehrung
ROVG Bonikowski ist wegen
Ortsabwesenheit an der Unter-
schriftsleistung verhindert
gez. Prof. Dr. Meyer
gez. Prof. Dr. Meyer
gez. Steinkühler
B e s c h l u s s
Der Wert des Streitgegenstandes wird zugleich auch für das erstinstanzliche Verfahren auf 55.981,84 €
festgesetzt (§ 52 Abs.3, 5 Satz 2, §§ 39, 40, 47 Abs. 1 Satz 1, § 63 Abs. 3 Gerichtskostengesetz – GKG –).
Er entspricht hinsichtlich des Antrags auf Feststellung des Fortbestehens des Dienstverhältnisses der
Hälfte des dreizehnfachen Betrages des Endgrundgehaltes der Besoldungsgruppe A 16 (6.052,09 € im
gemäß § 40 GKG maßgeblichen Zeitpunkt der Klageerhebung) und hinsichtlich der Vergütung des
Urlaubsanspruchs dem vom Kläger geltend gemachten Betrag.
ROVG Bonikowski ist wegen
Ortsabwesenheit an der Unter-
schriftsleistung verhindert
gez. Prof. Dr. Meyer
gez. Prof. Dr. Meyer
gez. Steinkühler